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03.04.2007 · IWW-Abrufnummer 071178

Bundesfinanzhof: Beschluss vom 06.10.2006 – I B 28/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


I B 28/06

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Bildung von Rückstellungen und das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA) im Zusammenhang mit Urlaub von Gesellschafter-Geschäftsführern, der aus betrieblichen Gründen nicht in Anspruch genommen und später in Geld abgegolten worden ist.

Die beiden Geschäftsführer T und C waren zunächst alleinige Gesellschafter der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), einer GmbH. Ab August 2000 hielten sie noch jeweils ein Drittel der Geschäftsanteile, das weitere Drittel übernahm J, der in den Streitjahren 1999 bis 2002 als Angestellter bei der Klägerin beschäftigt war. T, C und J haben in den Streitjahren ihren dienstvertraglich auf 30 Tage jährlich festgelegten Urlaub aus --wie nicht in Streit steht-- betrieblichen Gründen nicht in Anspruch genommen. Die Klägerin bildete in den Jahresabschlüssen 1999 bis 2001 Urlaubsrückstellungen für T, C und J in Höhe von jeweils mehr als 30 Tagen. Im Dezember 2002 galt die Klägerin ihnen den in den Vorjahren nicht genommenen Urlaub durch Zahlung von jeweils 16 531,38 ¤ ab. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) löste im Rahmen der Festsetzung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträgen für 1999 bis 2001 die Urlaubsrückstellungen auf, soweit diese jeweils mehr als 30 Tage betragen haben und behandelte die Abgeltungszahlungen vom Dezember 2002 als vGA.

Mit der Klage wendete sich die Klägerin gegen die Auflösung der Urlaubsrückstellungen und die Behandlung der Abgeltungszahlungen als vGA an T, C und J. Die Klage hatte in Bezug auf die T und C betreffenden Rückstellungen und Zahlungen Erfolg, während sie hinsichtlich J vom Finanzgericht (FG) Baden Württemberg abgewiesen worden ist (Urteil vom 13. Februar 2006 6 K 180/05).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Beschwerde, mit der das FA beantragt, die Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Die Klägerin tritt der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Soweit das FA die Zulassung der Revision auch insoweit beantragt hat, als die Klage vom FG abgewiesen wurde (Rückstellungen und Zahlung an J), ist die Nichtzulassungsbeschwerde mangels Beschwer des FA und wegen unterbliebener Begründung unzulässig.

Das Beschwerdebegehren ist ausweislich des am 16. März 2006 per Telefax eingegangenen Beschwerdeschriftsatzes des FA, welcher bereits einen ausformulierten Antrag enthielt, auf Zulassung der Revision gegen das gesamte Urteil des FG gerichtet und umfasst deshalb vom eindeutigen Wortlaut her auch die Teilabweisung der Klage. Eine einschränkende Auslegung des Antrags war zum Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde nicht möglich, weil dem am 16. März 2006 per Telefax übersandten Beschwerdeschriftsatz das Urteil des FG, anhand dessen unter Umständen entgegen dem Wortlaut des Antrags auf ein eingeschränktes Beschwerdebegehren des FA hätte geschlossen werden können, noch nicht beigefügt war. Die Urteilsabschrift ist erst zusammen mit dem Original des Beschwerdeschriftsatzes am 20. März 2006 eingegangen, als die Nichtzulassungsbeschwerde mit dem uneingeschränkten Antrag bereits anhängig war. Da das FA durch die Teilabweisung der Klage jedoch nicht beschwert ist und die Nichtzulassungsbeschwerde diesbezüglich entgegen § 116 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht begründet worden ist, ist sie insoweit als unzulässig zu verwerfen.

2. Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen die Teilstattgabe der Klage richtet, ist sie zulässig, aber unbegründet. Die Zulassung der Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) veranlasst. Die vom FA in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen sind überwiegend durch die Senatsrechtsprechung bereits geklärt. Soweit das nicht der Fall ist, sind sie für den Streitfall nicht klärungsbedürftig.

a) Die von der Klägerin zunächst den Rückstellungen zugeführten und später ausgezahlten Beträge für den von T und C nicht in Anspruch genommenen Urlaub sind vom FG auf der Basis der Senatsrechtsprechung bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im Ergebnis zu Recht auch insoweit einkommensmindernd berücksichtigt worden, als sie über jeweils 30 Tage hinausgehen. Es handelt sich dabei unter den vom FA vorgebrachten Aspekten nicht um vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ist die Abgeltung eines vertraglich zugesagten Urlaubsanspruchs gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer steuerrechtlich nicht zu beanstanden, wenn --wie nach den Feststellungen des FG hier unstreitig der Fall-- der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht in Anspruch genommen werden konnte (Senatsurteile vom 28. Januar 2004 I R 50/03, BFHE 205, 192, BStBl II 2005, 524; vom 8. Januar 1969 I R 21/68, BFHE 95, 89, BStBl II 1969, 327; vom 10. Januar 1973 I R 119/70, BFHE 108, 183, BStBl II 1973, 322). Der Urlaubsanspruch wandelt sich in diesem Fall zivilrechtlich in einen Geldleistungsanspruch wegen erbrachter Mehrleistungen um, ohne dass hierfür eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden müsste. Der Abgeltungsanspruch folgt bereits unmittelbar aus der Einräumung des Urlaubsanspruchs im Dienstvertrag (Senatsurteile in BFHE 205, 192, BStBl II 2005, 524; in BFHE 95, 89, BStBl II 1969, 327, unter Bezugnahme auf Bundesgerichtshof, Urteil vom 3. Dezember 1962 II ZR 201/61, Neue Juristische Wochenschrift 1963, 535). Das aus § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) abgeleitete arbeitsrechtliche Verbot der Urlaubsabgeltung steht dem Abgeltungsanspruch nicht entgegen, weil das BUrlG als Arbeitnehmerschutzgesetz auf den Geschäftsführer einer GmbH nicht --auch nicht entsprechend-- anwendbar ist (Senatsurteile in BFHE 205, 192, BStBl II 2005, 524; in BFHE 95, 89, BStBl II 1969, 327; Gosch KStG § 8 Rz. 1342; ausführlich Haase, GmbH-Rundschau 2005, 265, m.w.N. auch zur Gegenauffassung).

Mit der Zuführung der Urlaubsabgeltungsbeträge in die Rückstellungen und der späteren Auszahlung an die Geschäftsführer hat die Klägerin somit Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gesellschafter-Geschäftsführern passiviert bzw. befriedigt, die auch Fremdgeschäftsführern zugestanden hätten und die deshalb dem bei Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorzunehmenden Fremdvergleich standhalten.

b) Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen bedürfen zur Entscheidung des Streitfalls keiner Klärung.

aa) Die vom FA angesichts der im Streitfall über mehrere Jahre hinweg erfolgten Ansammlung betriebsbedingt nicht genommenen Urlaubs für klärungsbedürftig erachtete Frage, ob und wie lange der Urlaubsanspruch eines oder mehrerer beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bei fehlender Regelung im Anstellungsvertrag in Folgejahre übertragen werden könne und dementsprechende Urlaubsrückstellungen gebildet werden könnten, wenn betriebliche Gründe der Urlaubsinanspruchnahme entgegengestanden haben, geht an den unter II.2.a geschilderten rechtlichen Gegebenheiten bei der Urlaubsabgeltung gegenüber Geschäftsführern vorbei.

Die Frage basiert auf den unzutreffenden Annahmen, der aus betriebsbedingten Gründen vom Geschäftsführer nicht in Anspruch genommene Urlaub bedürfe zur Erhaltung weiterer Rechte einer Übertragungsvereinbarung auf das Folgejahr --so allerdings fälschlich auch das FG-- und könne überdies, wenn er nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt genommen oder durch Zahlung abgegolten werde, ersatzlos verfallen (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 11. Januar 2005 S 292.2/ G 152.2, FG-Akte Bl. 61). Nach der oben dargestellten Senatsrechtsprechung ist es jedoch vielmehr so, dass der Anspruch des Geschäftsführers auf Gewährung des dienstvertraglich vereinbarten Urlaubs, der im abgelaufenen Kalenderjahr betriebsbedingt nicht in Anspruch genommen werden konnte, sich ohne weiteres Zutun der Beteiligten --mithin auch ohne gesonderte Übertragungsvereinbarung (s. insoweit auch z.B. Senatsurteil vom 30. Juli 1997 I R 65/96, BFHE 184, 297, BStBl II 1998, 402; Gosch KStG § 8 Rz. 596)-- in einen auf Leistung von Geld gerichteten Abgeltungsanspruch des Geschäftsführers umwandelt. Dieser auf Geld gerichtete Anspruch des Geschäftsführers verfällt nicht, wenn er nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt wird, sondern unterliegt --soweit dienstvertraglich nichts anderes vereinbart ist-- lediglich den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen von Verjährung und Verwirkung. Er ist folgerichtig in der Bilanz der Gesellschaft als Erfüllungsrückstand zu passivieren und stellt, auch wenn der Gläubiger zugleich Gesellschafter ist und der Anspruch erst geraume Zeit später durch Zahlung erfüllt wird, ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine vGA dar.

Entgegen der Sicht des FA folgt aus dem Senatsurteil in BFHE 205, 192, BStBl II 2005, 524 nichts anderes. Soweit dort (unter II.2.d) von einem "Verfallen" des Urlaubsanspruchs mit Ablauf des Jahres oder (in Anlehnung an § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) zum 31. März des Folgejahres die Rede ist, ist damit ganz offenkundig kein ersatzloser Fortfall des Urlaubsanspruchs, sondern die auch in jenem Urteil (unter II.2.a) beschriebene unmittelbare Umwandlung des zunächst primär auf Gewährung bezahlten Urlaubs gerichteten Anspruchs des Geschäftsführers in einen auf Leistung von Geld gerichteten Abgeltungsanspruch gemeint.

bb) Bislang durch die Rechtsprechung nicht geklärt ist lediglich --wie die zuvor zitierte Passage aus dem Senatsurteil in BFHE 205, 192, BStBl II 2005, 524 zeigt-- der genaue Zeitpunkt, in welchem sich der Urlaubsanspruch in den Geldleistungsanspruch des Geschäftsführers umwandelt.

Der Festlegung eines exakten Umwandlungszeitpunkts bedarf es jedoch für die Ermittlung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 7 Satz 1 GewStG nicht, denn der vom Geschäftsführer betriebsbedingt im abgelaufenen Jahr nicht genommene Urlaub wäre auch dann in der Schlussbilanz jenes Jahres zu berücksichtigen, wenn die Umwandlung des Urlaubsanspruchs in einen Geldleistungsanspruch nicht bereits unmittelbar zum Jahresende, sondern erst im Verlauf des Folgejahres eintreten würde. Auch dann bestünde entsprechend den zu rückständigen Urlaubsverpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern entwickelten Grundsätzen (BFH-Urteile vom 8. Juli 1992 XI R 50/89, BFHE 168, 329, BStBl II 1992, 910; vom 10. März 1993 I R 70/91, BFHE 170, 433, BStBl II 1993, 446; vom 6. Dezember 1995 I R 14/95, BFHE 180, 258, BStBl II 1996, 406) bereits zum Ende des abgelaufenen Jahres ein in der Bilanz der Gesellschaft zu passivierender Erfüllungsrückstand in Höhe des Urlaubsentgelts.

Soweit das FA den Zeitpunkt der Umwandlung des Urlaubsanspruchs in einen Geldleistungsanspruch im Hinblick auf die Einkommensbesteuerung des Geschäftsführers für klärungsbedürftig hält, vermag dies die Zulassung der Revision im Streitfall, der ausschließlich die Besteuerung der Gesellschaft betrifft, nicht zu begründen. Die Zulassung der Revision wegen Rechtsgrundsätzlichkeit setzt nämlich voraus, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage auch für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1972 III B 40/71, BFHE 105, 335, BStBl II 1972, 575; vom 21. Dezember 1992 X B 42/91, BFH/NV 1993, 549; vom 1. Februar 1994 VII B 127/93, BFH/NV 1994, 873; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 53).

c) Ob die über einen längeren Zeitraum unterbliebene Geltendmachung der Abgeltungsforderungen vor allem bei fehlender Verzinsungsregelung Anlass zur Prüfung hätte geben können, inwieweit die passivierten Verpflichtungen der Klägerin einem Fremdvergleich unter dem Aspekt hinreichender Ernstlichkeit und Üblichkeit standhalten (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2005 I R 27/04, BFH/NV 2005, 1633; vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515), ist einer Beurteilung durch den Senat entzogen. Das FA hat die Beschwerde nicht auf diesen Gesichtspunkt gestützt und das Beschwerdegericht ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf die Prüfung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zulassungsgründe auch dann beschränkt (BFH-Beschluss vom 6. August 1986 II B 53/86, BFHE 147, 219, BStBl II 1986, 858; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 116 FGO Tz. 29), wenn sich Zweifel an der materiellen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aus anderen Gründen ergeben.

RechtsgebieteFGO, EStG, KStG, GewStG, BUrlGVorschriftenFGO § 116 Abs. 3 EStG § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG § 8 Abs. 3 Satz 2 GewStG § 7 Satz 1 BUrlG § 7 Abs. 4

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