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14.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189829

Landesarbeitsgericht Hamburg: Urteil vom 18.03.2015 – 6 Sa 39/14


In dem Rechtsstreit

erkennt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 6. Kammer,

auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2015

durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Voßkühler als Vorsitzende

den ehrenamtlichen Richter Dr. .....

den ehrenamtlichen Richter .....

für Recht:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2014 - Az. 4 Ca 250/13 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Diskriminierung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens.



Die Beklagte entwickelt eine Software für die See- und Binnenschifffahrt namens X. Mit diesem Tool können Reedereien ihre Flotte weltweit tracken. Hierzu werden alle relevanten Daten direkt an Bord des Schiffes erfasst und auf der passwortgeschützten Website im Internet unter X.de dargestellt. Die Software wird für jeden Kunden individuell mit erweiterbaren Features entwickelt und angepasst.



Die webbasierte Anwendung ist serverseitig in der Programmiersprache PHP implementiert. Für die clientseitige Umsetzung der Web Anwendung, also der Darstellung im Webbrowser, verwendet die Beklagte in großem Maße Javascript.



Die dem Produkt der Beklagten zu Grunde liegende Datenbank ist MySQL. In dieser Datenbank werden die Daten für die Kunden verwaltet. Als Betriebssystem auf den Servern setzt die Beklagte ausschließlich Linux ein. Für den Betrieb der Software an Bord der Schiffe entwickelt die Beklagte Programme für das Betriebssystem Windows, die mit C# Programmiert sind.



Die Beklagte beschäftigt insgesamt fünf Mitarbeiter.



Im Sommer 2013 schrieb die Beklagte eine Teilzeitstelle als Softwareentwickler/in aus. In der Stellenausschreibung heißt es wörtlich wie folgt:



"Für die Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor ihrem Abschluss stehen. Wir erwarten gute Kenntnisse in Javascript, PHP und SQL. Der Umgang mit Windows und LINUX ist Ihnen vertraut. Außerdem besitzen sie fundierte Kenntnisse in einer objektorientierten Programmiersprache (C++/JAVA/C#).



Eine konzeptionelle Denkweise, gute kommunikative Fähigkeiten, ein offener Umgang mit Menschen und ein eigenständiger, zielorientierter Arbeitsstil runden Ihr Profil ab. Sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift setzen wir voraus. ..."



Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellenausschreibung wird auf die Anlage A 1 (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.



Die über 50-jährige Klägerin russischer Herkunft hat vor 29 Jahren erfolgreich ein Studium der Informatik in Russland abgeschlossen, dessen Gleichwertigkeit mit einem in Deutschland absolvierten Informatikstudium anerkannt ist. Seit April 2003 ist die Klägerin arbeitslos. Sie verfügt über Kenntnisse in Bezug auf die Datenbank SQL sowie die Programmiersprachen Java und C++. Mit den Programmiersprachen PHP und Javascript hat die Klägerin noch nicht gearbeitet. Die Klägerin verfügt, wie sich auch aus dem Arbeitszeugnis der S. C. GmbH vom 30. April 2003 ergibt (vgl. hierzu Anlagenkonvolut BK 3, Bl. 169 ff., Bl. 175 d. A.), über Kenntnisse der Arbeit mit Windows. Im täglichen Umgang nutzt die Klägerin auch Linux-Computer, da öffentliche Stellen zum Teil mit Linux-PCs ausgestattet sind. Sie hat nicht unter Linux programmiert.



Mit E-Mail vom 04.06.2013 bewarb sich die Klägerin auf die ausgeschriebene Stelle. Wegen des Inhalts des Bewerbungsschreibens wird Bezug genommen auf die Anlage A 2 (Bl. 5-6 d. A.). Für die weiteren bei der Beklagten eingereichten Bewerbungsunterlagen der Klägerin wird auf die Anlage BK 3, Bl. 169 ff. d. A. verwiesen. Ohne ihre Entscheidung zu begründen und ohne sie zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, sagte die Beklagte der Klägerin mit E-Mail vom 21.06.2013 ab (Anlage A 3, Bl. 7 d. A.).



Mit Schreiben vom 27.07.2013 (Anlage A 4, Bl. 8 d. A.) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Entschädigungsansprüche nach dem AGG in Höhe von 5.000,00 Euro geltend. Dieses Begehren hat die Klägerin mit der am 24.10.2013 beim Arbeitsgericht erhobenen und der Beklagten am 4. November 2013 zugestellten Klage weiter verfolgt.



Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, es bestehe kein Zweifel, dass die Beklagte sie aufgrund ihres dreifachen Merkmals gemäß § 1 AGG (weiblich, mehr als 50 Jahre alt, nicht-deutsche Herkunft) diskriminiert habe.



Sie sei objektiv für die Stelle geeignet, da sie die fachlichen Anforderungen überwiegend erfülle und dies auch in ihrer Bewerbung nachgewiesen habe. Auch ihre persönlichen Fähigkeiten, insbesondere im Umgang mit Kunden, habe sie durch ihre Zeugnisse belegt.



Indizien für eine Diskriminierung wegen des Alters ergäben sich sowohl aus der für die Stellenanzeige gewählten Formulierung "Für diese Position sollten Sie ein Studium der Ingenieurwissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen" als auch aus der Ausschreibung als Teilzeitstelle, da beides vermehrt jüngere Arbeitnehmer anspreche.



Die Anforderung "Sehr gute Deutschkenntnisse" indiziere eine Diskriminierung der Klägerin wegen ihrer nicht-deutschen Herkunft, weil die Beklagte damit in nicht gerechtfertigter Weise Bewerber mit Deutsch als Muttersprache bevorzuge. Zuwanderern sei der Nachweis sehr guter Deutschkenntnisse kaum möglich. Auch seien sehr gute Deutschkenntnisse für die ausgeschriebene Tätigkeit aufgrund der internationalen Kundenstruktur nicht erforderlich.



Eine Diskriminierung wegen ihres weiblichen Geschlechts sei aufgrund der Tatsache indiziert, dass Frauen in der IT-Branche mit einem Anteil von nur 18,5 % stark unterrepräsentiert seien.



Auch die Weigerung der Beklagten, Auskunft über die Qualifikation des eingestellten Bewerbers vorzulegen, sei als Indiz für eine Diskriminierung anzusehen.



Darüber hinaus sei die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 21 und 22 der Grundrechtecharta der EU verletzt.



Die Klägerin hat beantragt,



die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eingang ihrer Klage als Entschädigung für die Mehrfachdiskriminierung zu zahlen,



die Beklagt zu verurteilen, die Bewerberunterlagen und den Arbeitsvertrag vorzulegen.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat vorgetragen, im Bereich Softwareentwicklung ihres Unternehmens seien zwei Frauen und ein Mann beschäftigt. Die zweite Entwicklerin sei indischer Abstammung und seit drei Jahren in Deutschland tätig. Da sie sehr gut Englisch, aber kein fließendes Deutsch spreche, betreue sie in erster Linie englischsprachige Kunden. Die ausgeschriebene Stelle beinhalte eine enge Zusammenarbeit der vorwiegend deutschsprachigen Kunden.



Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin scheide schon aus, weil die Klägerin für die Stelle objektiv nicht geeignet gewesen sei. Sie verfüge über keine Kenntnisse in Javascript und PHP und habe keine Erfahrungen mit Linux.



Die Klägerin habe mit ihren Bewerbungsunterlagen nicht überzeugt. Durch ihr Anschreiben und die Bescheinigungen habe die Klägerin zwar ihre guten Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch nachgewiesen. Ihr Anschreiben sei jedoch standardisiert und gehe nicht auf die Anforderungen der Stelle ein. So habe die Klägerin in ihrer Bewerbung weder dargelegt noch nachgewiesen, dass sie über konzeptionelle Fähigkeiten oder kommunikative Fähigkeiten verfüge. Die beigefügten Zeugnisse würden nur eine befriedigende Leistung bescheinigen.



Die Beklagte habe die Bewerberin Frau K. eingestellt. Diese verfüge über sehr gute Javascript- und PHP- und MySQL-Kenntnisse. Der Geschäftsführer kenne Frau K. aus einer früheren Tätigkeit. Ihr sei zugutegekommen, dass sie seit den letzten zehn Jahren bereits als Softwareentwicklerin im Bereich Seeschifffahrt gearbeitet habe und über einschlägige Berufserfahrung verfügen.



Das rein objektive Kriterium des Hochschulabschlusses spreche Bewerber jeden Alters an. Auch eine Diskriminierung wegen des Geschlechts scheide aus. Die Beklagte beschäftige in dem Bereich mehr Frauen als Männer und habe für die ausgeschriebene Stelle eine Frau ausgewählt. Zudem sei die Stelle in Teilzeit ausgeschrieben, was Frauen den Zugang erleichtern könne. Ferner beschäftige sie mehrere Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Die geforderten Deutschkenntnisse seien dem Anspruch der Beklagten an eine dienstleistungsorientierte Kommunikation von hoher Qualität mit den Kunden geschuldet.



Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Sie bewerbe sich nur auf (diskriminierende) Ausschreibungen, um später Entschädigungszahlungen geltend zu machen. Dies sei aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.05.2014 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 15 AGG seien nicht erfüllt. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin über die geforderten Anforderungen der Stellenausschreibung verfüge und damit objektiv geeignet sei, denn sie habe keine Indizien dargelegt, die einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG vermuten ließen.



Aus den Formulierungen der Stellenanzeige ergebe sich kein Indiz für eine verbotene Altersdiskriminierung, weil sie gleichermaßen solche Bewerber anspreche, die ihr Studium vor längerer Zeit bereits abgeschlossen haben. Auch die Ausschreibung als Teilzeitstelle sei nicht geeignet, eine altersbedingte Diskriminierung zu indizieren, denn dass vorrangig jüngere Arbeitnehmer in Teilzeit arbeiteten, könne nicht angenommen werden.



Die Beklagte habe die Stelle mit dem Zusatz (m/w) geschlechtsneutral ausgeschrieben. Auch die von der Klägerin ins Feld geführte Unterrepräsentation von Frauen in der IT-Branche indiziere eine geschlechterbedingte Diskriminierung nicht.



Die in der Stellenausschreibung geforderten sehr guten Deutschkenntnisse begründeten keine Vermutung für eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer ethnischen Herkunft, da diese Anforderung im Hinblick auf die auszuübende Tätigkeit sachlich gerechtfertigt sei und dies auch in der Stellenanzeige hinreichend zum Ausdruck komme.



Schließlich begründe auch die Weigerung der Beklagten, der Klägerin die Bewerbungsunterlagen der eingestellten Bewerberin vorzulegen, kein Indiz für eine Diskriminierung. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des EuGH angenommen werden könne, lägen nicht vor, denn die Beklagte habe sich im Prozess umfassend eingelassen. Die Klägerin hingegen habe keinerlei Diskriminierungsindizien schlüssig vorgetragen.



Die Klägerin hat gegen das ihr am 30.05.2014 zugestellte Urteil am 30.06.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.08.2014 mit Schriftsatz vom 27.08.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet.



Die Klägerin nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend wie folgt vor: Sie sei objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet. Dass sie mit den Programmiersprachen PHP und Javascript bisher nicht gearbeitet habe, stehe dem nicht entgegen, da es sich um einfach erlernbare Programmiersprachen handele, deren Anwendung die Klägerin sich ohne weiteres aneignen könne. Gleiches gelte für die objektorientierte Programmiersprache C#. Auch in den Umgang mit Linux - soweit ihr dieser nicht bereits aus der alltäglichen Nutzung von Linux-PCs bei öffentlichen Stellen vertraut sei - könne sich die Klägerin ohne weiteres einarbeiten, zumal Linux und Windows in der Anwendung große Ähnlichkeiten aufwiesen. Ihre Fähigkeit, sich Kenntnisse selbständig mühelos anzueignen, werde durch ihre vorgelegten Arbeitszeugnisse belegt. Es sei anerkannt, dass in diesem Bereich nicht alle Stellenanforderungen erfüllt sein müssten, um eine objektive Eignung festzustellen. Vielmehr sei eine gewisse Zeit der Einarbeitung üblich.



Es werde bestritten, dass die eingestellte Person besser als die Klägerin geeignet sei.



Der Vortrag der Beklagten in Bezug auf die erwarteten Deutschkenntnisse sei widersprüchlich. Insbesondere sei nicht erkennbar, wie sie gute von sehr guten Deutschkenntnissen unterscheide. Bereits dies belege, dass sehr gute Deutschkenntnisse für die ausgeschriebene Stelle nicht erforderlich seien.



Die Klägerin hat zunächst beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07.05.2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin 5.000,00 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage. Mit Schriftsatz vom 26.09.2014 hat die Klägerin ihren Antrag geändert. Die Klägerin beantragt nunmehr:



Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg, verkündet am 07.05.2014 (Az: 4 Ca 250/13), zugestellt am 30.05.2014, aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 5.000 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Darstellung näherer Einzelheiten dahingehend, dass fundierte Kenntnisse in Bezug auf PHP, Javascript, SQL sowie Linux und Windows für die Tätigkeit als Softwareentwickler objektiv erforderlich seien, weil diese auf dem täglichen Umgang mit den genannten Programmen basiere.



Sehr gute Deutschkenntnisse seien aufgrund des Umstands erforderlich, dass ein Großteil der Kunden aus Norddeutschland komme und die Ansprechpartner vorrangig deutsch sprächen. Da wesentliche Aufgabe der Softwareentwickler auch sei, die Software an die individuellen Kundenwünsche anzupassen sowie beratend tätig zu sein, seien sehr gute Deutschkenntnisse nicht nur sachlich erforderlich, sondern auch ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.



Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.



I.



Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 07.05.2014 ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.



II.



Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der nach dem gemäß § 64 Abs. 6 S. 2 ArbGG i.V.m. §§ 533, 264 Nr. 2 ZPO stets zulässigen Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage zuletzt zur Entscheidung des Berufungsgerichts gestellte Antrag ist zwar zulässig, aber unbegründet.



Das Urteil des Arbeitsgerichts hält der rechtlichen und tatsächlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, weil sie nicht in unzulässiger Weise wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals benachteiligt worden ist.



1. Die Klägerin gilt aufgrund ihrer Bewerbung vom 04.06.2013 als Beschäftigte gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 AGG und fällt daher in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob sie für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (vgl. BAG, Urt. v. 13.10.2011 - 8 AZR 608/10, Rn. 18 - juris). Die Beklagte ist als Arbeitgeberin gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG passivlegitimiert.



2. Die Klägerin hat ihren Entschädigungsanspruch auch innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend gemacht. Gemäß § 15 Abs. 4 AGG muss ein Anspruch nach § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten, beginnend mit dem Zugang der Ablehnung, schriftlich geltend gemacht werden. Eine Klage auf Entschädigung muss gemäß § 61b ArbGG innerhalb von drei Monaten erhoben werden, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist. Diese Fristen hat die Klägerin, nachdem sie am 21.06.2013 abgelehnt worden war, durch Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der Beklagten am 27.06.2013 und Klageerhebung am 24.10.2013 gewahrt.



3. Voraussetzung für Zahlungsansprüche nach § 15 AGG ist ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs.1 AGG. Ein Verstoß gegen dieses Verbot ist unter Zugrundelegung des § 1 AGG gegeben, wenn die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgt. Gemäß § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen.



Vorliegend hat die Beklagte die Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar in unzulässiger Weise (§§ 1 AGG, § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 AGG) benachteiligt.



a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die nachteilige Maßnahme muss dabei unmittelbar an das verbotene Merkmal anknüpfen bzw. mit diesem begründet werden (BAG v. 22.06.2011- 8 AZR 48/10 - NZA 2011, 1226, Rn. 33).



b) Im Streitfall fehlt es bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung, weil sich die Klägerin nicht in einer "vergleichbaren Situation" mit den zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern bzw. der letztlich erfolgreichen Bewerberin befand. Somit kann dahinstehen, ob die Klägerin Indizien dargelegt hat, die vermuten lassen, dass die Beklagte gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 AGG verstoßen hat.



aa) Zwar erfuhr die Klägerin durch die Absage ohne vorheriges Bewerbungsgespräch eine Benachteiligung im Vergleich zu der später tatsächlich eingestellten Bewerberin Frau K. sowie auch im Vergleich zu etwaigen weiteren zu den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen (letztlich ebenfalls erfolglosen) Bewerbern, denn ihr wurde die Chance auf Einstellung versagt (vgl. BAG v. 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489, Rn. 27; BAG, v. 23.08.2012 - 8 AZR 285/11 - NZA 2013, 37, Rn. 22).



bb) Die Klägerin befand sich jedoch mit den zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern und der letztlich erfolgreichen Bewerberin nicht in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 AGG).



(1) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass die Klägerin objektiv für die ausgeschriebene Stelle als Softwareentwicklerin geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG v. 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489, Rn. 29; BAG v. 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 - NZA 2012, 667 Rn. 35). Für die Beurteilung der objektiven Eignung ist nicht allein auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen. Maßgeblich sind vielmehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durfte. Zwar darf der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers grundsätzlich frei entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des Allgemeinen Diskriminierungsschutzes de facto beseitigen (vgl. BAG v. 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489, Rn. 30; BAG v. 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 - NZA 2012, 667, Rn. 36).



(2) Nach diesen Maßstäben fehlt der Klägerin die objektive Eignung für die ausgeschriebene Stelle.



Die Beklagte hat in zulässiger Weise verlangt, dass der Bewerber u.a. gute Kenntnisse in Javascript, PHP und SQL mitbringt und ihm der Umgang mit Windows und Linux vertraut ist.



Die von der Beklagten an den Bewerber gestellten Anforderungen - insbesondere die im Hinblick auf PHP, Javascript und Linux geforderten Qualifikationen - sind nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt. Die Beklagte ist hoch spezialisiert unternehmerisch tätig. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass der routinierte Umgang mit den in der Stellenausschreibung geforderten Anwendungen für die bei ihr zu erfüllenden Aufgaben essentiell ist. Daher stand es der Beklagte frei, die in dem Anforderungsprofil genannten Fähigkeiten zu verlangen.



Es ist auch nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung nachvollziehbar, wenn die Beklagte verlangt, dass die geforderten Kenntnisse bereits vorhanden sind. Denn ein Arbeitgeber darf seine Stellenausschreibung so formulieren, dass die Chance auf eine für seine unternehmerischen Zwecke optimale Stellenbesetzung möglichst groß ist. Dies gilt für die Beklagte umso mehr, als sie lediglich fünf Mitarbeiter beschäftigt und damit fachliche Defizite bei einzelnen Mitarbeitern weitaus schwieriger auszugleichen sind, als es bei einem größeren Unternehmen der Fall wäre. Dadurch ist sie für ihren wirtschaftlichen Erfolg in besonderem Maße darauf angewiesen, den jeweils optimal passenden Bewerber für eine Stelle zu finden.



Die Klägerin erfüllt die in zulässiger Weise aufgestellten Qualifikationsanforderungen nicht. Zwar verfügt sie über gute Kenntnisse im Umgang mit SQL und Windows. Auch nach ihrem eigenen Sachvortrag ist sie jedoch mit den Programmiersprachen Javascript und PHP nicht vertraut und bringt damit zwei der geforderten Qualifikationen nicht mit. Soweit die Klägerin vorträgt, dass ihr eine Einarbeitung in Javascript und PHP möglich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die Möglichkeit der Einarbeitung mit bereits vorhandenen guten Kenntnissen nicht gleichzusetzen ist.



Gleiches gilt für den Umgang mit Linux: Insoweit kann zwar zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im Rahmen des Alltagsgebrauchs bereits mit diesem Betriebssystem umgegangen ist. Der gelegentliche Umgang mit einem Betriebssystem für den Alltagsgebrauch stellt jedoch keinen vertrauten Umgang in der Weise dar, wie die Beklagte ihn bei Ausschreibung der Stelle vor Augen hatte. Die Beklagte verwendet auf ihren Servern ausschließlich Linux, so dass es erforderlich ist, auch komplexe Programmierleistungen auf diesem Betriebssystem zu erbringen. Dass ihr der Umgang mit Linux auch insoweit vertraut ist, hat die Klägerin indessen weder in ihren Bewerbungsunterlagen zum Ausdruck gebracht noch im Rahmen des Rechtsstreits vorgetragen.



Weil die Klägerin danach bereits im Hinblick auf die fachlichen Anforderungen der Stelle objektiv nicht geeignet ist, kann dahinstehen, ob die weiteren Anforderungen in der Stellenanzeige - insbesondere die Anforderungen in Bezug auf die Sprachkenntnisse - von der Beklagten in zulässiger Weise aufgestellt worden sind; dahingestellt bleiben kann weiterhin, ob die Klägerin die weiteren zulässigen Anforderungen erfüllt.



b) Auch aus einer mittelbaren Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG kann die Klägerin keine Ansprüche herleiten. Eine mittelbare Benachteiligung setzt nämlich gleichfalls eine konkrete Betroffenheit des Benachteiligten voraus (BAG v. 13.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489, Rn. 37 m.w.N.). Scheidet eine konkrete Betroffenheit eines abgelehnten Bewerbers wegen dessen objektiver Ungeeignetheit für die ausgeschriebene Stelle aus, so scheitert daran auch ein Entschädigungsanspruch wegen einer möglicherweise vorliegenden mittelbaren Diskriminierung (BAG v. 13.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489, Rn. 37).



III.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



IV.



Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Vorschriften§ 1 AGG, § 15 AGG, § 7 AGG, § 64 Abs. 1, 2b) ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 64 Abs. 6 S. 2 ArbGG, §§ 533, 264 Nr. 2 ZPO, § 15 Abs. 2 AGG, § 6 Abs. 1 S. 2 AGG, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG, § 15 Abs. 4 AGG, § 61b ArbGG, § 7 Abs.1 AGG, § 22 AGG, §§ 1 AGG, § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, 2 AGG, § 3 Abs. 1 AGG, § 3 Abs. 2 AGG, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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