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  • 24.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113858

    Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 12.09.2011 – 101 W 1/11

    Der Streitwert eines Verfahrens über den Erlass einer einstweiligen Verfügung entspricht dem Wert des Hauptsacheverfahrens, wenn das Sicherungsverlangen einer endgültigen Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gleich kommt, wie es der Fall ist, wenn mittels vorläufigem Rechtsschutz die bevorstehende Aberntung eines Flurstücks und der Abtransport des Ernteguts untersagt werden soll.


    101 W 1/11

    In Sachen

    GmbH

    - Antragstellerin / Beschwerdeführerin -

    Prozessbevollmächtigter:

    gegen

    GmbH & Co. KG

    - Antragsgegnerin / Beschwerdegegnerin -

    wegen einstweiliger Verfügung; hier: Streitwert

    hat der 101. Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

    Vorsitzender Richterin am Oberlandesgericht

    Richter am Oberlandesgericht

    Direktorin des Amtsgerichts

    beschlossen:

    Tenor:
    Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ulm vom 20.07.2011, AZ: Lw 4/11, wird zurückgewiesen.

    Gründe
    I. Mit Antrag vom 18.07.2011 begehrte die Beschwerdeführerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, dass der Beschwerdegegnerin untersagt wird, im einzelnen genannte Flurstücke selbst oder durch Dritte zu betreten, zu befahren, abzuernten und Erntegut abzutransportieren. Die Beschwerdegegnerin habe ein Lohnunternehmen beauftragt, die Flurstücke abzuernten, womit dieses bereits begonnen habe. Der Ernteertrag von 142 ha sei gefährdet, bei einer vollständigen Aberntung drohe ein überschlägiger Schaden von 200.220,00 €.

    Nach Antragsrücknahme durch die Beschwerdeführerin setzte das Amtsgericht durch Beschluss vom 20.07.2011 den Streitwert auf bis zu 200.000,00 € fest.

    Mit Schriftsatz vom 17.08.2011 legte die Beschwerdeführerin hiergegen sofortige Beschwerde ein, da der Streitwert der einstweiligen Verfügung nur 1/3 des Hauptsachewertes, mithin 66.667,00 € betrage.

    Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.

    II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

    1. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 1 Nr. 1a LwVfG, 1 Abs. 1 Nr. 1a GKG statthafte Beschwerde wurde form- und fristgerecht bei dem nach § 2 Abs. 1 Satz 3 LwVfG zuständigen Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt.

    Gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 7, 48 Abs. 1, 1 Nr. 1a LwVfG kann über die Streitwertbeschwerde ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entschieden werden (OLG Braunschweig, OLGR 1995, 48, juris RD 3).

    2. Die Festsetzung des Streitwertes auf bis zu 200.000,00 € durch das Amtsgericht ist nicht zu beanstanden.

    Der Streitwert eines Verfahrens über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung der Einzelumstände nach dem Interesse des Antragstellers an der Sicherstellung nach § 3 ZPO zu schätzen. In der Regel erreicht der Streitwert des Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutz nicht denjenigen des Hauptsacheverfahrens, da es nur um eine vorläufige Maßnahme geht. Dieser Grundsatz darf aber nicht schematisch angewandt werden. Der Wert des vorläufigen Verfahrens kann sich auch dem Wert des Hauptsacheverfahrens annähern, wie etwa bei Verfahren aufgrund verbotener Eigenmacht oder dann, wenn das Gericht im vorläufigen Verfahren praktisch schon endgültig über die Sache entscheiden muss (Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 53 GKG, RD 2, 3; OLG Celle, OLGR 2008, 91 f., juris RD 6; OLG Köln, OLGR 1999, 336, juris RD 3; OLG Frankfurt, MDR 1991, 354, [LG Berlin 10.12.1990 - 56 T 28/90] juris RD 5).

    Zutreffend hat das Amtsgericht in der Verfügung vom 17.08.2011, Bl. 39ff. d.A., ausgeführt, dass es der Beschwerdeführerin mit dem Verfahren um Sicherung ihres Ernteertrages von ca. 200.220,00 € vor der unmittelbar bevorstehenden, nicht mehr rückgängig zu machenden Aberntung ging. Wirtschaftlich kommt dieses Sicherungsverlangen einer endgültigen Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien auch in zeitlicher Hinsicht gleich. Bei Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung wäre die Beschwerdeführerin berechtigt gewesen, die Ernte in der anstehenden Erntezeit einzufahren, was einer eigentlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Befriedigung entsprochen hätte. Die Beschwerdegegnerin hätte dann allenfalls noch Schadensersatzansprüche geltend machen können. Der sonst im einstweiligen Verfügungsverfahren in Betracht kommende deutliche Abschlag gegenüber der Hauptsacheklage ist hier daher nicht gerechtfertigt. Die Festsetzung des Streitwertes auf bis zu 200.000,00 € ist unter diesen Umständen angemessen und entspricht dem tatsächlichen Interesse der Beschwerdeführerin an dem beabsichtigten Verfahren.

    3. Gem. § 68 Abs. 3 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

    RechtsgebieteZPO, LwVfGVorschriften§ 3 ZPO § 935 ZPO § 68 Abs. 1 GKG § 48 Abs. 1 LwVfG § 48 Abs. 1 Nr. 1a LwVfG LwVfg § 20 Abs. 1 Nr. 7