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18.12.2014 · IWW-Abrufnummer 143536

Oberlandesgericht München: Urteil vom 06.06.2013 – 1 U 319/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht München

Urt. v. 06.06.2013

Az.: 1 U 319/13

Tenor:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 18.09.2012, Az. 1 O 1024/11 Hei, wird zurückgewiesen.
II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz gestützt auf den Vorwurf, er habe infolge unzureichender Vorsorge- und Hygienemaßnahmen während seines stationären Aufenthalts im beklagten Klinikum im Zeitraum vom 22.09.2009 bis 25.09.2009 einen Befall mit einem multiresistenten Staphylococcus aureus (MRSA-Keim) erlitten.

Der Kläger (Jahrgang 1964) ist von Beruf Rettungssanitäter. Er wurde am 22.09.2009 wegen einer Magen-Darm-Erkrankung notarztmäßig in die Klinik der Beklagten in G. eingeliefert. Er war ab dem Nachmittag des 22.09.2009 in einem Dreibettzimmer untergebracht, zusammen mit den Patienten M. und H. Beim Patienten H. war wegen einer schlecht verheilenden Wunde am 20./21.09.2009 ein Abstrich gemacht worden. Das Labor teilte der Beklagten telefonisch am 23.09.2009 um 13.58 Uhr den Befund "MRSA-Besiedelung" mit. Daraufhin wurde der Patient H. in ein Einzelzimmer verlegt und es wurden beim Kläger Abstriche genommen. Diese ergaben den Befund "Rachen/Nase positiv, Leiste und Axille negativ". Hinsichtlich der festgestellten MRSA-Besiedelung wurde eine Sanierung vorgenommen. Nachfolgende Kontrollabstriche waren negativ.

Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass der Befall mit dem MRSA-Keim, den er während seines Krankenhausaufenthalts erlitten habe, eine ärztliche Pflichtverletzung darstelle. Die Beklagte habe Hygienevorschriften derart gravierend vernachlässigt, dass die Keimbesiedelung geradezu zwingend gewesen sei. Der Patient H. hätte isoliert untergebracht werden müssen, auch nach Verlegung des Patienten seien nicht alle erforderlichen Vorsorgemaßnahmen getroffen worden, um den Kläger vor dem Keim zu schützen. Abgesehen davon handele es sich um ein voll beherrschbares Risiko der Beklagten, weswegen die Beklagte nachweisen müsse, dass der Kläger den Keim nicht im Zuge der Krankenhausbehandlung erlangt habe und es trotz Wahrung aller Vorsorgemaßnahmen zum Befall gekommen sei. Die bisherige Rechtsprechung berücksichtige den aktuellen Zustand in den Kliniken in Deutschland nicht hinreichend und lasse außer Acht, dass mit mehr Personal und Geld ein besserer Zustand erreichbar wäre.

Es sei nicht sicher, ob es bei einer lokalen Keim-Besiedelung im Nasenbereich geblieben sei oder ob sich der Keim nicht anderweitig im Körper abgelagert habe. Hierfür spreche, dass bei einem nachfolgenden Krankenhausaufenthalt kurzzeitig wieder ein nasaler Keim beim Kläger festgestellt worden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass der Keim künftig körperliche Schäden anrichte. Der Kläger sei durch die Keimbesiedelung gefährdet worden, er habe Angstzustände erlitten und Sorge, wie sich dies in der Zukunft auswirken könne. Dies rechtfertige seine Anträge auf Schmerzensgeld und Feststellung.

D Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 1.000,00 EURUR.
2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die sich aus der Keimverseuchung während des stationären Aufenthaltes im Krankenhaus der Beklagten vom 22.09.2009 bis 25.09.2009 ergeben.
3.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Zahlung des nicht anrechenbaren Anteils der außergerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG einschließlich Auslagen und Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von 970,92 EUR freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt:

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, dass der Kläger den festgestellten MRSA-Keim im Krankenhaus der Beklagten erlangt habe, zumal der Kläger als Rettungsassistent durch Patientenkontakte vorher bereits eine Keimkontamination erlitten habe könne. Das Auftreten von MRSA-Keimen in einer Klinik sei nicht voll beherrschbar im Sinne der Rechtsprechung. Abgesehen davon habe die Beklagte in jeder Hinsicht die Hygienestandards eingehalten und die gebotenen Vorsorgemaßnahmen getroffen. Abgesehen davon sei zwischen lokaler Keimbesiedelung und Infektion durch MRSA-Keime zu unterscheiden. Der festgestellte und erfolgreich bekämpfte lokale Keimnachweis in der Nase des Klägers habe keine nennenswerte Beeinträchtigung des Klägers nach sich gezogen und begründe auch keinerlei Risiken für die Zukunft.

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung des Klägers und eines Vertreters der Beklagten, Zeugeneinvernahme und Erholung eines Sachverständigengutachtens im Anschluss an die mündliche Anhörung des Sachverständigen mit Urteil vom 18.09.2012 abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger könne schon nicht nachweisen, dass er in der beklagten Klinik mit dem MRSA-Keim infiziert worden sei. Es sei ebenso möglich, dass der Kläger den Keim bereits zum Zeitpunkt der Klinikeinlieferung gehabt habe. Selbst wenn feststünde, dass der Kläger die MRSA-Besiedelung im beklagten Klinikum erworben habe, könne der Kläger einen Behandlungsfehler und dessen Ursächlichkeit für die behaupteten Körperschäden nicht beweisen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Unterbringung des Klägers im Zimmer mit den Patienten H. nicht zu beanstanden, ebenso das weitere Vorgehen der Beklagten. Soweit sich der Kläger auf eine unzureichende Einwirkzeit des Desinfektionsmittels gestützt habe, könne er nicht nachweisen, dass dies zur Keimübertragung geführt habe. Auch ein ungenügender Hygieneplan sei nicht feststellbar, vielmehr entspreche der Hygieneplan der Beklagten nach Aussage des Sachverständigen den Vorgaben des Gesetzes und des Robert-Koch-Instituts. Gleiches gelte für die Pflegepersonalregelung. Eine Beweislastumkehr unter dem Gesichtspunkt des voll beherrschbaren Risikos komme nicht in Betracht, da eine Infektion aus einem hygienisch voll beherrschbaren Bereich nicht vorliege. Die Gewährung einer Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zum Beweisergebnis sei nicht veranlasst, vielmehr sei es für die Klagepartei möglich gewesen, sich zum Beweisergebnis im Verhandlungstermin zu äußern.

Ergänzend wird Bezug genommen auf das landgerichtliche Urteil, Bl. 75/85 d.A.

Der Kläger hat gegen das landgerichtliche Urteil, das ihm am 19.12.2012 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 19.01.2013, bei Gericht eingegangen am 21.01.2013, Berufung eingelegt und diese am 18.02.2013 begründet.

Der Kläger rügt in der Berufung, dass sich der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung widersprüchlich dazu geäußert habe, ob der von der Beklagten vorgelegte Hygieneplan den Anforderungen des Robert-Koch-Instituts entspreche. Das Gericht hätte dem Gutachter aufgeben müssen, den Plan der Beklagten und die Regularien des Robert-Koch-Instituts im Einzelnen gegenüber zu stellen. Angesichts der Komplexität der Vorschriften könne es einem Juristen nicht zugemutet werden, diesbezüglich näher vorzutragen. Damit sei ein wesentlicher Punkt der Beweisführung der Klagepartei offen geblieben, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Zudem hätte das Landgericht dem Kläger eine Stellungnahmefrist zu den mündlichen Ausführungen des Gutachters einräumen müssen.

Die Behauptung, es sei bereits bei Einlieferung des Patienten H. im beklagten Klinikum bekannt gewesen, dass dieser MRSA-Keimträger sei, hat der Kläger nicht aufrechterhalten (Bl. 120 d.A.).

Der Kläger hat - nachdem der Senat mitgeteilt hat, dass er den vom Landgericht mit 52.500 EUR bemessenen Feststellungsantrag höchstens mit einem Betrag von 5.000 EUR bewertet - seine Schmerzensgeldforderung von 1.000 EUR auf 20.000 EUR erhöht und beantragt nunmehr:

Das Urteil des Landgerichts München II vom 18.09.2012, Az. 1O 1024/11 Hei, wird wie folgt abgeändert:

1.

Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 20.000,00 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage bzw. des Schriftsatzes vom 05.05.2013.
2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die sich aus der Keimverseuchung während des stationären Aufenthalts im Krankenhaus der Beklagtenpartei vom 22.09.2009 bis 25.09.2009 ergeben
3.

Die Beklagtenpartei wird weiter verurteilt, den Kläger von der Zahlung des nicht anrechenbaren Anteils der außergerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG einschließlich Auslagen und Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von 970,92 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie steht auf dem Standpunkt, zu Recht habe das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht habe weder das rechtliche Gehör des Klägers verletzt noch die Beweislast verkannt. Der Sachverständige habe unmissverständlich und widerspruchsfrei dargelegt, dass der Hygieneplan der Beklagten sämtlichen Anforderungen entspreche.
Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass der Kläger von der Beklagten weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz fordern kann. Es liegen weder die Voraussetzungen für eine vertragliche (§§ 611, 280 Abs. 1, 249, 253 BGB) noch für eine deliktische (§§ 823, 831, 249, 253 BGB) Haftung der Beklagten vor. Damit muss auch der Feststellungsantrag erfolglos bleiben, ungeachtet der Frage, inwieweit eine kurzzeitige lokale MRSA-Keimbesiedelung im Nasen-/Rachenbereich eines Betroffenen überhaupt geeignet ist, gesundheitliche Spätschäden zu verursachen. Auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, gegen das der Kläger in der Berufung lediglich noch in einem Punkt sachliche Einwände erhebt, kann Bezug genommen werden. Weder aus dem Berufungsvorbringen noch aus dem Akteninhalt kann eine entscheidungsrelevante Rechtsverletzung seitens des Landgerichts festgestellt werden, noch bestehen Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen.

Im Arzthaftungsprozess trägt der Patient die Beweislast für den behaupteten Behandlungsfehler, also das Abweichen der ärztlichen Vorgehensweise vom Facharztstandard. Auch den Beweis für den Ursachenzusammenhang von Behandlungsfehler und behaupteten (Gesundheits-) Schaden hat nach § 286 ZPO der Patient zu führen, sofern nicht eine der Fallgruppen gegeben ist, in denen die Rechtsprechung ausnahmsweise zugunsten des Patienten Beweiserleichterungen annimmt. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, vermag der Kläger den ihn obliegenden Nachweis eines für den Keimbefall kausalen Behandlungsfehlers nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu führen. Die Voraussetzungen für eine abweichende Beweislastverteilung zwischen dem Kläger und der Beklagten liegen ebenfalls nicht vor.

1. Es steht - dies stellt der Kläger in der Berufung auch nicht in Frage - schon nicht fest, dass der Kläger überhaupt im Zuge seines stationären Aufenthalts im beklagten Klinikum den bei ihm festgestellten MRSA-Keim erworben hat. Es ist zwar denkbar, dass der Keim von dem zeitweise im gleichen Zimmer liegenden Patienten H. direkt oder indirekt auf den Kläger übertragen worden ist. Ebenso gut kann der Kläger jedoch, wie viele Betroffene, bereits vor seiner Einlieferung in das beklagte Klinikum unbemerkt Träger des MRSA-Keimes gewesen sein, zumal er als Rettungsassistent ein höheres Risiko eines Keimerwerbs trägt. Zeitnahe, aussagekräftige Tests auf MRSA wurden beim Kläger vor der stationären Aufnahme nicht durchgeführt. Eine Überprüfung der Identität der Keime wurde ebenfalls nicht vorgenommen, hierfür gab es auch keine Veranlassung.

2. Vom Kläger erstinstanzlich geltend gemachte Versäumnisse zur Vermeidung einer Keimübertragung haben sich nicht bestätigt. Der in Deutschland geltende fachärztliche Standard für Kliniken sieht weder vor, dass jeder Patient bei Aufnahme in ein Krankenhaus auf MRSA getestet wird, noch dass ein Patient mit offener Beinwunde von anderen Patienten getrennt untergebracht sein muss. Auch sonstige Umstände, die es geboten hätten, den Patienten H. früher zu isolieren, liegen nicht vor. Soweit der Kläger in der Berufung zunächst behauptet hat, es sei bereits bei Einlieferung des Patienten H. bekannt gewesen, dass dieser MRSA-Keimträger ist, hat er den Vortrag revidiert und sein Beweisangebot zurückgezogen. Das Vorgehen der Beklagten, den Patienten H. unmittelbar nach Kenntnis vom Laborergebnis zu isolieren und von den Mitpatienten Abstriche zu nehmen, war fachgerecht. Allein die vom Kläger behauptete zu kurze Desinfektionszeit bei einem Verbandswechsel könnte als ein Verstoß gegen den Facharztstandard gewertet werden, allerdings wäre dies lediglich ein einfacher Fehler, dessen Kausalität für die Besiedelung des klägerischen Nasen-/Rachenraums mit dem MRSA-Keim nicht feststellbar ist.

3. Dem Kläger kommen keine Beweiserleichterungen zugute. Weder ergaben sich Anhaltspunkte für einen groben Behandlungsfehler noch liegen die Voraussetzungen für die Bejahung eines voll beherrschbaren Risikos vor.

Für die von der Rechtsprechung entwickelte Figur des voll beherrschbaren Risiko- bzw. Gefahrenbereichs besteht nur dann Raum, wenn festgestellt werden kann, dass die Schädigung des Patienten weder aus einer Sphäre stammt, die - wie z.B. Risiken aus dem eigenen menschlichen Organismus - dem Patienten zuzurechnen ist, noch aus dem Kernbereich des ärztlichen Handelns herrührt. Nur wenn unstreitig oder nachgewiesen ist, dass das Risiko, das sich bei dem Patienten verwirklicht, aus einem Bereich stammt, dessen Gefahren ärztlicherseits durch sachgerechte Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehens objektiv voll ausgeschlossen werden kann und muss (so genannte voll beherrschbare Risiken, vgl. BGHZ 89, 263, 289; BGH VersR 1978, 82, 83, BGH VersR 1991, 1058, 1059 [BGH 25.06.1991 - VI ZR 320/90]; BGH NJW 1991, 1541, 1542 [BGH 08.01.1991 - VI ZR 102/90]; BGH VersR 2007, 847, 848 [BGH 20.03.2007 - VI ZR 158/06]), trifft die Behandlungsseite die Darlegungs- und Beweislast für Verschuldensfreiheit.

Vorliegend sind sowohl Zeitpunkt als auch Quelle der Keimübertragung unbekannt. Es ist nicht aufklärbar, ob der Kläger bereits MRSA-Keimträger war, als er in das beklagte Klinikum eingeliefert worden ist oder ob er den Keim dort erworben hat. Schon daraus folgt, dass die Grundsätze der Rechtsprechung zum voll beherrschbaren Risiko keine Anwendung finden können. Doch selbst wenn der Kläger den MRSA-Keim über einen Mitpatienten erlangt haben sollte, würde allein dieser Umstand noch keine Haftung der Beklagten begründen. Während das Krankenhauspersonal sowie die verwendeten Gerätschaften integraler Bestandteil des Klinikbetriebes sind und dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Klinikleitung unterstehen, können die (Mit-)Patienten eines Krankenhauses nicht dem (voll zu beherrschenden) Gefahrenkreis des Krankenhausträgers zugerechnet werden. Es entspricht zudem sowohl der Rechtsprechung des Senats (OLG München vom 11.10.2011, 1 U 2952/11) als auch anderer Oberlandesgerichte (OLG Hamm vom 13.12.2004, 3 U 135/04 und vom 09.12.2009, 3 U 122/09; OLG Sachsen-Anhalt vom 12.06.2012, 1 U 119/11), dass die Infektion eines Patienten mit einem multiresistenten Erreger während eines Krankenhausaufenthalts weder per se eine Haftung der Klinik begründet, noch ein Indiz für eine mangelhafte Behandlung darstellt. Die Wege, auf denen sich Keime verbreiten können, sind weder vollständig kontrollierbar noch kann die Übertragung zuverlässig durch angemessene Vorsorgemaßnahmen ausgeschlossen werden. Infektionen, die sich aus solchen - nicht beherrschbaren - Gründen ereignen, gehören zum entschädigungslos bleibenden Lebensrisiko des Patienten.

4. Damit können die Berufungsangriffe des Klägers keinen Erfolg haben.

a) Soweit der Kläger rügt, ihm sei nach der Anhörung des Sachverständigen die beantragte Schriftsatzfrist versagt worden, ist eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargetan. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, war es dem Kläger im konkreten Fall möglich und zumutbar, sich im Anschluss an die Anhörung des Sachverständigen zum Beweisergebnis zu äußern. In der Berufung hat der Kläger zudem nicht näher erläutert, welche entscheidungserheblichen Aspekte er bei Gewährung einer Schriftsatzfrist vorgebracht hätte. Soweit er meint, die Ausführungen des Sachverständigen zur Frage der Wahrung der Hygienestandards bei der Beklagten seien widersprüchlich und unzureichend gewesen, ist nicht ersichtlich, weshalb er dies nicht bereits bei bzw. im Anschluss an die Sachverständigenanhörung hätte vorbringen können, zumal er im Schriftsatz vom 07.10.2011 eine Verlängerung der Schriftsatzfrist beantragt hat, um die Hygienepläne der Beklagten mit den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts abgleichen zu können.

b) Zudem sind die Ausführungen des Sachverständigen zur Frage der Einhaltung der Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung eines MRSA-keimes weder unzureichend noch widersprüchlich. Der Sachverständige hat sich ausführlich dazu geäußert, welche konkret gebotenen Maßnahmen zum Schutz gegen eine Keimausbreitung getroffen werden müssen und auch inwieweit diese vorliegend eingehalten wurden. Er hat auf Nachfrage des Klägers in der Verhandlung vom 18.09.2012 den vorgelegten Hygieneplan der Beklagten, die insoweit ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, überprüft und erklärt, der Plan entspreche den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Insoweit hat der Gutachter seine vorangegangene Aussage, wonach er "davon ausgehe", dass der Hygieneplan der Beklagten fachlich nicht zu beanstanden ist, einer fachlichen Prüfung unterzogen und seine Aussage präzisiert. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Erläuterungen des Sachverständigen auf einer unzureichenden, fehlerhaften Prüfung beruhen, liegen nicht vor. Der Kläger hat in der Berufung nicht einmal ansatzweise Versäumnisse oder Unzulänglichkeiten des Hygieneplanes der Beklagten aufgezeigt, was ihm auch unter Berücksichtigung der im Arzthaftungsrecht geminderten Anforderungen an die Darlegung sehr wohl möglich und zumutbar gewesen wäre. Unabhängig vom Vortrag des Klägers ergeben sich auch nicht von Amts wegen Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit des Hygieneplanes der Beklagten. Der Senat sieht keine Veranlassung, den Sachverständigen mit einer Ausarbeitung einer Gegenüberstellung des Planes und den Regularien des Robert-Koch-Instituts zu beauftragen, um zu überprüfen, ob - wie der Sachverständige erklärt hat - Übereinstimmung besteht oder sich eventuell doch - worauf ersichtlich die Klagepartei ohne jegliche konkrete Anhaltspunkte hofft - eine Diskrepanz auftut.

Soweit der Kläger meint, es sei Sache der Beklagten, die Übereinstimmung ihres Hygieneplans mit den Vorschriften des Robert-Koch-Instituts darzulegen und zu beweisen, ansonsten müsse sie für die festgestellte MRSA-Verkeimung haften, teilt der Senat diesen Standpunkt nicht. Wie dargelegt fehlt es an den Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers, da weder ein voll beherrschbares Risiko gegeben ist noch ein grober Fehler festgestellt werden kann. Ergänzend ist festzustellen, dass die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der ersten Instanz den Nachweis eines ordnungsgemäßen Hygieneplans ohnehin erbracht hat.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der Rechtsstreit wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 823 Abs. 1 BGB

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