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  • 10.11.2015 · IWW-Abrufnummer 180654

    Landesarbeitsgericht Nürnberg: Beschluss vom 22.10.2015 – 2 Ta 118/15

    Mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Gericht festgestellt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist und somit nicht gegen die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstößt. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG kann daher nicht (noch einmal) geprüft werden, ob die Rechtsverfolgung nicht kostengünstiger in einer Klage (ggf. im Wege der Klageerweiterung), statt in mehreren Klagen hätte erfolgen müssen (gegen LAG München 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 ; wie LAG Hessen 15.10.2012 - 13 Ta 303/12 ).


    Tenor:

    Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015, Az. 12 Ca 483/14, wird zurückgewiesen.



    Gründe



    A.



    Streitig ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Höhe der der Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.



    Die Prozessbevollmächtigte des Klägers erhob gegen die Beklagte mit Schriftsätzen vom 22.01.2014 für insgesamt 13 Arbeitnehmer jeweils getrennte Lohnklagen für August und September 2013nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und beantragte jeweils Prozesskostenhilfe sowie ihre Beiordnung als Prozessbevollmächtigte. Insgesamt wurden Löhne in Höhe von 62.603,30 € brutto geltend gemacht, davon im vorliegenden Verfahren 4.877,20 € brutto. Bei Klageeinreichung regte die Prozessbevollmächtigte außerdem an, die Klagen einheitlich einer Kammer vorzulegen, da die Sachverhalte und die Beklagtenseite identisch seien (Blatt 5 der Akten). Die Verfahren wurden entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan auf unterschiedliche Kammern verteilt und später auch nicht verbunden.



    Die Klägervertreterin wurde den jeweiligen Klägern in allen 13 Verfahren beigeordnet, so auch im vorliegenden Verfahren mit Beschluss vom 23.02.2015 (Blatt 84 der Akte) rückwirkend zum 25.07.2014 unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Monatsraten.



    Die Verfahren endeten durch gerichtlich festgestellten Vergleich, im vorliegenden Fall durch Beschluss vom 05.02.2015.



    Nach Abschluss der Verfahren machte die Klägervertreterin jeweils ihre Vergütung geltend und erhielt sie ausbezahlt, insgesamt 13.276,27 €. Im vorliegenden Verfahren wurde ausgehend vom Vergleichswert die Vergütung der Prozessbevollmächtigten auf 1094,21 € festgesetzt (Beschluss vom 12.03.2015).



    Mit seiner Erinnerung vom 05.05.2015 wandte sich der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg gegen diese Festsetzungen. Die beigeordnete Anwältin sei verpflichtet gewesen, die Ansprüche im Wege der subjektiven Klagehäufung geltend zu machen, so dass letztlich nur die Kosten erstattet werden könnten, die entstanden wären, wenn alle Ansprüche zumindest in einer, maximal zwei Klagen geltend gemacht worden wären.



    Der Bezirksrevisor beantragte daher,



    die 13 Einzelfestsetzungen aufzuheben, einen Betrag von insgesamt 1885,56 € festzusetzen und den überzahlten Betrag von 11.390,71 € zurückzufordern.



    Klägervertreterin beantragte die Erinnerung zurückzuweisen.



    Die Einzelsachverhalte seien so unterschiedlich gewesen, dass die Geltendmachung in einer einzigen Klage nicht sachdienlich gewesen wäre. Verschiedene Kläger hätten unterschiedliche Vergleichsbereitschaft gezeigt. Bei der Geltendmachung in einer Klage wären die jeweils anderen Kläger nicht mehr als Zeugen, sondern lediglich als Partei zu vernehmen gewesen. Dies sei, weil sich die Kläger in den vorliegenden Fällen allein auf Zeugenbeweis hätten stützen können, nicht zumutbar gewesen. Ferner sei dem Gericht bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bekannt gewesen, dass weitere 12 ähnlich gelagerte Verfahren anhängig seien. Trotzdem habe das Gericht für jedes Verfahren getrennt Prozesskostenhilfe bewilligt.



    Die Urkundsbeamtin half mit Beschluss vom 26.08.2015 der Erinnerung nicht ab (VI. des Kostenhefts) und legte sie der Kammervorsitzenden vor. Die Kammervorsitzende beim Arbeitsgericht wies die Erinnerung des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 04.09.2015 zurück (VII. des Kostenhefts).



    Hiergegen erhob der Bezirksrevisor beim Landesarbeitsgericht Nürnberg mit Schriftsatz vom 04.09.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, Beschwerde (Blatt 89 der Akten).



    Mit Beschluss vom 08.09.2015 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor (Blatt 91, 92 der Akten).



    Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.09.2015. Auf die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 14.09.2015 (Blatt 94 der Akten) sowie der Klägervertreterin vom 24.09.2015 (Blatt 97,98 der Akte) wird Bezug genommen.



    Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.



    B.



    Die sofortige Beschwerde der Staatskasse ist zwar zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht folgt dabei den ausführlichen Begründungen der Urkundsbeamtin im Nichtabhilfebeschluss vom 26.08.2015 und der Richterin in den Beschlüssen vom 04.09.2015 und vom 08.09.2015. Im Hinblick auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung erscheinen noch folgende Ausführungen veranlasst:



    I. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12.03.2015 ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der die Erinnerung zurückweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 04.09.2015 eingelegt worden. Der Beschwerdewert von 200,- € (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) ist deutlich überschritten.



    II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die der Klägervertreterin zu erstattenden Kosten zu Recht auf 1024,91 € festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung des Bezirksrevisors zu Recht zurückgewiesen. Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe bewilligt und die Klägervertreterin beigeordnet worden. Damit hat die die Prozesskostenhilfe bewilligende Richterin auch entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (§ 114 Abs. 2 ZPO) war und durch die getrennte Klageerhebung nicht gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung verstoßen wurde. Der Urkundsbeamte ist hieran ebenso wie die Staatskasse und die Beschwerdekammer nach § 48 RVG gebunden. Im Übrigen läge im vorliegenden Fall ein solcher Verstoß nicht vor. Sonstige Einwände gegen die Kostenfestsetzung sind nicht erhoben und auch nicht ersichtlich.



    1. Die Frage, ob die Partei gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat, ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG zu prüfen, sondern im Rahmen des Verfahrens über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (LAG Hessen 15.10.2012 - 13 Ta 303/12; LAG Sachsen-Anhalt 28.12.2010 - 2 Ta 172/10). Der in ständiger Rechtsprechung vertretenen gegenteiligen Ansicht des LAG München (z.B. 23.07.2012 - 10 Ta 284/11; auch LAG Nürnberg 02.02.2009 - 5 Ta 160/07) kann jedenfalls seit Inkrafttreten des mit Wirkung zum 01.01.2014 (BGBl. 2013 I 3533) neu eingefügten § 114 Abs. 2 ZPO nicht mehr gefolgt werden.



    a. Es besteht allerdings Einigkeit, dass die Parteien des Rechtsstreits verpflichtet sind, die Kosten des Verfahrens angemessen niedrig zu halten. Diese Pflicht zur kostensparenden Prozessführung findet Ausdruck in der Vorschrift des § 91 Abs. 1 ZPO, wonach nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu erstatten sind. Sie betrifft auch die durch gerichtliche Verfahren ausgelösten Anwaltskosten. Wegen der degressiven Ausgestaltung der vom Streitwert abhängigen Anwaltsgebühren im RVG ist die Rechtsverfolgung mehrerer Ansprüche in einem Verfahren regelmäßig kostengünstiger als in getrennten Verfahren. Werden mehrere Streitgegenstände in einem Verfahren zusammengefasst, wird auch der Streitwert oftmals insgesamt niedriger festzusetzen sein (vgl. z.B. Nr. 1.6. des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit für das Zusammentreffen von Bestandsschutzverfahren und Annahmeverzug, NZA 2014, 745 ff). Die Partei und der sie vertretende Rechtsanwalt sind daher grundsätzlich gehalten, mehrere Ansprüche in einem Verfahren geltend zu machen, soweit nicht nachvollziehbare Sachgründe für getrennte Klagen vorliegen. Ebenso ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass unter bestimmten Voraussetzungen mehrere Personen gehalten sind, in einem Verfahren ihre Ansprüche zu verfolgen. Der Rechtsanwalt soll im Ergebnis nicht mehr Gebühren erstattet erhalten, als er ohne Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung erhalten würde.



    b. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, in dem die obsiegende Partei die ihr zu erstattenden Kosten gegen die unterlegene Partei festsetzen lässt, wird dies dadurch erreicht, dass der nach § 21 Nr. 1 RPflG zuständige Rechtspfleger auch zu prüfen hat, ob die Partei in Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO und des auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes des Missbrauchsverbots gegen ihre Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstoßen hat. Die Partei wird dann kostenrechtlich so behandelt, als wären die Ansprüche in einem Verfahren verfolgt worden und die Gebühren entsprechend berechnet (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn 7 ff).



    c. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG - also im Verhältnis Mandant/Rechtsanwalt - wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung nicht geprüft. Es ist zwar anerkannt, dass der Rechtsanwalt aus dem Mandatsverhältnis heraus auch seiner Partei gegenüber verpflichtet ist, die Kosten so niedrig zu halten, wie es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist. Hat der Rechtsanwalt nicht den kostengünstigsten Weg zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gewählt und den Mandanten hierüber nicht aufgeklärt, kann der Mandant gegen die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aufrechnen. Macht dies der Mandant im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG geltend, werden die Kosten - da es sich um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung handelt - wegen § 11 Abs. 5 RVG nicht gegen ihn festgesetzt (BeckOK RVG/v. Seltmann RVG § 11 Rn. 57). Der Anwalt muss seine Gebühren einklagen.



    d. Im hier gegenständlichen Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG, in dem die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse festgesetzt wird, ist spätestens seit Inkrafttreten des § 114 Abs. 2 ZPO am 01.01.2014 kein Raum mehr für den zuständigen Urkundsbeamten zu überprüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen.



    aa. Bereits im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 114 ff ZPO) und die anwaltliche Beiordnung (§§ 11a Abs. 1 ArbGG, 121 ZPO) ist zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung kostengünstiger in einem statt in mehreren Verfahren hätte erfolgen müssen. Dies ist Teil der Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13).



    (1) Seit 01.01.2014 ist der Begriff der Mutwilligkeit gesetzlich im neugeschaffenen § 114 Abs. 2 ZPO definiert. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Die Mutwilligkeit erfasst in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung eines Anspruchs (BAG 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn 15).



    Mutwillig in diesem Sinne handelt eine Partei insbesondere dann, wenn eine nicht bedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist. Hätte eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt, eine gesondertes Verfahren anhängig zu machen, statt eine bereits anhängige Klage zu erweitern oder in gleich gelagerten Parallelfällen gemeinsam mit anderen Personen als Streitgenossen Klage zu erheben, wäre die Rechtsverfolgung nicht mutwillig (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 9 mwN; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10; BGH vom 21.11.2013 - III ZA 28/13 mwN; GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn 114, Stand April 2014 mwN; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 114 ZPO, Rn 34 u. 35).



    (2) Gegen die erst nachträgliche Berücksichtigung einer möglichen unwirtschaftlichen Prozessführung aufgrund getrennt erhobener Klagen im Kostenfestsetzungsverfahren spricht bereits der Wortlaut der § 114 Abs. 1 ZPO. Die "beabsichtigte Rechtsverfolgung" darf nicht mutwillig sein. Hieraus wird deutlich, dass schon vor oder jedenfalls kurze Zeit nach dem Beginn der Rechtsverfolgung und nicht erst nach Beendigung des Verfahrens feststehen soll, ob und ggf. in welchem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Wird erst im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt, dass eine bedürftige Partei statt einer neuen Klage kostengünstiger durch Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit hätte geltend machen können, kann eine solche Klageerweiterung nicht mehr vorgenommen werden. Demgegenüber kann eine bedürftige Partei, deren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte, aber noch nicht erhobene neue Klage abgewiesen worden ist, häufig ihren Anspruch noch im Wege der Erweiterung der bereits anhängigen Klage verfolgen, so dass vermeidbare Mehrkosten nicht erst entstehen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 13).



    Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung Teil der Mutwilligkeitsprüfung im PKH-Verfahren ist. Ziel der Reform des Prozesskostenhilfeverfahrens zum 01.01.2014 war eine Senkung der Kostenlast (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO, Rn 8). Deshalb wurde beispielsweise die Sondervorschrift im arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach ein Rechtsanwalt beizuordnen war, wenn die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich mutwillig war (§ 11a Abs. 1 und 2 ArbGG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung) ersatzlos gestrichen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung nicht im PKH-Verfahren geprüft werden soll, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich zu regeln. Stattdessen hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 114 Abs. 2 ZPO in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung die eigenständige Bedeutung der Mutwilligkeitsprüfung noch besonders betont (GK-ArbGG/Bader § 11a ArbGG, Rn 115, Stand April 2014 unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/11472).



    bb. Soweit die Frage nach der kostensparenden Rechtsverfolgung bereits Teil des PKH-Verfahrens ist, ist eine nochmalige Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ausgeschlossen.



    (1) Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Daraus folgt, dass der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden sind (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., § 55 Rn 24; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn 3; Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn 33).



    Im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht aber fest, dass



    - die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nur zum Teil in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen,



    - die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und



    - die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erschien.



    Damit steht auch mit bindender Wirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren fest, dass die Klageerhebung, so wie sie erfolgt oder beabsichtigt ist, nicht gegen die Verpflichtung zur kostensparenden Rechtsverfolgung verstößt, weil dies Teil der Mutwilligkeitsprüfung ist (LAG Hessen vom 15.10.2012 - 13 Ta 303/12 - Rn 8; LAG Sachsen-Anhalt vom 28.12.2010 - 2 Ta 172/10 - Rn 59; Musielak/Fischer, ZPO, 12.Aufl., 2015, § 121 ZPO, Rn 31; Bischof/Mathias, RVG, 5.Aufl, 2013, § 48 RVG Rn 3; a.A. LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II.2.b.bb. der Gründe; OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14; Schneider/Volpert/Fölsch/Köpf, Kostenrecht, 1. Aufl., 2014, § 11a ArbGG, Rn 4). Anderenfalls könnte der Urkundsbeamte über die Kostenerstattung die vom Richter getroffene Entscheidung korrigieren.



    (2) Dass die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 55 RVG ist, soweit sie Gegenstand im PKH-Verfahren ist, zeigt auch die Regelung in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.



    Die Vorschrift betrifft die Angaben des Antragstellers, die zur Beurteilung der Erfolgsaussicht und der fehlenden Mutwilligkeit nach § 114 ZPO erforderlich waren, also im Wesentlichen den Tatsachenvortrag zum Streitgegenstand des PKH-Verfahrens (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 124 ZPO, Rn 8). Hat der Antragsteller durch unrichtige Darstellung die fehlende Mutwilligkeit vorgetäuscht, ist die PKH-Bewilligung aufzuheben. Die unrichtige Darstellung kann auch in einem Unterlassen bestehen. Bedingter Vorsatz genügt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn 6). Für die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Richter zuständig, da nur die Aufhebungstatbestände des § 124 Abs. 1 Nr. 2 - 5 ZPO dem Rechtspfleger zugewiesen sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG).



    Das Gesetz sieht somit in § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ganz konkrete Regelungen vor, wann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung wieder aufgehoben werden kann. Ist aber die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung Teil der Mutwilligkeitsprüfung, so ist dieses Verfahren auch einzuhalten. Die Entscheidung ist ebenso wie die Bewilligungsentscheidung ausdrücklich dem Richter vorbehalten und weder dem Rechtspfleger noch dem Urkundsbeamten übertragen.



    Darüber hinaus schützt die Regelung des § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch das Vertrauen des Antragstellers in die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Soweit er sich diese nicht durch vorsätzliche unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses erschlichen hat, darf er darauf vertrauen, den Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse zu behalten. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht über eine erneute Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG konterkariert werden.



    (3) Auch das BAG befürwortet eindeutig die alleinige Prüfung im PKH-Bewilligungsverfahren. Zwar formuliert das BAG in der Entscheidung vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 12: "Selbst wenn eine ... Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Staatskasse nicht hindern würde, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob die durch den Rechtsanwalt verursachten Kosten ... notwendig waren, ...". Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass das BAG eine weitere Überprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG für richtig hält. Im Gegenteil: Nur zwei Randnummern weiter (Rn 14) heißt es eindeutig, dass es nicht Sache des Urkundsbeamten im Festsetzungsverfahren sei zu beurteilen, ob ein sachlich begründeter Anlass bestanden habe, trotz der höheren Kosten von einer möglichen Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit abzusehen, sondern Sache des Gerichts im PKH-Bewilligungsverfahren. Aus Sicht des erkennenden Beschwerdegerichts ist die zitierte offene Formulierung in Rn 12 nur der Tatsache geschuldet, dass das BAG im Rahmen der Rechtsbeschwerde in einem PKH-Bewilligungsverfahren entschieden hat, als oberstes Bundesgericht aber nicht zur Entscheidung berufen ist, ob auch noch im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung geprüft wird. Denn nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht statt.



    (4) Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BGH. Auch er prüft die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung im Rahmen der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren (BGH vom 21.03.2013 - III ZA 28/13 - Rn 9 unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung).



    Die vom LAG München in ständiger Rechtsprechung zitierten Entscheidungen des BGH, wonach dies erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei, stehen dem nicht entgegen. Denn diese Entscheidungen sind nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG ergangen, wo eben keine Beschwerde zu einem obersten Bundesgericht stattfindet, sondern im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO. Dort geht es - wie bereits dargetan - nicht um die Kostenerstattung durch die Staatskasse, sondern durch den unterlegenen Gegner. Ein Prozesskostenhilfeverfahren mit Mutwilligkeitsprüfung hatte nicht stattgefunden (vgl. BGH vom 02.05.2007 - XII ZB 156/06 = MDR 2007, 1160). Die Frage der Bindung an eine vorangegangene richterliche Entscheidung stellte sich insoweit nicht.



    (5) Zwischen den Kostenerstattungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO und nach § 55 RVG bestehen wesentliche Unterschiede. Deshalb kann aus der Zulässigkeit der Prüfung der kostensparenden Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht die Zulässigkeit dieser Prüfung im Verfahren nach § 55 RVG abgeleitet werden.



    (a) Das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO ist nach § 21 Nr. 1 RPflG dem Rechtspfleger übertragen. Demgegenüber weist § 55 RVG die Zuständigkeit dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass bei kleineren Gerichten der Rechtspfleger die Aufgaben des Urkundsbeamten wahrnimmt und insoweit als Urkundsbeamter handelt. Gleichwohl findet auch in diesem Fall das Rechtspflegergesetz keine Anwendung (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn 10). Die gesetzliche Zuweisung an den Urkundsbeamten und nicht an den Rechtspfleger ist jedoch ein Indiz, das Verfahren nach § 55 RVG einfach zu halten. Dementsprechend findet im Verfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG iVm § 33 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 6 Satz 4 RVG), im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO hingegen kann die Rechtsbeschwerde zugelassen werden (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG).



    (b) Im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO muss eine Kostengrundentscheidung vorliegen; ein Prozesskostenhilfeverfahren ist dagegen regelmäßig (Ausnahme § 126 ZPO) nicht vorangegangen. Im Gegensatz hierzu ist für das Verfahren nach § 55 RVG eine Kostengrundentscheidung nicht notwendig (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn 8); immer aber ist vorher Prozesskostenhilfe bewilligt und die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bereits geprüft worden. Es besteht daher im Gegensatz zum Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO nie die Notwendigkeit für eine Prüfung, ob gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch getrennte Klageerhebung verstoßen wurde.



    Dem steht nicht entgegen, dass es auch im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO Fälle gibt, in dem ein Prozesskostenhilfeverfahren voraus gegangen ist - wenn nämlich der für die Partei bestellte Rechtsanwalt seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner in eigenem Namen nach § 126 Abs. 1 ZPO beitreibt und deshalb die Kosten nach §§ 103, 104 ZPO festsetzen lässt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 126 ZPO, Rn 1).Dieses Recht besteht unabhängig vom Beitreibungsrecht der Partei (MüKo-ZPO/Motzer, 4. Aufl., 2013, § 126 ZPO, Rn 3).Im Hinblick auf die zuvor erfolgte Prüfung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im Prozesskostenhilfeverfahren wird auch hier der Rechtspfleger gehindert sein, die Vergütung des Rechtsanwalts entsprechend den Grundsätzen der kostensparenden Prozessführung so zu kürzen, als wären die Ansprüche in einem und nicht in mehreren Verfahren geltend gemacht worden. Dies ist auch für die gegnerische Partei hinnehmbar, denn sie war am Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beteiligt und hätte die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden können (vgl. § 118 Abs. 1 ZPO). Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren allerdings offenbleiben.



    (c) Es gelten im Verfahren nach § 55 RVG als justizförmigem Justizverwaltungsverfahren (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn 23) die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsverfahrens (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn 30ff mwN). Die sinngemäße Geltung der Vorschriften über das Kostenfestsetzungsverfahren ist - anders als in § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG - gerade nicht angeordnet. Zu den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsverfahren gehört zum einen das Amtsermittlungsprinzip, zum anderen aber auch die Bindung an die Entscheidungen, die in dem dem Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Staatskasse zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahren ergangen sind (vgl. Riedel/Süßbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl., 2015, § 55 RVG, Rn 33; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn 24). Im Übrigen ist auch der Rechtspfleger im Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO an die vorangegangene Kostengrundentscheidung gebunden.



    (6) Auch das Argument, dass die Staatskasse alle Einwendungen der Partei gegen den Kostenerstattungsanspruch geltend machen können müsse und hierzu insbesondere die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt wegen mangelnder Aufklärung über die kostengünstigste Rechtsverfolgung gehöre (z.B. OLG Koblenz vom 17.07.2014 - 7 WF 355/14, Rn 14 ff), führt nicht dazu, dass hierüber nur im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG entschieden werden dürfte. So ist zwar richtig, dass die Staatskasse die Einwendungen, die die Partei gegen den Gebührenanspruch geltend machen könnte, im Kostenfestsetzungsverfahren auch erheben kann (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., 2013, § 55 RVG, Rn 49). Dies kann aber nur für solche Einwendungen gelten, über die das Gericht noch nicht entschieden hat. Hat das Gericht aber entschieden, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, kann der Rechtsanwalt eine entsprechende Aufklärungspflicht nicht verletzt haben. Die Prämisse des OLG Koblenz, wonach die Bewilligung von Prozesskostenhilfe von vorneherein nur die Übernahme der notwendigen Kosten umfasst, negiert, dass spätestens nach der Einführung des § 114 Abs. 2 ZPO mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe festgestellt ist, dass gegen den Grundsatz der kostensparenden Rechtsverfolgung durch die Führung getrennter Verfahren nicht verstoßen wurde.



    cc. Es besteht auch praktisch kein Bedürfnis, die Frage der kostensparenden Rechtsverfolgung nicht im PKH-Verfahren zu prüfen, sondern erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG.



    (1) Das PKH-Verfahren ist ebenso zur Klärung dieser Fragen geeignet. Der zuständige Richter hat neben den hinreichenden Erfolgsaussichten auch die Frage der Mutwilligkeit zu prüfen. Enthält der PKH-Antrag keine Begründung, warum die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist, hat er im Zweifelsfalle nachzufragen und entsprechende Erklärungen einzufordern. Der Antragsteller hat die Gründe darzulegen, die ihn zur gesonderten Klageerhebung veranlasst haben (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn 18). Der Antragsgegner kann die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung einwenden (§ 118 Abs. 1 ZPO). Ist es plausibel, dass ein sachlich begründeter Anlass bestanden hat, trotz höherer Kosten von der möglichen Klageerweiterung oder gemeinsamen Klage mehrerer Parteien abzusehen, kann dies die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die neue Klage rechtfertigen (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 14).



    Der im PKH-Bewilligungsverfahren zuständige Richter ist zu dieser Prüfung auch tatsächlich ebenso in der Lage wie der Urkundsbeamte im Verfahren nach § 55 RVG. Ob Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Prozessführung tatsächlich erkannt werden, kann beim Urkundsbeamten ebenso wie beim Richter durch die jeweilige Geschäftsverteilung erleichtert oder erschwert werden. Problematische Fälle werden umso eher auffallen, je mehr die Zuständigkeit bei einem Bearbeiter konzentriert wird. Sieht etwa die richterliche Geschäftsverteilung die Zuteilung nach Anfangsbuchstaben der beklagten Partei vor, oder werden Verfahren an die Kammer verteilt, bei der bereits ein Vorverfahren zwischen denselben Parteien anhängig ist, so wird der zuständige Richter Verstöße gegen die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besser erkennen können, als bei einer reinen Verteilung nach Turnus entsprechend dem Zeitpunkt des Eingangs. Umgekehrt werden die für die Verfahren nach § 55 RVG zuständigen Urkundsbeamten insbesondere bei größeren Gerichten nicht für alle Spruchkörper zuständig sein. Jedenfalls kann die dem Präsidium des Gerichts übertragene richterliche Geschäftsverteilung kein Argument dafür sein, dass die richterliche Prüfung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren entgegen klarer gesetzlicher Regelungen eingeschränkt wird. Die Geschäftsverteilung hat sich an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren und nicht umgekehrt.



    Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt hinzu, dass der PKH-Antrag regelmäßig zusammen mit der Hauptsacheklage gestellt wird. In diesen Fällen wird der PKH-Antrag nur selten bereits vor der nach § 54 ArbGG obligatorischen Güteverhandlung entscheidungsreif sein. Der Vorsitzende hat in der Güteverhandlung somit regelmäßig Gelegenheit, nach anhängigen Vor- oder Parallelverfahren zu fragen. Auch von der Gerichtsverwaltung könnten vorab entsprechende Hinweise an den Richter kommen.



    (2) Soweit es als misslich empfunden wird, dass die Staatskasse im PKH-Bewilligungsverfahren bezogen auf die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung keine Beschwerde erheben kann (§ 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO), so ist dies als gesetzgeberische Entscheidung hinzunehmen. Die im Rahmen der PKH-Reform zur Senkung der Kostenlast des Staates angeregte Ausweitung des Beschwerderechts der Staatskasse ist in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prüfung der Mutwilligkeit bewusst verworfen worden (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, vor § 114 ZPO Rn 8).



    Für ein eigenes über den Umweg des § 56 RVG gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG eingeführtes Beschwerderecht der Staatskasse bezogen auf die Pflicht zur kostensparenden Rechtsverfolgung besteht auch kein Bedürfnis. Denn auch ohne Beschwerderecht der Staatskasse soll das Gericht die Entscheidung Prozesskostenhilfe zu bewilligen nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Tatsachen, die zur Aufhebung führen, sind von Amts wegen aufzuklären (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 124 ZPO Rn 4). Wenn also der Richter etwa vom Urkundsbeamten oder der Staatskasse aus dem Kostenfestsetzungsverfahren heraus Hinweise bekommt, die die Aufhebung nach § 124 Abs. 1 ZPO rechtfertigen könnten, muss er diesen nachgehen.



    (3) Die Berücksichtigung des Grundsatzes der kostensparenden Rechtsverfolgung im PKH-Bewilligungsverfahren und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG muss auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu ungünstigeren Ergebnissen für die Staatskasse führen. Bei Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG würde der Rechtsanwalt nämlich so gestellt werden, als hätte er ein einheitliches Verfahren betrieben. Die Streitwerte der verschiedenen Verfahren würden zunächst zusammengerechnet und hieraus die zu erstattenden Gebühren errechnet. Darauf zielt auch die Erinnerung des Bezirksrevisors im vorliegenden Verfahren.



    Wird hingegen Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung in weiteren eigenständigen Verfahren abgelehnt, entfällt ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Staat in diesen Verfahren ganz. Die Möglichkeit der Beschränkung der Mutwilligkeit auf durch die unwirtschaftliche Prozessführung entstehende Mehrkosten hat im Wortlaut des § 114 ZPO auch nach der PKH-Reform zum 01.01.2014 keinen Niederschlag gefunden. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung ist entweder mutwillig oder sie ist es nicht (BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 12).



    e. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsgericht nicht von der Mutwilligkeit der gesonderten Klageerhebung ausgegangen und hat Prozesskostenhilfe bewilligt. Daran ist der Urkundsbeamte wie auch die über Erinnerung und Beschwerde entscheidenden Richter gebunden. Dies gilt erst recht, als die Prozessbevollmächtigte bereits bei Klageerhebung auf die Parallelverfahren hingewiesen hat. Die Prozesskostenhilfe ist somit in voller Kenntnis von zunächst möglicherweise die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung indizierender Umstände bewilligt worden. Daher hat der Urkundsbeamte die Rechtsanwaltsgebühren zu Recht getrennt abgerechnet.



    2. Unabhängig hiervon läge im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der kostensparenden Prozessführung wohl nicht vor.



    (1) Hinsichtlich der im vorliegenden Fall ausschließlich streitgegenständlichen Anwaltskosten könnte hier als Maßstab der Prüfung aber nicht § 91 Abs. 1 ZPO analog herangezogen werden. Vielmehr wäre auf den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs abzustellen. Allerdings sieht das LAG München (Beschlüsse vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11 unter II. 2 b der Gründe; vom 08.01.2010 - 10 Ta 349/08 - Rn 25) und auch der BGH in mehreren Entscheidungen für das Verfahren nach §§ 103, 104 ZPO (z.B. BGH 02.05.2007 - XII ZB 156/06 Rn 13) die Rechtsgrundlage in § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei wird aber nicht beachtet, dass dem § 91 Abs. 1 ZPO die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO insoweit vorgeht. Danach gelten die Rechtsanwaltsgebühren "von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung". (BGH 02.11.2011 -XII ZB 458/10 - Rn 35; vgl. auch BAG vom 01.11.2004 - 3 AZB 10/04 - Rn 14;). Der BGH hat sich zuletzt nicht mehr festgelegt und wendet im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls den Missbrauchstatbestand an(BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn 7 ff). Nicht die Notwendigkeit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. § 91 Abs. 1 Satz1 ZPO)wäre daher der Maßstab, sondern ob die Rechtsverfolgung in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Allerdings dürfte sich diese Unterscheidung im Ergebnis kaum auswirken.



    (2) Es ist allerdings richtig, dass es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein kann, wenn der Kläger die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn 10 im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO; BAG vom 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 9 und vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10, jeweils im PKH-Bewilligungsverfahren). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den - oder dieselben Beklagten vorgegangen sind (BGH vom 11.09.2012 - VI ZB 60/11 - Rn 10; LAG München vom 23.07.2012 - 10 Ta 284/11).Ähnliche Maßstäbe hat auch der Richter für die Beurteilung der Mutwilligkeit im PKH-Verfahren anzulegen (vgl. BAG 17.02.2011 - 6 AZB 3/11 - Rn 9; vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/10 - Rn 16).



    (3) Im vorliegenden Fall wäre die Grenze zum Rechtsmissbrauch bzw. zur Mutwilligkeit durch die getrennte Verfahrensführung wohl nicht überschritten.



    Dem Bezirksrevisor ist zuzugeben, dass hier mehrere Kläger - insgesamt 13 - in engem zeitlichen Zusammenhang, nämlich gleichzeitig, mit weitgehend identischen Klagebegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt gegen dieselbe Beklagte in getrennten Prozessen vorgegangen sind. Dies wird schon daraus deutlich, dass die Prozessbevollmächtigte selbst um die Verhandlung in einer Kammer im zeitgleich mit den Klagen eingegangenen Schreiben vom 23.01.2014 (Blatt 5 der Akten) gebeten hat, da Sachverhalt und Beklagtenseite jeweils identisch seien.



    Allerdings hat die Klägervertreterin jedenfalls nunmehr im Kostenfestsetzungsverfahren sachliche Gründe dargetan, die die getrennte Prozessführung plausibel erklären und daher wohl nicht als rechtsmissbräuchlich (oder mutwillig) erscheinen lassen. Ob dies bereits in den jeweiligen PKH-Verfahren thematisiert war, ist unerheblich. Vorliegend hatten 13 ausländische Arbeitnehmer (im vorliegenden Fall ein Bosnisch-Herzegowinischer Arbeitnehmer) Ansprüche gegen eine slowenische Firma geltend gemacht, die wiederum für die Beklagte als Subunternehmer tätig wurde. Eine gemeinsame Besprechung mit den Klägern habe nicht stattfinden können. Die Einsatzzeiten der Kläger auf der Baustelle des Generalunternehmers seien unterschiedlich gewesen. Die Kläger hätten auch unterschiedliche Klageziele verfolgt und seien nur zum Teil und in unterschiedlicher Höhe zu einem Lohnabzug bereit gewesen. Auch hätten die Kläger für den Nachweis der gearbeiteten Stunden keine unterzeichneten Stundenzettel oder Lohnabrechnungen, so dass der Nachweis nur durch die gegenseitige Zeugeneinvernahme hätte erfolgen können.



    Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes erscheint es plausibel, dass die Kläger in getrennten Verfahren vorgegangen sind. So hat das BAG bereits für den Fall von Verfahren zwischen denselben Parteien darauf hingewiesen, dass in der Regel die Vermeidung der Überfrachtung eines Verfahrens durch eine Vielzahl inhaltlich nicht miteinander zusammenhängender Streitgegenstände berechtigten Anlass geben könne, eine gesonderte Klage zu erheben. Auch die Gefahr der sonstigen Überlastung des Rechtsstreits könne ebenfalls dafür sprechen, mehrere Rechtsstreitigkeiten anhängig zu machen, auch wenn die Streitgegenstände zusammenhingen (BAG vom 08.09.2011 - 3 AZB 46/11 - Rn 18). Dies muss erst Recht gelten, wenn es - wie hier - um Verfahren mehrerer Kläger geht. Denn hier besteht die Gefahr der Überlastung des Verfahrens schon wegen der höheren Zahl der Beteiligten, aber auch aus der möglichen unterschiedlichen Interessenlage heraus. Auch die Terminsfindung ist bei weniger Beteiligten deutlich einfacher. Im Zweifel werden daher verschiedene Parteien nicht in einem Verfahren vorgehen müssen.



    Im vorliegenden Fall bestand die Gefahr einer Überlastung des Rechtsstreits, wenn die Ansprüche in einem oder zwei Verfahren durchgeführt worden wären. Allerdings hätte die Rechtsverfolgung in einem Verfahren nicht automatisch zum Verlust der Zeugeneigenschaft der jeweiligen Kläger geführt. Denn auch einfache Streitgenossen sind als Zeugen zu vernehmen, wenn sie als Partei nicht selbst betroffen sind. Für die Betroffenheit genügt bei unterschiedlichen Klageansprüchen bereits die Identität des Anspruchsgrundes (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 373 ZPO, Rn 5a). Um dieser im Einzelfall schwierigen Abgrenzung im Prozess zu entgehen, die auch zu erheblichen Verzögerungen im Verfahren hätte führen können, war es daher nicht rechtsmissbräuchlich bzw. nicht mutwillig, den - was die gegenseitige Zeugenstellung betrifft - sicheren Weg der getrennten Klageerhebung zu gehen. Hinzu kommt, dass die Kläger unterschiedliche Prozessziele verfolgten und daher eine gemeinsame Koordination des Vorgehens gegen die Beklagte in einem Verfahren schwierig gewesen wäre.



    3. Der Urkundsbeamte hat die zu erstattenden Gebühren richtig berechnet. Fehler in der Gebührenberechnung sind weder gerügt noch sonst ersichtlich.



    4. Die Beschwerde ist kostenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

    Steindl

    Vorschriften§ 55 RVG, §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG, § 114 Abs. 2 ZPO, § 48 RVG, § 91 Abs. 1 ZPO, §§ 103, 104 ZPO, § 21 Nr. 1 RPflG, § 11 RVG, § 11 Abs. 5 RVG, §§ 11a Abs. 1 ArbGG, 114 ff ZPO, 121 ZPO, § 114 Abs. 1 ZPO, § 11a Abs. 1, 2 ArbGG, § 48 Abs. 1 RVG, § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 114 ZPO, § 124 Abs. 1 Nr. 2 - 5 ZPO, § 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG, § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 33 Abs. 4 Satz 3, Abs. 6 Satz 4 RVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG, § 126 ZPO, § 126 Abs. 1 ZPO, § 118 Abs. 1 ZPO, § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, § 54 ArbGG, § 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 56 RVG, § 124 Abs. 1 ZPO, § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO, § 91 Abs. 1 Satz1 ZPO, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG