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  • 01.09.2008 | Verfahrensstillstand

    Keine Fälligkeit der Anwaltsgebühren bei Verfahrensstillstand

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    1. Die Fälligkeit einer Rechtsanwaltsgebühr nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG tritt nicht dadurch ein, dass seitens des Gerichts für einen Zeitraum von über drei Monaten keine verfahrensleitenden Maßnahmen getroffen werden.  
    2. Ein bloßes tatsächliches Ruhen steht insofern der Anordnung des Ruhens nach § 251 ZPO nicht gleich.  
    (LG Karlsruhe 22.11.07, 5 O 147/05, AGS 08, 61, Abruf-Nr. 082521)  

     

    Sachverhalt

    Der Kläger hatte im Januar 06 Berufung eingelegt und diese begründet. Nach Übersendung der Berufungserwiderung im März 06 fordert das OLG die erstinstanzlichen Akten an, schickte im Mai einen weiteren Schriftsatz der Klägerseite an den Gegner und erließ im Oktober 06 eine Ladung zum Verhandlungstermin im März 07. Der Beklagte macht mit seiner Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss erfolgreich geltend, für die gesamte Vergütung des Berufungsverfahrens gelte der Umsatzsteuersatz von 19 Prozent.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Verfahrensgebühr wurde erst im Jahr 07 fällig, § 8 RVG. Sie ist daher mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu versteuern und dementsprechend im Kostenfestsetzungsbeschluss anzusetzen. Eine Fälligkeit im Jahr 06 hätte nur vorgelegen, wenn das Verfahren im Jahr 06 länger als drei Monate geruht hätte. § 8 RVG spricht explizit von einem Ruhen des Verfahrens. In § 251 ZPO ist das Ruhen des Verfahrens geregelt. Indem der Gesetzgeber in § 8 RVG ausdrücklich vom Ruhen des Verfahrens spricht, nimmt er somit auf die Regelung in der ZPO Bezug. Dass der Gesetzgeber dagegen einen Nichtbetrieb des Verfahrens der förmlichen Anordnung des Ruhens des Verfahrens gleichstellen wollte, lässt sich nicht erkennen.  

     

    Im Konkreten lag auch ein Nichtbetrieb des Verfahrens tatsächlich nicht vor. Ein Nichtbetrieb des Verfahrens ist nur gegeben, wenn das Verfahren seitens der Parteien nicht weiterbetrieben wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn seitens der klagenden Partei der Kostenvorschuss nicht eingezahlt wird oder die ladungsfähige Anschrift der Beklagtenseite nicht beigebracht wird. Dementsprechend heißt es z.B. in § 204 Abs. 2 S. 2 BGB: „Gerät das Verfahren derartig in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle.“