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· Fachbeitrag · Vorrang

Schenkungsrückforderung wegen Verarmung des Schenkers versus Notlage des Beschenkten

von RiOLG Dr. Dagny Liceni-Kiersten, Berlin/Brandenburg

| Schenkungen sind nach wie vor ein wichtiges Instrument für eine steueroptimale Gestaltung im engeren Familienkreis. Insbesondere zu nennen, die vorweggenommene Erbfolge. Werden Eltern dann im Alter pflege- und damit häufig auch sozialhilfebedürftig, entsteht bzgl. des Geschenks der Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB. Diesem kann das beschenkte Kind nicht nur mit dem Einwand der Entreicherung (§§ 528 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 3 BGB) begegnen. Vielmehr kann es auch die rechtshemmende Einrede des Notbedarfs gemäß § 529 Abs. 2 BGB erheben. Was geht dann vor? |

1. Der Praxisfall

Der Notbedarf nach § 529 Abs. 2 BGB ist von erheblicher praktischer Relevanz. Hierzu ein Beispiel, wie es nicht selten vorkommt:

 

  • Beispiel

Der verwitwete V wurde am 1.1.12 mit Pflegestufe 2 in einem Pflegeheim untergebracht. Der Sozialhilfeträger S bewilligte ihm antragsgemäß Sozialhilfe in Form der Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten. Mit einem notariell beurkundeten Schenkungsvertrag hatte V seiner Tochter T ‒ seinem einzigen Kind ‒ bereits 2008 sein Einfamilienhaus im Wege genommener Erbfolge übertragen. Er hat sich ein Wohnrecht an allen Räumen vorbehalten. Der Wert des Grundbesitzes wurde seinerzeit mit 150.000 EUR angegeben. Seit dem Umzug in das Pflegeheim wird das Haus von T allein genutzt.

 

2015 leitete S die Ansprüche des V auf Herausgabe des Geschenks nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB bis zur Höhe der ungedeckten Heimkosten auf sich über. Ferner verlangte S Erstattung der bis dahin erbrachten Sozialhilfeaufwendungen. T, die als Alten- und Krankenpflegerin seit 20 Jahren auf einer 75 Prozent-Stelle tätig ist und im 3-Schichten-System arbeitet, wies dieses Verlangen zurück. Nach dem Tod des V Ende 2016 macht S gegenüber T, die unter Berücksichtigung ihres Wohnvorteils sowie ihrer anzuerkennenden Verbindlichkeiten über ein bereinigtes Monatseinkommen von 1.750 EUR verfügt, Sozialhilfeaufwendungen für die gesamte Dauer der Heimunterbringung des V in Höhe von 30.000 EUR geltend.

 

T beruft sich auf § 529 Abs. 2 BGB und erklärt, sie drohe bei einer Rückübertragung des selbst bewohnten Hauses zu verarmen. Für die notwendige Haussanierung habe sie ihre gesamten Ersparnisse aufgebraucht und Darlehen aufnehmen müssen. Die Aufnahme eines weiteren Kredits zur Erfüllung der Forderung von S sei ihr mangels Kreditfähigkeit nicht möglich. Eine Ausweitung ihrer Arbeitszeit sei ausgeschlossen, weil ihre kräftezehrende Tätigkeit im Schichtsystem laut Arbeitgeberbescheinigung mit einer Vollzeitstelle gleichzusetzen sei.

 

Wird T mit ihrer Notbedarfseinrede durchdringen?

 

2. Regelungsprinzip des § 528 BGB

§ 528 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt dem Schenker ein eigenständiges gesetzliches Rückforderungsrecht. Ist er nach erfolgter Schenkung nicht mehr in der Lage, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder die ihm kraft Gesetzes obliegende Unterhaltsverpflichtung gegenüber den in § 528 Abs. 1 S. 1 BGB genannten Personen zu erfüllen, kann er vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach §§ 812 bis 822 BGB verlangen.

 

a) Gesetzeszweck

Sinn und Zweck des § 528 BGB ist es, den Unterhalt des Schenkers und der ihm nahestehenden Personen auch nach Vollzug der Schenkung sicherzustellen, wenn er selbst in Not geraten ist. Dadurch soll zugleich eine Inanspruchnahme der Allgemeinheit für den Notbedarf des Schenkers verhindert werden. Im Vordergrund stehen also der Gedanke der finanziellen Eigenverantwortung sowie das Verbot, sich auf Kosten Dritter bedürftig zu machen. Dabei muss kein kausaler Zusammenhang zwischen der Schenkung und der Verarmung vorliegen. Unterhaltsrechtlich ist nur der spätere tatsächliche Eintritt einer Notbedarfslage von Bedeutung.

 

Das Rückforderungsrecht aus § 528 BGB ist immanenter Bestandteil der Schenkung. Es entsteht nicht erst mit dem Widerruf, sondern wird nur durch die Widerrufserklärung ausgelöst. Mit Eintritt des Notbedarfsfalls verwirklicht sich lediglich ein Risiko, das der Schenkung von Anfang an innewohnt.

 

b) Überleitung des Anspruchs

Der Sozialhilfeträger kann den Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers gemäß § 93 SGB XII auf sich überleiten. Durch diese Möglichkeit, von der in der Praxis auch häufig Gebrauch gemacht wird, hat die praktische Relevanz der Vorschrift in den letzten Jahren stark zugenommen. Sie beschäftigt in steigendem Maß auch die Rechtsprechung. Der aus § 528 BGB folgende sogenannte Revokationsanspruch gehört zum verwertbaren Vermögen des bedürftigen Elternteils, das dieser vorrangig für den eigenen Unterhalt einsetzen muss. Folglich kann V durch eigene Vorbehalte nicht verhindern, dass S gegenüber der T den sozialhilferechtlich gebotenen Rückforderungsanspruch geltend macht. Dies ist nicht von seiner Zustimmung abhängig.

 

c) Was ist zurückzugeben?

Nach dem Wortlaut des § 528 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist das Geschenk selbst zurückzugeben (Naturalrückgabe). Das gilt jedoch nicht, wenn der Notbedarf des Schenkers geringer ist als der Wert des Geschenks. Ist das geleistete Geschenk

  • teilbar (z. B. bei Geld oder auch Wertpapieren) kann nur der zur Unterhaltssicherung des Schenkers benötigte Teil zurückgefordert werden.

 

  • unteilbar (z. B. bei Grundbesitz oder auch bei anderen Sachgesamtheiten, wie etwa einem PKW) wird der Rückforderungsanspruch gemäß §§ 528 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB auf einen bloßen Wertersatz in Geld beschränkt.

 

Im Beispiel liegt der Wert des Geschenks mit 150.000 EUR deutlich über den von S tatsächlich zur Unterhaltssicherung des V aufgewendeten 30.000 EUR. S kann deshalb von T nicht die Herausgabe des Geschenks in Natur, sondern nur Wertersatz in Geld in Höhe von 30.000 EUR verlangen.

 

MERKE | Der T ist es auch nicht zumutbar, das von ihr selbst bewohnte Haus zu verwerten, um aus dem Erlös die von S geforderten 30.000 EUR zu leisten. Ein grundsätzlich geschuldeter Wertersatz kann deshalb nur aus dem Einkommen der T gezahlt werden. Deshalb kommt es im Zusammenhang mit der Notbedarfseinrede entscheidend auf die konkreten Einkommensverhältnisse des beschenkten Kindes an, wenn ‒ wie hier ‒ andere Vermögenswerte nicht vorhanden sind und das Schenkungsobjekt nicht (weiter) beleihungsfähig ist.

 

2. Ausschluss des Rückforderungsrechts

Das unter Bruch des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ gewährte Rückforderungsrecht wird durch § 529 BGB aus Billigkeitsgesichtspunkten selbst wieder eingeschränkt. Das Gesetz nennt in Abs. 1 und 2 alternativ 3 Voraussetzungen:

 

  • Vorwerfbare (§§ 276, 277 BGB) Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit durch den Schenker
  • Ablauf der 10-Jahresfrist seit der Leistung des geschenkten Gegenstands
  • Ausschluss wegen eigener Bedürftigkeit des Beschenkten.

 

PRAXISHINWEIS | Für die 10-Jahresfrist kommt es auf den Zeitablauf zwischen dem Vollzug der Schenkung (d. h. Eintritt des Leistungserfolgs) und dem tatsächlichen Eintritt der Notlage an. Ohne Bedeutung ist auch der Zeitpunkt der Beantragung von Sozialhilfe. Es hilft also im Ergebnis nicht viel weiter, diesen Zeitpunkt zu manipulieren, z. B. durch eine vorübergehende Finanzierung aus eigenen Mitteln des Kindes, weil diese finanzielle Unterstützung sich als Unterhaltsleistung des Kindes darstellt und die Bedürftigkeit des Schenkers beseitigt.

 

§ 529 BGB enthält nach allgemeiner Auffassung eine rechtshemmende Einrede und nicht eine Einwendung. Es ist deshalb dem beschenkten Kind überlassen, die entsprechende Einrede auch geltend zu machen. Gegenüber dem Rückforderungsanspruch aus § 528 BGB berufen sich beschenkte Kinder besonders häufig auf eine eigene Notbedarfslage, so dass § 529 Abs. 2 in der Praxis von besonderer Relevanz ist.

 

Im Beispiel hat sich auch die T zu Recht ausdrücklich mit der Einrede des Notbedarfs verteidigt, weil ein auf S übergeleiteter Rückforderungsanspruch des V aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB ihr gegenüber in jedem Fall wirksam entstanden ist.

3. Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB

Anders als beim Ablauf der 10-Jahresfrist dient § 529 Abs. 2 BGB nicht dem Schutz des Vertrauens des Beschenkten auf die Rechtsbeständigkeit der vollzogenen Schenkung. Vielmehr liegt dieser Vorschrift die grundsätzliche Erwägung zugrunde, dass die Rechtsordnung kein Interesse daran haben kann, ,,den einen in eine Notlage zu stürzen, um den anderen ihr zu entreißen“ (BGH 19.12.00, X ZR 146/99).

 

a) Unterschiedliche Notsituationen

Zwischen der Notsituation i. S. v. § 528 BGB und § 529 Abs. 2 BGB besteht ein entscheidender Unterschied. Während es erforderlich ist, dass die Notlage beim Schenker bereits eingetreten ist, muss der Notbedarf des Beschenkten noch nicht entstanden sein. Es genügt die bloße Gefährdung. Hierfür ist die begründete Besorgnis erforderlich, dass der Beschenkte bei Erfüllung des Rückforderungsverlangens zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, mit seinem Einkommen den eigenen „standesgemäßen“ Unterhalt selbst sicherzustellen bzw. seine gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen.

 

b) Darlegungs- und Beweislast

Der Beschenkte muss darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen eines von ihm geltend gemachten Notbedarfs vorliegen.

 

Im Beispiel hat T kein weiteres Vermögen und es ist für sie auch nicht zumutbar, das von ihr selbst bewohnte Haus zu veräußern. Sie müsste ferner im eigenen Interesse Belege vorlegen, wonach das Haus nicht weiter beleihungsfähig ist. Oder belegen, dass (gewerbliche oder private) Kreditgeber eine weitere Kreditvergabe an sie zu marktüblichen Konditionen unter Bezugnahme auf ihre wirtschaftliche Situation ablehnen.

 

Damit gewinnen für § 529 Abs. 2 BGB die Einkommensverhältnisse der T entscheidende Bedeutung, die sie mit Blick auf ihre Darlegungs- und Beweislast im Einzelnen nachvollziehbar darzulegen und zu belegen hat. Da T nach dem Tod ihres Vaters niemand Anderem unterhaltspflichtig ist, geht es im Rahmen ihrer Notbedarfseinrede allein um die Frage, ob ihr eigener „standesgemäßer“ Unterhalt bei einem Wertersatz für das Geschenk gefährdet wäre.

 

Der Begriff „standesmäßiger“ Unterhalt in § 529 Abs. 2 BGB ist nach allgemeiner Auffassung mit dem „angemessenen Unterhalt“ gleichzusetzen (Begründung: Vom Gesetzgeber übersehenes Redaktionsversehen). Der dem Beschenkten zu belassende angemessene Unterhalt und seine Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB) werden nach den von der Rechtsprechung zum Elternunterhalt entwickelten allgemeinen Grundsätzen bemessen und bestimmt. Denn es besteht auch aus der Sicht des BGH kein Anlass, im Rahmen von §§ 528, 529 Abs. 2 BGB eigenständige Grundsätze zur Bemessung des „standesgemäßen“ Unterhalts zu entwickeln.

 

Im Beispiel ist der T daher der sogenannte erhöhte große Selbstbehalt zu belassen. Die Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte nennen seit dem 1.1.15 durchgängig einen Betrag von monatlich 1.800 EUR, der dem unterhaltspflichtigen Kind gegenüber seinen Eltern als Sockelbetrag verbleiben muss. Hinzuzurechnen ist der Betrag, der über diesem Selbstbehalt hinaus noch zur Verfügung steht. Um den Arbeitsanreiz zu erhalten, ist dieser allerdings nur zu 50 Prozent in Ansatz zu bringen.

 

PRAXISHINWEIS | Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 529 Abs. 2 BGB gelten die dargestellten unterhaltsrechtlichen Grundsätze auch, wenn es sich um eine Schenkung durch Verwandte handelt, die mangels Abstammung in gerader Linie (§ 1601 BGB) keine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beschenkten haben. Hätte es sich also bei V und T etwa um Onkel und Nichte gehandelt, müsste T nach Rückforderung der Schenkung durch S im Rahmen des § 529 Abs. 2 BGB von ihren Einkünften soviel belassen werden, wie sie auch im Rahmen des Elternunterhalts für sich beanspruchen könnte, also nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

Im Beispiel ist T grundsätzlich der erhöhte angemessene Selbstbehalt zu belassen. Ihr tatsächliches Erwerbseinkommen von 1.750 EUR erreicht diesen Betrag allerdings nicht. Mangels anderweitiger Vermögenswerte könnte die T den von S verlangten Wertersatz für die Immobilienschenkung nur aus ihrem Einkommen aufzubringen; die 1.750 EUR benötigt sie jedoch vollständig für ihren eigenen Unterhaltsbedarf. T könnte ihren angemessenen Unterhalt i. S. v. § 529 Abs. 2 BGB selbst nicht mehr sicherstellen und wäre ihrerseits auf Sozialhilfe angewiesen, würde man von ihr trotzdem monatliche Zahlungen auf den an sich geschuldeten Wertersatz verlangen. Folglich ist T nach ihren tatsächlichen Einkommensverhältnissen leistungsunfähig.

 

c) Unterhaltsrechtliche Obliegenheit zur Einkommenserzielung

Geht man im Beispiel mit Blick auf die Arbeitgeberbescheinigung davon aus, dass T unter Einschluss regelmäßiger Überstunden auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit kommt, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht, genügt sie damit ihrer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit zur vollen Ausnutzung ihrer Arbeitskraft. Sie kann von S nicht auf die Aufnahme einer zusätzlichen Aushilfs- oder Gelegenheitstätigkeit bis zu 48-Wochenstunden verwiesen werden.

 

Falls ein vollschichtig arbeitender Unterhaltspflichtiger unterhaltsrechtlich überhaupt verpflichtet sein kann, seine Leistungsfähigkeit durch eine Nebentätigkeit zu erhöhen, kommt das allenfalls im Rahmen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung von Eltern gegenüber ihren minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB) in Betracht. Für den Elternunterhalt und auch im Zusammenhang mit §§ 528, 529 Abs. 3 BGB finden diese Grundsätze von vornherein keine Anwendung.

 

Daneben müsste hier auch der Umstand berücksichtigt werden, dass T schon seit 20 Jahren (und damit lange vor der Unterhaltsbedürftigkeit des V) mit einer nur 75 Prozent-Arbeitsstelle für sich selbst und ihren persönlichen Lebensstandard bewusst ein geringeres Einkommen in Kauf genommen hat. Diese nicht unterhaltsbezogene persönliche Lebensentscheidung der T ist im Rahmen des Elternunterhalts hinzunehmen, weil diese ersichtlich nicht rechtsmissbräuchlich getroffen worden ist.

 

MERKE | Für die Berechtigung der Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB ist es grundsätzlich unerheblich, wann und wodurch die eigene Bedürftigkeit bzw. Leistungsunfähigkeit des Beschenkten entstanden ist. Der Gesetzgeber hat den

Fall, dass nach vollzogener Schenkung die eigene Bedürftigkeit selbst herbeigeführt wird, durchaus gesehen. Er hat jedoch für den Anwendungsbereich des § 529 Abs. 2 BGB darauf verzichtet, eine entsprechende Regelung zu treffen. Für die grundsätzliche Geltung des § 529 Abs. 2 BGB auch in diesem Fall spricht ferner der bereits dargestellte Grundsatz, dass es wenig sinnvoll wäre, „den einen in eine Notlage zu stürzen, um den anderen ihr zu entreißen“.

 

d) Einrede gilt auch gegenüber Sozialhilfeträger

Die Einrede des Notbedarfs wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie gegenüber dem Träger der Sozialhilfe geltend gemacht wird. Der Wortlaut des § 529 Abs. 2 BGB bietet keinen Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung der Notbedarfseinrede durch den Beschenkten. Die Überleitung befreit deshalb den in der Person des Schenkers entstandenen Rückforderungsanspruch nicht von seiner latenten Beschränkung durch die Notbedarfseinrede des Beschenkten nach § 529 Abs. 2 BGB. Der Sozialhilfeträger tritt lediglich an die Stelle des Schenkers als bisherigem Gläubiger. Der Charakter des (latent) einredebehafteten Rückforderungsanspruchs wird durch § 93 SGB XII auch nicht verändert, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 529 Abs. 2 BGB noch nicht vorliegen bzw. noch nicht geltend gemacht worden sind. Hierdurch werden die Interessen des Beschenkten geschützt, der durch die ohne seine Mitwirkung vollzogene Überleitung nicht benachteiligt werden soll.

4. Verfahrenshinweise

Der Rückforderungsanspruch aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein privatrechtlicher Anspruch, der vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden muss. Das gilt auch dann, wenn der Anspruch zwischenzeitlich durch Verwaltungsakt gemäß § 93 SGB XII auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist. Seine zivilrechtliche Natur bleibt dadurch unverändert.

 

Greift die Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB, darf der Beschenkte die Herausgabe des Geschenks bzw. einen Wertersatz verweigern. Allerdings besteht die Einrede nur, solange und soweit die Voraussetzungen in § 529 Abs. 2 BGB vorliegen. Es ist also nur eine anspruchshemmende Einrede. Sie wirkt sich nur auf die gegenwärtige Durchsetzbarkeit des Rückforderungsanspruchs aus. Die Notbedarfseinrede führt deshalb, wenn sie begründet ist, nicht zu einer dauerhaften Klageabweisung. Der Rückforderungsanspruch wird vom Gericht als (nur) zurzeit unbegründet abgewiesen. In einem Zweitprozess ist das neue Gericht hieran gebunden. Es darf nicht annehmen, dass das Erstgericht den Anspruch schon hätte unbeschränkt zurückweisen müssen.

 

Im Ergebnis ist der wirksam entstandene und übergeleitete Rückforderungsanspruch der S derzeit nicht durchsetzbar, weil T sich mit Blick auf ihre Einkommensverhältnisse erfolgreich auf die Einrede des Notbedarfs gemäß § 529 Abs. 2 BGB berufen kann. Allerdings ist T nicht vor einer neuen Klage der S zu einem späteren Zeitpunkt geschützt.

 

Weiterführender Hinweis

  • Zum Kindesunterhalt als Abzugsposition beim Elternunterhalt, SR 16, 138
Quelle: Ausgabe 12 / 2017 | Seite 208 | ID 45016151