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26.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143918

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 09.01.2015 – 3 Sa 1335/14

Zuschläge für Nachtarbeit, Sonntags- und Feiertagsarbeit gem. § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD sind Erschwerniszuschläge i. S: d. § 850 a Nr. 3 ZPO und damit unpfändbar


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Verkündet am 9. Januar 2015

Geschäftszeichen (bitte immer angeben) 3 Sa 1335/14
4 Ca 248/14 Arbeitsgericht Eberswalde

Im Namen des Volkes

Urteil

In Sachen
- Beklagter und
Berufungskläger -
- Kläger und
Berufungsbeklagter -

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 3. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2015 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht S. als Vorsitzende
sowie die ehrenamtlichen Richter Frau G. und Herrn D.
für Recht erkannt:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 19. Juni 2014 – 4 Ca 248/14 – wird zurückgewiesen, wobei der Tenor zu 2 zur Klarstellung wie folgt gefasst wird:

„Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens des Klägers, das dieser gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO an die bestellte Treuhänderin/an den bestellten Treuhänder abgetreten hat, die dem Kläger zustehende Wechselschichtzulage und die dem Kläger zustehenden Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten, nämlich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, nicht mitzurechnen.“

II. Die Kosten der ersten Instanz haben der Kläger zu 25,32% und der Beklagte zu 74,68 % zu tragen.

Die Kosten der zweiten Instanz hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob Ansprüche des Klägers auf Zahlung der Wechselschichtzulage und auf Zahlung der Zuschläge für Dienste zu ungünstigen Zeiten, nämlich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, von einer Abtretungserklärung erfasst sind, und in diesem Zusammenhang darüber, ob diese Ansprüche unpfändbar sind.

Der Kläger ist bei dem beklagten Landkreis seit dem 1. August 2000 als vollbeschäftigter Angestellter beschäftigt. Gemäß § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 10. Juli 2000 (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 8 der Akte) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Ferner finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung (§ 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages vom 10. Juli 2000).

Der Kläger ist Lagedienstführer und in die Entgeltgruppe 8 TVöD eingruppiert. Er ist im Wechselschichtsystem tätig und arbeitet daher auch nachts, ferner an Sonn- und Feiertagen. Er erhält nach § 8 Abs. 5 TVöD eine Wechselschichtzulage und gemäß § 8 Abs. 1 TVöD Zuschläge für Nachtarbeit, Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit. Die Wechselschichtzulage und die Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit weist der Beklagte in den Verdienstabrechnungen aus (Verdienstabrechnungen für September 2012 bis Januar 2014, Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 10 bis 22 der Akte).

Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. März 2011 (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 23 der Akte) wurde am 30. März 2011 über das Vermögen des Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Mai 2012 (Anlage K5 zur Klageschrift, Bl. 24 der Akte) wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. In dem Beschluss heißt es weiter: „Dem Schuldner wurde die Restschuldbefreiung angekündigt. Die Dauer der Wohlverhaltensperiode beträgt sechs Jahre, beginnend mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, dem 30.03.2011.“ Der Kläger hat seine pfändbaren Bezüge gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO an die bestellte Treuhänderin abgetreten.

Seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auch weiter nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf Grund der Abtretungserklärung zahlte der Beklagte monatlich die pfändbaren Bezüge des Klägers an die bestellte Treuhänderin aus. Der Beklagte hat seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens in den von ihm errechneten Pfändungsbetrag, den er dann an die Treuhänderin monatlich überwiesen hat, die Wechselschichtzulagen und die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit einbezogen. Insoweit zahlte der Beklagte in dem Zeitraum von April 2011 bis Februar 2014 die Wechselschichtzulage und die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Höhe von insgesamt 4.681,00 Euro netto, davon im Zeitraum von Januar 2013 bis Februar 2014 in Höhe von 2.129,00 Euro netto, nicht an den Kläger aus, sondern überwies diese Beträge der Treuhänderin. – Wegen der konkreten monatlichen Beträge wird auf die Aufstellung des Klägers im Schriftsatz 10. Juni 2014, Seiten 3 bis 5 (Bl. 57 bis 59 der Akte), Bezug genommen. –

Mit Schreiben vom 3. Juli 2013 erklärte der Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, den „Widerspruch gegen die Berechnung der pfändbaren Beträge hinsichtlich der Wechselschichtzulage sowie der Ausgleich für Dienst zu ungünstigen Zeiten“. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise weiter:

„….Bei den pfändbaren Lohnbezügen handelt es sich jedoch nicht um solche, welche meinem Mandanten auf Grund der Wechselschichtzulage und für den Dienst zu ungünstigen Zeiten zustehen.

Nachweislich der Verdienstabrechnungen ab Mai 2012 werden diese jedoch regelmäßig vom Pfändungsbetrag erfasst.

Auf Grund dessen erhebe ich namens und in Vollmacht meines Mandanten gegen die Verdienstabrechnungen ab Mai 2012

Widerspruch.

Mein Mandant hat einen Anspruch auf Zahlung der ihm im streitgegenständlichen Zeitraum von Mai 2012 bis dato zustehenden Wechselschichtzulage und der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten in Höhe der Nettobezüge.

…..Diese Abtretungserklärung umfasste aber nicht die hier in Rede stehende Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten und die Wechselschichtzulage, denn bei beiden Zulagen handelt es sich um unpfändbare Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO. ….

Dienst zu ungünstigen Zeiten ist u.a. der Dienst an Sonn- und gesetzlichen Wochenendfeiertagen, an Samstagen nach 13.00 Uhr sowie an den übrigen Tagen in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr. ….

Die objektiv rechtswidrige, weil durch die Abtretung nicht gedeckte Überweisung der Erschwerniszuschläge an den Treuhänder führt dazu, dass eine Leistung mit befreiender Wirkung an den vermeintlich Anspruchsberechtigten ausscheidet und der vertragliche Auszahlungsanspruch meines Mandanten weiterhin Bestand hat.

Sie werden deshalb gebeten die entsprechende Zahlung der Zulagen rückwirkend ab Mai 2012 auf das Konto meines Mandanten

bis zum 23. Juli 2013 zu leisten.“

Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens vom 3. Juli 2013 wird auf die Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 25 bis 27 der Akte, Bezug genommen.

Der Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 29. Juli 2013 (Anlage K7 zur Klageschrift, Bl. 28 der Akte) ua. mit, er werte das als „Widerspruch“ titulierte Schreiben vom 3. Juli 2013 als Geltendmachung eines arbeitsrechtlichen Rückforderungsanspruchs innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TVöD, er betrachte nach Prüfung der Sach- und Rechtslage die gerügten Zulagen weiterhin als pfändbar, er werde daher seine Pfändungspraxis beibehalten und erkenne einen Rückforderungsanspruch nicht an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. August 2013 (Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 29 der Akte) bat der Kläger den Beklagten erneut um Zahlung der entsprechenden Zulagen rückwirkend ab Mai 2012 bis zum 23. September 2013, worauf der Beklagte mit Schreiben vom 4. September 2013 (Anlage K9 zur Klageschrift, Bl. 30 der Akte) mitteilte, er bleibe bei seiner Rechtsaufassung.

Mit der am 24. März 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am 28. März 2014 zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 28. Februar 2014 noch offenen Differenzbetrag der Nettobezüge für die Wechselschichtzulage und die Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten zu zahlen. Er hat ferner die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die dem Kläger zustehende Wechselschichtzulage und die Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten in Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar ist. Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2014, den der Beklagte jedenfalls spätestens am 17. Juni 2014 erhalten hat, hat der Kläger den Leistungsantrag beziffert und die Zahlung von 4.681,00 Euro begehrt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei der Wechselschichtzulage und den Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten handele es sich um Erschwerniszulagen iSd. § 850a Nr. 3 ZPO, diese Zulagen seien daher nicht an die Treuhänderin abgetreten worden. Mit Schreiben vom 3. Juli 2013 habe er seine Ansprüche ausreichend iSd. § 37 TVöD gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Es sei dem Beklagten auch gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Ausschlussfrist zu berufen. Da die Wohlverhaltensphase erst im Jahr 2017 ende, bestehe auch ein Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag.

Nachdem der Kläger seine Klageforderung bezogen auf die Beträge vor Januar 2013 zurückgenommen hatte, hat er zuletzt beantragt,

1. der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.129,00 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 28. März 2014 zu zahlen;

2. es wird festgestellt, dass die dem Kläger zustehende Wechselschichtzulage und die Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten in Anwendung von § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Wechselschichtzulage und die Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit seien keine Erschwerniszulagen iSd. § 850a Nr. 3 ZPO. Solche seien nur Zulagen, die als Entschädigung für eine in der Arbeit begründete Erschwernis gezahlt würden, nicht erfasst seien Zulagen für eine in der Arbeitszeit begründete Erschwernis. Auch die Tarifverträge würden klar zwischen den Schichtzulagen sowie den Sonderformen der Arbeit, wie Nacht- und Feiertags- sowie Sonntagsarbeit und Schmutz- und Erschwerniszuschlägen bzw. Zulagen, die sich direkt aus der Art der Arbeit ergeben würden, unterscheiden. Im Übrigen sei die Forderung überwiegend nach § 37 TVöD verfallen. Mit dem Schreiben vom 3. Juli 2013 seien die Forderungen nicht wirksam geltend gemacht worden, da in dem Schreiben die Höhe der Forderung nicht benannt worden sei. Erst mit dem Schriftsatz vom 10. Juni 2014 sei eine wirksame Geltendmachung erfolgt, so dass lediglich für Januar und Februar 2014 Ansprüche in Höhe von insgesamt 330,00 Euro nicht erloschen sein könnten.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 19. Juni 2014 den zuletzt gestellten Anträgen des Klägers stattgegeben und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt: Das Schreiben vom 3. Juli 2013 erfülle den Anspruch einer schriftlichen Geltendmachung des hier auszuurteilenden Betrages iSd. § 37 TVöD. Eine konkrete Benennung der Höhe der zu fordernden Beträge sei entbehrlich, weil tariflich klar geregelt sei, welche Zulage in welcher Höhe wann an den Kläger auszukehren sei und der Beklagte in den Abrechnungen die Wechselschichtzulagen und Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten ausgewiesen habe. Dem Kläger würden daher zu viel abgeführte Beträge ab Januar 2013 zustehen und zwar im Hinblick auf die unstreitig gebliebene Berechnung des Klägers ein Betrag von insgesamt 2.129,00 Euro. Wechselschichtzulagen sowie Zulagen für ungünstige Dienste gehörten zu den unpfändbaren Bezügen nach § 850a Nr. 3 ZPO. Die Kammer schließe sich der rechtlichen Bewertung des OVG Lüneburg vom 17. September 2009 – 5 ME 186/09 – an und mache sich die Entscheidungsgründe des VG Düsseldorfs vom 4. Mai 2012 – 13 K 5526/10 - zu eigen. Bereits vom Wortlaut seien die Wechselschichtzulage und die Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten der Unpfändbarkeitsregelung nach § 850a Nr. 3 ZPO unmittelbar zuzuordnen. Die Zulagen verfolgten auch den Zweck, Erschwernisse abzugelten. Ein Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag bestehe, da zu befürchten sei, dass der Beklagte entsprechend seiner Rechtsauffassung die Zulagen einer Pfändung unterziehen werde.

Gegen das dem Beklagten am 30. Juni 2014 zugestellte Urteil hat dieser mit einem beim Landesarbeitsgericht am 4. Juli 2014 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem beim Landesarbeitsgericht am 28. August 2014 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte ist weiter der Auffassung, Schichtzulagen sowie Zuschläge für Sonn- und Feiertags- sowie Nachtarbeit seien keine Erschwerniszulagen iSd. § 850a Nr. 3 ZPO. Es möge zutreffen, dass Schichtarbeit sowie Sonntags- und Feiertagstätigkeit eine gewisse Widrigkeit aufgrund der Unregelmäßigkeit im Leben eines Arbeitnehmers darstelle, eine Erschwernis iSd. § 850a ZPO seien diese Tätigkeiten zu diesen Zeiten gerade nicht. Ziel der gesetzlichen Regelung sei es, eine Erschwernis abzugelten, die durch die Art der Arbeit und ihre Eigentümlichkeit verursacht werde. Es sei auch unzutreffend, dass insoweit für unpfändbare Erschwerniszulagen kein Handlungsbedarf mehr bestehe. So weise allein der Tarifvertrag über Erschwerniszuschläge zu § 23 Abs. 3 BMT-G-O mehrere Tätigkeiten aus, die tatsächliche Erschwernisse in der Arbeit darstellten. – Wegen der weiteren diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 28. August 2014, Seiten 4 bis 5 (Bl. 97 bis 98 der Akte), Bezug genommen. – Auch die Aufzählung in § 850a Nr. 3 ZPO, nämlich indem Schmutz- und Erschwerniszulagen nur getrennt durch einen Bindestrich genannt seien, mache deutlich, dass es sich um gleichartige Zulagen handeln müsse. Ferner spreche die Geschichte für die von ihm vertretene Auffassung. Der Kläger könne im Übrigen höchstens Beträge ab Dezember 2013 beanspruchen, da die darüber hinaus geltend gemachten Beträge nach § 37 TVöD verfallen seien. Zur wirksamen Geltendmachung gehöre sowohl eine Benennung des Grundes für den Anspruch als auch die Angabe der Höhe. Daher sei das Arbeitsgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass das Schreiben vom 3. Juli 2013 dem Anspruch einer schriftlichen Geltendmachung genüge. Die Formulierung in dem Schreiben sei zu ungenau, dies gelte jedenfalls für die Dienste zu ungünstigen Zeiten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 19. Juni 2014 – 4 Ca 248/14 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er ist weiter der Ansicht, er habe mit dem Schreiben vom 3. Juli 2013 seinen Anspruch ausreichend schriftlich geltend gemacht. Die Wechselschichtzulagen und Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten sollten die Erschwernisse abgelten, die mit einer Arbeit in Wechselschichten und mit Arbeiten zu ungünstigen Zeiten verbunden seien. Sie seien unpfändbar iSd. § 850a Nr. 3 ZPO.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

B. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Beklagten verurteilt, an den Kläger 2.129,00 Euro nebst der geltend gemachten Zinsen zu zahlen. Der Beklagte ist ferner verpflichtet, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens des Klägers, das dieser gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO an die bestellte Treuhänderin/an den bestellten Treuhänder abgetreten hat, die dem Kläger zustehende Wechselschichtzulage und die dem Kläger zustehenden Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten, nämlich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, nicht mitzurechnen.

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung für die Monate Januar 2013 bis Februar 2014 in Höhe von insgesamt 2.129,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 28. März 2014.

1. Der Anspruch auf Zahlung der restlichen Vergütung für die Monate Januar 2013 bis Februar 2014 ergibt sich aus § 8 Abs. 5 TVöD und aus § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD. Der TVöD findet als der den BAT-O ersetzende Tarifvertrag kraft einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass für vom Kläger geleistete Wechselschichtarbeit und für von ihm geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit Ansprüche auf Zahlung von Wechselschichtzulagen und Ansprüche auf Zahlung von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in den Monaten Januar 2013 bis einschließlich Februar 2014 jedenfalls in Höhe der jeweiligen Nettobeträge entstanden sind, die der Kläger in seiner Aufstellung im Schriftsatz vom 10. Juni 2014 auf Seiten 4 und 5 jeweils monatlich aufgeführt hat. Dies ergibt für den Zeitraum Januar 2013 bis Februar 2014 insgesamt einen Nettobetrag in Höhe von 2.129,00 Euro.

2. Der Beklagte hat diese Nettobeträge unstreitig nicht an den Kläger ausgezahlt, sondern diese Beträge an die bestellte Treuhänderin überwiesen. Durch diese Zahlung trat keine Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB ein. Der Kläger ist nämlich weiter Inhaber der Forderungen, weil die Ansprüche auf Zahlung einer Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 TVöD und die Ansprüche auf Zahlung von Zuschlägen gemäß § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD nicht von der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO des Klägers umfasst waren. Der Kläger hat auch nicht in die Überweisung dieser Beträge an die Treuhänderin eingewilligt, so dass auch keine Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB bewirkt worden ist.

a) Der Kläger hat, darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nur die pfändbaren Bestandteile seiner Bezüge aus seinem Arbeitsverhältnis abgetreten. Im Übrigen kann gemäß § 400 BGB eine Forderung nicht abgetreten werden, soweit sie nicht der Pfändung unterworfen ist.

b) Die Ansprüche auf Zahlung einer Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 TVöD und die Ansprüche auf Zahlung von Zuschlägen für Nachtarbeit-, Sonntags- und Feiertagsarbeit gemäß § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD sind keine pfändbaren Forderungen, sondern sie sind gemäß § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar. Bei den streitgegenständlichen Ansprüchen handelt es sich um Erschwerniszulagen iSd. Vorschrift.

aa) Nach § 850a Nr. 3 ZPO sind unpfändbar Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Erschwerniszulagen iSd. dieser Vorschrift sind auch Zulagen bzw. Zuschläge, die gezahlt werden, weil die Lage der Arbeitszeit mit Erschwernissen für den Arbeitnehmer verbunden ist (so auch zB OVG Lüneburg 17. September 2009 – 5 ME 186/09ZBR 2010, 60; VG Kassel 3. Juni 2013 – 1 K 1496/12 KS - , JurBüro 2013, 599; VG Stuttgart 11. Juni 2012 – 3 K 878/12VuR 2013, 34; VG Düsseldorf 4. Mai 2012 – 13 K 5526/10 - , ZInsO 2012, 1900; LG Hannover 21. März 2012 - 11 T 6/12 - , VuR 2013, 32; Musielak/Becker 11. Aufl. § 850a ZPO Rn. 5a; Saenger/Kemper 6. Aufl. § 850a ZPO Rn. 5; BeckOK/Riedel § 850a ZPO Rn. 14, Stand 1. Januar 2015; a.A. Hessisches LAG 25. November 1988 – 13 Sa 359/88 -; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann 73. Aufl. § 850a ZPO Rn. 10; Zöller/Stöber 30. Aufl. § 850a ZPO Rn. 10; Stöber Forderungspfändung 16. Aufl. Rn. 997; Stein/Jonas/Brehm 22. Aufl. § 850a ZPO Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Lüke 3. Aufl. § 850a ZPO Rn. 27; MüKo/Smid 4. Aufl. § 850a ZPO Rn. 15). Dies ergibt die Auslegung der Norm.

(1) Dem Wortsinn des § 850a Nr. 3 ZPO kann nicht entnommen werden, dass Erschwerniszulagen im Sinne dieser Vorschrift nur solche Zulagen sind, durch die eine Erschwernis abgegolten werden soll, die durch die Art der Arbeit, ihre Eigentümlichkeit verursacht wird, dagegen solche Zulagen, die gezahlt werden, weil die ungünstige Lage der Arbeitszeit Erschwernisse für den Arbeitnehmer verursacht, nicht hiervon erfasst werden. Für eine solche Differenzierung gibt der Wortlaut keine Anhaltspunkte (vgl. auch VG Düsseldorf 4. Mai 2012 – 13 K 5526/10 – Juris-Rn. 39, ZInsO 2012, 1900; LG Hannover 21. März 2012 - 11 T 6/12 - , VuR 2013, 32).

(a) Die Vorschrift des § 850a Nr. 3 ZPO unterscheidet gerade nicht danach, aus welchem Grund die Erschwerniszulage gezahlt wird, und wodurch die Erschwernis verursacht wird, sondern erklärt allgemein Erschwerniszuschläge als unpfändbar.

(b) Erschwernisse für einen Arbeitnehmer können sich aber sowohl auf Grund der Art der auszuübenden Tätigkeit, aber auch aufgrund sonstiger Umstände ergeben, nämlich zB wegen regelmäßig wechselnder Dienstschichten oder wegen der Verpflichtung, nachts oder an solchen Tagen, an denen üblicher Weise keine Arbeitstätigkeiten zu erbringen sind, arbeiten zu müssen. So wirkt ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit erheblich auf den Lebensrhythmus ein und führt dadurch zu Erschwerungen (vgl. BAG 24. September 2008 – 10 AZR 770/07 - Rn. 39, BAGE 128, 42). Ebenfalls zu Belastungen und Erschwernissen führt der Umstand, dass bei geleisteter Wechselschicht oder Schichtarbeit der Beginn und das Ende der Arbeitszeit außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegen (vgl. BAG 19. März 2014 - 10 AZR 744/13 – Rn. 18 mwN, KHE 2014, 19; 25. September 2013 – 10 AZR 4/12 – Rn. 8, NZA-RR 2014, 8). Die ständige Umstellung des Arbeits- und Lebensrhythmus ist mit gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen verbunden (vgl. BVerwG 21. März 1996 – 2 C 24/95 - , ZBR 1996, 260). Aber auch die Verpflichtung, an Sonntagen, Feiertagen und nachts zu arbeiten, verursacht für den Arbeitnehmer Erschwernisse. Denn ihm wird damit die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert. So ergeben sich insbesondere im familiären und sozialen Bereich Belastungen für den Arbeitnehmer, weil er zu Zeiten arbeiten muss, in denen die Mehrzahl der Arbeitnehmer gerade nicht arbeitet, sondern ihre Freizeit gestalten kann.

(2) Auch die Systematik und der Gesamtzusammenhang der Regelung in § 850a Nr. 3 ZPO sprechen nicht für eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Erschwerniszulage“.

(a) Die Verwendung des Bindestrichs zwischen Schmutz- und Erschwerniszulagen bringt nicht zum Ausdruck, dass Erschwerniszulagen nur solche Zulagen sind, die wegen Erschwernisse bei der Art der Arbeitstätigkeit geleistet werden. Vielmehr dient ein Bindestrich lediglich dazu, dass ein zu ergänzendes Wort, hier das Wort „Zulage“, nicht doppelt verwendet werden muss. Dies dient allein der besseren, nämlich flüssigeren Lesbarkeit des Satzes.

(b) Unter § 850a Nr. 3 ZPO werden zudem verschiedene Bezüge aufgezählt, die aus völlig unterschiedlichen Gründen geleistet werden. So werden hier einerseits echte Aufwandsentschädigungen, mit der tatsächliche Aufwendungen des Arbeitnehmers ausgeglichen werden, aufgeführt, aber auch soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen. Die Aufzählung dieser unterschiedlichen Bezüge lässt demnach gerade nicht darauf schließen, dass Erschwerniszulagen nur solche sind, die ihren Grund gerade in der Art der Tätigkeit haben.

(3) Die Auflistung der unterschiedlichen unpfändbaren Bezügebestandteile in § 850a Nr. 3 ZPO verdeutlicht vielmehr den Zweck der Vorschrift, nämlich dem Arbeitnehmer die Bezüge zu belassen, die er vom Arbeitgeber wegen eigener finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger persönlicher Belastungen aufgrund der Erbringung der Arbeitsleistung erhält. Dieser erkennbar verfolgten Zwecksetzung würde es aber widersprechen, wenn der Begriff Erschwerniszulagen einschränkend ausgelegt wird. Es gibt nämlich keine plausiblen Gründe, weshalb Zulagen für Erschwernisse, die ihren Grund in der Art bzw. Eigentümlichkeit der Arbeit haben, unpfändbar sein sollen, dagegen Zulagen, die einen Ausgleich für die Erschwernisse aufgrund der ungünstigen Lage der Arbeitszeit bzw. den ständigen Wechsel der Arbeitszeit gewähren, nicht. Die Belastungen für den Arbeitnehmer können in beiden Fällen gleich hoch sein. Der Arbeitnehmer soll über den finanziellen Ausgleich für die Erschwernisse, soweit sich dieser im Rahmen des Üblichen hält, frei verfügen können und diesen für sich behalten dürfen. Durch die Unpfändbarkeit kann der Arbeitnehmer zudem motiviert werden, die für ihn mit Erschwernissen verbundenen Tätigkeiten auszuüben, was dem Arbeitgeber zugutekommt (vgl. auch Musielak/Becker ZPO 11. Aufl. § 850a ZPO Rn. 5a). Auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts wäre es zweckwidrig, die Pfändbarkeit der Zulagen von der konkreten Ursache der Erschwernis abhängig zu machen.

(4) Die Entstehungsgeschichte des § 850a Nr. 3 ZPO lässt es ebenfalls nicht zu, Zulagen, die für geleistete Wechselschicht oder für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit gezahlt werden, von dem Anwendungsbereich des § 850a Nr. 3 ZPO auszunehmen. Die Vorschrift des § 850a ZPO ist durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl. I S. 952) in die Zivilprozessordnung eingefügt worden. Dem Gesetz liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. April 1952 (BT-Drucks. 1/3284 S. 1 ff.) zugrunde. In dem Gesetzentwurf finden sich keinerlei Hinweise dahingehend, dass der Gesetzgeber den eindeutig gewählten Begriff der "Erschwerniszulagen" nicht umfassend, sondern in einem engeren, zivilprozessualen Sinne verstanden wissen wollte. Dahingehende Anhaltspunkte finden sich auch nicht in der Stellungnahme des Bundesrates vom 29. Februar 1952 zu dem genannten Gesetzentwurf (vgl. Anlage 2 zum Gesetzentwurf vom 5. April 1952, aaO). Falls der Gesetzgeber beabsichtigt gehabt hätte, im Rahmen der neu geschaffenen Vorschrift des § 850 a Nr. 3 ZPO bestimmte Erschwerniszulagen von dem Begriff der Erschwerniszulagen auszunehmen, hätte es nahe gelegen, dies in den Gesetzgebungsmaterialien deutlich zu machen. Das ist indes nicht geschehen (vgl. dazu auch Seite 20 des Gesetzentwurfs vom 5.4.1952, aaO; so insgesamt OVG Lüneburg 17. September 2009 – 5 ME 186/09 – Juris-Rn. 10, ZBR 2010, 60).

(5) Eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Erschwerniszulage“ kann auch nicht mit einem Bescheid des Bundesministers der Justiz vom 13. August 1952 (- 3742 – 13 281/52 -) begründet werden, in dem dieser ausweislich eines in der Zeitschrift „Der Betriebs-Berater“ (Jahrgang 1952, S. 859) enthaltenen Hinweises im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit den Begriff der Schmutz- und Erschwerniszulage im Sinne des § 3 Nr. 3 der Verordnung zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen - Lohnpfändungsverordnung 1940 - vom 30. Oktober 1940 (RGBl. I S. 1451) in der Fassung des Gesetzes vom 22. April 1952 (BGBl. I S. 247) dahin erläutert hat, dass "darunter nur solche Lohnzuschläge zu verstehen sind, die zur Abgeltung einer durch die Eigentümlichkeit der Arbeit verursachten Erschwernis gewährt werden." Dazu gehörten, so der in der Zeitschrift BB 1952, 859 wiedergegebene Hinweis, "Zuschläge für Hitze-, Wasser-, Säure-, Staub-, Schacht- und Tunnel-, Druckluft- und Taucher- sowie Stacheldrahtarbeit". Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit könnten hingegen nicht als Erschwerniszulagen angesehen werden, diese Auffassung entspreche, so die Veröffentlichung, "auch der tariflichen Praxis, die Erschwerniszulagen von Nacht-, Sonn- und Feiertags- und ähnlichen Zuschlägen" klar unterscheide (vgl. hierzu BB 1952, 859). Die Ausführungen des Bundesministers der Justiz vom 13. August 1952 sind bereits nicht zu § 850a Nr. 3 ZPO ergangen. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese Erwägungen explizit in das Gesetzgebungsverfahren zu § 850a Nr. 3 ZPO eingeflossen sind (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg 17. September 2009 – 5 ME 186/09 – Juris-Rn. 10f, ZBR 2010, 60). Im Übrigen hat diese Interpretation keinen Ausdruck in § 850a Nr. 3 ZPO gefunden. Für die Auslegung dieser Vorschrift kann es auch nicht maßgeblich darauf ankommen, wie Zulagen in Tarifverträgen bezeichnet werden. Denn von der Bestimmung sind nicht nur solche Zulagen erfasst, die auf der Grundlage von Tarifverträgen gezahlt werden. Wie sich bereits aus dem Begriff der Erschwerniszulage ergibt, kommt es allein darauf an, ob eine Zulage für tatsächlich mit der Ausübung der Arbeit verbundene Erschwernisse gezahlt wird.

bb) Danach sind sowohl die Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 TVöD als auch die Zuschläge, die gemäß § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit gezahlt werden, Erschwerniszulagen iSd. des § 850a Nr. 3 ZPO. Die Wechselschichtzulage gewährt einen finanziellen Ausgleich dafür, dass Wechselschichtarbeit erheblich auf den Lebensrhythmus einwirkt und ihr Beginn und Ende außerhalb der üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegt. Die mit der Ausübung der Wechselschichtarbeit verbundenen Belastungen und Erschwernisse sollen ausgeglichen werden. Damit handelt es sich um eine Erschwerniszulage (vgl. auch BAG 24. September 2008 - 10 AZR 770/07 – Rn. 39, BAGE 128, 42; 24. März 2010 – 10 AZR 58/08 – Rn. 24, 32, BAGE 134, 34). Durch die Zahlung der Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sollen die Erschwernisse und Belastungen ausgeglichen werden, die dadurch entstehen, dass die Arbeitstätigkeit zu ungünstigen Arbeitszeiten auf den Lebensrhythmus einwirkt und die Nacht und der Sonntag bzw. Feiertag nicht der Regeneration dienen kann, bzw. die Sonn- und Feiertage zB nicht dem Zusammensein mit der Familie und für Vornahme von religiösen Handlungen genutzt werden können (vgl. hierzu auch BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 1018/12 – Rn. 16, EzA TVG § 4 Druckindustrie Nr. 35 zur Sonntagsarbeit; vgl. zur Nachtarbeit auch BAG 5. September 2002 – 9 AZR 202/01BAGE 102, 309; 27. Mai 2003 – 9 AZR 180/02 - , ZTR 2004, 212).

cc) Die tariflichen Zuschläge nach § 8 Abs. 1 Buchst. b, c und d TVöD und die tarifliche Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 TVöD übersteigen hinsichtlich der Höhe nicht den Rahmen des Üblichen. Dies wird von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht.

3. Die hier noch streitgegenständlichen Ansprüche für die Monate Januar 2013 bis Februar 2014 sind nicht gemäß § 37 Satz 1 TVöD verfallen.

a) Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Nach § 37 Satz 2 TVöD reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

b) Der Kläger hat mit dem anwaltlichen Schreiben vom 3. Juli 2013 die Vergütungsansprüche ab Januar 2013 innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Monaten geltend gemacht. Mit diesem Schreiben wurde auch die Ausschlussfrist für die Ansprüche ab Juli 2013 bis Februar 2014 gewahrt.

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht. Dies ist besonders bei Lohnklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer (BAG 16. Januar 2013 – 10 AZR 863/11 – Rn. 24 mwN, BAGE 144, 210; vgl. auch BAG 18. April 2012 – 4 AZR 395/10 – Rn. 41 mwN).

bb) Das Schreiben vom 3. Juli 2013 entspricht den Anforderungen für eine Geltendmachung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD. Der Kläger hat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er noch Inhaber der Forderung auf Zahlung der Wechselschichtzulage und der Zuschläge für ungünstige Zeiten in Höhe der Nettobezüge ist und auf Erfüllung dieser Ansprüche besteht. Er hat den Beklagten gebeten, die entsprechenden Zahlungen zu leisten. Da der Kläger auf die ihm erteilten Verdienstabrechnungen verwies, war für den Beklagten auch ohne weiteres klar, dass sich die Geltendmachung gerade auf die tariflichen Ansprüche auf Zahlung der Wechselschichtzulage und auf die Zahlung der Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit bezieht. In dem Schreiben hat der Kläger ferner ausgeführt, was er unter den Zulagen für Dienste für ungünstige Zeiten versteht. Die Ansprüche sind auch hinsichtlich der Höhe mit hinreichender Klarheit geltend gemacht worden. Es bedurfte vorliegend nicht einer konkreten Angabe der Höhe der Forderung. Es wurde angegeben, dass die Ansprüche ab Mai 2012 bestehen und der Beklagte wurde entsprechend zur Zahlung aufgefordert. Für den Beklagten war die Höhe der geltend gemachten Forderung ohne weiteres aufgrund der ihm bekannten tariflichen Vorschriften und der pfändungsrechtlichen Bestimmungen pro Monat errechenbar. Der Beklagte hat im Übrigen in seinem Schreiben vom 29. Juli 20113 das Schreiben des Klägers vom 3. Juli 2013 selbst als Geltendmachung iSd. der Ausschlussfrist des § 37 TVöD bezeichnet.

cc) Es bedurfte keiner gesonderten Geltendmachung der Ansprüche für den Zeitraum ab Juli 2013. Mit dem Schreiben vom 3. Juli 2013 brachte der Kläger hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass er die Auszahlung der sich aus der Wechselschichtzulage und aus den Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit ergebenden Nettobezüge begehrt, weil er diese als unpfändbar bewertet. Der Beklagte konnte das Schreiben nicht dahin verstehen, dass der Kläger seine Ansprüche auf Auszahlung dieser Beträge nur auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt. Vorliegend handelt es sich bei den Ansprüchen auf Auszahlung der Wechselschichtzulagen und auf Auszahlung der Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit für die Monate ab Juli 2013 auch um „später fällige Leistungen“ aus demselben Sachverhalt iSd. § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD. Derselbe Sachverhalt liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind (vgl. BAG 19. Februar 2014 – 10 AZR 620/13 – Rn. 19, NZA-RR 2014, 386). Dies ist hier der Fall. Die einzig strittige Frage zwischen den Parteien war und ist, ob die hier streitgegenständlichen Ansprüche unpfändbar und damit von der Abtretungserklärung nicht erfasst sind.

4. Der Kläger hat Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen (§ 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Jedenfalls ab dem 27. März 2014 befand sich der Beklagte mit der Zahlung in Verzug.

II. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

1. Die Feststellungsklage wird den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO gerecht.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger/die Klägerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Die Feststellungsklage kann sich als sog. Elementenfeststellungsklage auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 11; 24. Mai 2012 - 6 AZR 703/10 - Rn. 22; 17. Januar 2012 – 3 AZR 135/10 – Rn. 19).

b) Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, da der Beklagte der Ansicht ist, die Wechselschichtzulage und die Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit seien pfändbar und diese Bezüge daher mit in das pfändbare Arbeitseinkommen, welches abgetreten ist, einbezieht. Da die Wohlverhaltensphase noch bis 2017 andauert, sind weiter die pfändbaren Bezügebestandteile aufgrund der Abtretungserklärung an die Treuhänderin zu zahlen.

2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Beklagte ist gemäß §§ 850e Nr. 1, 850a Nr. 3 ZPO verpflichtet, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens des Klägers, das dieser gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO an die bestellte Treuhänderin/an den bestellten Treuhänder abgetreten hat, die dem Kläger zustehende Wechselschichtzulage und die dem Kläger zustehenden Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten, nämlich Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, nicht mitzurechnen. Denn diese Bezüge sind nicht pfändbar. Es wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

D. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von dem Beklagten bei dem
Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt
(Postadresse: 99113 Erfurt),
Revision eingelegt werden.
Die Revision muss innerhalb
einer Notfrist von einem Monat
schriftlich beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb
einer Frist von zwei Monaten
schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Als solche sind außer Rechtsanwälten nur folgende Stellen zugelassen, die zudem durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln müssen:
• Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
• juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Für d. Kläger ist kein Rechtsmittel gegeben.
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 72 a ArbGG wird hingewiesen.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts unter www.bundesarbeitsgericht.de.
S. G. D.
Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung einzureichen.

RechtsgebietZPOVorschriften§ 850 a Nr. 3 ZPO

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