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· Fachbeitrag · Akquise

Informationsveranstaltungen für ältere Mandanten richtig planen und organisieren

von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig

| Die Beratung älterer Mandanten in Form von Veranstaltungen birgt Vorzüge: Interessenten sind häufig lokal erreichbar, der Beratungsbedarf nimmt stetig zu und Sie erreichen große Zielgruppen. Folgemandate können hieraus erwachsen, ferner sind Vorträge werbewirksam auf Internetseiten und Social Media-Kanälen einsetzbar. Der Beitrag zeigt, wie man Themen findet, informative Inhalte zusammenstellt und Veranstaltungen erfolgreich durchführt. |

1. Welche Beratung wünschen ältere Menschen?

Welche Themen ältere Menschen beschäftigen und welche juristischen Zusammenhänge oft nicht verstanden werden, erfahren Berater und Fachanwälte für Sozialrecht regelmäßig. Sie sind fortlaufend in Kontakt mit Personen, die den Beratungsbedarf erkennen. Die Quellen sind lediglich gezielt auszuschöpfen, um sich auf passende Themen festzulegen, denn eine Spezialisierung ist sinnvoll. Rechtsfragen, die sich für eine informative Veranstaltung gut aufbereiten lassen, betreffen z.B.

  • Erbrechtsproblematiken, Grundlagen zu Vorsorgeverfügungen
  • Einflussnahme bei Betreuungsfällen
  • Wohnen-für-Hilfe-Projekte (Studenten helfen Senioren gegen Wohnung),
  • Einzug in Generationenhäuser, Führerschein
  • Pflege- und Krankenversicherungsleistungen, Reha-Aufenthalte,
  • Patientenverfügungen und Generalvollmachten, Pflegeheim und Hospiz

 

 

 

 

Prüfen Sie Ihre Mandatsinhalte (Gegenstand der Beratungen) und beziehen Sie Ansprechpartner mit täglichen Kontakten zu älteren Menschen ein (Gesundheit, unterstützende Angebote). Welche Fragen (auch beiläufig) stellen ältere Mandanten am Telefon, bei Vorsprache oder Terminvereinbarung dem Kanzleipersonal? Denn häufig erfährt das Personal Privates oder aktuelle Probleme, die nicht unbedingt auch im Anwaltsgespräch durchdringen.

 

Verfügen Sie über wenig Erfahrungswerte, empfiehlt sich die Entwicklung eines Fragebogens, der bei der Erstberatung ausgefüllt oder im Warteraum ausgelegt wird. Nicht aus den Augen zu verlieren ist, dass neben juristischen Fragen auch Themenkomplexe bedeutsam sind, die den Lebens- und Verbraucheralltag der Senioren betreffen.

 

Musterformulierung /  Fragebogen

Sehr geehrte/r Frau/Herr,

 

jedes Lebensalter justiert das Leben neu. Wünsche wandeln sich, Erlebnisse und Lebensreife prägen die Biografie. Dinge, die in jungen Jahren vielleicht an erster Stelle stehen, verlieren in späteren Jahren ihre Priorität.

 

Wir haben von unseren Mandanten erfahren: Es gibt unterschiedlichste Rechtsfragen, die im Alter bedeutsam sind. Wir informieren daher regelmäßig auf Veranstaltungen über wichtige Themen: kostenlos, informativ und verständlich. Möchten Sie uns helfen, passende Informationen für Sie aufzubereiten?.

 

Name, Vorname: (Angabe freiwillig)

Adresse/E-Mail: (Angabe freiwillig)

Alter: (Angabe freiwillig)

 

Ich interessiere mich für folgende Themen:

 

  • Erbrecht & Testamente
  • Betreuungs- und Patientenverfügungen
  • Welche Versicherungen sind für ältere Menschen wichtig?
  • Eingeschränkt und doch daheim: Umbau und Barrierefreiheit
  • Krankenkassenwechsel: Wie finde ich die richtige für mich?
  • Schwerbehinderung: Ansprüche, Leistungen, Reha-Aufenthalte
  • Wohnen im Alter: Lebensformen und realistische Erfahrungen
  • Medikamente im Alter & klinische Studienprojekte: Vorteile und Risiken
  • Betrugsversuche und Tricks: Senioren im Visier krimineller Aktivitäten
  • Zurück in den Hörsaal: Ein Seniorenstudium für mich?
  • Autofahren im Alter: Was muss ich wissen? (Rechtsprechung zu Versicherungsfragen, Führerscheinabgabe und -entzug)
  • Im Alter/als Rentner dauerhaft ins Ausland (meine Wunschländer: )
  • Mich interessiert: ________________________________________
 

Über die Themen Medikamentenkonsum oder Wegzug im Alter bzw. das Leben als Rentner im Ausland wurde zuletzt intensiv in den Medien berichtet. Häufig bereiten der Neuanfang, Orientierungsschwierigkeiten oder unterschätzte finanzielle Ausgaben im Ausland Probleme. Auch eine mögliche Rückkehr birgt Tücken. Wohin zieht es viele Menschen? Was ist hinsichtlich Renten, Lebensgestaltung und Steuern zu beachten?

 

PRAXISHINWEIS | Fragebogen wie der obige können abgewandelt und nach Rücksprache und Einverständnis mit den Leitern auch in Heimen, Seniorenvereinen oder sonstigen Stellen ausgegeben werden. Häufig bieten diese Einrichtungen sogar an, die Veranstaltung direkt im Hause durchzuführen, was Mietkosten spart und die Organisation vereinfacht.

 

2. So organisieren Sie eine Veranstaltung

Sind die Themenfelder abgesteckt, steht die konkrete Planung an - hier lauern nicht selten mehr Stolpersteine als bezüglich der Vortragsinhalte selbst. Ihr Angebot trifft auf viele ältere Zuhörer mit unterschiedlichsten Bedürfnissen. Ein gut erreichbarer Ort ist ebenso notwendig wie die Berücksichtigung körperlicher Handicaps (z.B. Verständlichkeit für Hörgeschädigte), damit alle Teilnehmer ihren Vorträgen folgen können. Auch eine reibungslose An- und Abreise muss organisiert sein.

 

PRAXISHINWEIS | Juristische Erläuterungen sind eine Sache - handfeste Erfahrungen von Betroffenen eine andere. Warum ist B nach zwei Jahren Aufenthalt in Spanien zurückgekehrt und wie hat das geklappt? Wie gelang A die große Kostenersparnis, als sie ihre Wohnung mit Fördermitteln umbauen ließ? Sorgen Sie für Informationen aus erster Hand und laden Sie erfahrene Senioren ein. Kandidaten recherchieren Sie über Mandanten oder durch Kontakte (Caritasverbände, Verbraucherberatung, Selbsthilfegruppen, Deutsche im Ausland e.V.).

 

Checkliste / Das müssen Sie berücksichtigen

Ort und Zeit

Günstiger Veranstaltungsraum, möglichst zentral und mit guter Anbindung an (Behinderten-) Parkplätze und Haltestellen (Bus & Bahn). Viele Senioren sind zeitlich unabhängig und schätzen Nachmittagsveranstaltungen. Hieraus resultieren preisgünstige Mietmöglichkeiten, da andere Veranstalter oft für den Abend buchen. Recherchieren Sie kostenlose oder günstige Räumlichkeiten (Anbieter: Sozialverbände, Heime, soziokulturelle Zentren, Ortsvereine/Verbände und Kirchen). Vielleicht eignet sich auch eine Kooperation mit der örtlichen Volkshochschule (VHS). Selbsthilfegruppen haben ebenso oft Erfahrung mit anzumietenden Räumen.

Anregungen für

Raumwahl

Wählen Sie einen möglichst barrierefreien Raum, der auch für Rollstühle zugänglich ist (gegebenenfalls mit Aufzug). Solide Sitzgelegenheiten mit ausreichenden Reihenabständen, gute Beheizbarkeit/Belüftung (Deckenventilatoren). Gute Akustik, Außenlärm muss durch Fenster gut reduzierbar sein. Garderobe/Platz für Gehhilfen und Rollatoren, Raum für Präsentationsmittel/Technik: Projektoren, Bildschirme, W-LAN-Zugang.

Technik und

Verständnis

Nutzen Sie bei Bedarf moderne Funktechnik, hörbehinderte Menschen können der Veranstaltung dann mit Kopfhörern folgen. Verständliche Übertragung ggf. mit Lautsprechern, Laptop/Mikrofon für Aufzeichnung vorhalten.

 

Praxishinweis | Ohne einen Assistenten sollte die Veranstaltung nicht durchgeführt werden. Idealerweise sollte Sie ein Kanzleimitarbeiter unterstützen, der nicht nur Ihnen vertraut, sondern auch mit vielen Teilnehmern bekannt sein wird und damit das Vertrauensverhältnis stärkt.

Redner/Gastredner

Neben Ihnen selbst Menschen mit konkreten Erfahrungen zum Thema, Notare, Fachärzte für Gerontologie oder Gerontopsychiatrie, wenn Themengebiete wie Medikamenteneinnahme, Süchte oder psychische Erkrankungen angesprochen sind. Sinnvoll: Ein oder zwei Stunden bei einem Sprachtrainer sein, der Sie auf die Ansprache älterer Menschen vorbereitet und wichtige Verhaltensregeln zur Modulation gibt. Dies vor allem dann, wenn Sie Informationsveranstaltungen fortlaufend anbieten möchten.

Für den

Veranstaltungstag

Recherchieren Sie im Vorfeld: Nächster Arzt/Krankenhaus und Pflegedienst. Sorgen Sie für einen Erste-Hilfe-Kasten, sofern nicht vorhanden. Halten Sie Getränke (Wasser und Kaffee) vor und achten Sie auf gute Belüftung während der gesamten Veranstaltung. Besonders wichtig: Pausen. Hängen Sie ein kopiertes DIN A4-Blatt mit aktuellen Abfahrtszeiten von Bus&Bahn (nächsten Haltestelle) sowie Taxirufnummern aus. Fragen Sie zu Beginn/zehn Minuten vor Veranstaltungsende, ob jemand ein Taxi/Sammeltaxi wünscht und organisieren Sie durch Assistenten den Anruf in der Taxizentrale. Bieten Sie ggf. die Mitnahme von Personen durch Sie selbst an.

Vortrag und

Redestil

Achten Sie auf ein überschaubares Pensum: Stimmen Sie den Vortrag zeitlich auf die Zusammensetzung Ihrer Gruppe ab (Alter und Teilnehmerzahl). Gegebenenfalls Richtwert festlegen, z.B. zwei Stunden. Arbeiten Sie mit Tafeln oder Bildschirmen, sorgen Sie für gut sichtbare Darstellungen, große Schriften und verständliche Inhalte. Verzichten Sie auf visuelle „Feuerwerke“, möglichst wenige lange Power-Point-Präsentationen und auch nur dann, wenn sie die mündlichen Informationen anschaulich unterstützen. Einzelne, wenige Schautafeln können wirkungsvoller sein. Ein Skript kann zur Mitnahme erstellt werden.

Nachbearbeitung und Auswertung

Legen Sie fest, wer einen Mitschnitt (MP3-Hördatei, Stream auf Website) wünscht und sammeln Sie hierzu E-Mail-Adressen. Diese können Sie gleichzeitig für einen Verteiler nutzen, um auf künftige Informationsveranstaltungen aufmerksam zu machen. Wer keine E-Mail-Adresse besitzt oder das Internet wenig nutzt, kann eine gebrannte CD bekommen.

 

Werten Sie Zwischenfragen aus, die sich auch für eine FAQ-Rubrik aufbereiten lassen. Bearbeiten Sie zügig die Hördatei (reinen Vortragstext extrahieren, keine Zwischenfragen der Zuhörer) und holen Sie gegebenenfalls bereits vorher das Einverständnis von weiteren Rednern ein, dass deren Erklärungen veröffentlicht werden).

 

PRAXISHINWEIS | Mit der kostenlosen Software Audacity können Sie Ihre Veranstaltung nicht nur aufzeichnen, sondern die Audio-Dateien anschließend auch bearbeiten und schneiden (www.audacity.de). Mitschnitte bzw. Bild- und Tonmaterial von der Veranstaltung ergänzt Ihr Anwaltsmarketing. Wichtig: Bei Fotoaufnahmen von Anwesenden ist deren Einverständnis notwendig.

 

Weiterführende Hinweise

  • Mandanten bei Umbaumaßnahmen richtig beraten (Noe, SR 14, 166)
  • Mandantentipps für die Mitbewohnersuche (Noe, SR 14, 95)
  • Vorsorgende Verfügungen: Wichtige Grundlagen (Thoennissen, SR 13, 44)
Quelle: Ausgabe 02 / 2015 | Seite 30 | ID 43173707