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  • · Fachbeitrag · Gebührenabrechnung

    Gesetz erlaubt Outsourcing

    von RA U.W. Hauskötter, Dortmund

    | Bis Ende 2007 gab es keine gesetzliche Regelung darüber, ob Rechtsanwälte die Abrechnung der Anwaltsgebühren an externe Inkassounternehmen übertragen durften. § 49b Abs. 4 BRAO n.F. hat dies geändert. Verspricht ein Outsourcing ein professionelles Abrechnungswesen samt Zeitersparnis? Zu wissen lohnt sich, welche Einzelheiten beachtet werden müssen, um die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht einzuhalten. |

    1. Rechtsgrundlage und Voraussetzungen

    •  § 49b Abs. 4 BRAO

    (4) Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften (§ 59a) ist zulässig. Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt.

     

    Die Regelung ist durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts seit 18.12.07 in Kraft (BGBl I 07, 2840). Die neue Formulierung des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO erleichtert die Abtretung und Übertragung von anwaltlichen Gebührenforderungen zur Einziehung an Nicht-Anwälte und weist dabei auf die Möglichkeit eines Forderungsinkassos oder des Factorings durch Verrechnungsstellen hin (BT-Drucksache 16/3655, 82). Damit wurde der Weg frei für anwaltliche Verrechnungsstellen, ähnlich wie die privatärztlichen Verrechnungsstellen. Der BGH hat durch Urteil vom 25.4.08 (IX ZR 53/07, FMP 08, 159) festgestellt, dass Vergütungsansprüche von Rechtsanwälten durch wirksame Zustimmung des Mandanten schon immer auch an Nichtanwälte abgetreten werden durften. Folgende Voraussetzungen sind für eine wirksame Abtretung von anwaltlichen Gebührenforderungen zu erfüllen:

     

    • Ausdrückliche, schriftliche Einwilligung des Mandanten oder
    • Forderung ist rechtskräftig festgestellt (das frühere Erfordernis eines fruchtlosen Vollstreckungsversuchs ist nicht mehr notwendig), und
    • Anwalt hat die spezielle Aufklärungspflicht erfüllt, § 49b Abs. 4 S. 3 BRAO.

    2. Wie funktioniert die Abtretung des Gebühreninkassos?

    § 49b Abs. 4 BRAO erfasst die Abtretung der Vergütungsforderung und jede Art von Übertragung ihrer Einziehung. Zu welchem Zweck abgetreten wird, ist ohne Bedeutung. Die Abtretung (§ 398 BGB) kann das Ziel haben, die Forderung auf Rechnung des Anwaltsbüros zu realisieren (Inkassozession).

     

    Sie kann auch auf eigene Rechnung des Zessionars (Factoring oder Forderungskauf) oder zu Sicherungszwecken erfolgen, um z.B. im Rahmen eines Prozessfinanzierungsvertrags die Zusage des Finanzierers zu erhalten. Kein Fall des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist nach dem BGH (13.1.04, XI ZR 479/02, Abruf-Nr. 040439) eine Kreditkartenzahlung durch den Mandanten. Hierbei handelt es sich nicht um einen Forderungskauf durch das Kreditkartenunternehmen, sondern um ein abstraktes Schuldversprechen des Kartenausgebers, § 780 BGB. Erfolgt das Outsourcing in Form einer Übertragung zur Einziehung, ist nur die Mahn- und Beitreibungstätigkeit durch den Einziehungsermächtigten erfasst. Dabei wird die Vergütungsforderung auf Rechnung des Anwalts im Rahmen einer Inkassovollmacht, bei der die Forderung wirtschaftlich und rechtlich beim Anwalt verbleibt, beigetrieben. Beim echten Factoring wird die Vergütungsforderung an ein außenstehendes Unternehmen veräußert und übertragen. Der Forderungskäufer macht die Vergütungsforderung wirtschaftlich und rechtlich auf eigene Rechnung geltend.

    3. Anforderungen an die Einwilligung des Mandanten

    Die ausdrückliche und schriftliche Einwilligung des Mandanten muss in Schriftform erfolgen (§ 126 BGB). Die elektronische Form (§ 126a BGB) oder die Textform (§ 126b BGB) reichen nicht aus. Der Mandant muss ausdrücklich einwilligen. Die Erklärung muss allerdings den Zessionar oder den Einziehungsermächtigten nicht namentlich bezeichnen.

     

    PRAXISHINWEIS | Betreut ein Anwalt verschiedene Aufträge eines Mandanten, ist eine einmalige Einwilligung für alle Abtretungen nicht ausreichend. Bei jedem Auftrag können unterschiedliche Verschwiegenheitsinteressen oder Mandanteninteressen berührt sein. Der Mandant muss daher für jedes einzelne Mandat eine separate schriftliche Einwilligungserklärung unterzeichnen.

     

    Umstritten ist, ob die Einwilligung des Mandanten in die Abtretung der Vergütungsforderung schon in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erfolgen kann (ablehnend unter Bezug auf BGH NJW 95, 2026, Hinne/Klees/Teubel/Winkler, Vereinbarungen mit Mandanten, 2006, 182; a.A. Kilian in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 49b Rn. 221; Mayer, AnwBl 06, 168, 170). Schwierigere Fragen ergeben sich AGB-rechtlich, wenn das Inkasso- oder Factoring-Unternehmen die Dienstleistung nur unter der Voraussetzung anbietet, dass sich der Mandant, für den der Vergütungsanspruch abgetreten werden soll, einer Bonitätsprüfung durch die Verrechnungsstelle oder durch ein von ihr beauftragtes weiteres Unternehmen unterzieht. Hier wäre eine weitere Zustimmung des Mandanten erforderlich, dass seine Zahlungsfähigkeit geprüft und hierbei Auskünfte bei einer Auskunftei oder einer Kreditschutzorganisation eingeholt werden. Für diese weitere Zustimmung des Mandanten wird vertreten, dass sie nicht durch AGB oder als vertragliche Einmalklausel eingeholt werden kann, weil eine solche Klausel gegen § 307 BGB verstoßen würde (näher dazu Mayer, a.a.O.).

     

    4. Besonderheit: Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse

    § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO findet auch auf die Vergütungsansprüche eines Anwalts (z.B. eines Pflichtverteidigers) gegen die Staatskasse Anwendung. Die Zustimmung des Mandanten zur Abtretung der Vergütungsforderung reicht nicht aus. Die schriftliche Einwilligungserklärung des Mandanten muss ausdrücklich eine Einwilligung in die Abtretung der Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse enthalten (OLG Düsseldorf AGS 11, 485). Letztere bestehen nämlich selbstständig neben den Ansprüchen gegen den Mandanten. Die Abtretungserklärung des Anwalts gegenüber der Verrechnungsstelle muss sich auch auf seine Ansprüche gegen die Staatskasse erstrecken.

     

    PRAXISHINWEIS | Auf die Formulierung der Einwilligungserklärung ist besondere Sorgfalt zu verwenden. Aufgrund der unsicheren AGB-rechtlichen Rechtslage bei den verschiedenen Einwilligungserklärungen kann es riskant sein, die Einwilligung zur Abtretung der anwaltlichen Gebührenforderung in eine Vollmachtsurkunde oder eine Vergütungsvereinbarung einzufügen. Falls die Einwilligungsklausel AGB-rechtlich unwirksam sein sollte, könnte auch der Bestand der Vollmacht oder Vergütungsvereinbarung gefährdet sein.

     

    5. Angebote für ein Gebühreninkasso sind überschaubar

    Die Zahl der Anbieter, die anwaltliche Gebührenforderungen einziehen oder aufkaufen, ist überschaubar (z.B. anwvs.de, kanzleiabrechnung.de, soldan.de/kanzleiabrechnungsservice, pvs-ra.de). Die Angebote gehen von der Rechnungsversendung über das nachhaltige Forderungsmanagement bis zum außergerichtlichen Mahnwesen. Zudem werden die Sofortauszahlung der Anwaltsvergütung nach Rechnungsstellung und echtes und unechtes Factoring angeboten. Beim echten Factoring trägt der Forderungserwerber das Delkredere-Risiko. Der Anwalt haftet weiter für den einredefreien Forderungsbestand. Werden gegen die Forderung Einreden erhoben, ist eine Rückabtretung an den Anwalt vorgesehen. Beim unechten Factoring trägt der Anwalt das Forderungsausfallrisiko.

     

    Für das Abrechnungsmanagement werden z.B. Entgelte in Höhe von drei Prozent vom Rechnungsbetrag gefordert. Bei den Factoring-Modellen sind höhere Provisionsbeträge üblich (fünf bis sieben Prozent des Rechnungsbetrags). Offeriert werden auch sogenannte offene oder stille Verfahren. Bei offenen Verfahren wird die Gebührenrechnung von der Verrechnungsstelle auf deren Geschäftspapier versandt. Bei stillen Verfahren versendet der Anwalt die Gebührenrechnung in seinem Namen und auf seinen Geschäftspapieren an den Mandanten und eine Kopie an die Verrechnungsstelle. Die Zusammenarbeit mit der Verrechnungsstelle wird dadurch für den Mandanten nicht erkennbar. Das System funktioniert aber nur, wenn die Forderungsabtretung von Anwalt zu Anwalt erfolgt. Dies setzt voraus, dass die Verrechnungsstelle im Rahmen einer anwaltlichen Tätigkeit angeboten wird.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 196 | ID 43012021