17.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189288
Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 13.07.2016 – 18 Sa 1498/15
In dem Berufungsverfahren
Kläger, Berufungsbe_
klagter und Anschluss_
berufungskläger
Proz._Bev.:
gegen
Beklagte, Berufungs_
klägerin und Anschluss_
berufungsbeklagte
Proz._Bev.:
hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 18,
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2016
durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht als Vorsitzende
und die ehrenamtliche Richterin
und den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2015 - 5 Ca 2382/15 - werden
zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte 3/4, der Kläger 1/4 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung auf Ver
langen der Finanzaufsicht des Staates New York.
Die Beklagte ist eine große deutsche Bank in der Rechtsform einer Aktienge
sellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main. Die Beklagte beschäftigt in ihrer Nieder
lassung A mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit. Dort ist ein Betriebs
rat gebildet.
Der am XX.XX.1969 geborene, geschiedene Kläger arbeitet seit 01. Juli
1994 für die Beklagte. Mit Wirkung zum 01. Dezember 2000 wurde der Kläger
als kaufmännischer Angestellter in den außertariflichen Bereich übernommen.
Zur Wiedergabe des zwischen den Parteien zu diesem Anlass geschlossenen
Arbeitsvertrages vom 22. November 2000 wird auf die Anlage K1 zur Klage
schrift verwiesen (Bl. 1922 d.A.). Am 01. Juli 2014 wurde der Kläger zum Seni
or Spezialist ernannt. Er war zuletzt als Senior Spezialist und Direktor im Be
reich Cash Management & International Business (CMIB) für die Beklagte in
A tätig und verdiente - unter Berücksichtigung gezahlter Boni - durch
schnittlich 6.912,50 € brutto monatlich.
Die Beklagte war seit 2010 von einer Untersuchung der Finanzaufsicht des
Staates New York (New York State Department of Financial Services, NYDFS)
betroffen. Diese erfolgte wegen Zahlungsverkehrstransaktionen für Kunden,
welche von USEmbargobestimmungen erfasst sein konnten.
Das NYDFS ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die im Staat New York ver
tretenen Finanzinstitute. Es kontrolliert deren Gründung, Zulassung und Regist
rierung, auch der Widerruf einer Zulassung und der Entzug einer Banklizenz
fällt in den Aufgabenbereich. Die Niederlassung der Beklagten in New York un
tersteht der Zuständigkeit des NYDFS.
Am 11./12. März 2015 unterzeichnete die Beklagte eine Vergleichsverpflichtung
("Consent Order" nach §§ 39, 44 New York Banking Law) mit der Finanzauf
sicht des Staates New York. Die Vergleichsverpflichtung erledigte das Banken
aufsichtsverfahren, die Beklagte gestand dafür Gesetzesverstöße ein, verpflich
tete sich zu einer Strafzahlung und akzeptierte ein Monitoring.
Hervorzuheben ist darüber hinaus Ziff. 57 der Vergleichsverpflichtung, in dieser
wurde geregelt:
Zur Wiedergabe des vollständigen Inhalts der Vergleichsverpflichtung wird auf
die Anlage B2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2015 (Anlagenband)
verwiesen.
Nach USRecht war amerikanischen Finanzinstituten zumindest seit 2002 die
Mitwirkung an Finanztransaktionen mit iranischer Beteiligung untersagt. Dies
galt bis November 2008 jedoch nicht für Transaktionen, welche zwischen zwei
nichtiranischen Auslandsbanken stattfanden und durch die USA nur durchge
leitet wurden (so genannte "UTurn exemption"). Allerdings waren die US
Banken bzw. die USTöchter von Auslandsbanken mit New Yorker Banklizenz
verpflichtet, bei jeder Zahlung zu prüfen, dass die Transaktion nicht nach den
Regularien des Amts für Kontrolle von Auslandsvermögen im Finanzministerium
der Vereinigten Staaten von Amerika (OFACRegularien, Office of Foreign As
sets Control) verboten war. Die Prüfung nach den OFACRegularien konnte
dazu führen, dass Zahlungen verzögert oder blockiert wurden und die Transak
tionskosten stiegen.
Der Kläger, dem im Untersuchungsverfahren die Codenummer XXX zugeordnet
worden war, war in der Niederlassung A ab 2005 an der Abwicklung von
USDollarZahlungen für die staatliche Reederei des Iran, die Islamic Republic
of Iran Shipping Lines (IRISL), beteiligt. Zahlungen für die IRISL erfolgten im
Rahmen so bezeichneter "Safe Payment Accounts" auf Konten von Tochterun
ternehmen mit einem Sitz außerhalb des Iran, wobei zum Ende jedes Ge
schäftstages ein Cashpooling auf ein Konto der IRISL erfolgte, d.h. ein Saldo
auf diese übertragen wurde.
Der Vorstand der Beklagten entschied im Dezember 2006, ab Ende Januar
2007 keine Geschäfte mit iranischen Banken in USDollar mehr auszuführen.
Im August 2007 wurde der Beschluss gefasst, keine Neugeschäfte mehr mit
iranischen Banken und Unternehmen in allen Währungen anzunehmen. In der
A Niederlassung der Beklagten wurde 2007 bei den Länderkennun
gen (Country Code) von Tochterfirmen des IRISL die Kennung für den Iran ent
fernt, außerdem wurden weitere Unterkonten als Bestandteil der "Safe Payment
Accounts" eingerichtet.
Die Parteien haben anlässlich der Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht
Frankfurt am Main am 20. Oktober 2015 unstreitig gestellt, dass die von dem
Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeiten zumindest zu 75% gegen die Vorgaben
durch Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung verstoßen (Aufgaben und Tä
tigkeiten bzw. Verantwortungsbereiche, die mit Compliance, USDollar
Zahlungen oder Belangen verbunden sind, die sich auf USGeschäfte bezie
hen).
Mit Schreiben vom 13. März 2015, welches am selben Tag bei dem A
Betriebsrat der Beklagten einging, hörte die Beklagte diesen zu einer ordentli
chen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu dem Kläger an. Die Kündigung
solle zum 31. Oktober 2015 erklärt werden, sie erfolge "in Umsetzung einer
Anweisung des (K) NYDFS (K), der sich die Bank (K) unter dem 11./12. März
2015 in einer schriftlichen Urkunde (K) unterworfen" habe. Wegen des voll
ständigen Inhalts der Betriebsratsanhörung wird auf die Anlage B1 zum Schrift
satz der Beklagten vom 21. Mai 2015 Bezug genommen (Anlagenband). Der
Betriebsrat A widersprach der Kündigungsabsicht mit Schreiben vom
20. März 2015. Dieses Schreiben ist der Beklagten am 20. März 2015 zuge
gangen, wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist. Der Betriebsrat
machte geltend, dass die Vorgehensweise des Klägers nach deutschem Recht
und nach den Richtlinien der Bank fehlerfrei gewesen sein. Er habe nicht ei
genmächtig gehandelt. Der Betriebsrat teilte folgenden Beschluss mit (für den
vollständigen Inhalt s. Anlage zur Klageschrift, Bl. 2830 d.A.):
Der Stellungnahme des Betriebsrats war die Erklärung des Klägers beigefügt,
dass er damit einverstanden sei, unter geänderten Vertragsbedingungen wei
terbeschäftigt zu werden.
Die Beklagte kündigte das zu dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit
Schreiben vom 23. März 2015, welches dem Kläger an demselben Tag zuging,
gleichzeitig stellte sie ihn bis zum 31. Oktober 2015 unter Fortzahlung seiner
Bezüge unwiderruflich frei (Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 27 d.A.).
Der Kläger erhob eingehend am 10. April 2015 Kündigungsschutzklage bei dem
Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Diese ist der Beklagten am 29. April 2015
zugestellt worden (Zustellungsurkunde Bl. 35 d.A.).
Der Kläger hat geltend gemacht, dass sämtliche Geschäfte mit Unternehmen
der IRISLGruppe, an denen er mitwirkte, unter die bis Ende November 2008
geltende "UTurn exemption" fielen. Seiner Kündigungsschutzklage müsse
schon nach dem Vortrag der Beklagten stattgegeben werden, da diese ihm kei
ne konkreten Pflichtverstöße vorwerfe und keine Anweisung benenne, gegen
die er verstoßen habe.
Die ihm erklärte Kündigung sei auch als so genannte echte Druckkündigung
nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie sich schüt
zend vor ihn gestellt und alles Zumutbare versucht habe, das NYDFS davon
abzubringen, dass sein Arbeitsverhältnis beendet werden müsse. Außerdem sei
die Kündigung nicht das einzig in Betracht kommende Mittel der Beklagten um
einen Schaden abzuwenden. In Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung sei
schließlich vorgesehen, dass die Beklagte ihn mit anderen Tätigkeiten zu be
schäftigen habe, falls eine Kündigung für unwirksam erklärt werde.
Der Kläger hat weiter die Auffassung vertreten, die Anhörung des A
Betriebsrats genüge nicht den Anforderungen gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 Be
trVG, da die Beklagte auch gegenüber dem Betriebsrat nicht angegeben habe,
welche Maßnahmen sie ergriff, um die New Yorker Finanzaufsichtsbehörde von
dem Kündigungsverlangen abzubringen.
Der Kläger hat erklärt, dass er mit dem Klageantrag zu 3) einen Antrag auf Wei
terbeschäftigung geltend mache, welcher einem Arbeitnehmer nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Fall des Obsiegens mit der
Kündigungsschutzklage zustehe. In diesem Zusammenhang hat er die Ansicht
vertreten, dass seine vorläufige Weiterbeschäftigung nicht gegen Ziff. 57 Satz 2
der Consent Order verstoßen würde. Denn die Verpflichtung zur vorläufigen
Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers setze notwendig voraus, dass noch
keine rechtskräftige Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung vorlie
ge. Darüber hinaus hat der Kläger seine Arbeitskraft zu unveränderten Arbeits
bedingungen über den 31. Oktober 2015 hinaus angeboten.
Seinen allgemeinen Feststellungsantrag hat der Kläger als vorsorglichen Antrag
für den Fall weiterer Kündigungen begründet. Dem Auflösungsantrag der Be
klagten hat er widersprochen.
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Der Kläger hat beantragt,
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei als Druckkündi
gung gerechtfertigt. Sie hat dazu behauptet, sie habe befürchten müssen, dass
die New Yorker Finanzaufsichtsbehörde ihr die Banklizenz für die New Yorker
Niederlassung entzogen oder beschränkt hätte, wenn sie der Vergleichsver
pflichtung nicht zugestimmt hätte. Diese Reaktion sei nicht nur möglich, son
dern wahrscheinlich gewesen. Ein Lizenzentzug hätte dazu geführt, dass ihre
eigene Dollarbeschaffung stark erschwert worden wäre und ein eigenes Dollar
Clearing nicht mehr möglich gewesen wäre für Kunden, welche Geschäfte auf
Dollarbasis außerhalb der USA mit Geschäftspartnern durchführten. Die Be
klagte hat weiter behauptet, dass sie die Forderung des NYDFS nach der Be
endigung von Arbeitsverhältnissen nicht unterstützt habe. Sie habe vielmehr auf
die Kündigungsbeschränkungen im deutschen Arbeitsrecht hingewiesen. Au
ßerdem habe sie der Finanzaufsichtsbehörde die rückläufige Bonusentwicklung
des Klägers zur Kenntnis gebracht. Die Abschreckungspolitik des NYDFS unter
ihrem (damaligen) Vorsitzenden Lawsky habe darauf gezielt, dass die Unter
nehmen nicht nur hohe Strafzahlungen leisten mussten. Es sei die Strategie
verfolgt worden, solche Mitarbeiter, die an gerügten Vorgängen beteiligt waren,
unbedingt persönlich zur Rechenschaft zu ziehen ("Punishing Individuals Key to
Deterrence", sinngemäß: "Wirksame Abschreckung durch persönliche Bestra
fung"; s. Artikel Bloomberg Business vom 22. September 2014, Ausdruck als
Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2015, Anlagenband).
Hilfsweise hat die Beklagte geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis zum
31. Oktober 2015 aufzulösen sei. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere
Zusammenarbeit mit dem Kläger, der bei gerügten Vorgängen involviert war,
sei nicht mehr zu erwarten. Denn sie müsse befürchten, dass sie von der New
Yorker Finanzaufsichtsbehörde sanktioniert werde, wenn der Kläger seine Tä
tigkeit fortsetze.
Die Beklagte hat schließlich vorsorglich die Ansicht vertreten, dass ihre Interes
sen, den Kläger vorläufig nicht zu beschäftigen, gegenüber dem Interesse des
Klägers an seiner Beschäftigung vorrangig sei. Hierfür hat sie sich auf Ziff. 57
Satz 2 der Vergleichsverpflichtung berufen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt hat durch Urteil vom 10. November 2015 der Kün
digungsschutzklage stattgegeben und die weiteren Anträge, einschließlich des
Auflösungsantrags, abgewiesen.
Die Kündigung sei eine so genannte "echte Druckkündigung". Diese sei jedoch
nicht gerechtfertigt, die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie sich in erfor
derlichem Maße vor den Kläger gestellt und versucht habe, die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses abzuwenden. Dem Vorbringen der Beklagten lasse sich
nicht entnehmen, wann und gegebenenfalls wie oft welche konkreten Erklärun
gen gegenüber dem NYDFS abgegeben wurden. Der Auflösungsantrag der
Beklagten sei nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis habe nur aufgrund des
Verlangens der Finanzaufsichtsbehörde beendet werden sollen und könne fort
gesetzt werden, da der Kläger seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt habe,
auch eine andere als die bisherige Tätigkeit auszuüben.
Der allgemeine Feststellungsantrag (Klageantrag zu 2) sei unzulässig, es fehle
das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antrag
des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung sei nicht begründet. Trotz des
Erfolgs der Kündigungsschutzklage überwögen ausnahmsweise die Interessen
der Beklagten, den Kläger vorläufig nicht mit seinen bisherigen Aufgaben zu
beschäftigen. Nach den Erklärungen der Parteien würde damit gegen Ziff. 57
Satz 2 der Vergleichsverpflichtung verstoßen. Dies sei der Beklagten nicht zu
zumuten. Die Voraussetzungen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs gem.
§ 102 Abs. 5 BetrVG seien nicht erfüllt.
Zur vollständigen Wiedergabe der Begründung des Arbeitsgerichts sowie des
weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf das angegrif
fene Urteil verwiesen (Bl. 131138 d.A.).
Die Beklagte hat gegen das ihr am 25. November 2015 zugestellte Urteil mit am
21. Dezember 2015 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die eingelegte Begründung mit Schrift
satz, welcher am 25. Februar 2016 einging, begründet, nachdem sie zuvor
rechtzeitig die Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung beantragt hat
te.
Die Berufungsbegründung ist dem Kläger am 01. März 2016 zugestellt worden.
Dieser hat nach antragsgemäßer Verlängerung der Frist zur Berufungsbeant
wortung bis zum 02. Mai 2016 am 02. Mai 2016 bei dem Hessischen Landesar
beitsgericht Anschlussberufung eingelegt und begründet.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Stattgabe der Kündi
gungsschutzklage und wiederholt und ergänzt dazu ihren Vortrag aus dem ers
ten Rechtszug. Sie rügt, dass das Arbeitsgericht die Kündigung nicht als so ge
nannte "unechte Druckkündigung" geprüft habe. Die Kündigung sei als verhal
tensbedingte Kündigung objektiv gerechtfertigt. Sie macht dazu geltend, der
Kläger sei maßgeblich an der Entwicklung der "Safe Payment Accounts" betei
ligt gewesen. Er habe durch die Verschleierung von Transaktionen verhindert,
dass diese effektiv nach den OFACRegularien überprüft werden konnten. Aus
dem EMailVerkehr folge, dass dem Kläger bewusst gewesen sei, dass Hin
weise auf eine iranische Beteiligung verborgen wurden. Außerdem sei der Klä
ger verpflichtet gewesen dagegen vorzugehen, dass ein Kollege nach dem Vor
standsbeschluss vom Dezember 2006 bei Konten den internen Länderschlüssel
für den Iran entfernte.
Weiter ist die Beklagte der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zumindest die Be
sonderheiten der Untersuchung durch die Finanzaufsicht des Staates New Yor
ker verkannt und daher Voraussetzungen für eine "echte Druckkündigung" feh
lerhaft geprüft habe. Sie behauptet, zwischen der Beklagten und dem NYDFS
habe ein evidentes Über/Unterordnungsverhältnis bestanden. Von einer Unter
suchung durch die Finanzaufsichtsbehörde betroffene Unternehmen könnten
sich gegen deren Forderungen nicht zur Wehr setzen ohne den Entzug der
notwendigen USLizenz zu riskieren. Bereits aus Sicht des NYDFS unkoopera
tives Verhalten werde sanktioniert. Eine solche Situation könne nicht mit der
Situation eines Arbeitgebers verglichen werden, welcher nur den Verlust eines
Vertragspartners riskiere, wenn er sich schützend vor seinen Arbeitnehmer stel
le. Daher dürften nachhaltige und wiederholte Gegenvorstellungen nicht ver
langt werden. Es müsse genügen, dass sie auf die Besonderheiten des deut
schen Arbeitsrecht hingewiesen habe und dies in Ziff. 57 der Vergleichsver
pflichtung berücksichtigt wurde.
In Bezug auf den mit der Anschlussberufung verfolgten Weiterbeschäftigungs
antrag des Klägers ist die Beklagte der Ansicht, dass sie nicht zu dessen Be
schäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz verpflichtet werden dürfe, da sie
damit gegen Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung verstoßen würde. Zur
Vermeidung erheblicher wirtschaftlicher Folgen sei ihr dies nicht zumutbar. Au
ßerdem verbiete Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung auch eine nur vor
läufige Beschäftigung.
Schließlich meint die Beklagte, dass der Kläger seine Weiterbeschäftigung nicht
zusätzlich auf § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG stützen könne. Der Kläger habe sei
ne Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nicht verlangt, zudem
habe der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß iSd. § 102 Abs. 3 BetrVG wider
sprochen.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur Unwirksamkeit
der Kündigung vom 23. März 2015 unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im
ersten Rechtszug. Er behauptet ergänzend, dass die Abteilung CMIB, der er
zugeordnet war, zum Vertrieb gehöre. Der Vertrieb habe keine besondere
ComplianceSchulung erhalten habe. Ihm sei auf seine Nachfrage bestätigt
worden, dass der Zahlungsverkehr für die IRISL nicht gegen das IranEmbargo
verstoße. Die "Safe Payment Accounts" seien mit Wissen der Vorgesetzten ab
sichtlich für sanktionsunkritische Transaktionen eingerichtet worden, damit die
se ohne Verzögerungen und ohne zusätzliche Kosten ausgeführt werden konn
ten. Mögliche Hinweise im Mailverkehr zu den Transaktionen auf eine Beteili
gung der IRISL seien von seinem Vorgesetzten C entfernt worden. Au
ßerdem macht der Kläger geltend, dass der von ihm betreute Zahlungsverkehr
keine "Neugeschäfte" iSd. Vorstandsbeschlusses vom August 2007 betraf. Die
Länderschlüssel hätten bei der Prüfung der Einhaltung der OFACRegularien
keine Rolle gespielt. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass ein Kollege die
Verschlüsslungen abänderte.
Mit der Anschlussberufung macht der Kläger in erster Linie geltend, dass sein
Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung nicht so zu verstehen sei, dass er mit
seiner alten Tätigkeit beschäftigt werden wolle. Die gewählte Formulierung
schließe die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte ein. Diese habe
nicht vorgetragen, dass sie ihm im Rahmen des Arbeitsvertrages vom 22. No
vember 2000 keine Tätigkeiten zuweisen könne, welche die Bedingungen von
Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung erfüllten. Hilfsweise wiederholt der
Kläger seine Auffassung, dass Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung keine
vorläufige Weiterbeschäftigung im Sinne der Rechtsprechung verbiete.
Schließlich stützt der Kläger sein Weiterbeschäftigungsverlangen ergänzend
auf § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Er ist der Ansicht, er habe sich gegenüber der
Beklagten rechtzeitig auch auf den so genannten betriebsverfassungsrechtli
chen Weiterbeschäftigungsanspruch berufen. Hierzu führt er an, dass er in der
Klageschrift seine Arbeitskraft anbot.
Zur weiteren Darstellung des Sach und Streitstandes wird auf den Inhalt der
von den Parteien in der Verhandlung vorgetragenen Schriftsätze sowie die Sit
zungsniederschrift vom 13. Juli 2016 Bezug genommen (Bl. 308 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am
Main vom 10. November 2015 ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c ArbGG
statthaft. Die Beklagte hat sie auch form und fristgerecht eingelegt und be
gründet, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO. Die Anschlussberufung des Klä
gers ist statthaft sowie rechtzeitig form und fristgerecht gem. § 524 Abs. 1 und
Abs. 3 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG eingelegt worden. Die Verlänge
rung der Frist zur Berufungsbeantwortung wirkt auch für die Einlegung und Be
gründung einer Anschlussberufung (vgl. BAG Urteil vom 24. April 2014 _ 8 AZR
429/12 _ NZA 2015, 185,
[BAG 24.04.2014 - 8 AZR 429/12]
Rz. 37).
Weder die Berufung noch die Anschlussberufung sind jedoch erfolgreich. Das
Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ist nicht abzuändern.
I.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger vom 23. März 2015 ist
nicht sozial gerechtfertigt gem. § 1 KSchG. Das Arbeitsverhältnis ist nicht zum
Ablauf des 31. Oktober 2015 beendet worden. Die Auflösung des Arbeitsver
hältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist nicht zu prüfen, da die Beklagte
gegen die Abweisung des Auflösungsantrags keine Berufung eingelegt hat.
1.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass die Kündigung nicht nur wegen der
wahrscheinlichen Sanktionen durch das NYDFS gerechtfertigt war, sondern
auch wegen erheblicher Pflichtverstöße des Klägers ohne vorherige Abmah
nung erklärt werden durfte.
Das Arbeitsgericht hat die Wirksamkeit der rechtzeitig nach § 4 KSchG ange
griffenen Kündigung nicht als so genannte "unechte Druckkündigung" geprüft.
Das Verlangen eines Dritten gegenüber dem Arbeitgeber, er solle einen be
stimmten Arbeitnehmer entlassen, kann jedoch (bereits) durch das Verhalten
des Arbeitnehmers objektiv gerechtfertigt sein. Die Kündigung wird dann in ers
ter Linie nicht wegen Nachteilen erklärt, welche der Dritte androht, sondern weil
tatsächlich ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt (vgl. BAG Urteil
vom 18. Juli 2013 _ 6 AZR 420/12 _ NZA 2014, 109,
[BAG 18.07.2013 - 6 AZR 420/12]
Rz. 38).
Die Beklagte hat in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht nicht geltend ge
macht, dass die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung (§ 1
Abs. 2 KSchG) des Klägers erfüllt waren. Diese liegen auch nach ihrem Vortrag
im Berufungsrechtszug nicht vor. Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche kon
kreten Pflichtverstöße der Kläger begangen hat, als er mit anderen Beschäftig
ten der Beklagten das System der "Safe Payment Accounts" entwickelte und
fortführte.
a)
Es steht in diesem Kündigungsrechtsstreit nicht fest, ob mit Transaktionen für
die IRISL gegen USamerikanische Embargobestimmungen verstoßen wurde.
Die Beklagte hat dies offen gelassen. Der Vergleichsverpflichtung ("Consent
Order" nach §§ 39, 44 New York Banking Law) ist zu entnehmen, dass die New
Yorker Finanzaufsichtsbehörde davon ausgeht, dass USDollarClearing
Transaktionen in Bezug auf iranische Unternehmen Embargovorschriften ver
letzten und dass außerdem bei Transaktionen intransparente Methoden genutzt
wurden, welche eine effektive Überprüfung verhinderten (vgl. Präambel der
Vergleichsverpflichtung, Anlage B2 zum Schriftsatz der Beklagten vom einen
21. Mai 2015, Anlagenband). In der Betriebsratsanhörung vom 13. März 2015
hat die Beklagte angegeben, dass teilweise Umstände festgestellt worden sei
en, die von dem NYDFS und weiteren Behörden "als Verstoß gegen USRecht
gewertet" wurden. "Kernvorwurf des NYDFS" sei weiter, dass die zur Aufde
ckung unzulässiger Transaktionen eingerichteten Kontrollen zunichte gemacht
worden seien. Außerdem sei die Geschäftsbeziehung mit der IRISL ("der IRISL
Komplex) als "besonders gravierend gewertet" worden (vgl. Anlage B1 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2015, Anlagenband).
Danach kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, er habe willentlich gegen
USamerikanisches Recht verstoßen, welches von seiner Arbeitgeberin wegen
der Abwicklung von Transaktionen in USDollar und den Kontrollobliegenheiten
der New Yorker Niederlassung zu beachten war. Der Vortrag des Klägers, er
habe sich bei seinem Vorgesetzten versichert, dass sämtliche Transaktionen
unter die "UTurn exemption" fielen, ist darüber hinaus unbestritten geblieben.
b)
Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe gewusst, dass das "Safe Payment
Account"System mit den Unterkonten von Tochterunternehmen der IRISL an
gesichts kritischer Rückfragen der New Yorker Niederlassung der Verschleie
rung von Transaktionen diente, kann nicht als erhebliche Verletzung arbeitsver
traglicher Pflichten gewertet werden. Denn die Beklagte hat nicht dargelegt,
welche Vorgaben der Kläger erhielt und welche Richtlinien für ihn galten. Sie
hat den Vortrag des Klägers, der Hinweis auf die gesellschaftsrechtliche Ver
bindung der D Shipping zu der IRISL sei von seinem Vorgesetzen C
aus der EMail zur Beantwortung einer Anfrage gestrichen worden, nur unzu
lässig mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten. Die Kammer geht zwar
davon aus, dass auch dem Kläger klar gewesen sein muss, dass Anfragen zu
Geschäften mit iranischen Vertragspartnern nur unzureichend beantwortet und
vor allen Dingen die Beteiligung der IRISL an Transaktionen nicht transparent
war. Sie kann jedoch nicht feststellen, ob dies der Politik der A Nie
derlassung entsprach, weil man Zahlungen, die man für Embargokonform hielt,
ohne zeitliche Verzögerungen kostengünstig durchführen wollte oder ob der
Kläger, gegebenenfalls mit Kollegen, eigenmächtig handelte, um in seinem Zu
ständigkeitsbereich dem Umfang nach erhebliche Zahlungsgeschäfte durchfüh
ren zu können. Die Beklagte hat dazu auch nicht in der Anhörung des Betriebs
rats vom 13. März 2015 Position bezogen. Die Notwendigkeit zur Kündigung
wurde mit dem Verlangen der NYDFS begründet, welche Vorgänge rügte, an
denen der Kläger teilweise beteiligt war. In der Anhörung sind jedoch keine
konkreten Verstöße des Klägers angeführt, seine Beteiligung wurde geschildert,
ohne dass sie von der Beklagten als pflichtwidrig bewertet wurde (vgl. Anlage
B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2015, Anlagenband).
c)
Unklarheiten bestehen auch in Bezug auf den Vorwurf, der Kläger habe gegen
den Vorstandsbeschluss vom August 2007 verstoßen, kein Neugeschäft mit
iranischen Banken und Unternehmen mehr anzunehmen. Der Kläger hat gel
tend gemacht, dass er keine neuen Geschäfte annahm, sondern nur bestehen
de Vertragsbeziehungen fortführte. Es ist offen, für welche Geschäfte der Klä
ger weitere Unterkonten anlegte und ob diese "neu" iSd. Vorstandsbeschlusses
waren.
Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Beklagten, die die Voraussetzungen für
eine verhaltensbedingte Kündigung darlegen muss.
d)
Soweit die Beklagte rügt, dass der Kläger nichts gegen die "Umschlüsselung"
von Konten mit Bezug zum Iran unternahm, kann ebenfalls keine arbeitsvertrag
liche Pflichtverletzung festgestellt werden. Der Kläger war nicht der Vorgesetzte
des Kollegen, welcher die Länderschlüssel änderte. Weiter hat der Kläger be
stritten, dass die Länderkennziffern bei der Prüfung gemäß der OFAC
Regularien eine Rolle spielten. Auch darauf ist die Beklagte nicht eingegangen.
2.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat im Ergebnis zutreffend entschieden,
dass die Kündigung auch nicht als so genannte "echte Druckkündigung" ge
rechtfertigt war. Ebenso scheidet eine Wirksamkeit der Kündigung aus anderen
Gründen aus.
a)
Bei einer "echten Druckkündigung" ist nach der bereits vom Arbeitsgericht zitier
ten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Beendigung eines Arbeits
verhältnisses aus betriebsbedingten Gründen möglich, wenn Dritte unter An
drohung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines
bestimmten Arbeitnehmers verlangen, auch wenn dies durch das Verhalten des
Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv nicht gerechtfer
tigt ist, und die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist,
um die drohenden Schäden abzuwenden. Der Arbeitgeber hat sich in diesem
Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn
die Drohung auf diese Weise nicht abgewendet werden kann und bei Verwirkli
chung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden drohen, kann die Kündi
gung sozial gerechtfertigt sein (BAG Urteil vom 18. Juli 2013 _ 6 AZR 420/12 _
NZA 2014, 109,
[BAG 18.07.2013 - 6 AZR 420/12]
Rz. 39 ff.; BAG Urteil vom 26. Juli 1997 _ 2 AZR 502/96 _ veröf_
fentlicht in juris, Rz. 22).
b)
Die Kammer geht davon aus, dass die angeführten Voraussetzungen für eine
solche Druckkündigung nicht zu übertragen sind, wenn eine Aufsichtsmaßnah
me eine Bestrafung des Arbeitnehmers bezweckt, die der Arbeitgeber umset
zen soll.
Den bisher von der Rechtsprechung anerkannten oder verworfenen Fällen einer
"echten Druckkündigung" ist gemeinsam, dass ein Dritter bzw. Dritte, seien es
Vertragspartner oder die Arbeitskollegen, die Zusammenarbeit mit einem be
stimmten Arbeitnehmer verweigern und deshalb dem Arbeitgeber mit Abbruch
der Geschäftsbeziehungen oder Kündigung drohen (vgl. ergänzend: BAG Urteil
vom 31. Januar 1996 _ 2 AZR 158/95 _ NZA 1996, 581
[BAG 31.01.1996 - 2 AZR 158/95]
; BAG Urteil vom 04. Ok_
tober 1990 _ 2 AZR 201/90 - NZA 1991, 468
[BAG 04.10.1990 - 2 AZR 201/90]
; BAG Urteil vom 19. Juni 1986 _ 2
AZR 563/85 _ NZA 1987, 21). Dies rechtfertigt es, den Druck wegen der Forde
rung einer Entlassung als betriebliches Erfordernis zu verstehen, welches der
Fortdauer des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen kann (BAG Urteil vom 18.
Juli 2013 _ 6 AZR 420/12 _ NZA 2014, 109,
[BAG 18.07.2013 - 6 AZR 420/12]
Rz. 44 ff.). Der Arbeitgeber hat ab
zuwägen, ob er dem Druck nachgibt oder nicht, und er ist verpflichtet, sich
schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen, wobei auch zu berück
sichtigen ist, ob er die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt
hat (BAG Urteil vom 18. Juli 2013 _ 6 AZR 420/12 _ NZA 2014, 109,
[BAG 18.07.2013 - 6 AZR 420/12]
Rz. 39;
BAG Urteil vom 04. Oktober 1990 _ 2 AZR 201/90 - NZA 1991, 468,
[BAG 04.10.1990 - 2 AZR 201/90]
Rz. 43).
Die aus Sicht der Beklagten bestehende Notwendigkeit, das Arbeitsverhältnis
zu dem Kläger zu beenden, beruht dagegen auf einer Verpflichtung, welche sie
gegenüber einer Aufsichtsbehörde eingegangen ist. Es soll keine Zusammen
arbeit zwischen dem NYDFS als "Drittem" und dem Kläger für die Zukunft ver
hindert werden.
Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen diente der Zielvorstellung des
NYDFS, durch Abschreckung ihre Aufsicht über Banken zu effektuieren. Das
NYDFS handelt nach dem Recht des Staates New York, sie hat keine Möglich
keit gegenüber dem in Deutschland arbeitenden Kläger, dessen Arbeitsverhält
nis deutschem Recht untersteht, eine Sanktion durchzusetzen. Diese Maßnah
me war nur über die Verpflichtung der Beklagten als Arbeitgeberin umzusetzen.
Der Auffassung der Beklagten, dass von ihr nicht verlangt werden könne, mit
der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde über den Fortbestand des Arbeitsver
hältnisses zu dem Kläger zu verhandeln, da die Gefahr bestehe, dass dies als
unkooperatives Verhalten sanktioniert werde, dürfte zuzustimmen sein. Maß
geblich ist jedoch, dass eine Aufsichtsmaßnahme durchgesetzt werden sollte,
wobei die Beklagte über ihre New Yorker Niederlassung Adressatin der Aufsicht
ist, nicht der Kläger. Die Beklagte ist - neben anderen sie selbst treffenden
Maßnahmen - die in Ziff. 57 der Consent Order geregelte Verpflichtung einge
gangen, weil sie die Lizenz für ein Bankinstitut im Staat New York für ihre Ge
schäfte benötigt und sich deshalb dem Recht des Staates New York unterwirft.
c)
Die sich damit anschließende Frage, ob das Verlangen einer Aufsichtsbehörde,
das Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitnehmer zu Sanktionszwecken zu
beenden, eine anzuerkennende neue Form der Druckkündigung bildet und un
ter welchen Voraussetzungen eine solche Kündigung gerechtfertigt sein kann,
darf offen bleiben.
aa)
Zum einen dürfte davon auszugehen sein, dass in denjenigen Fällen, in denen
eine Aufsichtsbehörde die Qualifikation oder Zuverlässigkeit eines Arbeitneh
mers anzweifelt und das Recht besitzt, diesen zu überprüfen, eine personenbe
dingte Kündigung möglich ist (vgl. BAG Urteil vom 26. November 2009 _ 2 AZR
272/08 _ NZA 2010, 628
[BAG 26.11.2009 - 2 AZR 272/08]
).
Zu anderen ist zu berücksichtigen, dass in Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsver
pflichtung aufgenommen wurde, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
durch die Beklagte von einem deutschen Gericht oder einer deutschen Behörde
überprüft werden kann. Die Sanktionsdurchsetzung steht also unter dem Vor
behalt, dass die von dem NYDFS verlangte Maßnahme einer Überprüfung in
nerhalb der Rechtsordnung standhält, der das zu beendende Arbeitsverhältnis
untersteht. Die Beklagte ist danach nicht verpflichtet, eine Kündigung "gegen"
das geltende Kündigungsschutzrecht durchzuführen, sondern kann sich darauf
beschränken, die verlangte Sanktion im Rahmen der maßgeblichen Rechtsord
nung durchzusetzen. Ist dies nicht möglich, hat sie die in Satz 2 vorgesehenen
Beschränkungen bei einer Beschäftigung des Klägers zu berücksichtigen.
bb)
Die dem Kläger am 23. März 2015 erklärte Kündigung ist nicht als betriebsbe
dingte Druckkündigung oder als verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt,
wie oben ausgeführt. Auch eine personenbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2
KSchG scheidet aus. Der Kläger ist nicht leistungsunfähig, er wird z.B. nicht als
Sicherheitsrisiko angesehen, hat keine Lizenz oder Berechtigung verloren und
ist nicht krank. An dem Kläger soll zur Abschreckung eine Sanktion vollzogen
werden. Dies ist kein in seiner Person liegender Grund. Die Kündigung ist daher
sozial ungerechtfertigt.
II.
Die Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht ver
pflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungs
rechtsstreits vorläufig als Senior Spezialist und Direktor im Bereich Cash Ma
nagement & International Business (CMIB) weiterzubeschäftigen.
1.
Der Kläger stützt seinen Anspruch in erster Linie auf den durch die Rechtspre
chung entwickelten allgemeinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach einem
der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteil erster Instanz. Danach kann
ein gekündigter Arbeitnehmer seine arbeitsvertragsgemäßen Beschäftigung
nach Ablauf der Kündigungsfrist verlangen, wenn die Kündigung unwirksam ist
und nicht überwiegende schützenswerte Interessen des Arbeitgebers seiner
Tätigkeit entgegenstehen (BAG GS Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 - AP
Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigung). Die Voraussetzungen des allgemeinen
Weiterbeschäftigungsanspruchs sind allerdings nicht erfüllt.
a)
Der Kläger hat im Berufungsverfahren klargestellt, dass er seine vertragsgemä
ße Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz fordert, als dem Arbeitsplatz,
den er bisher innehatte. Die Beklagte sei in der Lage, ihm ohne Änderung des
Arbeitsvertrages eine Tätigkeit zuzuweisen, welche die Beschränkungen nach
Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung berücksichtige. Seine vorläufige Be
schäftigung mit den zuletzt von ihm ausgeübten Tätigkeiten hat er ausdrücklich
nur hilfsweise gefordert.
Eine Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Beschäftigung des Klägers mit
einer vertragsgemäßen Tätigkeit, die aber von der zuletzt wahrgenommen Auf
gabe zwingend abweichen muss, ist nicht möglich. Durch den allgemeinen Wei
terbeschäftigungsanspruch kann keine vorläufige Beschäftigung mit Aufgaben
erreicht werden, welche der Arbeitgeber erst in Ausübung seines Direktions
rechts zuweisen müsste. Hat der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht zur
Zuweisung einer neuen Tätigkeit noch nicht Gebrauch gemacht, beschränkt
sich die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auf die bisher zugewiesenen Arbeits
aufgaben (vgl. BAG Urteil vom 25. August 2010 _ 10 AZR 275/09 _ NZA 2010,
1355, Rz. 15 f.; Hess. LAG Urteil vom 14. Juni 2014 _ 8 Sa 1216/13 _ veröffent_
licht in juris, Rz. 51, eine Entscheidung im Revisionsverfahren _ 10 AZR 711/14
_ ist nicht ergangen). Dies begrenzt auch seinen vorläufigen Beschäftigungsan
spruch. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass ein zur vorläufigen Weiterbeschäf
tigung verurteilter Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht dadurch erfüllt, dass
er dem Arbeitnehmer zulässig eine andere vertragsgemäße Tätigkeit zuweist
(vgl. BAG Beschluss vom 15. April 2009 _ 3 AZB 93/08 _ NZA 2009, 917,
[BAG 15.04.2009 - 3 AZB 93/08]
Rz. 19
ff.).
Die Ausübung des Direktionsrechts kann jedoch nicht über den allgemeinen
Weiterbeschäftigungsanspruch erzwungen werden. Dies verlangt der Kläger
aber durch sein Hauptvorbringen, mit welchem er ausdrücklich nicht die Zuwei
sung der Tätigkeit begehrt, die mit der bis zum Ausspruch der Kündigung aus
geübten Tätigkeit identisch wäre. Auf den Vorschlag der Beklagten zur Übertra
gung einer Tätigkeit als CB Spezialist BereichsvorstandOffice (Anlage zum
Schriftsatz des Klägers vom 07. Juli 2016, Bl. 298 f. d.A.) hat der Kläger bisher
nicht reagiert. Die Zuweisung dieser Tätigkeit würde außerdem eine Änderung
des Arbeitsvertrages erfordern und wäre nicht mehr vom Direktionsrecht der
Beklagten gedeckt.
Dem Klageantrag dürfte schließlich auch deshalb nicht stattgegeben werden,
weil ungeklärt ist, ob der Kläger überhaupt vertragsgemäß beschäftigt werden
kann, wenn die Vorgaben durch Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverpflichtung be
rücksichtigt werden. Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger ohne Ände
rung des Arbeitsvertrags so eingesetzt werden könne, dass seine Aufgaben
und sein Verantwortungsbereich keinen Bezug zu Compliance, USDollar
Zahlungen oder USGeschäften hätten.
b)
Die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers
in dem Aufgabenbereich, in welchem der bis zu seiner Kündigung und Freistel
lung am 23. März 2015 arbeitete (Hilfsvorbringen des Klägers) ist ebenfalls
ausgeschlossen.
Das Interesse der Beklagten, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Kündigungsrechtsstreits nicht mit seinen bisherigen Tätigkeiten als Senior Spe
zialist und Direktor im Bereich Cash Management & International Business
(CMIB) zu beschäftigen, überwiegt das Interesse des Klägers, tatsächlich be
schäftigt zu werden.
Durch einen Einsatz des Klägers in seinem bisherigen Aufgabengebiet würde
gegen Ziff. 57 Satz 2 der Vergleichsverfügung verstoßen. Der erstinstanzlich
geäußerten Auffassung des Klägers, das Verbot betreffe keine vorläufige Be
schäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Kündigungsrechtsstreits,
ist nicht zu folgen. Die Regelung unterscheidet nicht zwischen einer nur vo
rübergehenden oder einer auf Dauer angelegten Tätigkeit des Klägers. Sie
*)
*) als Senior Spezialist und Direktor im
Bereich CMIB
berichtigt gem. Beschl. v. 13.09.2016
setzt eine nur gerichtliche Entscheidung voraus, denn sie knüpft mit dem be
schränkten Beschäftigungsverbot an eine solche an. Für die Beklagte besteht
daher das Risiko, dass eine Beschäftigung des Klägers auf seinem alten Ar
beitsplatz als Verstoß gegen Ziff. 57 der Vergleichsverpflichtung bewertet wird.
Die Folgen können von der Kammer nicht eingeschätzt werden. Der Kläger hat
dagegen schon kurz nach Ausspruch der Kündigung erklärt, er sei mit einer
Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen einver
standen. Verhandlungen darüber sind ihm durch das Schreiben vom 15. Febru
ar 2016 mittlerweile auch angeboten worden (Anlage zum Schriftsatz des Klä
gers vom 07. Juli 2016, Bl. 298 f. d.A.). Der Kläger hat aber bisher nicht auf die
sen Vorschlag reagiert. Bei wertender Betrachtungsweise überwiegt daher das
Interesse der Beklagten, den Kläger nicht zu beschäftigen, ausnahmsweise ge
genüber dem Beschäftigungsinteresse des Klägers.
2.
Es besteht auch kein Anspruch des Klägers gem. § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG,
durch welchen er seine Beschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung die
ses Kündigungsrechtsstreits erreichen könnte.
Die Voraussetzungen für den so genannten betriebsverfassungsrechtlichen
Weiterbeschäftigungsanspruch sind nicht erfüllt, weil der Kläger nicht rechtzeitig
gegenüber der Beklagte erklärt hat, dass er seine auf § 102 Abs. 5 Satz 1 Be
trVG gestützte Weiterbeschäftigung verlange.
Es ist streitig, ob ein Arbeitnehmer noch innerhalb der Kündigungsfrist oder zu
mindest mit Klageerhebung ausdrücklich seine Weiterbeschäftigung verlangen
muss (
BAG Urteil vom 11. Mai 2000 — 2 AZR 54/99 _ NZA 2000, 1055, Rz. 23;
BAG Urteil vom 17. Juni 1999 _ 2 AZR 608/98 _ NZA 1999, 1154,
[BAG 17.06.1999 - 2 AZR 608/98]
Rz. 22 f.; Fit_
ting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 28 Aufl., § 102 Rz. 106;
ErfK_Kania, 16. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 34). Für den Kläger ist festzustellen,
dass er eine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG weder bei
Klageerhebung noch zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Oktober 2015 ver
langt hat. In der Klageschrift mit Datum vom 09. April 2015 hat sich der Kläger
nur auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch berufen. Durch das
ebenfalls in der Klageschrift gemachte Angebot, seine Arbeitskraft zu unverän
derten Bedingungen auch über den 31. Oktober 2015 hinaus zu erbringen, hat
der Kläger nur einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn (§ 615 S. 1 BGB) ge
sichert, für den nach Ablauf der Kündigungsfrist ein wörtliches Angebot genügt.
Ein Bezug zu § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG wurde nicht hergestellt. Der Kläger
hat sich weder auf den Widerspruch des Betriebsrats vom 20. März 2015 beru
fen, noch hat er sich gegen seine Freistellung ab Ablauf des 23. März 2015 ge
wandt. Auch in seinem Schriftsatz vom 30. September 2015 (Seite 11, Bl. 89
d.A.) hatte der Kläger nur zur Begründung des allgemeinen Weiterbeschäfti
gungsanspruchs vorgetragen und sich darauf beschränkt, seine Beschäftigung
nach erstinstanzlichem Obsiegen geltend zu machen. Erst mit der Anschlussbe
rufung hat der Kläger sein Begehren auf Weiterbeschäftigung auch auf § 102
Abs. 5 S. 1 BetrVG gestützt. Dies genügt nicht. Es braucht daher nicht geklärt
zu werden, ob der Widerspruch des Betriebsrats vom 23. März 2015 ausrei
chend begründet war gem. § 102 Abs. 3 Nr. 5 BetrVG, um die Weiterbeschäf
tigungspflicht der Beklagten zu begründen.
III.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat gem. § 97 ZPO die Beklagte 3/4,
der Kläger 1/4 zu tragen.
Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.