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  • 30.04.2008 | Berufsrecht

    Versteigerung anwaltlicher Dienstleistungen im Internet nicht berufsrechtswidrig

    von RA U.W. Hauskötter, Dortmund
    Es verstößt nicht gegen das anwaltliche Berufsrecht, wenn ein Rechtsanwalt anwaltliche Dienstleistungen in einem Internet-Auktionshaus zur Versteigerung anbietet (BVerfG 19.1.08, 1 BvR 1886/06, AnwBl. 08, 292, Abruf-Nr. 081057).

     

    Sachverhalt

    Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Familienrecht. Er bot bei ebay zwei „Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen“ mit Startpreisen von 1 EUR bzw. 75 EUR und einen „Exklusivberatungsservice (5 Zeitstunden)“ mit einem Startpreis von 500 EUR an. Auf das 1-EUR-Angebot gingen Gebote bis zu 12,50 EUR ein. Die Rechtsanwaltskammer und das Anwaltsgericht hielten dies für berufsrechtswidrig. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Das BVerfG hat mit dieser Entscheidung richtungsweisende Hinweise zum Berufsrecht und zur Werbung der Anwälte erteilt.  

     

    Checkliste: Vorgaben des BVerfG für das Berufsrecht und die Werbung der Anwälte
    • Keine berufsrechtswidrige Werbung im Einzelfall: Versteigerungen anwaltlicher Dienstleistungen auf Internet-Plattformen können wegen der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht generell als berufsrechtswidrig angesehen werden. § 43b BRAO schließt es nicht aus, dass standardisierte anwaltliche Beratungsleistungen im Internet versteigert werden dürfen. Auch die Möglichkeit, durch Abgabe von Geboten zur Preisermittlung beizutragen und mit Abgabe des Höchstgebotes Vertragspartner der Anwalts zu werden, steht dem nicht entgegen. Eine solche Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen ist keine Werbung um ein Mandat im Einzelfall.

     

    • Internet-Auktion ist keine unsachliche Werbung: Die Werbung über eine passive Darstellungsplattform belästigt regelmäßig nicht und drängt sich keiner breiten Öffentlichkeit unvorbereitet auf. Auch ist die Wiedergabe der angebotenen Beratungsleistung mit einem niedrigen Startpreis oder mit dem aktuellen Höchstgebot nicht irreführend, obwohl bei Internet-Auktionen der ursprünglich genannte Preis nicht der tatsächliche Endpreis ist. Wird ein Preis ausdrücklich als „Startpreis“ oder „aktuelles Höchstgebot“ bezeichnet, liegt keine irreführende Werbung vor.

     

    • Internet-Auktion verstößt nicht gegen schützenswerte Allgemeinwohlbelange: Die Beratungsleistungen über ein Internet-Auktionshaus deuten weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährdet sie die ordnungsgemäße Berufsausübung.

     

    • Kein Verstoß gegen § 14 RVG: Zwar können bei einer Versteigerung die in § 14 RVG genannten Kriterien nicht berücksichtigt werden, da sich der Preis abhängig von Angebot und Nachfrage bildet. Dies ist jedoch kein Widerspruch zu den anwaltlichen Pflichten im Gebührenrecht. Dem Anwalt steht es frei, nach Maßgabe des § 4 RVG eine von den gesetzlichen Gebühren und damit auch eine von § 14 RVG abweichende Honorarvereinbarung zu treffen. Nichts anderes geschieht bei einer Versteigerung, weil das Höchstgebot zur Honorarvereinbarung führt, die allenfalls noch der Schriftform bedarf. Davon abgesehen fehlt es inzwischen in zahlreichen Fällen auch an einer Grundlage für die Anwendung des § 14 RVG, weil der Anwalt nach § 34 Abs. 1 RVG für einen Rat oder eine Auskunft (Beratung) eine Gebührenvereinbarung mit dem Mandanten treffen soll.

     

    • Kein Verstoß gegen das Verbot von Provisionszahlungen (§ 49b Abs. 3 S. 1 BRAO): § 49b Abs. 3 S. 1 BRAO untersagt dem Anwalt, für die Vermittlung von Aufträgen eine Provision zu zahlen. Das Verbot erfasst nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat. Die bei Internet-Auktionen übliche Provision fällt jedoch nicht für die Vermittlung eines Auftrags an. Das Internet-Auktionshaus stellt nur das Medium für die Werbung zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer Angebotsplattform ist vergleichbar mit den Leistungen üblicher Werbemedien.

     

    • Preiswettbewerb für Anwaltsdienstleistungen zulässig: § 34 RVG n.F. hat bei der außergerichtlichen Beratung seit dem 1.7.06 den Preiswettbewerb eröffnet. Dem stellt sich ein Anwalt, der seine Beratungsleistungen ab einem bestimmten Preis anbietet und dem Markt überlässt, ob hierfür ein höherer Preis zu erzielen ist. Deshalb sind Internet-Auktionen über anwaltliche Beratungsleistungen auch nicht berufsrechtswidrig, weil der Anwalt ein Angebot wirksam nur an den Höchstbietenden richtet und dadurch den Anschein erwecken könnte, es handele sich bei der Beratung um eine normierte Handelsware und es käme ihm auf die Erzielung des maximalen Gewinns an.

     

    • Keine Beeinträchtigung des Ansehens der Anwaltschaft: Das Ansehen eines Berufes kann unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nur Bedeutung erlangen, wenn es über bloße berufsständische Belange hinaus das Allgemeininteresse berührt.