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15.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192491

Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 23.11.2016 – L 5 R 50/16

1. Zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH mit einer Kapitalminderheit und einer Sperrminorität bzgl. Weisungen der Gesellschafterversammlung (hier: selbstständige Erwerbstätigkeit).

2. Das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG gilt nicht für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung über Weisungen an den Geschäftsführer.


Landessozialgericht Baden-Württemberg

Urt. v. 23.11.2016

Az.: L 5 R 50/16

Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat ohne mündliche Verhandlung am 23.11.2016 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € endgültig festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin (Zeitraum ab 06.03.2013).

Die Klägerin ist ein als GmbH verfasstes Unternehmen. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 21.09.2010 (im Folgenden:

Gesellschaftsvertrag-Klägerin) gegründet. Der Unternehmensgegenstand besteht in der Führung eines Gastronomiebetriebs (B.-K.-Restaurant). Das Stammkapital beträgt 25.000,00 €. Es wird in vollem Umfang von einer V.gesellschaft - ursprünglich mit der Firma "P. S. V.-GmbH", jetzt mit der Firma "F. a. F. Holding-GmbH" (im Folgenden: V.-GmbH) - gehalten (§ 3 Abs. 1 und 2 Gesellschaftsvertrag-Klägerin). Alleingesellschafter der V.-GmbH war zunächst Herr D. I. (D. I.). Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 21.02.2013 erwarb der (1981 geborene) Beigeladene einen Kapitalanteil von 5.000,00 € an der V.-GmbH. Der Kaufpreis betrug 120.000,00 €.

Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Gesellschaftsvertrag-Klägerin werden die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Klägerin vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1 € Stammeinlage eine Stimme gewährt. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 100 % des Stammkapitals vertreten sind. Bei Beschlussunfähigkeit muss eine weitere Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen werden; diese ist unabhängig von der Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig (§ 8 Abs. 5 Gesellschaftsvertrag-Klägerin). Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so ist jeder Geschäftsführer allein vertretungsberechtigt. Den Geschäftsführern kann Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erteilt werden (§ 7 Abs. 1 bis 3 Gesellschaftsvertrag-Klägerin).

Der Gesellschaftsvertrag der V.-GmbH wurde am 21.02.2013 neu gefasst (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag-Holding). Gemäß § 4 Gesellschaftsvertrag-Holding hält D. I. einen Kapitalanteil von 20.000,00 €, der Beigeladene hält einen Kapitalanteil von 5.000,00 €. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Den Geschäftsführern kann Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden (§ 5 Gesellschaftsvertrag-Holding). Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der V.-GmbH werden vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1 € Stammeinlage eine Stimme gewährt (§ 9 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding). Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn das gesamte Stammkapital vertreten ist. Bei Beschlussunfähigkeit muss eine weitere Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einberufen werden; diese ist unabhängig von der Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig (§ 6 Abs. 4 Gesellschaftsvertrag-Holding). Gemäß § 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding sind folgende Beschlüsse einstimmig zu fassen: (a) Auflösung der Gesellschaft, (b) Erhöhung des Stammkapitals, sofern nicht einem Gesellschafter im Verhältnis der Geschäftsanteile ein Bezugsrecht eingeräumt wird, (c) Änderung des Gesellschaftsvertrags, wobei die Änderung von Regelungen, die einstimmige Gesellschafterbeschlüsse verlangen, der Einstimmigkeit bedarf, (d) Abschluss und Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen und die Erteilung von Weisungen an Geschäftsführer, auch soweit diese sich auf Tochtergesellschaften beziehen.

Durch Gesellschafterbeschluss der Klägerin vom 21.09.2010 wurden der Beigeladene und D. I. zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt.

Ihnen wurde Alleinvertretungsmacht erteilt und sie wurden von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Durch Gesellschafterbeschluss der V.-GmbH vom 21.02.2013 wurde der Beigeladene - neben D. I - zum Geschäftsführer (auch) der V.-GmbH bestellt; er wurde von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und ihm wurde Einzelvertretungsmacht erteilt.

Der Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin liegt ein unter dem 01.10.2010 geschlossener und als "Geschäftsführervertrag" bezeichneter Vertrag (im Folgenden: Geschäftsführervertrag) zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin zugrunde. Dieser enthält (u.a.) folgende Regelungen:

Präambel

Herr H. D. B. (Beigeladener) ist wesentlicher Know-how-Träger in der Gesellschaft für die Bereiche Operation, Personal, wirtschaftliches Arbeiten, Ausbildung, neue Standortsuche. Er wird künftig das Unternehmen eigenständig leiten und die Gesellschaft in allen Belangen und Grundsätzen ihrer Geschäftspolitik vertreten. Herr H. D. B. wird alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens, sofern die Gesellschafter keine weiteren Geschäftsführer bestellen.

§ 1 Aufgaben und Pflichten

(1) Herr H. D. B. ist Geschäftsführer der Gesellschaft. Er vertritt die Gesellschaft nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrags.
(2) Die Gesellschaft kann weitere Geschäftsführer bestellen. Die einzelnen Aufgaben der Geschäftsführer können durch einen Geschäftsverteilungsplan geregelt werden.

(3) Herr H. D. B. ist hinsichtlich des Zeitpunkts, der Dauer, des Umfangs und des Ortes seiner Tätigkeit weisungsfrei. Er übt gegenüber den Angestellten der Gesellschaft die Rechte des Arbeitgebers aus, insbesondere bezüglich Einstellungen, Entlassungen, Weisungen etc.
(4) Herr H. D. B. ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. ...

(5) Herr H. D. B. bedarf für alle Rechtsgeschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, die (der) ausdrückliche(n) vorherige(n) Zustimmung des Gesellschafters. Hierzu zählen insbesondere:

- Veräußerung und Stilllegung des Betriebes der Gesellschaft oder wesentliche(r) Teile davon
- Errichtung von Zweigniederlassungen
- Erwerb oder Veräußerung anderer Unternehmen oder Beteiligungen der Gesellschaft
- Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten sowie die Verpflichtung zur Vornahme derartiger Rechtsgeschäfte
- Übernahme von Bürgschaften und Garantien sowie die Übernahme von Wechselverbindlichkeiten jeder Art
- Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Verträgen, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als 10.000,00 € belasten
- Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten
- Erteilung von Versorgungszusagen jeglicher Art

(6) Herr H. D. B. ist gehalten, seine Dienstleistungen jederzeit, wenn und soweit es dem (das) Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Verfügung zu stellen. Er ist nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden. Darüber hinaus ist Herr H. D. B. zu(r) angemessenen zusätzlichen Dienstleistungen verpflichtet, sofern das betriebliche Interesse es erfordert. Diese Dienstleistungen sind durch die festgesetzte Vergütung mit abgegolten.

(7) Von diesem Vertrag mit umfasst ist die Geschäftsführertätigkeit des Herrn H. D. B. für die B.-S. GmbH, deren Geschäftsführer Herr H. D. B. ebenfalls ist ...

§ 2 Vertragsdauer

(1) Dieser Vertrag beginnt am 01.10.2010.

(2) Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

...

(4) Herr H. D. B. kann nur aus wichtigem Grund gekündigt und abberufen werden und seinerseits das Amt nur aus wichtigem Grund niederlegen bzw. diesen Dienstvertrag kündigen. Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft vor, wenn
- Herr H. D. B. Aufgaben und Pflichten gemäß Gesellschaftsvertrag unter § 1 grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt, wobei hier der Maßstab des § 43 GmbHG gilt,

- Herr H. D. B. gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt
- Herr H. D. B. schuldhaft einen unrichtigen Jahresabschluss aufstellt oder die Gesellschafter sonst über die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft falsch unterrichtet.

...

(6) Die Bestellung von Herrn H. D. B. zum Geschäftsführer kann durch Beschluss der Gesellschaft jederzeit widerrufen werden, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. ...

...

§ 3 Bezüge

(1) Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält Herr H. D. B. ein Monatsgrundgehalt, dessen Höhe jeweils zu Beginn eines Geschäftsjahres von der Gesellschaftsversammlung festgelegt wird. Das Gehalt darf nicht einen von Herrn H. D. B. vorgegebenen Mindestbetrag unterschreiten.

(2) Neben dieser Vergütung erhält Herr H. D. B. eine variable Vergütung, die sich an dem tantiemefähigen Jahresgewinn der Gesellschaften orientiert ...

Die Tantieme beträgt

- im ersten Jahr 10%
- im zweiten Jahr 12,5%
- im dritten Jahr 15%
des tantiemefähigen Jahresgewinns.
...

§ 4 Sonstige Leistungen

Die Erstattung von Aufwendungen, die Herrn H. D. B. in der Ausübung seiner Aufgaben im Rahmen des Vertrags entstehen, einschließlich Reise- und Bewirtungskosten, werden erstattet, sofern Herr H. D. B. diese Kosten im Sinne der Gesellschaft für erforderlich hält.

§ 5 Bezüge bei Krankheit von Tod

(1) Wird Herr H. D. B. an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere von ihm nicht zu vertretende Gründe verhindert, so werden die Bezüge während der Zeit der Erkrankung für drei Monate, und zwar unter Abzug eines Betrages, der dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht, fortgezahlt. ...

(2) Stirbt Herr H. D. B. während der Dauer seines Vertrages, so haben seine Witwe und ... Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge für den Sterbemonat.

§ 6 Urlaub

Herr H. D. B. hat Anspruch auf Urlaub. Die Lage und die Dauer des Urlaubs bestimmt Herr H. D. B. selbst.
..

§ 8 Wettbewerbsverbot

Auf ein nach der Beendigung des Dienstvertrags bestehendes Wettbewerbsverbot wird verzichtet.

§ 9 Anteilserwerb

Die Parteien dieser Vereinbarung beabsichtigen, im Falle einer erfolgreichen dauerhaften Zusammenarbeit, Herrn H. D. B. eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung einzuräumen. Die gesellschaftsrechtliche Beteiligung wird 20% vom Stammkapital betragen. Dabei soll der Kaufpreis ...

Am 11.07.2011 stellten der Beigeladene und die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen gem. § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV); es solle festgestellt werden, dass eine Beschäftigung nicht vorliegt. Der Beigeladene gab (u.a.) an, sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt werde die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze 2011 (evtl. durch Boni) übersteigen. Er sei für die Klägerin seit 01.10.2010 als Geschäftsführer tätig. Er habe der Klägerin Darlehen nicht gewährt und für sie Bürgschaften nicht übernommen. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit. Er unterliege nicht dem Direktionsrecht (Weisungsrecht) der Gesellschaft hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung, könne seine Tätigkeit vielmehr frei bestimmen und gestalten. Personal könne er selbstständig einstellen und/oder entlassen. Urlaub sei nicht genehmigungspflichtig. Eine Abberufung/Kündigung sei nur aus wichtigem Grund möglich. Eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart. Als Gegenleistung für die geleistete Arbeit werde eine monatliche, gleichbleibende Vergütung unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens nicht gezahlt. Bei Arbeitsunfähigkeit werde die Vergütung für 3 Monate weitergezahlt. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet und sie werde als Betriebsausgabe gebucht. Er sei im Rahmen einer Tantieme am Gewinn des Unternehmens beteiligt.

Mit (nach Anhörung, Anhörungsschreiben vom 27.10.2011 und Stellungnahme der Klägerin vom 23.12.2011, ergangenen) an die Klägerin und den Beigeladenen gerichteten Bescheiden vom 24.01.2012 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene die seit 01.10.2010 verrichtete Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt; seit Beginn der Tätigkeit bestehe Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene sei am Stammkapital der Klägerin nicht beteiligt und er verfüge auch nicht über eine Sperrminorität oder über Vetorechte in der Gesellschafterversammlung, könne also die Geschicke des Unternehmens der Klägerin nicht maßgeblich beeinflussen. Er sei bei der Klägerin als Fremdgeschäftsführer abhängig beschäftigt. Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH sei in den Betrieb der GmbH eingegliedert, dürfe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrags und der Gesellschafterbeschlüsse handeln und unterliege selbst bei Belassung großer (Gestaltungs-)Freiheiten der Überwachung durch die Gesellschafter. Unerheblich sei, dass er gegenüber den anderen Arbeitnehmern (als leitender Angestellter) Arbeitgeberfunktionen ausübe. Mangels Kapitalbeteiligung fehle es auch an einem Unternehmerrisiko. Auch wenn der Beigeladene eine gewinnabhängige Tantieme erhalte, ergebe sich insbesondere aus den Regelungen des Geschäftsführervertrags das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen im Unternehmen der Klägerin.

Am 14.02.2012 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, der Beigeladene sei nicht weisungsgebunden. Ihm sei in § 1 Abs. 3 Geschäftsführervertrag vielmehr Weisungsfreiheit eingeräumt worden. Der Mitgeschäftsführer (D. I.) übe keinen Einfluss auf die Tätigkeit des Beigeladenen aus. Dieser bestimme allein über die Geschicke des Unternehmens sowohl im Tagesgeschäft wie bei anderen Entscheidungen. Der Beigeladene sei der "Chef" und habe vollkommen freie Hand. Über sein Grundgehalt bestimme er selbst und er verfüge auch als wesentlicher Know-how-Träger über das notwendige Fachwissen zur Führung des Gastronomiebetriebs. Schließlich sei der Beigeladene in der Urlaubsgestaltung und in der Ausübung von Nebentätigkeiten frei und er dürfe nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Das im Geschäftsführervertrag festgelegte Angebot einer Kapitalbeteiligung spreche ebenfalls für eine selbstständige Erwerbstätigkeit.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 01.11.2012 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhob. Dieses lud den Beigeladenen mit Beschluss vom 06.12.2012 zum Verfahren bei.

Die Klägerin wiederholte im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Mit der Regelung in § 1 Abs. 3 Geschäftsführervertrag sei auf Weisungsrechte verzichtet worden. Über sein Festgehalt und seinen Urlaub bestimme der Beigeladene im Wesentlichen selbst.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen.

Am 25.09.2013 fand eine Erörterungsverhandlung des SG statt. Für die Klägerin wurde angegeben, sie sei durch die V.-GmbH gegründet worden. Der Beigeladene habe bereits im in Insolvenz gegangenen Vorgängerrestaurant gearbeitet und es sei ihr wichtig gewesen, dass er den Betrieb allein weiterführe. Seit dem 01.01.2013 verfüge der Beigeladene über einen Kapitalanteil von 20% (an der V.-GmbH).

Die Klägerin trug ergänzend vor, der Beigeladene habe das in Insolvenz gegangene Vorgängerrestaurant mit über 30 Mitarbeitern geführt und alle Geschäfte erledigt. Die V.-GmbH sei zum Erwerb des Betriebs nur bereit gewesen, wenn der Beigeladene weiterhin eigenständiger Betriebsleiter bleibe. Die V.-GmbH habe keinerlei Einblick in den täglichen Geschäftsbetrieb und man lasse dem Beigeladenen gänzlich freie Hand. Anweisungen würden ihm nicht erteilt und seine Arbeit werde nicht kontrolliert, zumal der Beigeladene allein wisse, wie der Betrieb zu führen sei. Insoweit habe man die Regelungen ihres Gesellschaftsvertrags nicht in die Praxis umgesetzt. Man habe auch abgesprochen, dass der Betrieb ohne Zustimmung des Beigeladenen nicht geschlossen werden könne. Nach § 7 Abs. 2d Gesellschaftsvertrag-Holding seien Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (der V.-GmbH) über Weisungen an den Geschäftsführer nur einstimmig möglich. Dem Beigeladenen könnten daher nur solche Weisungen erteilt werden, denen er zugestimmt habe. Die V.-GmbH könne gegen seinen Willen auch nicht aufgelöst werden. Ohne den Beigeladenen "gehe nichts". Das habe man mit der Neufassung des Gesellschaftsvertrags der V.-GmbH am 21.02.2013 festgeschrieben; vorher habe der Sache nach nichts Anderes gegolten.

Die Beklagte trug abschließend vor, auch unter Berücksichtigung der (aus ihrer Sicht seit 06.03.2013 mit Freigabe der Gesellschafterliste im Handelsregister - vgl. 4 Abs. 4 des Kauf- und Abtretungsvertrags - wirksamen) Übertragung eines Kapitalanteils an der V.-GmbH auf den Beigeladenen komme der Abschluss eines Vergleichs nicht in Betracht. Der Beigeladene könne nach wie vor maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Klägerin nicht ausüben. Über eine umfassende Sperrminorität verfüge er nicht. An den ihn betreffenden Beschlüssen der Gesellschafterversammlung dürfe er nach Maßgabe des § 47 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nicht mitwirken. Er unterliege auch bei Belassung großer Freiheiten in der Geschäftsführertätigkeit der Überwachung durch die Gesellschafter (vgl. auch § 46 Nr. 1b, 5, 6, 8 GmbHG).

Die Klägerin wandte abschließend ein, § 47 Abs. 4 GmbHG gelte für die Erteilung von Weisungen hinsichtlich der Arbeitsleistung des Beigeladenen als Geschäftsführer nicht. Die Vorschrift betreffe nur Interessenkonflikte unter Gesellschaftern der GmbH.

Mit Urteil vom 25.11.2015 stellte das SG unter Abänderung des Bescheids vom 24.01.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2012 fest, dass für die vom Beigeladenen bei der Klägerin ausgeübte Beschäftigung als Geschäftsführer ab dem 06.03.2013 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung als abhängig Beschäftigter besteht. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Zur Begründung führte das SG aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien am Stammkapital der GmbH nicht beteiligte Geschäftsführer (Fremdgeschäftsführer) als abhängig Beschäftigte einzustufen, soweit nicht besondere Umstände vorlägen, die ihre Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben würden; entsprechendes gelte für Geschäftsführer, die zwar Gesellschafter seien (Gesellschafter-Geschäftsführer), jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügten. Eine Sperrminorität liege vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrages Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne. Dagegen fehle es an einem maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Einfluss mit der Folge des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern könne (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2011, - L 4 R 5166/08 -, in [...]). Davon ausgehend sei die Tätigkeit des Beigeladenen als Fremdgeschäftsführer bis zum 05.03.2013 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen. Auch wenn im Geschäftsführervertrag Weisungsfreiheit vereinbart worden sei, überwögen mangels weitergehender Rechtsmacht und entsprechender Einflussmöglichkeiten die gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte; hierfür werde auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz ). Ab dem 06.03.2013 überwögen nach wirksamer Übertragung eines Gesellschaftsanteils und entsprechender Änderung des Gesellschaftsvertrages (der V.-GmbH) aber die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte. Auch wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht über die Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfüge, könne eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestatte, nicht genehme Weisungen zu verhindern (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 07.05.2015, - L 8 KR 273/13 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.11.2014, - L 4 R 556/13 -, jeweils in [...]). Dem Beigeladenen sei zwar kein umfassendes Vetorecht eingeräumt worden. Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder des Geschäftsführervertrags oder die Erteilung von Weisungen könnten wegen des hierfür festgelegten Einstimmigkeitserfordernisses gegen seinen Willen aber nicht mehr beschlossen werden. § 47 Abs. 4 GmbHG stehe dem nicht entgegen; andernfalls könnte ein Gesellschafter stets den anderen Gesellschafter, der vom Ergebnis eines Beschlusses betroffen wäre, überstimmen. Das vom Beigeladenen eingebrachte Eigenkapital in beträchtlicher Höhe (120.000,00 €) und sein Einfluss auf Vergütung und Urlaub sprächen ebenfalls für eine selbstständige Tätigkeit. Diese liege ab dem 06.03.2013 vor, da an diesem Tag die Liste der Gesellschafter beim Handelsregister eingereicht worden sei und der Anteilserwerb des Beigeladenen nach Maßgabe des (Anteils-)kauf- und Abtretungsvertrags vom 21.02.2013 zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden sei.

Gegen das ihr am 07.12.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.01.2016 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Beigeladene verfüge als Minderheitsgesellschafter ohne umfassende Sperrminorität nicht über die Rechtsmacht zu weisungsfreier Tätigkeit im Unternehmen der Klägerin. Das Einstimmigkeitserfordernis für bestimmte bedeutsame Angelegenheiten genüge für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht (vgl. BSG, Urteile vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -, auch Urteil vom 24.09.1992, - 7 RAr 12/92 -, alle in [...]).

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25.11.2015 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ihre Gesellschafterversammlung könne dem Beigeladenen wegen dessen Sperrminorität ohne seine Zustimmung Weisungen nicht erteilen. Er arbeite im Hinblick auf den erheblichen Kapitalaufwand für den Anteilskauf (120.000,00 €) wirtschaftlich im eigenen und nicht in einem fremden Unternehmen. Der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des BSG hätten andere Fallgestaltungen zugrunde gelegen. Der Beigeladene habe das Restaurant auch vor der Insolvenz des Betriebs allein geleitet und er arbeite auch jetzt vollkommen selbstständig und weisungsfrei. § 47 Abs. 4 GmbHG sei nicht einschlägig und für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht von Belang.

Der Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert und er stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin nur (noch) während der Zeit ab 06.03.2013. Für die Zeit davor (ab 01.10.2010) hat das SG die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig befunden und die Klage der Klägerin insoweit abgewiesen; (Anschluss-)Berufung ist dagegen nicht eingelegt worden.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Ab 06.03.2013 übt der Beigeladene eine abhängige und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht (mehr) aus; er ist vielmehr selbstständig erwerbstätig. Das SG hat die angefochtenen Bescheide daher zu Recht teilweise aufgehoben.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urteil vom 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -, in [...]). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urteil vom 19.06.2001, - B 12 KR 44/00 R -, in [...]). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -, in [...]). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren oder nicht ausreichend nutzen zu können; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschluss vom 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -, in [...]). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in [...]).

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen geklärt werden muss, um auszuschließen, dass ein "Etikettenschwindel" bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß § 117 BGB nichtig ist; ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere (tatsächliche) Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, alle in [...]). Zu den besonderen (tatsächlichen) Umständen dieser Art kann insbesondere die Verteilung der Rechtsmacht in einem Unternehmen und die daraus folgende Rechtsstellung bzw. Rechtsmacht der Person gehören, deren Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht zu prüfen ist. Deshalb wird es vielfach ausschlaggebend darauf ankommen, ob die in Rede stehende Person ihre Tätigkeit in einem (im Rechtssinne) "eigenen" oder in einem "fremden" (Einzel-)Unternehmern verrichtet bzw. - bei Kapitalgesellschaften, wie einer GmbH - ob und in welchem Maße sie aufgrund einer Kapitalbeteiligung oder ggf. aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen über (Stimm-)Rechte (in der Gesellschafterversammlung) verfügt und welche Rechtsmacht ihr daraus erwächst (dazu näher etwa BSG, Urteile vom 11.11.2015, - B 12 R 2/14 R - und B 12 KR 10/14 R -, in [...]). Das Fehlen der den sozialversicherungsrechtliche Status des selbstständig erwerbstätigen Unternehmers ausmachenden Rechtsmacht im Unternehmen kann weder durch besonderes Fachwissen noch durch langjährige Berufserfahrung ausgeglichen werden. Auch der besonders oder gar herausragend qualifizierte und kaum ersetzbare Arbeitnehmer wird allein deshalb nicht zum (Mit-)Unternehmer neben dem Betriebsinhaber, sondern er bleibt abhängig Beschäftigter. Das gilt auch dann, wenn er faktisch "Kopf und Seele" des Unternehmens ist und dieses nach eigenem "Gutdünken" leitet (BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R - und Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und B 12 KR 23/13 R -, alle in [...]).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, beide in [...]).

Von diesen allgemeinen Grundsätzen ausgehend ist auch der sozialversicherungsrechtliche Status des Geschäftsführers einer GmbH zu beurteilen. Dabei muss aber zusätzlich berücksichtigt werden, ob und mit welchem Anteil der Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH beteiligt ist. Bei einer Kapitalgesellschaft, wie der GmbH, ist die Rechtsmacht in der Gesellschaft und damit auch die Rechtsstellung als selbstständig erwerbstätiger Unternehmer oder abhängig beschäftigter Arbeitnehmer nämlich grundsätzlich mit der Kapitalbeteiligung verknüpft. Der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft und die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung stellen ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit dar. Gesellschaftsrechtliche Wertungen und Gestaltungen sind für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung aber nicht strikt zu übernehmen; eine uneingeschränkte Parallelität gibt es insoweit nicht. Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs. 1 SGB IV (BSG, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 13/14 R -, in [...]).

Ist der Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH beteiligt, also Gesellschafter-Geschäftsführer und nicht lediglich Fremdgeschäftsführer (ohne Gesellschafterstellung), ist die ihm durch das Gesellschaftsrecht, insbesondere den Gesellschaftsvertrag, zugewiesene Rechtsmacht in der GmbH von maßgeblicher Bedeutung. Kann der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Gesellschafterstellung wesentlichen rechtlichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft ausüben, kommt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht in Betracht.

Notwendig hierfür ist, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit im Bedarfsfall jederzeit verhindern und so die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit des Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber vermeiden kann (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1994, - B 12 RK 72/92 -; Urteil vom 25.01.2006, - B 12 KR 30/04 R -, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 10/14 R -, jeweils in [...]). Solche Gesellschafter-Geschäftsführer haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position den Status des selbstständig erwerbstätigen (Mit-)Unternehmers. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer mindestens über die Hälfte des Stammkapitals der GmbH verfügt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.05.2001, - B 12 KR 34/00 R -, in [...]). Ist sein Anteil am Stammkapital geringer, ist der Gesellschafter-Geschäftsführer also nur Minderheitengesellschafter, kommt es darauf an, ob seine Rechtsmacht in der Gesellschaft aus anderen Gründen der Rechtsmacht des Mehrheitsgesellschafters bzw. des mit mindestens 50 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Gesellschafters vergleichbar ist. Das kann bei der Einräumung von Sonderrechten zur Herbeiführung oder Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen und insbesondere bei der Einräumung einer so genannten "Sperrminorität" der Fall sein.

Erforderlich ist aber immer, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Ergebnis die Rechtsmacht zukommt, sich ihm nicht genehmer Weisungen hinsichtlich der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit zu erwehren (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.1992, - 7 RAr 12/92 -, in [...]; zur Sperrminorität im Besonderen BSG, Urteil vom 30.04.2013, - B 12 KR 19/11 R -, in [...]). Andernfalls übt er die Geschäftsführertätigkeit - vorbehaltlich der Würdigung der für das Gesamtbild seiner Tätigkeit im Übrigen maßgeblichen Umstände - im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Daher genügt es für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit insbesondere nicht, wenn eine dem Gesellschafter-Geschäftsführer eingeräumte Sperrminorität sich - als "unechte" Sperrminorität - in Minderheitenschutzklauseln hinsichtlich besonders wichtiger Geschäfte erschöpft (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24.09.1992, - 7 RAr 12/92 -, in [...]; auch BSG, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 10/14 R - in [...] Rdnr. 28). Die Sperrminorität muss sich - als "echte" Sperrminorität - vielmehr grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige bedeutende Angelegenheiten beziehen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.01.2015, - L 1 KR 130/14 -; LSG Hamburg, Urteil vom 05.11.2014, - L 1 KR 44/13 -, jeweils in [...]), wobei die Anforderungen an den von der Sperrminorität umfassten Geschäftskreis freilich nicht überspannt werden dürfen, zumal die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen der sozialsozialversicherungsrechtlichen Abwägungsentscheidung nicht als bindendes Bestimmungselement vorausliegen, sondern nur als Abwägungsgesichtspunkt (als Indiz - BSG, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 13/14 R -, in [...]) zu berücksichtigen sind. Ein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss und damit eine echte Sperrminorität wird aber nicht vorliegen, wenn der (Minderheiten-)Gesellschafter-Geschäftsführer so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.09.2014, - L 11 R 2662/13 -, in [...]; zur Reichweite der Stimmverbote des § 47 Abs. 4 GmbHG LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.05.2014, - L 8 R 556/13 -, in [...]; dazu auch noch im Folgenden). Soll dem Minderheitengesellschafter der sozialversicherungsrechtliche Status des selbstständig erwerbstätigen (Mit-)Unternehmers durch Einräumung einer echten Sperrminorität zukommen, müssen die Gesellschafter den - hierfür ausreichenden - Umfang der Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag klar festlegen und insoweit eindeutig "Farbe bekennen" (zu alledem auch etwa Senatsurteil vom 20.05.2015, - L 5 R 1732/14 -, nicht veröffentlicht).

Davon ausgehend ist die Tätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin - seit 06.03.2013 - in der Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände als selbstständige Erwerbstätigkeit einzustufen; in dieser Tätigkeit unterliegt der Beigeladene daher (seit 06.03.2013) nicht der Sozialversicherungspflicht.

Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung ist der Geschäftsführervertrag vom 01.10.2010. Dessen Regelungen sprechen überwiegend für die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen im Status des selbstständig Erwerbstätigen und nicht im Status des abhängig Beschäftigten. So ist der Beigeladene gemäß § 1 Abs. 3 Geschäftsführervertrag hinsichtlich des Zeitpunkts, der Dauer, des Umfangs und des Ortes seiner Tätigkeit weisungsfrei und er übt gegenüber den Angestellten der Klägerin die Rechte des Arbeitgebers aus. An bestimmte Arbeitszeiten ist er nicht gebunden (§ 1 Abs. 6 Satz 2 Geschäftsführervertrag). Der Geschäftsführervertrag kann von der Klägerin und dem Beigeladenen gemäß § 2 Abs. 4 Geschäftsführervertrag nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden; eine ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Entsprechendes ist für die (organschaftliche) Abberufung des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin vereinbart. Regelungen dieser Art sind für Arbeitsverhältnisse untypisch, wobei offen bleiben kann, ob es rechtlich zulässig ist, die Kündigungsgründe der Klägerin in § 2 Abs. 4 Satz 2 Geschäftsführervertrag (abschließend) auf erhebliche Pflichtverletzungen des Beigeladenen - teils mit dem Erfordernis zumindest grober Fahrlässigkeit - zu beschränken. Der Beigeladene erhält gemäß § 3 Geschäftsführervertrag zwar ein (arbeitnehmertypisches) Festgehalt, kann aber (arbeitnehmeruntypisch) über dessen Höhe maßgeblich mitbestimmen. So darf das Gehalt einen von ihm vorgegebenen Mindestbetrag nicht unterschreiten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsführervertrag). Der Beigeladene ist außerdem am Gewinn der Klägerin beteiligt (§ 3 Abs. 2 Geschäftsführervertrag). Er bestimmt - ebenfalls arbeitnehmeruntypisch - sowohl über Dauer und Lage eines Urlaubs (§ 6 Geschäftsführervertrag) und ihm wird die Vergütung für seine Arbeitsleistung im Krankheitsfall deutlich länger als Arbeitnehmern, nämlich für 3 Monate, fortgezahlt (§ 5 Abs. 1 Geschäftsführervertrag).

Die tatsächlichen Umstände, unter denen der Beigeladene - seit 06.03.2013 - das Amt des Geschäftsführers der Klägerin versieht, sprechen ebenfalls überwiegend für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit.

Die rechtlichen Regelungen, die man im Geschäftsführervertrag getroffen hat, werden im tatsächlichen Geschäftsbetrieb auch praktiziert.

Das geht aus den - unwidersprochenen - Angaben des Beigeladenen klar hervor. Der Beigeladene, der bereits das in Insolvenz gegangene Vorgängerrestaurant (mit 30 Mitarbeitern) geführt hatte, leitet (nunmehr) das Unternehmen der Klägerin eigenständig und weisungsfrei und bestimmt über dessen Geschicke sowohl im Tagesgeschäft als auch hinsichtlich darüber hinausgehender Entscheidungen. Der Mitgeschäftsführer D.I. übt insoweit keinen Einfluss aus. Der Beigeladene hat - so die Klägerin - "freie Hand" und ohne ihn "geht nichts". Diese tatsächlichen Gepflogenheiten genügen für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit freilich nicht, sofern ihnen auf Grund der (fortbestehenden) Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen jederzeit ein Ende gesetzt werden kann. Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung kommt es darauf an, was gilt, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, zum Streit kommt; eine "Schönwetterselbstständigkeit" gibt es nicht (BSG, Urteil vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R - und - B 12 R 14/10 R -, jeweils in [...]). Nach Auffassung des Senats ist dem Beigeladenen hier aber durch die Gestaltungen des Gesellschaftsrechts - den am 21.03.2013 neu gefassten Gesellschaftsvertrag-Holding (Gesellschaftsvertrag der V.-GmbH) im Zusammenwirken mit dem Geschäftsführervertrag - eine Rechtsmacht eingeräumt, die die Annahme bloßer "Schönwetterselbstständigkeit" ausschließt. Insoweit stellen die von der Klägerin und dem Beigeladenen gewählten rechtlichen Gestaltungen des Gesellschaftsrechts - unbeschadet der nicht statthaften (strikten) Parallelwertung von Gesellschafts- und Sozialversicherungsrecht - einen gewichtigen Gesichtspunkt dar, der gemeinsam mit den übrigen Einzelfallumständen das Gesamtbild einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen (ab 06.03.2013) ergibt.

Der Beigeladene ist seit 06.03.2013 nicht mehr (nur) Fremdgeschäftsführer der Klägerin; er verfügt vielmehr über die Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit Sonderrechten bzw. einer (ausreichenden) Sperrminorität. Der Beigeladene ist - neben D.I. - zum Geschäftsführer der Klägerin mit Alleinvertretungsmacht bestellt. Er ist (während der streitigen Zeit ab 06.03.2013) außerdem - neben D.I. - zum Geschäftsführer der V.-GmbH, der alleinigen Gesellschafterin der Klägerin, (ebenfalls) mit Alleinvertretungsmacht bestellt. Zusätzlich zur Rechtsstellung als Organ sowohl der Klägerin wie der V.-GmbH hat der Beigeladene seit 06.03.2013 außerdem - neben D.I. - die Rechtsstellung eines Gesellschafters der V.-GmbH. Er ist an deren Stammkapital (25.000,00 €) mit 5.000,00 € (20%) beteiligt und er kann, da die V.-GmbH alle Kapitalanteile der Klägerin hält - die daraus folgenden Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung der Klägerin ausüben. Der Beigeladene ist mit einem Kapitalanteil von 20% zwar (nur) Minderheitsgesellschafter der V.-GmbH. Ihm ist in dem am 21.02.2013 neu gefassten Gesellschaftsvertrag der V.-GmbH aber eine Sperrminorität eingeräumt worden, die ihm im Zusammenwirken mit den Regelungen des Geschäftsführervertrags eine derart weitreichende Rechtsmacht zuweist, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin nicht mehr angenommen werden kann.

Die Sperrminorität des Beigeladenen ist in § 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding festgelegt. Diese Regelung zählt die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (der V.-GmbH) auf, die einstimmig gefasst werden müssen, die der Beigeladene also mit seinem Kapitalanteil von 20% verhindern kann. Danach bedarf zunächst die Auflösung der Gesellschaft eines einstimmigen Beschlusses (§ 7 Abs. 2a Gesellschaftsvertrag-Holding). Der Beigeladene kann daher - als wichtige Voraussetzung einer echten Sperrminorität - die Auflösung der V.-GmbH und damit auch der Klägerin verhindern. Abschluss und Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen und die Erteilung von Weisungen an Geschäftsführer, auch soweit sich diese auf Tochtergesellschaften beziehen, bedürfen gemäß § 7 Abs. 2d Gesellschaftsvertrag-Holding ebenfalls der einstimmigen Beschlussfassung. Damit ist dem Beigeladenen - als weitere wichtige und regelmäßig auch im Vordergrund stehende - Voraussetzung einer echten Sperrminorität auf Grund seiner Gesellschafterstellung (in der V.-GmbH) die Rechtsmacht eröffnet, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit (auch) als Geschäftsführer der Klägerin im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern; er kann so die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit des Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1994, - B 12 RK 72/92 -; Urteil vom 25.01.2006, - B 12 KR 30/04 R -, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 10/14 R -, jeweils in [...]). Der Beigeladene verfügt schließlich auch über eine weitreichende Rechtsmacht zur Verhinderung seiner Abberufung bzw. Entlassung als Geschäftsführer der Klägerin, da eine ordentliche Kündigung gemäß § 2 Abs. 4 Geschäftsführervertrag ausgeschlossen ist, der Beigeladene vielmehr nur aus wichtigem Grund gekündigt und (als Geschäftsführer) abberufen werden darf. Dahin stehen kann, ob sich die Regelung in § 7 Abs. 2d Gesellschaftsvertrag-Holding nur auf die Änderung von Geschäftsführeranstellungsverträgen der V.-GmbH oder - wie die Weisungsregelung - auch auf Geschäftsführeranstellungsverträge von Tochtergesellschaften beziehen soll. Eine Änderung des Geschäftsführervertrags des Beigeladenen mit der Klägerin und damit auch der (Kündigungs-)Regelung in § 2 Abs. 4 dieses Vertrags ist einseitig jedenfalls nicht möglich.

Die Stimmverbote des § 47 Abs. 4 GmbHG hindern den Beigeladenen nicht an der Ausübung der Sperrminoritätsrechte aus § 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding. Nach § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben (Satz 1). Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites gegenüber einem Gesellschafter betrifft (Satz 2). § 47 Abs. 4 GmbHG will verbandsfremde Sonderinteressen von der Einwirkung auf Verbandsentscheidungen fernhalten. Die Regelung beruht auf dem Grundgedanken, wonach derjenige, der unter dem Einfluss eines erheblichen, dem Verbandsinteresse eventuell gegensätzlichen Sonderinteresses steht, bei der Abstimmung dem Verbandsinteresse nicht ausreichend Rechnung tragen wird, weil das mitgliedschaftliche Risiko einer Benachteiligung der Verbandsinteressen mehr als aufgewogen wird durch die Wahrnehmung der eventuell höherwertigen Sonderinteressen. Der Vorschrift ist aber kein allgemeines Prinzip zu entnehmen, nach dem der Gesellschafter bei Vorliegen jedweden Interessenkonflikts vom Stimmrecht auszuschließen ist. Sie ist insbesondere nicht allein auf das Verbot des Richtens in eigener Sache zurückzuführen. Das - weit gefasste - Stimmverbot bei der Vornahme von Rechtsgeschäften (§ 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG) bedarf außerdem teleologischer Einschränkung. So kann der Gesellschafter z.B. mitstimmen bei seiner eigenen Bestellung zum Geschäftsführer und auch bei seiner Abberufung; bei der Abberufung aus wichtigem Grund folgt ein Stimmrechtsausschluss aus dem allgemeinen Prinzip, dass niemand Maßnahmen durch seine Stimme verhindern darf, die sich aus wichtigem Grund gegen ihn richten.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer darf auch bei der Kündigung seines Anstellungsvertrags mitstimmen, nicht aber, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt. Das Stimmverbot gilt für Rechtsgeschäfte jeder Art und auch für rechtsgeschäftsähnliche Handlungen (wie Mahnung). Auf Auflösungsbeschlüsse ist § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG hingegen nicht anwendbar (Baumbach/Hueck, GmbHG § 47 Rdnr. 76 ff. m.w.N.).

Hier kommt allein das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG in Betracht. Dieses gilt aber nur für Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, nicht jedoch für die Erteilung von (Arbeitgeber-)Weisungen hinsichtlich der Erbringung einer Arbeitsleistung i.S.d. § 7 Abs. 2d Gesellschaftsvertrag-Holding, die Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff. BGB) nicht darstellen. Auch ein Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft (§ 7 Abs. 2a Gesellschaftsvertrag-Holding) kann nicht Gegenstand eines Stimmverbots nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG sein. Die Rechtsmacht des Beigeladenen, seine - ordentliche - Kündigung zu verhindern, folgt aus § 2 Abs. 4 Geschäftsführervertrag; Stimmverbote des § 47 Abs. 4 GmbHG sind insoweit von vornherein nicht einschlägig.

Der Senat hat bei der abschließenden Würdigung aller Einzelfallumstände bedacht, dass dem Beigeladenen nicht ohne Weiteres die Rechtsmacht zugewiesen ist, die operative Neuausrichtung des Unternehmens der Klägerin zu verhindern; dazu wäre ggf. eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin notwendig. Die in § 7 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag-Holding festgelegte Sperrminorität mag daher allen Anforderungen an eine im eingangs beschriebenen Sinne "echte" Sperrminorität nicht in vollem Umfang gerecht werden. In der Summe ist die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht des Beigeladenen mit der Neufassung des Gesellschaftsvertrag-Holding am 21.02.2013 - zusammenwirkend mit den Regelungen des Geschäftsführervertrags - aber in solchem Maße gestärkt worden, dass seine Geschäftsführertätigkeit in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht dem Bereich der abhängigen Beschäftigung nicht zugeordnet werden kann. Dass die Rechtsmacht aus der Sperrminorität gegenständlich beschränkt worden ist (vgl. zu einem solchen Fall etwa Senatsurteil vom 16.12.2015, - L 5 R 1616/15 -, nicht veröffentlicht), fällt für das Gesamtbild der Tätigkeit nicht mehr ausschlaggebend ins Gewicht. Der Beigeladene kann (insoweit wesentlich anders als bei der dem Senatsurteil vom 16.12.2015, a.a.O., zugrunde liegenden Fallgestaltung) die Geschicke des Unternehmens der Klägerin auch (positiv) bestimmen und gestalten. Hierfür ist seine Rechtsmacht in der Geschäftsführung von ausschlaggebender Bedeutung. Für Geschäfte des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs (das operative Tagesgeschäft) ist dem Kläger aber - wie dargelegt - auf Grund der Sperrminoritätsregelung in § 7 Abs. 2d Geschäftsführungsvertrag-Holding - die Rechtsmacht zur jederzeitigen Abwehr von Weisungen eingeräumt. Er muss mit einfacher Mehrheit beschlossene Weisungen der Gesellschafterversammlung nicht befolgen. Damit kann der Beigeladene im Kern - worauf das BSG (Urteil vom 23.06.1994, - B 12 RK 72/92 -; Urteil vom 25.01.2006, - B 12 KR 30/04 R -, Urteil vom 11.11.2015, - B 12 KR 10/14 R -, jeweils in [...]) aber wesentlich abstellt - die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit des Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber vermeiden.

Für den Senat ergibt sich daher für die Zeit ab 06.03.2013 das Gesamtbild einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin. Das SG hat die angefochtenen Bescheide insoweit zu Recht aufgehoben, weshalb die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser zur Förderung des Verfahrens Wesentliches nicht beigetragen hat; er hat sich im Verfahren nicht geäußert.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

RechtsgebieteGmbHG, SGB IVVorschriften§ 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG; § 7 Abs. 1 SGB IV

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