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  • 02.05.2011 | FamFG

    Verfahrensbeistand: Gesonderte Vergütung für Hauptsache und Eilverfahren

    von Diplom Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Bei den im Rahmen des FamFG geführten Hauptsacheverfahren einerseits und Eilverfahren andererseits handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten, für die der - in beiden Verfahren bestellte - Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 7 FamFG jeweils eine Vergütung beanspruchen kann. Eine Anrechnung findet nicht statt (BGH 17.11.10, XII ZB 478/10, Abruf-Nr. 104251)

     

    Sachverhalt

    Die Rechtsanwältin wurde in einem Sorgerechtsverfahren für das betroffene Kind als Verfahrensbeistand sowohl im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch im Hauptsacheverfahren bestellt. Sie hat in beiden Verfahren eine Vergütung in Höhe von jeweils 550 EUR verlangt. Das AG hat den Anträgen entsprochen. Der durch den Bezirksrevisor eingelegten Beschwerde half das OLG nicht ab. Die zugelassene Rechtsbeschwerde wies der BGH als unbegründet zurück.  

     

    Übersicht: So begründet der BGH seine Entscheidung
    • Hauptsacheunabhängigkeit: Nach § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG ist das Verfahren der einstweiligen Anordnung ein selbstständiges Verfahren, auch wenn eine Hauptsache anhängig ist. Die verfahrensmäßige Selbstständigkeit ist die Konsequenz aus der „Hauptsacheunabhängigkeit“ der einstweiligen Anordnung (BT-Drucksache 16/6308 S. 200). Eine ausdrückliche Regelung, wie mit der Vergütung des Verfahrensbeistands zu verfahren ist, wenn er - wie hier - im Hauptsacheverfahren und parallel hierzu im einstweiligen Anordnungsverfahren bestellt worden ist, gibt es nicht. Daraus schließt die wohl einhellige Auffassung, dass die Pauschalen für jedes dieser Verfahren anfallen und nicht aufeinander anzurechnen sind (OLG Saarbrücken ZKJ 10, 378; Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 5. Aufl. § 158 FamFG Rn. 29).

     

    • Stärkung der einstweiligen Anordnung: Gegen eine Anrechnung spricht auch die Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 49 FamFG (BT-Drucksache 16/6308 S. 199). Dort heißt es, die Neukonzeption solle das Institut der einstweiligen Anordnung stärken. „Sofern weder ein Beteiligter noch das Gericht von Amts wegen ein Hauptsacheverfahren einleiten, fallen die diesbezüglichen Kosten nicht mehr an.“ Bezieht man diesen Passus - was naheliegt - auch auf die Kosten des Verfahrensbeistands, bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber eine Anrechnung dieser Kosten ausgeschlossen hat.

     

    • Auskömmliche Vergütung: Eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands ist verfassungsrechtlich sicherzustellen (BVerfG FamRZ 04, 1267; BGH FamRZ 10, 1896). Dabei ist die mit der Einführung der Pauschalvergütung ermöglichte Mischkalkulation für den Verfahrensbeistand von erheblicher Bedeutung. Deshalb hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30.7.09 (BGBl. I S. 2449) § 158 FamFG dahin ergänzt, dass nunmehr nach § 158 Abs. 7 S. 2 FamFG die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands für jeden Rechtszug zu bewilligen ist. Folge: Wenn der Gesetzgeber damit sogar eine Pauschalvergütung für die jeweilige Instanz innerhalb eines Verfahrens eingeführt hat, erschließt sich nicht, wieso er bei mehreren Verfahren eine Anrechnung hätte ermöglichen wollen.

     

    • Keine Herleitung der Anrechnung aus RVG: Vielmehr stellen das Hauptsacheverfahren und das Anordnungsverfahren gemäß § 17 Nr. 4b RVG für die Rechtsanwaltsvergütung verschiedene Angelegenheiten dar. Deshalb wird ein einstweiliges Anordnungsverfahren - wenn auch geringer - gesondert vergütet, ohne dass eine Anrechnung erfolgt (vgl. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG).

     

    • Teleologische Auslegung spricht gegen Anrechnung: Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass im einstweiligen Anordnungsverfahren ein anderer Verfahrensbeistand bestellt werden kann als im Hauptsacheverfahren. In diesem Fall wäre ohnehin eine gesonderte Vergütung zu bewilligen.

     

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung schließt an die BGH-Entscheidung (FamRZ 10, 1896) an. Darin hatte der BGH entschieden, dass der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren, in dem er für mehrere Kinder bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 S. 2 und 3 FamFG erhält. Entsprechendes gilt nun auch, wenn der Verfahrensbeistand in mehreren - auch parallel geführten - Verfahren tätig wird und er für ein Kind bestellt ist. Dem Verfahrensbeistand steht eine Pauschalvergütung von 350 EUR bis zu 550 EUR zu und zwar für jeden Rechtszug (§ 158 Abs. 7 FamFG).