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  • 01.04.2008 | Gebührenanrechnung

    BGH: Entstandene Geschäftsgebühr ist auch auf der Passivseite anzurechnen

    von Dipl.-Rechtspfleger Joachim Volpert, Düsseldorf
    1. Es wird daran festgehalten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr vermindert.  
    2. Für die Anrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist.  
    3. Eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr kann nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (BGH 22.1.08, VIII ZB 57/07, n.v., Abruf-Nr. 080865).  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beklagte hatte im Prozess obsiegt. Die Geltendmachung der dem Beklagten durch die vorprozessuale Anspruchsabwehr angefallenen 1,3 Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 103 ff. ZPO ist ausgeschlossen. Die zu erstattende 1,3 Verfahrensgebühr ist wegen Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf 0,65 zu kürzen. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nur entscheidend, ob und in welcher Höhe bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstands eine Geschäftsgebühr entstanden ist, der Anwalt bei Entstehung der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr erlangt hatte. Es kommt nicht darauf an, ob die Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder schon beglichen ist.  

     

    Die Anrechnungsvoraussetzungen können in der Kostenfestsetzung festgestellt werden. Ein anrechnungserhebliches vorprozessuales Tätigwerden wird sich i.d.R. schon aus der Gerichtsakte ergeben. Die Feststellung der Höhe der Geschäftsgebühr sowie des Anrechnungsbetrags wird aufgrund der in der Anm. zu Nr. 2300 VV RVG vorgesehenen 1,3 Regelgebühr und der in Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG geregelten Anrechnungskappung zumeist auch keinen übermäßigen Feststellungs- und Wertungsaufwand erfordern. Die Anrechnung ist auch nicht von Amts wegen, sondern erst auf substanziierten, über eine Äußerung bloßer Vermutungen hinausgehenden Einwand des Festsetzungsgegners zu beachten. Da gesetzlicher Regelfall eine 1,3 Verfahrensgebühr ist, liegt die Beweislast für eine nach der Ausnahmebestimmung Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG vorzunehmende Anrechnung bei demjenigen, der sich darauf beruft.  

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat wichtige Grundsätze im Hinblick auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei der Kostenfestsetzung aufgestellt.