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11.12.2015 · IWW-Abrufnummer 146002

Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 23.04.2015 – 6 K 1542/14

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Nürnberg

Urt. v. 23.04.2015

Az.: 6 K 1542/14

In dem Rechtsstreit
XXX
gegen
XXX
wegen Einkommensteuer 2012
hat der 6. Senat des Finanzgerichts Nürnberg
aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23. April 2015 für Recht erkannt:
Tenor:

1.

Die Klage wird abgewiesen.
2.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für den Besuch des Vorkurses am Studienkolleg B als Sonderausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind seit 23.12.2011 verheiratet. Im Streitjahr 2012 wurden sie zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin, brasilianische Staatsangehörige, erzielte keine Einkünfte. Anfang des Streitjahres besuchte sie zunächst 2 Deutschintensivkurse. Ab 01.10.2012 war sie als Studentin am Studienkolleg immatrikuliert. Dort bereiten sich laut der Internetseite des Studienkollegs Studienbewerber aus anderen Ländern auf die Feststellungsprüfung vor, die ihnen den Zugang zum Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften in Deutschland eröffnet.

In der Einkommensteuererklärung 2012 machte die Klägerin verschiedene Aufwendungen i.H.v. insgesamt 4.164 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, u.a. als Fortbildungskosten die zwei Deutschintensivkurse und den Studentenwerksbeitrag für das Studienkolleg, als sonstige Werbungskosten Fachliteratur, Berufsbekleidung, Bewerbungskosten und Umzugskosten sowie Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung in B (Fahrtkosten, Miete, Verpflegungsmehraufwendungen). Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2012 diese Aufwendungen nicht.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Sie trugen vor, die Klägerin sei seit 01.10.2012 ordentlich eingeschriebene Studentin an der Hochschule B, daher seien alle Aufwendungen für das Studium anzusetzen. Beim Studienkolleg B handele es sich nicht um eine Institution zum Erwerb von Deutschkenntnissen. Es sei vielmehr eine Institution für Ausländer zum Erwerb der Hochschulreife. Damit handele es sich um Aufwendungen für die Berufsausbildung. Neben Deutsch würde eine Vielzahl anderer Fächer unterrichtet. Auch in einem normalen bayerischen Abitur sei Deutsch Bestandteil des Fächerkanons. Die Kläger legten ein Schreiben des Studienkollegs über das "Ergebnis des Vorkurses im Wintersemester 2012/2013" vor. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin die Abschlussprüfung des Vorkurses bestanden hat. Geprüfte Fächer waren Deutsch, Mathematik und Englisch. Weiter wird ausgeführt, dass die Klägerin zum Sommersemester 2013 in das 1. Semester des Studienkollegs aufgenommen wird. Der Vorkurs am Studienkolleg richtet sich laut der Internetseite des Studienkollegs B an Bewerber, deren Kenntnisse der deutschen Sprache und/oder im Fach Mathematik für die Aufnahme in das erste Semester des Studienkollegs noch nicht ausreichen. Unterrichtet werden hier 20 Wochenstunden in Deutsch, 4 in Mathematik und 4 in Englisch.

Später trugen die Kläger demgegenüber vor, es handele sich bei dem Besuch des Studienkollegs um eine vom bayerischen Kultusministerium vorgeschriebene Pflicht zur Fortsetzung eines in Brasilien begonnenen Studiums. Die Klägerin habe bereits 2 Semester in Brasilien studiert und habe von der Zeugnisanerkennungsstelle die Auflage bekommen, das Studienkolleg für eine Fortsetzung des Studiums zu besuchen. Als eingeschriebene Studentin an der Hochschule setze sie somit nur das in Brasilien begonnene Studium fort. Die Kläger reichten eine Kopie in portugiesischer Sprache eines Centro Universitario in Brasilien ein, die Kurse aus dem Jahr 2009 betrifft.

Die Klägerin habe zudem in Brasilien eine Ausbildung in Videodigital an der DRC Sao Paulo abgeschlossen. Als Nachweis legte sie Unterlagen in portugiesischer Sprache der DRC vor. Aus ihnen ergibt sich der Besuch von 4 zweiwöchigen Halbtageskursen und einem einwöchigen Halbtageskurs. Des Weiteren legte sie eine deutschsprachige Bestätigung eines brasilianischen Arbeitgebers vor, nach der sie vom 01.06.2010 bis 22.12.2010 dort als Mediengestalterin gearbeitet hat. Ein Berufsausbildungssystem wie in Deutschland gebe es in Brasilien nicht. Nach den dortigen Verhältnissen sei die von der Klägerin absolvierte Berufsausbildung ausreichend, um in dem entsprechenden Bereich zu arbeiten. Die Möglichkeit, eine den deutschen Verhältnissen vergleichbare Berufsausbildung zu erlangen, sei nicht gegeben gewesen. Demnach müssten diese Begebenheiten für die Anwendung des deutschen Steuerrechts anerkannt werden.

Die Tatsache, dass die Klägerin vier der fünf Kurse in Videodigital während dieses Arbeitsverhältnisses absolviert habe, bedeute nicht, dass es sich bei dem Arbeitsverhältnis um eine Berufsausbildung in Brasilien gehandelt habe. Es sei in Brasilien normal, bereits im Zieljob zu arbeiten und nebenbei eine Ausbildung wie ein Studium oder Kurse in Mediengestaltung zu machen. Auch sei die vergleichsweise kurze Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses kein Indiz für ein unterbrochenes Ausbildungsverhältnis. Die Klägerin sei vielmehr aus privaten Motiven nach Deutschland gezogen. Hier habe sie sich seit über drei Jahren bemüht, wieder auf ein Beschäftigungsniveau wie in Brasilien zu kommen. Die in Brasilien absolvierten Kurse befähigten die Klägerin zur Ausübung des Berufs der Mediengestalterin Bild und Ton. Dass dies nicht dem Umfang einer Ausbildung in Deutschland zur Mediengestalterin entspreche, sei für die Argumentation irrelevant. Der BFH habe auch die extrem kurze Ausbildung zum Rettungssanitäter als Erstausbildung anerkannt, obwohl es eine mehrjährige Berufsausbildung zum Rettungsassistenten gebe.

Das Finanzamt erwiderte hinsichtlich der Deutschintensivkurse, Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für den Erwerb von Deutschkenntnissen seien nicht als Aufwendungen für die Berufsausbildung abziehbar. Was das Studienkolleg betreffe, seien die Kosten für den Besuch allgemeinbildender Schulen jeder Art ausnahmslos nicht als Werbungskosten/Sonderausgaben abziehbare Ausbildungskosten, da der Schulbesuch die notwendige Grundlage für das Leben und die Ausübung der verschiedensten Berufe schaffe. Dies gelte auch für Fachschulkosten bzw. den Besuch eines Berufskollegs zum Erwerb der Fachhochschulreife. Bei dem Studienkolleg handele es sich um eine Institution, die lediglich durch Vorbereitung auf die Feststellungsprüfung den Zugang zum Studium an einer Hochschule eröffne. Die Kosten dafür und die damit verbundenen Aufwendungen seien daher ebenfalls nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung.

Zwar könnten Aufwendungen hierfür als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn ein solcher Abschluss nach Beendigung einer Berufsausbildung nachgeholt werde. Vor dem Besuch des Studienkollegs habe die Klägerin aber keine Berufsausbildung abgeschlossen. Der Besuch der einzelnen Kurse in Brasilien sei keine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch das Vorbringen, dass die Klägerin in Brasilien bereits 2 Semester studiert habe, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, da auf die inländischen Verhältnisse für den Erwerb der Fachhochschulreife abzustellen sei und die Voraussetzungen für den Besuch der Fachhochschule erst durch den Besuch des Studienkollegs erfüllt gewesen seien. Die Bestätigung des brasilianischen Arbeitgebers, die anstelle des angeforderten Arbeitsvertrags vorgelegt worden sei, sei nicht ausreichend, um die Aufwendungen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Damit liege keine Ausbildung vor, die die Klägerin dazu befähigt hätte, aus dieser Tätigkeit Einkünfte zu erzielen.

In seiner Einspruchsentscheidung berücksichtigte das Finanzamt die in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Bewerbungskosten der Klägerin i.H.v. 173 €. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Es führte ergänzend zum bisherigen Vorbringen aus, bei der Frage, ob eine abgeschlossene Berufsausbildung vorliege, komme es auf deutsches Recht an. Zudem relativiere das Vorbringen der Klägerin, in Brasilien sei es normal, bereits ohne die erforderliche Qualifikation im angestrebten Beruf arbeiten zu können, die Aussage weitgehend, wonach die Klägerin als Mediengestalterin gearbeitet habe. Dies zeige sich auch darin, dass 4 der 5 Kurse erst während der Anstellung besucht worden seien, somit vor der Anstellung nur geringe Vorkenntnisse vorgelegen hätten. Letztlich belege vor allem die Aussage, wonach sich die Klägerin seit über 3 Jahren bemühe, wieder auf ein Beschäftigungsniveau wie in Brasilien zu kommen, dass die Ausbildung in Brasilien für eine entsprechende Anstellung in Deutschland nicht ausgereicht habe.

Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben die Kläger Klage. Sie verweisen auf ihren bisherigen Vortrag und ergänzen, ein Student am Studienkolleg zahle den Studentenwerksbeitrag, während der Besuch des Gymnasiums oder Berufskollegs gebührenfrei sei. Alle Studenten am Studienkolleg müssten in ihren Heimatländern bereits den höchsten Schulabschluss erlangt haben, um am Studienkolleg aufgenommen zu werden. Ein Schüler des Gymnasiums oder Berufskollegs besitze demgegenüber nur die mittlere Reife oder keinen Abschluss. Im Gegensatz zum Gymnasium/Berufskolleg werde am Studienkolleg zudem keinerlei Allgemeinbildung vermittelt. Die Klägerin habe im Rahmen des Kollegs Fächer wie BWL, VWL, Deutsch für Ausländer, Statistik für BWL, Analysis und Informatik gehabt.

Schließlich könnten laut BFH-Entscheidung vom 15.03.2012 (Az. III R 58/08) Auslandsaufenthalte, die der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium erforderlichen Fremdsprachentest dienten (z.B. TOELF), als Berufsausbildung zu qualifizieren sein. Der einjährige Intensivsprachkurs mit dem abschließenden Erwerb des Deutschsprachniveaus B1 sei also als Berufsausbildung anzusehen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 19.07.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.11.2014 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit weitere Aufwendungen i.H.v. 3.255 € als vorweggenommene Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden, hilfsweise, dass diese Aufwendungen als Aufwendungen für die Berufsausbildung in einem nicht ausgeübten Beruf gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

Es verweist auf seine Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das Finanzamt hat die Aufwendungen für den Besuch des Vorkurses am Studienkolleg zu Recht nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin oder als Sonderausgaben berücksichtigt.

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach ständiger BFH-Rechtsprechung liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. So können auch Aufwendungen für eine Bildungsmaßnahme Werbungskosten sein, sofern sie beruflich veranlasst sind (vgl. auch BFH-Urteil vom 22.06.2006 VI R 5/04, BStBl II 2006, 717). Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind (vgl. BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672, Rz. 93).

a) Maßgeblich für einen beruflichen Zusammenhang ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672). Für die Frage nach dem auslösenden Moment kommt es auf die Gründe des Steuerpflichtigen an, aus denen er die Aufwendungen getätigt hat (vgl. Loschelder in Schmidt, § 12, Rz. 4). Diese sind anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.

b) Aufwendungen im Hinblick auf eine geplante Erwerbstätigkeit können gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Dies gilt für nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten. Voraussetzung ist, dass die berufliche Veranlassung der Aufwendungen durch einen hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus einer beruflichen Tätigkeit nachgewiesen wird (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 17.07.2014 VI R 2/12, BFH/NV 2014, 1954 m.w.N.).

Nach der BFH-Rechtsprechung kann der erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang nur angenommen werden, wenn die Ausbildung konkret und berufsbezogen auf eine Berufstätigkeit vorbereitet. Erst die Verschaffung von Berufswissen erfüllt den Werbungskostenbegriff. Diese Voraussetzungen sind beim Besuch allgemeinbildender Schulen typischerweise nicht gegeben. Es fehlt hier regelmäßig an der erforderlichen Berufsbezogenheit (BFH-Urteil vom 22.06.2006 VI R 5/04, BStBl II 2006, 717 m.w.N.; ferner BFH-Vorlagebeschluss vom 17.07.2014 VI R 2/12, BFH/NV 2014, 1954).

aa) Das gilt ebenso für den von der Klägerin besuchten Vorkurs. Dieser Kurs bereitet auf die Vorbereitung der Studierfähigkeit (also auf den Besuch des Studienkollegs) an einer deutschen Hochschule vor. Er vermittelt kein berufsspezifisches Wissen, sondern ist vielmehr conditio sine qua non für die Möglichkeit einer derartigen Wissensaufnahme. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist für die Berufsbezogenheit, dass das Abitur oder im vorliegenden Fall die Feststellungsprüfung die Voraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums ist (BFH-Urteil vom 22.06.2006 VI R 5/04, BStBl II 2006, 717). Denn es fehlt wegen der Allgemeinheit der vermittelten Kenntnisse beim hier streitigen Vorkurs der hinreichend konkrete Bezug zu einer künftigen Berufsausübung. Die Deutschkenntnisse sind wie auch andere im allgemeinbildenden Unterricht erworbene Kenntnisse für viele Berufe erforderlich.

bb) Die Tatsache, dass der Vorkurs in ein akademisches Umfeld an der Hochschule B eingebettet ist, führt zu keiner anderen Einschätzung. Anhand der Stundenaufteilung mit einem signifikanten Schwerpunkt auf Deutsch ist eindeutig, dass der Fokus des Vorkurses auf dem Erlernen der deutschen Sprache liegt. Damit unterscheidet sich der Vorkurs diesbezüglich nicht signifikant von anderen Deutschkursen, auch wenn zusätzlich wenige andere allgemeinbildende Fächer in geringer Stundenzahl unterrichtet werden. Zudem enthält der unterrichtete Fächerkanon (Deutsch, Englisch und Mathematik) keine von den Unterrichtsfächern am Gymnasium abweichenden Kurse. Allein diese führen nicht zu einer Verlagerung hin zu einer bedeutsamen beruflichen Veranlassung des Vorkurses. Denn wie gesehen wird nach der BFH-Rechtsprechung beim Besuch allgemeinbildender Schulen kein Berufswissen verschafft (BFH-Urteil vom 22.06.2006 VI R 5/04, BStBl II 2006, 717). Ein Grund, den Besuch allgemeinbildenden Unterrichts anders zu behandeln, nur weil er an einer Hochschule aufgehängt ist, ist nicht ersichtlich. Hier wie dort fehlt die konkrete und berufsbezogene Vorbereitung auf eine Berufstätigkeit.

Nach Ansicht des Gerichts besteht dementsprechend im Hinblick auf den Vorkurs zum Studienkolleg kein hinreichend konkreter Bezug zu einer künftigen Berufstätigkeit.

c) Der BFH hat sich diesbezüglich im Rahmen des Werbungskostenabzugs bislang allerdings nicht zu Deutschkursen konkret geäußert. Vielmehr hat er die Berücksichtigung derartiger Kosten bisher an § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG scheitern lassen (BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; BFH-Urteil vom 05.07.2007 VI R 72/06, BFH/NV 2007, 2096).

Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

aa) Nach der früheren BFH-Rechtsprechung war der Abzug von Aufwendungen nur dann in voller Höhe zulässig, wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwog, das Hineinspielen der Lebensführung nicht ins Gewicht fiel und von ganz untergeordneter Bedeutung war. Die BFH-Entscheidungen, die sich mit der Abziehbarkeit von Aufwendungen für Deutschkurse befassen, stützen sich in ihrer Argumentation hierauf (BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; BFH-Urteil vom 05.07.2007 VI R 72/06, BFH/NV 2007, 2096). Für den Erwerb der Deutschkenntnisse spielten danach private Gesichtspunkte eine nicht untergeordnete Rolle.

bb) Nach dem Beschluss des Großen Senats zu § 12 Nr. 1 EStG, nach dem bei gemischten Aufwendungen kein allgemeines Aufteilungsverbot besteht (Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672), ist diese Rechtsprechung im Allgemeinen und damit die Argumentation bezüglich eines Deutschkurses im Besonderen nicht aufrechtzuerhalten.

d) Auch nach Änderung der Rechtsprechung zum Aufteilungsverbot können die Aufwendungen für den von der Klägerin besuchten Vorkurs unabhängig von der konkreten Berufsbezogenheit aber nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden. Denn für eine Aufteilung derartiger Aufwendungen in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen der privaten Lebensführung ist Voraussetzung, dass die beruflich veranlassten Anteile nicht nur von untergeordneter Bedeutung und die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge voneinander abgrenzbar sind. Dabei ist zu bedenken, dass an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre ein Anreiz für die Steuerpflichtigen besteht, Privatausgaben als beruflich veranlasst darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen (Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672, Rz. 126).

Im Streitfall liegt der Lebensmittelpunkt der Klägerin in Deutschland. Wenn der Abzug als Werbungskosten also entgegen der Ansicht des Gerichts nicht bereits an der fehlenden hinreichend konkreten Berufsbezogenheit scheitert, spielen damit private Gesichtspunkte der Klägerin für den Erwerb der Deutschkenntnisse eine wesentliche Rolle. Der berufliche Aspekt tritt demgegenüber deutlich in den Hintergrund.

aa) Der Besuch dieses Kurses hatte einen erheblichen privaten Nutzen für die Klägerin (BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814; BFH-Urteil vom 05.07.2007 VI R 72/06, BFH/NV 2007, 2096): Die Klägerin verwendet in der Kommunikation mit dem Kläger und notwendigerweise im täglichen Leben die durch den Sprachkurs erlangten Kenntnisse der deutschen Sprache. Zudem ist die Klägerin in Deutschland politisch engagiert, sie ist Beiratsmitglied im Ausländer- und Integrationsbeirat. Auch dieses Eintreten für ihre Überzeugungen setzt hinreichende Deutschkenntnisse voraus.

bb) Der private Nutzen des Vorkurses für die Klägerin drängt eine berufliche Veranlassung in den Hintergrund. Der BFH hat zwar den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen nicht von vornherein der privaten Lebensführung zugeordnet. Jedoch ist der Besuch des Vorkurses im Streitfall nicht dem Erlernen einer Fremdsprache gleichzusetzen. Denn die Lebensführung der Klägerin wird durch den Deutschkurs wesentlich intensiver berührt als die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, der eine Fremdsprache, die in seinem privaten Umfeld üblicherweise nicht gesprochen wird, aus beruflichen Gründen erlernt. Die im Vorkurs erworbenen Sprachkenntnisse gewährleisten die soziale Integration der Klägerin im privaten Alltag und ermöglichen ihr eine erfolgreiche Kommunikation im engeren privaten Umfeld. Der Besuch des Kurses erleichtert der Klägerin damit in erheblicher Weise ihre Lebensführung in Deutschland. Anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen zum Erlernen einer Fremdsprache fällt die private Verwendung der Deutschkenntnisse durch die Klägerin daher so stark ins Gewicht, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch nach der Rechtsprechungsänderung eingreift.

Zwar hat die Rechtsprechung auf diese Weise hinsichtlich der alten Rechtslage zu § 12 EStG argumentiert, bei der schon ein nicht untergeordneter privat veranlasster Anteil für den Werbungskostenabzug schädlich war. Auch bei einem nun erforderlichen weit überwiegend privat veranlassten Anteil sind diese Gedankengänge jedoch zutreffend. Denn Deutschkenntnisse sind für eine dauerhafte Lebenssituation in Deutschland von erheblicher Bedeutung und überwiegen daher gegenüber dem beruflich veranlassten Anteil deutlich.

cc) Selbst wenn der Zusammenhang mit einer potentiellen Berufsausbildung höher einzuschätzen und damit nicht nur von untergeordneter Bedeutung sein sollte, scheidet ein Werbungskostenabzug nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, da bei dem belegten Kurs keine Trennung in einen beruflichen und einen privaten Veranlassungsanteil möglich ist. Nach dem Beschluss des Großen Senats kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht, wenn die - für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden - beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist und es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt (Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672). Dann handelt es sich um Lebensführungskosten, die auch dem Beruf förderlich sind (vgl. Loschelder in Schmidt, § 12, Rz. 12, 25). Eine derartige verzahnte Konstellation von beruflichen und privaten Aspekten ist vorliegend gegeben. Es ist nicht erkennbar, nach welchen Gesichtspunkten die Aufwendungen für den im Streitfall geltend gemachten Kurs aufgeteilt werden könnten. Zeitanteilig lässt sich dies nicht ermitteln, da der Kurs eine Einheit darstellt und Deutschkenntnisse vermittelt, die für eine Lebensführung der Klägerin in Deutschland mit einem deutschen Umfeld unerlässlich sind. Auch andere Abgrenzungskriterien zwischen Berufs- und Privatsphäre, die eine Aufteilung ermöglichen würden, sind nicht ersichtlich. Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung angeführte mögliche Trennung nach Kursniveau ist kein überzeugender Maßstab. Das Erlernen der deutschen Sprache ist nicht umso eher berufsbezogen, je höher das Kursniveau ist. Denn auch bei einem hohen Kursniveau unterstützen die dadurch erlangten Sprachkenntnisse die Integration in das deutsche Umfeld ganz wesentlich. Es ist daher nicht möglich zu sagen, ein hohes Kursniveau diene primär einem zukünftigen Beruf, so dass er deshalb der beruflichen Sphäre zuzuordnen wäre.

Somit fehlt es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung. Ein abgrenzbarer beruflich veranlasster Teil, der entsprechend dem BFH (Großer Senat, BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BStBl II 2010, 672) geschätzt werden könnte, liegt folglich nicht vor. Daher ist im Streitfall ein Abzug der Aufwendungen der Klägerin auch nach Änderung der Rechtsprechung durch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Auf die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine Erstausbildung oder ein Erststudium im Rahmen des Werbungskostenabzugs (BFH-Vorlagebeschluss vom 17.07.2014 VI R 2/12, BFH/NV 2014, 1954 - 2 BvL 23/14) kommt es also mangels abziehbarer Werbungskosten nicht an.

2. Die Aufwendungen der Klägerin sind auch nicht als Aufwendungen für die Berufsausbildung in einem nicht ausgeübten Beruf gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Voraussetzung für die Berücksichtigung solcher Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften anstrebt (BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; FG München, Urteil vom 28.09.2007 10 K 3429/07, [...]). Es müssen objektive Umstände die Absicht erkennen lassen, auf Grund der Ausbildung später eine Erwerbstätigkeit auszuüben (Loschelder in Schmidt, EStG, § 10, Rz. 120).

Die Kenntnis der deutschen Sprache gehört bei Personen, die in der Bundesrepublik leben, zur Allgemeinbildung und ist für sie unabhängig davon, welchen Beruf sie hier ausüben, im Rahmen ihrer allgemeinen Lebensführung von Bedeutung (vgl. ebenso BFH-Urteil vom 05.07.2007 VI R 72/06, BFH/NV 2007, 2096; BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; FG München Urteil vom 28.09.2007 10 K 3429/07, [...]). Die Aufwendungen zur Erlangung dieser Kenntnisse sind deshalb der allgemeinen Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG und nicht der Berufsausbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzurechnen (BFH-Urteil vom 15.03.2007 VI R 14/04, BStBl II 2007, 814 m.w.N.; FG München Urteil vom 28.09.2007 10 K 3429/07, [...]).

Dementsprechend hat der BFH in seinem Urteil VI R 72/06 (BFH-Urteil vom 05.07.2007 VI R 72/06, BFH/NV 2007, 2096) den Sonderausgabenabzug für den Besuch eines Deutschkurses abgelehnt, obwohl im dortigen Fall die ausländische Ehefrau bereits in ihrem Heimatstaat eine Hochschulausbildung als Diplomsportlehrerin abgeschlossen hatte. Um diesen Beruf auch in Deutschland ausüben zu können, war im dortigen Streitfall nach Auskunft des niedersächsischen Kultusministeriums ein ergänzendes Universitätsstudium (Sport und Erziehungswissenschaften) zu absolvieren. Für die Zulassung zum Studium waren deutsche Sprachkenntnisse u.a. durch ein Zertifikat über die bestandene Sprachprüfung "Mittelstufe I" nachzuweisen. Der BFH lehnte dennoch das Vorliegen einer Berufsausbildung durch den Deutschkurs ab. Erst recht ist dann in vorliegendem Fall, in dem keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine abgeschlossene Ausbildung vorliegen, sondern nur einzelne Kurse in Brasilien besucht wurden, die Berufsbezogenheit des Vorkurses zu verneinen. Letztlich kann aber nach dieser BFH-Rechtsprechung im Streitfall offen gelassen werden, ob die Klägerin in Brasilien bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen hat. Das Studienkolleg selbst, das eventuell über die Vermittlung von Deutschkenntnissen hinausgeht, hat die Klägerin erst im Jahr 2013 besucht. Ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG scheidet daher für das Streitjahr aus.

Der Hinweis der Kläger auf das BMF-Schreiben VV DEU BMF 2010-09-22 IV C 4-S 2227/07/10002:002 führt zu keiner anderen Beurteilung, da auch darin deutlich gemacht wird, dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG die Berufsausbildung betrifft. Zwar können unter bestimmten Voraussetzungen auch Aufwendungen für den Erwerb allgemeinbildender Schulabschlüsse unter den Sonderausgabenabzug fallen (Rz. 7). Um einen derartigen Abschluss, der zur Hochschulreife führt, geht es jedoch nicht beim Vorkurs.

Mithin war die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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