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  • Arbeitsrecht

    Honoraranspruch bei der Ausarbeitung eines Arbeitsvertrags

    von RA Bernd Ennemann, Soest, FafArbR

    In Anwaltskreisen taucht immer wieder die Frage auf, welchen Gebührenanspruch der Rechtsanwalt hat, wenn er einen Arbeitsvertrag ausarbeitet. Problematisch wird dies insbesondere, wenn es sich um einen Musterarbeitsvertrag für einen Arbeitgeber handelt, den dieser in einer Vielzahl künftiger Fälle einsetzen wird. Der folgende Beitrag erläutert, wie hoch der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit anzusetzen ist.

    Gesetzliche Regelung ergibt sehr hohe Gegenstandswerte

    Der Gegenstandswert, nach dem sich die anwaltliche Tätigkeit in gebührenrechtlicher Hinsicht bemisst, ist in § 25 Abs. 2 KostO geregelt. Danach ist der Wert eines Dienstvertrags nach dem Wert aller Bezüge des zur Dienstleistung Verpflichteten während der gesamten Vertragszeit zu bemessen, höchstens jedoch nach dem dreifachen Jahresbetrag der Bezüge. Es kommt hierbei nicht darauf an, dass der Vertrag vor Ablauf von drei Jahren gekündigt werden kann (vgl. Korintenberg/Reimann, KostO, § 25 Rn 12). Dies hat erhebliche gebührenrechtliche Konsequenzen:

    • Geht es um die Ausarbeitung eines Anstellungsvertrags, in dem der Arbeitnehmer ein monatliches Gehalt von 5.000 DM ohne Sonderzahlungen wie Tantieme, Überlassung eines Firmen-Pkw zur Privatnutzung, Deputate etc. erhält, bedeutet dies bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag bereits einen Gegenstandswert von 180.000 DM.
    • Wird ein Geschäftsführervertrag oder ein Vertrag für ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft gefertigt und erhält dieser zusätzlich eine Mindesttantieme von insgesamt 250.000 DM, beläuft sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit bereits auf 750.000 DM. Werden einem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft zusätzlich stock options gewährt, sind diese ebenfalls hinzuzuaddieren.
    • Wird dann ein Musterarbeitsvertrag für einen Betrieb ausgearbeitet, müsste theoretisch die gesamte Lohnsumme für die betroffenen Arbeitnehmer von drei Jahren addiert werden. Nimmt man bei einem kleinen mittelständischen Betrieb eine Lohnsumme für drei Jahre von „nur“ 5 Mio. Mark an, wäre die Mittelgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (netto) 13.668,80 DM.

    Dass so schnell Millionenbeträge als Gegenstandswert zu Grunde zu legen sind und dies in der anwaltlichen Praxis nicht durchgesetzt werden kann, dürfte auf der Hand liegen. Eine derartige Kostennote dürfte kaum von dem Unternehmer akzeptiert werden. Die Vorschrift des § 25 KostO ist deshalb in diesem Zusammenhang also eher von nur theoretischer Bedeutung.

    Praktische Lösungsmöglichkeit mit Fingerspitzengefühl ist gefragt

    Der Anwalt ist deshalb gehalten, Fingerspitzengefühl zu bewahren – das richtige Gespür für eine angemessene Gebühr ist erforderlich. Als praktische Lösungsmöglichkeiten bieten sich an: Entweder treffen Rechtsanwalt und Unternehmer eine Gebührenvereinbarung oder es wird ein Zeithonorar gemäß § 3 Abs. 5 BRAGO vereinbart. (Dabei Untergrenze des § 3 Abs. 5 Satz 4 BRAGO beachten!)

    Hier wiederum stellt sich die Frage nach der Höhe eines angemessenen Stundensatzes. Auch diese Frage wird in der Anwaltschaft immer wieder diskutiert. Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen mit Vergleichs- und Hilfsberechnungen im Vergleich zum Einkommen eines Richters. Eine generelle Empfehlung kann aber nicht gegeben werden. Wenn man überhaupt von einem „üblichen“ Stundensatz reden kann, dürfte dieser zurzeit zwischen 250 und 350 DM liegen (Teubel: „um die 400 DM“, Gebührenmanagement in der Anwaltskanzlei, S. 87; vergleiche auch BRAGO prof. 12/95, 1; 4/96, 1).

    Bei der Bemessung des Stundensatzes sollten jedoch auch die folgenden beiden Aspekte berücksichtigt werden:

    Der junge unerfahrene Kollege muss sich eventuell auf Grund seiner Unkenntnis oder Unsicherheit und auch zum Schutze des Mandanten noch ausführlich in die spezielle Problematik einarbeiten. Diese Schwierigkeiten können nicht zu Lasten des Rechtssuchenden gehen, da der erhebliche Zeitaufwand durch die Person des Anwalts verursacht wird. Eventuell könnte hier ein differenziertes Stundenhonorar angesetzt werden.

    Der erfahrene, schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätige Fachanwalt, der auf Grund seiner langjährigen Erfahrung und seines erarbeiteten Wissens auch durchaus komplexe Rechtsprobleme zügig lösen und dem Mandanten erläutern kann und diese Fähigkeit durch Eigeninvestitionen wie z.B. zeit- und kostenintensive Besuche von Spezialseminaren erworben hat, kann andererseits bei einem Stundenhonorar zu sehr negativen Ergebnissen zu seinen Lasten kommen. Löst der erfahrene Fachanwalt die Problematik innerhalb von 15 Minuten, kann dies wohl kaum zu einer Kostennote von nur 100 DM zuzüglich Umsatzsteuer führen.

    Überprüfung eines Arbeitsvertrags kostet eine Erstberatungsgebühr

    Erscheint ein Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag beim Anwalt und bittet diesen um Überprüfung, dürfte bei qualifizierter Beratung nur eine Erstberatung erforderlich sein. Hier löst sich das Problem des § 25 Abs. 2 KostO von selbst durch die Limitierung der Erstberatungsgebühr auf 350 DM zuzüglich Umsatzsteuer (zur Gesamtproblematik vergleiche Ennemann/Griese – Taktik des Arbeitsgerichtsprozesses, S. 269 ff.).

    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 07/2000, Seite 86

    Quelle: Ausgabe 07 / 2000 | Seite 86 | ID 106276