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· Fachbeitrag · Haftung

Schadenersatzanspruch, wenn über Ausstieg aus der Basisrente mangelhaft aufgeklärt wurde

| Es gehört zur Obliegenheitspflicht des Versicherers (VR) bzw. dessen Vertreter, den Versicherungsnehmer (VN) darüber aufzuklären, dass die Kündigung einer staatlich geförderten Basisrentenversicherung (Rürup-Rente) durch den VN schwerwiegende Nachteile für ihn haben kann. Das ergibt sich aus einem Urteil des OLG Köln. Verletzt er diese Pflicht, steht er dem VN gegenüber in der Haftung. |

 

Sachverhalt

Ein selbstständiger Handwerker hatte 2008 einen Basisrentenversicherungsvertrag abgeschlossen. Während der Beratung durch einen Versicherungsvertreter wurde er nicht ausdrücklich über die Nachteile der Versicherung im Falle deren Kündigung aufgeklärt. Er zahlte Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 52.000 EUR an den VR. Als er bemerkte, dass er in einem Notfall die bis dahin eingezahlten Prämien nicht zurückerhält, machte er Schadenersatzansprüche geltend, zuletzt gegen den VR. Sein Argument: Wäre er diesbezüglich korrekt aufgeklärt worden, hätte er den Basisrentenversicherungsvertrag nicht abgeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Das OLG nimmt den VR in die Pflicht: Er muss dem VN die Prämien nebst Zinsen zurückzahlen (OLG Köln 26.7.19, 20 U 185/18, Abruf-Nr. 211082).

 

Der Senat wies darauf hin, dass grundsätzlich der VN die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines kausalen Schadens trägt. Das kann sich aber zu seinen Gunsten ändern: Steht fest, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn der Rat ordnungsgemäß erteilt und befolgt worden wäre, wird vermutet, dass sich der VN dem Rat entsprechend verhalten hätte. Dann muss der Aufklärungspflichtige beweisen, dass der VN das vorgeschlagene Produkt auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte. Im Kölner Fall gelang das dem VR nicht.

 

Hier rächte sich insbesondere das Fehlen eines Beratungsprotokolls, aus dem hätte hervorgehen können, dass der VN ordnungsgemäß beraten worden ist. Daher konnte der VR nicht darlegen, dass der von ihm beauftragte Vertreter den VN auf eine fehlende Kündigungsmöglichkeit hingewiesen hat, etwa zum Zwecke der Auszahlung der bislang eingezahlten Prämien oder eines Rückkaufswerts, der bei einem solchen Vertrag nicht entsteht.

 

Der Verstoß gegen die Aufklärungspflicht begründet einen Anspruch des VN auf Schadenersatz (§ 6 Abs. 5 VVG, § 249 Abs. 1 BGB). Danach muss der VR den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Wäre der VN ordnungsgemäß beraten worden, hatte er den Vertrag nicht abgeschlossen. Daher hat er nach der Entscheidung des OLG Köln einen Anspruch darauf, dass der Vertrag rückgängig gemacht wird und die eingezahlten Prämien zurückgezahlt werden. Außerdem kann er den Zinsschaden ersetzt verlangen.

 

Ein anspruchsminderndes oder gar ausschließendes Mitverschulden des VN nach § 254 Abs. 1 BGB liegt laut OLG nicht vor. Dieses lässt sich nicht daraus herleiten, dass der VN es unterlassen hat, die ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen durchzusehen, um selbst die Unstimmigkeit des Vertragsinhalts mit seinen Vorstellungen erkennen zu können.

 

Relevanz für die Praxis

Das Argument des VR zog nicht, der VN habe den Angaben des beratenden Vertreters nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Dies stehe im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Der VN dürfe davon ausgehen, dass die ihm erteilten Hinweise richtig und vollständig sind.

 

Bei der Beratung und Vermittlung von Basisrentenversicherungsverträgen müssen Selbstständige grundsätzlich immer auf deren Nachteile hingewiesen werden. Beratungsfehler können u. a. in den folgenden Bereichen auftreten:

 

  • Im Kündigungsfall werden bei einem Basisrentenversicherungsvertrag weder ein Rückkaufswert ausgezahlt noch die eingezahlten Beiträge rückerstattet. Der Vertrag wird lediglich beitragsfrei gestellt. Eine Geldmittelbeschaffung im Bedarfsfall ist also nicht möglich. Zum Renteneintrittsalter wird eine Rente ausgezahlt, ein Kapitalwahlrecht ist ausgeschlossen.

 

  • Der Basisrentenversicherungsvertrag kann nicht vererbt werden. Um bei der Basisrente auch einen Schutz für Hinterbliebene zu erlangen, muss eine Zusatzversicherung mit eigener Beitragszahlung abgeschlossen werden. Enthält der Vertrag keine solche Zusatzversicherung, verfällt im Todesfall des VN das angesparte Kapital und geht auf die Versichertengemeinschaft über.

 

  • Der Basisrentenversicherungsvertrag kann ferner nicht veräußert, übertragen oder beliehen werden. Das bedeutet, der VN ist bis zu seinem Tod an den Versicherungsvertrag gebunden. Daher ist auch hier eine Geldmittelbeschaffung im Bedarfsfall nicht möglich.

 

PRAXISTIPP | Prüfen Sie bei einem Basisrentenversicherungsvertrag das Aufklärungsprotokoll. Ist dieses vom VN gegengezeichnet, hat es besonderen Beweiswert zur Frage, ob der VN ordnungsgemäß beraten wurde.

 

Weiterführender Hinweis

  • Weiterbeschäftigungsantrag: Hinweispflicht des Anwalts bei der Vertretung in Rentensachen, SR 19, 6
Quelle: Ausgabe 12 / 2019 | Seite 210 | ID 46184417