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  • 01.10.2007 | Arbeitsrecht

    Streitwerte in arbeitsrechtlichen Urteilsverfahren

    von Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg

    Der Beitrag gibt einen Überblick über die Streitwerte in typischen arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren.  

     

    Mit Wirkung ab dem 1.7.04 wurde die Wertvorschrift des § 12 Abs. 7 ArbGG unverändert in § 42 Abs. 4 GKG übernommen. Aufgrund des KostRMoG vom 5.5.04 (BGBl. I, 718) ist die Wertfestsetzung von Amts wegen in arbeitsgerichtlichen Verfahren entfallen. Nach § 63 Abs. 2 S. 2 GKG n.F. kommt eine Wertfestsetzung nur noch in Betracht, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragen oder das Gericht sie für angemessen hält. Erfolgt eine gerichtliche Festsetzung des Streitwerts, ist diese für die Anwaltsgebühren maßgebend, § 32 Abs. 1 RVG. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist mit der Beschwerde anfechtbar, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt, § 68 Abs. 1 GKG. Diese muss innerhalb der in § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten Frist eingelegt werden.  

     

    Übersicht: Streitwerte in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren
    1. Arbeitsentgelt i.S. von § 42 Abs. 4 GKG:
    • Maßgebend ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Brutto-arbeitsentgelts. Dies gilt auch, wenn zwischen den Parteien eine Nettolohnvereinbarung getroffen wurde. Der Nettolohn ist auf den Bruttolohn hochzurechnen (LAG Düsseldorf 7.1.91 LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 89). Zum Arbeitsentgelt zählen:

     

    • Geldbezüge: Sie bestehen aus Grundgehalt, Fixum, Provisionen, regelmäßige Prämien (z.B. Verkaufsprämien, Nacht-, Schicht-, Gefahren- und Leistungszulagen), Essensgeldzuschüsse, betriebsübliche Trinkgelder, Wege- und Fahrgelder, soweit sie unabhängig vom Aufwand bezahlt werden (BAG DB 76, 875), sowie vermögenswirksame Leistungen (LAG Bad.Württ. JurBüro 90, 1269).

     

    • Sachleistungen: Hierzu gehören z.B. freie Unterkunft, Verpflegung, unentgeltlicher Bezug einer Hausmeisterwohnung, Lebensmittel- und Kohledeputate. Die Privatnutzung eines Kfz ist ebenfalls zu bewerten (LAG Hamburg AnwBl. 91, 1651). Das BAG geht davon aus, dass bei Entzug eines auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienst-PKW der Arbeitnehmer Schadenersatz in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit verlangen kann, sodass im Rahmen der Streitwertfestsetzung auf die lohnsteuerliche Bewertung abzustellen ist (BAG NZA 99, 1038).

     

    • Gratifikationen: Ob diese bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen sind, ist umstritten:
    • Gegen die Berücksichtigung bei der Streitwertberechnung ist z.B. LAG Köln DB 82, 1226.
    • Nach a.A. sind vertraglich zugesagte Gratifikationen anteilmäßig zu berücksichtigen. Es bleiben nur solche außer Acht, bei denen es sich um freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistungen handelt (LAG Düsseldorf 28.6.90 LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 84).
    • Im Vordringen ist die Ansicht, dass Gratifikationen unberücksichtigt bleiben, dafür aber ein 13. Monatsgehalt anteilig anzusetzen ist (LAG Hessen NZA-RR 99, 660).

     

    Praxishinweis: Das BAG geht davon aus, dass für den nach billigem Ermessen festzusetzenden Streitwert der Vierteljahresverdienst nur die Obergrenze bildet. Maßgeblich ist auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen, sodass besondere Umstände eine Erhöhung oder Herabsetzung des Streitwerts rechtfertigen können. Bei einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von bis zu 6 Monaten ist 1 Monatsverdienst, bei 6 bis 12 Monaten 2 Monatsverdienste und bei einer Dauer von mehr als einem Jahr sind 3 Monatsverdienste als Streitwert anzusetzen (BAG NZA 85, 369).
    Andere Gerichte sehen im Vierteljahresverdienst nur einen Rahmenstreitwert, innerhalb dessen der Streitwert unter Berücksichtigung verschiedener Umstände, wie z.B. Dauer des Arbeitsverhältnisses, Alter, Familienstand, Stellung des Arbeitnehmers, festzusetzen ist (LAG Berlin NZA-RR 01, 436).

     

    Der überwiegende Teil der Rechtsprechung erachtet den Vierteljahresbezug als Regelstreitwert (LAG München NZA-RR 00, 661; LAG Sachsen NZA-RR 01, 326).

     

    Beim Bestehen des Arbeitsverhältnisses von mehr als 6 Monaten ist hinsichtlich des Kündigungsschutzes grundsätzlich der Vierteljahresbezug maßgebend (LAG Sachsen NZA-RR 01, 326).

     

    2. Abfindungen:
    • Diese sind nach § 42 Abs. 4 HS. 2 GKG nicht in die Streitwertberechnung einzubeziehen. Erfasst hiervon sind nur Abfindungen nach dem KSchG (LAG Berlin MDR 88, 347).

     

    • Abfindungen aus einem Sozialplan, einem Rationalisierungsabkommen oder aus sonstiger Rechtsgrundlage sowie nach § 113 BetrVG, unterliegen nicht der Beschränkung (LAG Hamm DB 81, 2388).

     

    • Für eine Abfindung ist ein Streitwert aufgrund § 42 Abs. 4 HS. 2 GKG allerdings anzusetzen, wenn sie den einzigen Streitpunkt ausmacht, z.B. auch in der Berufung, wenn das Urteil des Arbeitsgerichts im Übrigen unangefochten bleibt (LAG Berlin AnwBl. 88, 486).

     

    3. Abmahnung (Entfernung aus der Personalakte):
    • Der Streitwert einer Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte richtet sich im Allgemeinen nach dem Monatseinkommen des Arbeitnehmers. Zugrunde gelegt wird ein Bruttomonatsgehalt (LAG Schleswig-Holstein BB 95, 1596).

     

    • Wendet sich ein Arbeitnehmer gegen mehrere Abmahnungen, ist jede Abmahnung für sich zu bewerten und ein Gesamtwert zu bilden, § 5 ZPO (LAG Berlin 28.04.03 LAGE § 8 BRAGO Nr. 54). Liegt zwischen den mehreren Abmahnungen ein Zeitraum von mindestens 3 Monaten, ist der Streitwert auf 1 Monatseinkommen, bei einem unter 3 Monaten liegenden Zeitraum ist der Wert auf 1/3 des auf diesen Zeitraum entfallenden Einkommens zu bestimmen (LAG Düsseldorf NZA-RR 96, 391).

     

    4. Änderungsschutzklage:
    • Grundlage für die Bemessung des Streitwerts bei der Änderungsschutzklage bildet § 42 Abs. 3 GKG i.V. mit § 3 ZPO. Danach ist vom 3-fachen Jahresbetrag des Werts der Änderung, also der Differenz zwischen den ehemaligen und den geänderten Vertragsbedingungen, auszugehen. Es gilt hier jedoch ebenfalls die Höchstgrenze des § 42 Abs. 4 GKG, also der Vierteljahresbezug (LAG Hessen MDR 99, 945; LAG Köln MDR 99, 1448). Grundlage für die Ermittlung der Höchstgrenze ist jeweils das ursprüngliche Monatsgehalt (LAG Hamburg JurBüro 97, 593).

     

    • Ergibt sich nach Änderung der Arbeitsbedingungen keine Veränderung in der Entgelthöhe, ist i.d.R. ein Wert von mindestens 1 Bruttomonatsverdienst anzunehmen (LAG Hessen MDR 99, 945). Nach a.A. ist eine Festsetzung auf 2 Monatseinkommen angebracht, außer, es handelt sich um rein statusbezogene oder besonders einschneidende Änderungen oder um kurze Kündigungsfristen. In solchen Fällen kann der Streitwert höher oder niedriger anzusetzen sein (LAG Berlin JurBüro 99, 372).

     

    • Hat ein Arbeitnehmer das Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags nicht unter dem Vorbehalt gerichtlicher Überprüfung angenommen, steht der gesamte Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Entscheidung. Der Streitwert ist wie bei gewöhnlichen Kündigungsschutzklagen aus § 42 Abs.4 GKG zu entnehmen, beträgt also 3 Bruttomonatseinkommen (Meyer, GKG, 6. Aufl., § 42 Rn. 26).

     

    • Nimmt der Arbeitnehmer das geänderte Arbeitsvertragsangebot nach § 2 KSchG unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung sozial gerechtfertigt ist, wird das Arbeitsverhältnis in jedem Fall fortgesetzt. Die Änderungskündigungsschutzklage ist auf die Frage der sozialen Rechtfertigung beschränkt. Als Streitwert wird ein Betrag in Höhe des 3-fachen Jahresbetrags des Werts der Änderung angesetzt. Höchstgrenze ist § 42 Abs. 4 GKG, sodass der Streitwert keine der beiden dort genannten Grenzen überschreiten dürfe, sondern die niedrigere von beiden maßgeblich sei (BAG DB 89, 1880).

     

    • Teilweise wird § 42 Abs. 4 GKG, also der Wert des 3-monatigen Bezugs bzw. Unterschiedsbetrags, generell zur Bestimmung des Gegenstandswerts herangezogen (LAG Bremen NZA 87, 7169).

     

    • Betrifft die Änderungskündigung nur das Gehalt, erscheint es sachgerecht, analog § 42 Abs. 4 GKG die Differenz von 36 Monaten anzusetzen und nach S. 1 ggf. die Obergrenze des Streitwerts zu finden. Die Wertdifferenz für 3 Monate ist nicht anzusetzen, weil sie i.d.R. zu weit hinter dem wirtschaftlichen Interesse an der Abwehr der Änderung zurückbleibt (LAG Bad. Württ. JurBüro 90, 1268).

     

    • Stehen andere Umstände als die Gehaltsdifferenz im Vordergrund, ist der Streitwert aufgrund einer Gesamtbetrachtung des wirtschaftlichen Interesses unmittelbar in den Rahmen des § 42 Abs. 4 GKG einzuordnen (LAG Frankfurt/M. NZA 86, 35: 1 Monatseinkommen als Regelwert; LAG Düsseldorf JurBüro 87, 626: 2 Monatseinkommen).

     

    • Entsprechendes gilt auch für den Streit um eine Versetzung im Rahmen des Direktionsrechts (LAG München JurBüro 90, 1609: Obergrenze des § 42 Abs. 4 GKGist zu beachten).

     

    • Bei Feststellungsklagen wegen Überschreitens des Direktionsrechts ist vom Bruttomonatsgehalt auszugehen (Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht, 5. Aufl., S. 2488 „Direktionsrecht“).

     

    • Dasselbe gilt beim Streit um die Entziehung der Leitungsfunktion (LAG Hamm AnwBl. 86, 544).

     

    • Bei Streitigkeiten wegen Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBFG ist von zwei Bruttomonatsgehältern auszugehen (LAG Düsseldorf JurBüro 02, 144; LAG Berlin JurBüro 01, 252).

     

    • Nach a.A. gelten die Grundsätze der Streitwertfestsetzung bei Änderungskündigungen (3-facher Jahresbetrag der Differenz zwischen der bisherigen und der künftigen Arbeitszeit, begrenzt durch § 42 Abs. 4 GKG auf das 3-monatige Bruttogehalt, LAG Niedersachsen NZA 02, 1303). Bei der Klage auf inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrags sei der Streitwert wie bei der unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung zu bestimmen, und zwar nach § 3 ZPO, wobei der Betrag von 2 Monatsgehältern nicht überschritten werden darf (LAG Düsseldorf JurBüro 90, 1511).

     

    • Nach Ansicht des LAG München sind Streitigkeiten über eine Reduzierung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten, deren Gegenstand nach § 48 Abs. 2 GKG zu bemessen ist, sodass § 42 Abs. 4 GKG nicht analog anwendbar sei (LAG München JurBüro 04, 85) .

     

    5. Arbeitspapiere:
    • Als Streitwert für das Ausfüllen und die Herausgabe der Arbeitspapiere wird i.d.R. ein Betrag von 250 EUR je Papier angenommen (LAG Düsseldorf AnwBl. 97, 290; a.A. Dörner/Luczak/Wildschütz, a.a.O., S. 2486 „Arbeitspapiere“: 10 Prozent des Bruttoarbeitslohns je Arbeitspapier).

     

    • Für die Streitwertbemessung sind jedoch die Umstände des Einzelfalls entscheidend, insbesondere ist das wirtschaftliche Interesse an der Durchsetzung des Anspruchs, die Schwierigkeit des Verfahrens und die Frage, inwieweit die Parteien bereits über die Herausgabe gestritten haben. Ein höherer Wert kann dann angemessen sein (LAG Köln BB 98, 543).

     

    • Die vom Arbeitgeber gemäß § 312 SGB III auszufüllenden Arbeitsbescheinigungen werden wertmäßig mit einem Betrag zwischen 150 EUR und 250 EUR beziffert (LAG Hamm DB 85, 1897).

     

    6. Auflösung des Arbeitsverhältnisses:
    • Der Streitwert richtet sich nach § 42 Abs. 4 GKG. Die Abfindungssumme wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, § 42 Abs. 4 HS. 2 GKG (BAG DB 60, 472).

     

    7. Auflösungsvertrag:
    • Anzusetzen ist nach § 42 Abs. 4 GKG das für die Dauer eines Vierteljahres zu leistende Brutto-Arbeitsentgelt. Hierbei handelt es sich um einen Höchstbetrag und nicht etwa um einen Regelstreitwert (BAG NZA 85, 369).

     

    • Schriftlich getroffene, höhere Streitwertvereinbarungen sind – sofern es sich nicht um Erfolgshonorare handelt – zulässig, § 4 RVG (Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 6. Aufl.,Rn. 1135).

     

    8. Beschäftigungs- und Weiterbeschäftigungsantrag:
    • Die Verbindung von Weiterbeschäftigungsantrag und Kündigungsschutzklage führt zur Streitwertaddition (LAG Nürnberg JurBüro 00, 82). Wird der Weiterbeschäftigungsantrag als unechter Hilfsantrag gestellt, findet keine Addition statt, wenn die Kündigungsschutzklage abgewiesen wird. Für den Fall, dass der Kündigungsschutzklage stattgegeben wird, sind die Streitwerte zu addieren, § 45 Abs. 1 GKG (LAG Schleswig-Holstein AGS 03, 169).

     

    • In welcher Höhe der Weiterbeschäftigungsanspruch zu bewerten ist, wird von den LAG unterschiedlich entschieden:
    • 1 1/2 Bruttomonatsgehälter: LAG München JurBüro 84, 1399;
    • bis zu zwei Bruttomonatsgehälter: LAG Köln MDR 95, 1150.

     

    • Richtet sich die Klage auf tatsächliche Beschäftigung, werden folgende Streitwerte angesetzt:
    • 1 Bruttomonatsentgelt: LAG München AnwBl. 90, 49; LAG Nürnberg JurBüro 00, 82;
    • 1 1/2 Bruttomonatsbezüge: Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht,§ 101 Rn. 50 bis 52;
    • 2 Bruttomonatsbezüge: LAG Düsseldorf AnwBl. 87 554.

     

    9. Feststellungsklagen:
    • Bei einer negativen Feststellungsklage ist der Streitwert nicht geringer anzusetzen als bei der entsprechenden Leistungsklage (BAG DB 61, 1428; LAG Hamm NZA-RR 00, 215).

     

    • Der Wert der positiven Feststellungsklage ist i.d.R. mit 80 % des Werts der entsprechenden Leistungsklage anzusetzen, auch wenn die Leistungen von Gegenleistungen abhängen (BAG NJW 61, 1788). Bei der allgemeinen Bewertung des Feststellungsantrags kann der grundsätzlich gebotene Abschlag von 20 % vom Wert einer entsprechenden Leistungsklage nicht deswegen unterschritten werden, weil ein Feststellungsantrag im Ergebnis die Durchsetzung des Anspruchs gewährleistet, wenn es sich um Vorruhestandsleistungen handelt, deren Gewährung der Arbeitgeber vom Standpunkt der tariflich erstattungspflichtigen Versorgungskasse abhängig macht (LAG Hamm AnwBl. 86, 544).

     

    • Eine Regelung über die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung seiner Bezüge ist ein selbstständiger Gegenstand, der z.B. neben dem Streitgegenstand der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen eigenen Streitwert besitzt, auch wenn die Freistellung in einem Verfahren der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt wird (LAG Köln AnwBl. 86, 205).

     

    • Der Wert des Streitgegenstands der Freistellung ist entsprechend § 5 ZPO dem Wert der Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinzuzusetzen. Es handelt sich um verschiedene Streitgegenstände. Wie eine Freistellung des Arbeitnehmers wertmäßig zu berücksichtigen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden. Folgende Auffassungen werden derzeit vertreten:

     

    • Der Wert der Freistellung ist mit 25 % des im Freistellungszeitraums anfallenden Bruttomonatsgehalts zu bewerten (LAG Köln AnwBl. 86, 205).
    • Einige Gerichte bewerten die Freistellung mit 10 % (Hümmerich, Arbeitsrecht, 3. Aufl., S. 1347).
    • Andere Gerichte wiederum bewerten die Freistellung mit dem Betrag der Vergütung, die im Freistellungszeitraum für den Mitarbeiter anfällt (Hümmerich, a.a.O.).
    • Schließlich wird noch die Ansicht vertreten, den Gegenstandswert der Freistellung mit 50 % der im Freistellungszeitraum anfallenden Arbeitsvergütung zu bewerten (Arand/Facks, NZA 98, 282).

     

    10. Kündigungsschutzprozess:
    • Auch bei diesen Prozessen gilt § 42 Abs. 4 GKG (bisher § 12 Abs. 7 ArbGG). Nach Ansicht einiger LAG sind bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 3 Monaten immer 3 Bruttomonatsgehälter zu Grunde zu legen (Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, a.a.O.,§ 101 Rn. 51 Fn. 78).

     

    • Sind mehrere Kündigungen Gegenstand eines Prozesses, geht der 2. Senat des BAG bei der Wertfestsetzung ungeachtet der Annahme mehrerer Streitgegenstände nicht über die Höchstgrenze des § 42 Abs. 4 GKG hinaus (BAG NZA 85, 296). Die Rechtsprechung der LAG ist uneinheitlich.
    • Für eine Wertaddition: LAG Hamburg 7.8.87 LAGE § 12 ArbGG Nr. 67.
    • Für die erste Kündigung ist höchstens der Vierteljahresverdienst anzusetzen, für die weiteren Kündigungen entsprechend der folgenden Zeitdifferenz. Als Mindestwert ist 1 Bruttomonatsgehalt anzusetzen (LAG Thüringen MDR 01, 538).
    • Bei Mehrfachkündigungen ist für jede weitere Kündigung, sofern nicht durch die weitere Kündigung ein längerer Zeitraum des Bestehens des Arbeitsverhältnisses als 1 Monat zusätzlich streitig wird, ein Wert in Höhe 1 Monatseinkommens festzusetzen. Nur wenn die weitere Kündigung im unmittelbaren zeitlichen Abstand ausgesprochen wurde und sie auf demselben Kündigungsgrund beruhe, sei für diese kein Wert anzusetzen (LAG Düsseldorf JurBüro 96, 477).
    • Bei getrennten Feststellungsklagen und Anträgen auf Feststellung der Nichtauflösung in demselben Rechtsstreit bemisst sich der Wert Feststellungsklage mit einer Vierteljahresvergütung und der Wert des Antrags auf Feststellung der Nichtauflösung mit einem weiteren Bruttomonatsbetrag (LAG Berlin JurBüro 00, 307).
    • Der Streitwert ist für jede Klage unabhängig vom Streitwert jeder anderen Klage gemäß § 42 Abs. 4 GKG festzusetzen (Kittner/Zwanziger, a.a.O., § 101 Rn. 51 Fn. 83).
    • Beim Angriff verschiedener Kündigungen in verschiedenen Klagen erfolgt eine Streitwertaddition nach § 5 ZPO (Kittner/Zwanziger, a.a.O., § 101 Rn. 51 Fn. 81).

     

    • Werden Kündigungsschutz- und Feststellungsklage kombiniert, wird davon ausgegangen, dass nur eine Folgekündigung bzw. ein sonstiger weiterer Auflösungstatbestand dazu führt, dass der Streitwert durch den allgemeinen Feststellungsantrag erhöht wird (LAG Köln NZA 99, 224).

     

    • Es findet keine Streitwertaddition statt, wenn wirtschaftlich identische Ansprüche geltend gemacht werden, wie z.B. Lohn- und Gehaltsansprüche für die Zeit nach Ausspruch der ebenfalls angegriffenen Kündigung. Teilweise werden die Streitwerte der Leistungs- und Kündigungsschutzklagen addiert.
    • Für die Streitwertaddition: Kittner/Zwanziger, a.a.O., § 101 Rn. 52 Fn. 86.
    • Gegen eine Streitwertaddition:LAG Bremen JurBüro 00, 418.

     

    • Beim Auflösungsantrag nach § 9 KSchG neben dem Kündigungsschutzantrag findet keine Werterhöhung über den Höchstwert nach § 42 Abs. 4 GKG hinaus statt (Anders/Gehle/Kunze, Streitwertlexikon, 4. Aufl., S. 38).

     

    • Ist Gegenstand des Kündigungsschutzverfahrens eine Änderungskündigung, ist als Streitwert die vierteljährliche Vergütungsdifferenz festzusetzen. Vergleichen sich die Parteien außerdem über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, erhöht sich der Gegenstandswert für den Vergleich um den Bruttoverdienst für 3 Monate (LAG Brandenburg JurBüro 00, 309).

     

    • Die vorgenannten Regelungen gelten auch für Ausbildungsverhältnisse und Praktikantenverträge (LAG Frankfurt/M. AnwBl. 85, 100).

     

    11. Wiederkehrende Leistungen und Eingruppierungen:
    • Bei solchen Klagen, namentlich auf Lohn- bzw. Gehaltszahlung, ist der 3-Jahresbetrag anzusetzen, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist. Rückstände werden nach § 42 Abs. 3 GKG wertmäßig nicht berücksichtigt, es sei denn, für die Zukunft würde kein Anspruch geltend gemacht. Ist ein bezifferter Geldbetrag im Streit, der den 3-Jahreswert übersteigt, bildet letzterer die Wertgrenze (LAG Hamm JurBüro 91, 61).

     

    • Werden nur Rückstände aus wiederkehrenden Leistungen bis zur Klageerhebung gefordert, gilt auch hier die Begrenzung auf den 3-fachen Jahresbetrag (§ 42 Abs. 3 GKG, BAG JurBüro 03, 305).

     

    • Gleiches gilt für die Schadenersatzklage wegen entgangenen Lohnes (LAG Hamm JurBüro 91, 61). Die Regelung gilt nicht für einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente. Hier ist die Schätzung nach § 3 ZPO vorzunehmen (LAG Hamm MDR 72, 723).

     

    • Eingruppierung ist die Festlegung der für die Entlohnung des Arbeitnehmers maßgebenden Lohn- bzw. Gehaltsgruppe. Bei diesen Rechtsstreitigkeiten ist ebenfalls der 3-jährige Unterschiedsbetrag anzusetzen (BAG AnwBl. 97, 292; LAG Bad.Württ. JurBüro 91, 665; LAG Hamm AnwBl. 97, 292).

     

    • Auch ein Abschlag von 20 Prozent, wie er sonst bei positiven Feststellungsklagen üblich ist, ist bei Eingruppierungsstreitigkeiten verfehlt (LAG Hamm AnwBl. 97, 292).

     

    • Sonderleistungen wie Treueprämien und Gratifikationen sind in Eingruppierungsstreitigkeiten streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen (BAG AnwBl. 97, 292).

     

    • Dagegen sind Abfindungen streitwertmäßig zu beachten, da das Berücksichtigungsverbot gemäß § 42 Abs. 2 GKG nur bei den in S. 1 bezeichneten Sachen gilt, nicht aber bei den Eingruppierungsstreitigkeiten i.S.v. § 42 Abs. 4 S. 2 GKG. Dies ergibt sich aus der Stellung des Anrechnungsverbots.

     

    • Geringer ist der Gesamtbetrag, wenn der Arbeitsvertrag auf weniger als 3 Jahre befristet ist oder seine vorzeitige Beendigung aus anderen Gründen bereits feststeht (LAG Bad. Württ. BB 86, 532.)

     

    • Als Streitwert ist aber der Wert des 3-jährigen Bezugs anzusetzen, wenn nur eine Kündigungsmöglichkeit innerhalb der 3-Jahresfrist besteht oder der Kläger sich zugleich gegen eine ausgesprochene Kündigung prozessual zur Wehr setzt (LAG Köln MDR 97, 755).

     

    • Bei der Leistungsklage auf wiederkehrende Leistungen greift § 42 Abs. 4 GKG. Dies gilt auch, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung Rückstände geltend gemacht werden, die betragsmäßig höher liegen (LAG Hamm JurBüro 91, 61).

     

    12. Zeugnis:
    • Für die Zeugnisklage wird i.d.R. 1 Bruttomonatsgehalt angenommen, und zwar unabhängig davon, ob auf Erteilung des Zeugnisses geklagt wird oder ob es um die Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses geht (LAG Rheinland-Pfalz NZA 92, 524; LAG Köln MDR 91, 1177).

     

    • Bei einer Klage auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses kommt es auf das Interesse des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der konkreten Umstände an (LAG Bad.Württ. JurBüro 91, 1537.) I.d.R. ist von 1 Monatseinkommen auszugehen; dem steht die ungewöhnlich kurze Dauer eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (LAG München MDR 00, 1254; LAG Chemnitz MDR 01, 282).

     

    • Im Rahmen des Kündigungsstreits ist der Wert des Anspruchs auf Erteilung eines Zeugnisses hinzuzurechnen (LAG Rheinland-Pfalz NZA 92, 524).

     

    • Hingegen führt die Aufnahme einer unstreitigen Pflicht zur Erteilung eines Zeugnisses in einen Aufhebungsvergleich nicht zu einer Werterhöhung (LAG Bad Württ. DB 84, 784).

     

    • Bei der Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses ist im Regelfall der Streitwert mit 1 Monatseinkommen festzusetzen, auch wenn das Arbeitsverhältnis kurz war (LAG Köln NZA 01, 717).

     

    • Das gilt auch im Fall des Leiters eines Verbrauchermarktes, der nur die Änderung der Leistungsbewertung von „Zufriedenheit“ in „volle Zufriedenheit“ erstrebt (LAG Rheinland-Pfalz NZA 92, 524).

     

    • Der Streit um die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses ist pauschal bewertet worden
    • mit 500 EUR (LAG Hessen JurBüro 04, 139);
    • 1 Monatsgehalt (LAG Hamburg JurBüro 88, 1158; LAG Hamburg JurBüro 05, 428).

     

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2007 | Seite 169 | ID 112906