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  • 29.03.2010 | Gebührenmanagement

    § 15a RVG: Nachfestsetzung beantragen

    von Dipl.-Rpfl.in (FH) Karin Scheungrab, Leipzig/München

    Anrechnungsvorschriften betreffen grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Gegenüber dem Gegner musste und muss daher die Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn schon eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Sichergestellt wird durch § 15a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht mehr zu erstatten hat, als der gegnerische Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann. Der bisher nicht im Gesetz definierte Begriff der Anrechnung sollte in § 15a RVG legaldefiniert werden, um unerwünschte Auswirkungen zum Nachteil des Auftraggebers zu vermeiden und den mit der Anrechnung verfolgten Gesetzeszweck, dass der Rechtsanwalt für eine Tätigkeit nicht doppelt honoriert wird, wahren. Damit ändern sich die zugunsten eines erstattungsberechtigten Beklagten festzusetzenden Beträge. Auch wenn der Anwalt bereits vorgerichtlich tätig war, ist nun (wieder) die volle Verfahrensgebühr bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen.  

     

    Es stellt sich die Frage, ob nicht in Verfahren, in denen die Kostenfestsetzung bereits abgeschlossen ist, eine sog. Nachfestsetzung, also die Festsetzung bislang noch nicht angemeldeter Gebührenansprüche, in Frage kommt. Diese ist - anders als die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss - nicht an eine Frist gebunden.  

     

    Beispiel

    Rechtsanwalt R war bereits vorgerichtlich für seinen Mandanten, den Beklagten, tätig. Die Klage wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens sind vom Kläger zu tragen.  

     

    Abrechnung des R gegenüber der Mandantschaft (Gegenstandswert 10.000 EUR)  

    Anspruch gegen den Mandanten:  

     

    1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG  

    631,80 EUR  

    Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Außergerichtliche Gebühren (netto)  

    651,80 EUR  

    1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG  

    631,80 EUR  

    Anrechnung der Geschäftsgebühr gemäß Vorbem. 3, Abs. 4 VV RVG  

    - 315,90 EUR  

    Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Gerichtliche Gebühren (netto)  

    335,90 EUR  

    Gesamtanspruch gegen den Mandanten netto  

    987,70 EUR  

     

     

    Festsetzung nach „altem Recht“  

     

    Entsprechend dem Beschluss des BGH vom 22.1.06 wurde für den Beklagten nur eine „Rumpf- Verfahrensgebühr berücksichtigt:  

    0,65 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  

    315,90 EUR  

    Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG  

    20,00 EUR  

    Festsetzung Gebühren (netto)  

    335,90 EUR  

     

    Damit verblieb bei der Mandantschaft trotz Obsiegens im Verfahren eine Gebührenlast von 651,80 EUR (netto).  

     

    M.E. muss die Möglichkeit der Nachfestsetzung nicht nur dann bejaht werden, wenn ein Gebührentatbestand komplett unberücksichtigt blieb, sondern auch wenn ein Teil einer Gebühr nicht zur Festsetzung angemeldet wurde. Konkret also Nachfestsetzung für den durch die Anrechnung der Geschäftsgebühr verminderten Betrag der Verfahrensgebühr.