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12.03.2014 · IWW-Abrufnummer 140728

Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.02.2014 – 23 S 156/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


23 S 156/13
13 C 175/12 Amtsgericht Langenfeld

Verkündet am 19.02.2014

Landgericht Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit
xxx
hat die 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15.01.2014 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx, die Richterin am Landgericht xxx und die Richterin xxx für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Langenfeld vom 04.04.2013, Az. 13 C 175/12, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Gewährleistung aus einem Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw vom 22.11.2011 (Bl. 25 d.A.) in Anspruch. Er begehrt Schadensersatz für den Austausch des Dieselpartikelfilters gemäß der Rechnung vom 18.06.2012 (Bl. 11 d.A.). Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die besondere Beschaffenheit des Dieselpartikelfilters für sich gesehen kein Fehler der Kaufsache sei, allerdings der Kläger die ihm obliegende Mitwirkungspflicht (regelmäßige Regenerationsfahrten) nicht erfüllt habe. Anderenfalls wäre der Partikelfilter vor seinem Austausch nicht völlig verstopft gewesen. Soweit der Kläger als schadensmitursächlichen Fehler geltend macht, die Warnleuchte sei zum Zeitpunkt des Liegenbleibens des Fahrzeugs außer Funktion gewesen, sei er hierfür beweisfällig geblieben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren auf Schadensersatz nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten weiterverfolgt. Regelmäßige Regenerationsfahrten seien nicht erforderlich, sondern das Zusetzen eines Dieselpartikelfilters hänge vielmehr u.a. vom Kraftstoff, von dem persönlichen Fahrverhalten, von der Außentemperatur, von der Besonderheit der einzelnen Motoren etc. ab. Deshalb müssten Regenerationsfahrten nur dann ergriffen werden, wenn die entsprechende Warnleuchte aufleuchte, was hier vor dem 30.04.2012, als der Wagen keine Durchzugskraft mehr gehabt habe, nicht er-folgt sei. Die Beklagte sei beweispflichtig dafür, dass die Warnleuchte aufgeleuchtet habe, da es sich nicht um das normale Zusetzen des Partikelfilters gehandelt habe.

Von weiteren tatbestandlichen Ausführungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

B.

I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt, §§ 511, 517, 519 ZPO, und ordnungsgemäß begründet worden, § 520 ZPO.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg, weil die Klage unbegründet ist. Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1)

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts stellt ein verstopfter Filter grundsätzlich einen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB dar. Denn der Dieselpartikelfilter erfüllt seine Funktion, aus den Abgasen schädliche Rußpartikel auszufiltern, nicht, wenn er (völlig) zugesetzt ist. Folgeprobleme, wie etwa die vom Kläger geschilderten (Verlust der Durchzugskraft), oder weitere Schäden an anderen Motorteilen können eintreten.

Von dieser Frage der Mangelhaftigkeit sind die weiteren zwischen den Parteien streitigen Punkte, wie ein etwaig unsachgemäßer Gebrauch durch den Kläger oder anderes mitwirkendes Verschulden zu trennen. Auch geht es nicht um die grundsätzliche Frage, ob das Fahrzeug für den vom Kläger überwiegend zurückgelegten Kurzstreckenverkehr ungeeignet sei. Die Notwendigkeit von Regenerierungs- bzw. Freibrennfahrten im Kurzstreckeneinsatz und bei niedrigen Außentemperaturen stellt keinen Sachmangel dar (BGH NJW 2009, 2056 ff.). Anhaltspunkte, die eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die Vor- und Nachteile eines Rußpartikelfilters begründen könnten (OLG Hamm, NJW-RR 2010, 566) sind im vorliegenden Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich.

2)

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers setzt allerdings voraus, dass der Mangel bei Gefahrübergang bestanden hat. Zeigt sich - wie hier - ein Sachmangel innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Gefahrübergang, so wird gemäß § 476 BGB vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Genau diese Unvereinbarkeit ist im vorliegenden Fall gegeben, die Beklagte hat die Vermutungswirkung aus § 476 BGB widerlegt, weil die Vermutung mit der Art des Mangels unvereinbar ist.

a)

Unstreitig wurde dem Kläger der gebrauchte Opel Zafira 1,9 C dti am 24.11.2011 übergeben. Nach der Behauptung der Beklagten meldete sich der Kläger telefonisch in der 16. Kalenderwoche 2012 (= ca. Mitte April) und schilderte einen Leistungsabfall und dass die gelben Kontrollleuchten (Symbole „Schraubenschlüssel“ und „Motorblock“) leuchteten. Nach der Behauptung des Klägers blieb das Fahrzeug am 30.04.2012 stehen und die gelben Kontrollleuchten (Symbole „Schraubenschlüssel“ und „Motorblock“) leuchteten, so dass er das Fahrzeug an diesem Tag in eine Werkstatt verbrachte. Mithin hat sich ein Sachmangel innerhalb der Ereignisfrist von 6 Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs gezeigt (§§ 476, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Der Sachmangel zeigte sich ca. 5 Monate nach Übergabe und bestand - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - darin, dass sich der Dieselpartikelfilter völlig zugesetzt hatte, was den Austausch des Filters erforderlich machte. Die Vermutung des § 476 BGB greift demnach grundsätzlich ein. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei gebrauchten Sachen die Vermutung nicht generell ausgeschlossen (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 476 Rz. 16 zitiert nach beck-online).

b)

Die Vermutung gilt allerdings nicht, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Mit diesem Ausschlusstatbestand sind Fälle gemeint, in welchen ein Erfahrungssatz dafür spricht, dass der Mangel nachträglich entstanden ist. Hierbei sind der Grad der Abnutzung wie auch die Art des Mangels zu berücksichtigen, das heißt es ist eine Gesamtschau beider Vermutungsausschlussgründe vorzunehmen. Maßgeblich ist, ob der konkrete Mangel bei dem konkreten Kaufgegenstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Rückschluss auf sein Vorliegen bzw. das Vorliegen eines „Grundmangels“ zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs zulässt (Münchener Kommentar, a.a.O. Rz. 15, 16). Wegen der Art des Mangels ausgeschlossen ist die Vermutungswirkung bei nachträglich üblichen Sachverschlechterungen wie etwa Verschleiß oder Verderb. Das ist etwa der Fall bei typischen Verschleißerscheinungen, die zwar zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel dargestellt hätten, aber ebenso gut auf einen nachträglichen Gebrauch zurückzuführen sein können. Auch ein Fehlgebrauch der Sache kann zum Ausschluss der Vermutung wegen der Art des Mangels führen (Münchener Kommentar, a.a.O., Rz. 18, 23).

Vorliegend hat die Beklagte bewiesen, dass es sich bei dem Zusetzen des Filters um eine nachträglich übliche Sachverschlechterung durch Verschleiß bzw. unsachgemäßen Gebrauch des Klägers handelt. Die Beklagte hat Bescheinigungen über die kurz vor der Übergabe des Fahrzeuges durchgeführte Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung (Bl. 26, 27 d.A.) vorgelegt, wonach bei der Hauptuntersuchung „keine Mängel“ festgestellt und die Abgasuntersuchung „bestanden“ wurde. Des Weiteren hat sie auf das - vom Kläger eingeräumte - Fahrverhalten verwiesen, wonach das gebrauchte Fahrzeug vom Kläger ganz überwiegend im Kurzstreckeneinsatz genutzt wird. Nach dem Handbuch (Bl. 29 d.A.) kann sich allerdings das Diesel-Partikel-Sytem bei bestimmten Fahrbedingungen, z.B. Kurzstreckenverkehr, nicht automatisch reinigen. Erforderlich ist vielmehr eine Verbrennung der Rußpartikel bei hoher Temperatur. Sobald die Straßen- und Verkehrsverhältnisse es zulassen, soll hierfür die Geschwindigkeit auf über 40 km/h erhöht werden. Es soll unter Last gefahren werden, das heißt die Motordrehzahl soll nicht unter 2000 sinken. Der Reinigungsvorgang kann bis zu 25 Minuten dauern.

Dass die von dem Kläger behauptete eine längere Fahrt innerhalb seiner Nutzungszeit diese Vorgaben an eine Regenerationsfahrt nach dem Benutzerhandbuch erfüllt, hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Er hat zwar darauf verwiesen, dass er kurz vor dem 30.04.2012 eine Fahrt nach Essen unternommen habe, bei der die einfache Strecke ca. 40 km betrage, wobei er dabei „auch Geschwindigkeiten von über 140 km/h“ gefahren sei. Dies genügt indes nicht, weil hierbei nicht ersichtlich wird, ob und inwieweit der Kläger über welchen Zeitraum mit der erforderlichen Motordrehzahl gefahren ist. Alleine die Geschwindigkeit sagt noch nichts über die Motordrehzahl aus, zumal der Kläger selbst nicht behauptet, die behauptete hohe Geschwindigkeit über den erforderlichen längeren Zeitraum von mindestens 25 Minuten gehalten zu haben.

Entgegen der Ansicht des Klägers in der Berufung müssen Regenerationsfahrten nicht nur dann ergriffen werden, wenn die entsprechende Warnleuchte (Symbol „Glühfaden“) aufleuchtet. Vielmehr ist nach dem von der Beklagten vorgelegten Benutzerhandbuch die Selbstreinigungsfunktion des Diesel-Partikel-Systems in bestimmten Intervallen durchzuführen. Eine automatische Reinigung im reinen Kurzstreckenverkehr, wie hier vom Kläger durchgeführt, findet nicht statt. Aus der von dem Kläger vorgelegten Seite 118 der Bedienungsanleitung (Bl. 33 d.A.) ergibt sich nichts anderes. Mithin hat die Beklagte bewiesen, dass der geltend gemachte Sachmangel (völliges Zusetzen des Dieselpartikelfilters) auf eine unsachgemäße Behandlung der Kaufsache durch den Käufer zurückzuführen ist, weil er die erforderlichen Freibrennfahrten über die von ihm gefahrenen weiteren 5.000 km nicht durchgeführt hat.

Auch in der Gesamtschau der Vermutungsausschlussgründe besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es sich bei dem völlig zugesetzten Dieselpartikelfilter um eine typische Verschleißerscheinung handelt, die zwar zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel dargestellt hätte, aber ebenso gut auf einen nachträglichen Gebrauch zurückzuführen sein kann. Denn die gebrauchte Kaufsache wies im Zeitpunkt der Übergabe bereits eine Laufleistung von ca. 116.000 km auf und wurde durch den Kläger über weitere 5.000 km genutzt, wobei der Kläger nicht im Sinne der ihm obliegenden sekundären Behauptungslast substantiiert dargelegt hat, dass keine unsachgemäße Behandlung vorlag, insbesondere dass er die erforderlichen Freibrennfahrten im gebotenen Umfang durchgeführt hat (vgl. zur Beweislastverteilung: Münchener Kommentar, a.a.O. Rz. 26). Dass er die Bescheinigungen über die Haupt- und Abgasuntersuchungen mit Nichtwissen bestritten hat, genügt nicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast. Soweit er geltend macht, während seiner Besitzzeit habe das Symbol „Glühfaden“ außerhalb der für Dieselfahrzeuge üblichen Vorglühzeit nicht aufgeleuchtet, gilt im Ergebnis nichts anderes. Selbst unterstellt, das Symbol „Glühfaden“ habe während der 5-monatigen Nutzungszeit des Klägers niemals geblinkt, hätte er regelmäßige Regenerationsfahrten durchführen müssen, da sich, worauf er an anderer Stelle der Bedienungsanleitung ausdrücklich hingewiesen wird, das Diesel-Partikel-System im Kurzstreckeneinsatz nicht automatisch reinigt. Zudem ist dem Kläger durch die beiden Symbole „Schraubenschlüssel“ und „Motorblock“ ein akutes Problem des Fahrzeugs angezeigt worden. Der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, dass dies bereits Mitte April 2012 der Fall war und der Kläger gleichwohl das Fahrzeug bis zum 30.04.2012 unverändert weiternutzte, ist der Kläger nicht hinreichend entgegen getreten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

IV.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 1.602,88 festgesetzt.

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