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  • 01.11.2006 | Terminsgebühr

    Volle Terminsgebühr bei zweitem Versäumnisurteil

    von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Düsseldorf
    1. Ist nach Erlass eines Versäumnisurteils und nach Einspruch durch den Gegner dieser im daraufhin anberaumten Verhandlungstermin weder erschienen noch ordnungsgemäß vertreten, erhält der auch das zweite Versäumnisurteil beantragende Rechtsanwalt eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG.  
    2. Unerheblich ist, ob das erste Versäumnisurteil in einem Verhandlungstermin (§ 331 Abs. 1 ZPO) oder im schriftlichen Vorverfahren (§ 331 Abs. 3 ZPO) ergangen ist.  
    3. Fällt die 1,2 Terminsgebühr nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands an, erhält der Rechtsanwalt neben der hiernach berechneten 1,2 Terminsgebühr die Differenz zwischen einer nach dem zusammengerechneten Wert von Klage und Widerklage und einer nach dem Wert der Klage berechneten 0,5 Terminsgebühr.  
    (BGH 7.6.06, VIII ZB 108/05, AGS 06, 366, Abruf- Nr. 062583)  

     

    Sachverhalt

    Über die Klageforderung von 122.455,66 EUR erging im schriftlichen Verfahren ein Versäumnisurteil (VU). Im Termin zur Verhandlung über den Einspruch des Beklagten und die Widerklage über 97.669,63 EUR ist dieser nicht erschienen und hat sich auch nicht vertreten lassen. Auf Antrag des Klägervertreters wurde hinsichtlich der Klageforderung ein zweites VU und zur Widerklage ein erstes VU erlassen. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurde nur eine 0,5 Terminsgebühr Nr. 3105 VV RVG aus dem gesamten Streitwert von 220.125,29 EUR berücksichtigt. Die von der Klägerin mit der sofortigen Beschwerde verfolgte Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG nach dem Gesamtwert wurde vom OLG Nürnberg (NJW 06, 1527) zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde war überwiegend erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klägerin hat zu Recht die Festsetzung der 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG aus 122.455,66 EUR für das zweite VU gefordert. Zwar ist umstritten, ob es auch beim zweiten VU durch denselben Prozessbevollmächtigten bei der 0,5 Terminsgebühr Nr. 3105 VV RVG verbleibt oder sich diese durch die Wahrnehmung des Einspruchstermins auf die volle 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG erhöht. Für letzteres spricht, dass das Wort „nur“ in Nr. 3105 überflüssig wäre und gestrichen werden könnte, wenn die Norm auch bei mehrmaligen Terminen einschlägig wäre. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt vermuten, dass Nr. 3105 VV RVG nur anwendbar sein soll, wenn ein einziger Termin stattfindet (BT-Drucksache 15/1971, 212). Zudem ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die verminderte Terminsgebühr dem i.d.R. geringeren Aufwand des Anwalts in diesem Termin Rechnung tragen soll. Findet ein zweiter Verhandlungstermin statt, wird der von Nr. 3105 VV RVG erfasste typische Arbeitsaufwand des Anwalts überschritten.  

     

    Die volle Terminsgebühr fällt auch an, wenn das erste VU nicht im Verhandlungstermin nach § 331 Abs. 1 ZPO, sondern im schriftlichen Verfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO ergangen ist. Denn ein danach ergangenes VU ist nach Abs. 1 Ziff. 2 der Anm. zu Nr. 3105 VV RVG nicht anders zu behandeln als ein auf mündliche Verhandlung ergangenes VU nach § 331 Abs. 1 ZPO.