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25.06.2001 · IWW-Abrufnummer 010600

Oberlandesgericht Zweibrücken: Urteil vom 21.03.1995 – 5 U 103/93

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


5 U 103/93

4 O 2061/92
LG Frankenthal (Pfalz)

Verkündet am 21. März 1995
Semar, Justizobersekretär
als Urkundsbeamter der
Geschäftsstelle

PFÄLZISCHES OBERLANDESGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Im Namen des Volkes!

Urteil

In dem Rechtsstreit

der ...
...
...

Klägerin, Widerbeklagten und Berufungsklägerin,
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

die ...
...,
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...,

wegen Provisionsforderung

hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts

Zweibrücken
durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Mörsch, die Richterin am Oberlandesgericht Morgenroth und den Richter am Oberlandesgericht Maurer
auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 1995
für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 14. Oktober 1993 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die unter Ziffer 2 des angefochtenen Urteils ausgewiesene Summe über 10.614,04 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 28. November 1991 nicht an die Beklagte, sondern an die Kreissparkasse ... ... zu zahlen ist.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 23.189,79 DM festgesetzt.

Gründe:

Die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende und somit zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage, mit der die Klägerin die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen in analoger Anwendung der §§ 346 ff BGB (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 87 a Rdnr. 19) begehrt, abgewiesen und der auf Zahlung weiterer Provision gemäß § 92 Abs. 4 in Verbindung mit § 87 a Abs. 3 HGB gerichteten Widerklage zum Teil stattgegeben.

Zur Begründung, insbesondere wegen der Berechnung der Klage- und Widerklageforderung verweist der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und macht sich diese zu eigen. Soweit sich die Klägerin für eine hiervon abweichende Berechnung auf die Antragsliste der Beklagten bezieht, kann sie nicht durchdringen. Die in dieser Liste aufgeführten Provisionen, Stornoreserven und Auszahlungsbeträge stimmen zum Teil nicht mit den tatsächlich ausgezahlten Provisionen überein. Sie differieren zu den Provisionsabrechnungen. Auf den Inhalt letzterer haben sich die Parteien aber in erster Instanz ausdrücklich geeinigt. Hiervon kann die Klägerin nun nicht einseitig ohne nähere Begründung abrücken.

Das Landgericht hat des weiteren mit Recht Bedenken gegen die von der Klägerin zum Nachweis der Stornofälle vorgelegte EDV-Liste erhoben. Diese enthält, wie die Geschäftsführerin der Klägerin vor dem Senat eingeräumt hat, auch Stornofälle, die dem Ehemann der Beklagten zuzurechnen sind. Davon abgesehen kommt hinzu:

Nach § 92 Abs. 2 HGB gelten für das Vertragsverhältnis zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsvertreter die Vorschriften für das Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer, soweit sich nicht aus § 92 Abs. 3 und 4 HGB etwas anderes ergibt. Das ist nicht der Fall. § 92 Abs. 4 HGB ersetzt lediglich die Vorschrift des § 87 a Abs. 1 HGB. Der Anspruch auf Provision knüpft danach an die Zahlung der Prämie und nicht an die Ausführung des Geschäftes an. Die übrigen Regelungen des § 87 a HGB - und zwar für die hier fraglichen Verträge noch in der alten, bis zum 31. Dezember 1989 bzw. 31. Dezember 1993 geltenden bzw. fortgeltenden Fassung (vgl. Art. 29 EGHGB, wobei sich allerdings nach der neuen Fassung im Ergebnis keine andere Beurteilung ergibt) - gelten aber auch für den Versicherungsvertreter (herrschende Meinung, vgl. BGH, Der Betrieb 1983, 2135 f; OLG Köln NJW 1978, 327; Schröder, Recht des Handelsvertreters, 5. Aufl. § 92 Rdnr. 1 und 9; Brüggemann in Staub, GroßKomm. zum HGB, 4. Aufl. § 92 Rdnr. 13; Stötter/Lindner/Karrer, Die Provision und ihre Abrechnung, 2. Aufl., S. 70). Das bedeutet, daß ein Versicherungsvertreter selbst dann, wenn Stornofälle vorliegen, also insbesondere der Versicherungsnehmer seinen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag nicht nachkommt, bereits einen Anspruch auf Provision nach § 87 a Abs. 3 Satz 1 HGB a. F. erworben haben kann mit der Folge, daß dem Versicherungsunternehmen kein Anspruch auf Rückzahlung der vertraglich gewährten Vorschüsse zusteht. Das bedeutet weiter, daß es zur schlüssigen Begründung des Rückzahlungsanspruches nicht genügt, darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, daß Verträge storniert worden sind. Es bedarf vielmehr des weiteren Vortrags dazu, daß die Ausführung der Geschäfte ohne Verschulden unmöglich oder nicht zumutbar war, also aus den in § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB a. F. genannten Gründen keine Provisionspflicht besteht (BGH, Der Betrieb 1983, 2135; OLG Köln NJW 1978, 327; Küstner, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, 2. Aufl. Rdnr. 1197 f). Die Darlegungs- und Beweislast für diesen Ausnahmetatbestand trifft den Unternehmer (vgl. BGH, Der Betrieb 1983, aaO; BGH LM Nr. 8 zu § 87 a HGB). Die Klägerin hätte sonach für jeden von ihr behaupteten Stornofall über die Tatsache der Stornierung hinaus darlegen und beweisen müssen, daß ihr die Ausführung des Geschäfts unmöglich oder nicht zumutbar war. Dazu fehlt jeglicher konkrete Vortrag. Der Bundesgerichtshof hat in der vorstehend schon mehrfach zitierten Entscheidung, Der Betrieb 1983 aaO, ausgeführt, daß diese Anforderungen an die Darlegungslast des Versicherungsunternehmens selbst bei einer Vielzahl von notleidenden Verträgen nicht überspannt seien. Allenfalls bei einer Vielzahl kleiner im Einzelfall unbedeutender Geschäfte, - z. B. beim Abspringen von Zeitungsabonnenten - könne eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, daß es dem Unternehmer schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar sei, gegen zahlreiche Abnahme- und zahlungsunwillige Kunden unter Inanspruchnahme eventuell sogar der Gerichte und Vollstreckungsorgane vorzugehen (vgl. auch BGH LM Nr. 8 zu § 87 a HGB; Brüggemann aaO § 87 a HGB Rdnr. 39). Die Annahme solch kleiner Geschäfte scheidet hier aus, weil sich die Provisionen durchweg auf Beträge über 100,-- DM belaufen (vgl. BGH, Der Betrieb 1983 aaO 2136: Provisionen im Bereich von 10,-- bis 20,-- DM).

Der Hinweis der Klägerin, sie habe der Beklagten bzw. deren Ehemann Gelegenheit zur Nachbearbeitung gegeben, genügt zur Darlegung, es sei alles mögliche seitens des Versicherungsunternehmens zur Aufrechterhaltung der Verträge getan worden, nicht. Abgesehen davon sind die in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen nicht aussagekräftig. Die zumutbaren und möglichen Maßnahmen, die ein Versicherer ergreifen muß, um säumige Versicherungskunden zur Prämienzahlung anzuhalten und die Versicherungsverträge aufrechtzuerhalten, erschöpfen sich nicht darin, dem Versicherungsvertreter Gelegenheit zur Nachbearbeitung zu geben. Vielmehr muß der Versicherer zunächst selbst versuchen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Die unverzügliche Benachrichtigung des Versicherungsvertreters über Stornogefahren - sogenannte Stornogefahrmitteilungen - ist nur eine der mehreren Pflichten. Der Versicherer ist auch nach dem Ausscheiden des Versicherungsvertreters gehalten, von sich aus die notleidend gewordenen Verträge nachzuarbeiten (LAG Hamm VersR 1981, 1054). Das gilt auch bei Erstprämien, auch deren Zahlung muß mit angemessenen Mitteln, wenn auch nicht in jedem Fall durch Klage - insoweit bestehen hier nach Art der Versicherung Unterschiede bzw. werden Unterschiede gemacht (vgl. Küstner aaO Rdnr. 1205 f) -, veranlaßt werden. Dazu enthält der Vortrag der Klägerin ebenfalls nichts.

Die Klägerin kann ihren Rückzahlungsanspruch auch nicht auf § 87 a Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 346 ff BGB stützen. Die bloße Zahlungsverweigerung seitens der Versicherungsnehmer begründet noch nicht die Feststellung, daß diese nicht leisten (vgl. Schröder aaO § 87 a Rdnr. 27). Diese Fallgestaltungen sind vielmehr ausschließlich nach § 87 a Abs. 3 HGB zu lösen (BGH, Der Betrieb 1983 aaO, 2136; BGH LM Nr. 4/5 zu § 87 a; Schröder aaO § 87 a Rdnr. 27 f). Denn ansonsten würde über § 87 a Abs. 2 HGB der oben erläuterte Grundsatz des § 87 a Abs. 3 HGB aufgegeben (vgl. Baumbach/Hopt aaO, § 87 a Rdnr. 13 und 18 HGB). Von einer Nichtleistung des Dritten kann also nicht ausgegangen werden, wenn sie auch auf eine Nichtleistung des Unternehmers zurückzuführen ist, so z. B. bei einer einverständlichen Vertragsaufhebung. Die Vorschrift greift darüber hinaus nur ein, wenn der Unternehmer seinerseits das Geschäft bereits ausgeführt hat. Bei Versicherungsverträgen, um deren Provision es geht, ist aber grundsätzlich der Versicherungsnehmer vorleistungspflichtig (vgl. § 38 VVG).

Der Pfändung und Überweisung der mit der Widerklage geltend gemachten Forderung durch die Kreissparkasse ... hat die Beklagte, die zwar nach wie vor Gläubigerin der Forderung bleibt, jedoch nicht mehr im Verhältnis zur Pfändungsgläubigerin verfügungsbefugt ist, durch Umstellung des Klageantrags auf Leistung an die Kreissparkasse ... Rechnung getragen. Ein Urteil im Rechtsstreit um eine gepfändete Forderung zwischen Schuldner und Drittschuldner darf nach materieller Rechtslage nur auf Leistung an den Pfändungsgläubiger ergehen (BGH NJW 1986, 3206, 3207; BGHZ 86, 337, 340).

Die Berufung der Klägerin erweist sich demnach als unbegründet und ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuverweisen. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §3 708 Nr. 10, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer der Klägerin hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

Mörsch

Morgenroth

Maurer

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