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17.07.2012

Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 29.03.2012 – 4 K 916/11

1. Erhält ein behindertes Kind die bedarfs- und bedürftigkeitsunabhängige Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, so dass das Existenzminimum des Kindes gedeckt ist und der Kindergeldberechtigte grundsätzlich keinen Unterhalt mehr leisten muss, besteht gleichwohl die Möglichkeit zu Abzweigung des Kindergeldes an den Grundsicherungsleistungsträger dem Grunde nach, weil die für die Abzweigungsentscheidung maßgebende zivilrechtliche Unterhaltspflicht bestehen bleibt (entgegen FG Sachsen-Anhalt jeweils v. 10.11.2011, K 33/11 (rechtskräftig); 5 K 454/11 (Revision eingelegt, Az beim BFH: V R 48/11) und 5 K 196/11 (Revision eingelegt, Az bei BFH: V R 47/11).

2. Im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Abzweigung von Kindergeld an den Grundsicherungsleistungen gewährenden Sozialleistungsträger ist mit vermindertem Beweismaßstab in jedem Einzelfall festzustellen, ob und in welcher Höhe den Kindergeldberechtigten den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffende Aufwendungen entstanden sind. Den Kindergeldberechtigten ist zuzumuten, die Aufwendungen im Einzelnen darzustellen, vorhandene Belege und Nachweise vorzulegen und bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Nicht zu prüfen ist, die Art oder die Verhältnismäßigkeit der Aufwendungen.

3. Die Aufwendungen der Kindergeldberechtigten sind bezogen auf ein Jahr zu ermitteln und diese sodann durchschnittlich auf einen Monat zu verteilen.

4. Beim Erwerb langlebiger Wirtschaftsgüter für das Kind wie z. B. Einrichtungsgegenstände, sind die steuerlichen Abschreibungszeiträume in Ansatz zu bringen. Möglicherweise besteht jedoch eine kürzere Nutzungsdauer z. B. durch behinderungsbedingten höheren Verschleiß.

5. Beim sog. „Wirtschaften aus einem Topf”, wovon beim Haushalt des Kindergeldberechtigten lebenden volljährigen behinderten Kindern in der Regel auszugehen ist, sind die erhaltenen Grundsicherungsleistungen, getrennt nach den einzelnen Abteilungen der Regelsatzleistungen den jeweils glaubhaft gemachten Aufwendungen der Kindergeldberechtigten für die einzelnen Abteilungen gegenüber zu stellen und nur, soweit höhere Aufwendungen als die jeweiligen Sätze der Abteilungen geleistet werden, sind diese Beträge den Kindergeldberechtigten als eigene Leistungen zuzurechnen. Eine Verrechnung zwischen den einzelnen Abteilungen scheidet aus.

6. Die äußeren Grenzen, innerhalb derer eine (positive) Abzweigungsentscheidung getroffen werden kann, sind die Fälle, in denen der Kindergeldberechtigte einerseits mindestens Aufwendungen in Höhe des Kindergeldes hat und andererseits in denen er gar keine Aufwendungen trägt. Im zuerst genannten Fall ist das Ermessen der Familienkasse dahingehend auf Null reduziert, dass eine Abzweigung nicht erfolgen darf. Im zweiten Fall erscheint dagegen jede andere Entscheidung als die volle Abzweigung ermessensfehlerhaft. Bei unterhalb der Höhe des Kindergeldes liegendem Aufwand ist regelmäßig allein gerechtfertigt, das Kindergeld dem Kindergeldberechtigten in Höhe dieses Aufwands zu belassen und nur den Restbetrag abzuzweigen.

7. Ist danach die Abzweigung in Höhe der Differenz zwischen den vom Kindergeldberechtigten getragenen Aufwendungen und dem gesetzlichen Kindergeld die nicht begründungsbedürftige Regelfolge des § 74 Abs. 1 EStG, erscheint eine abwägende Stellungnahme der Familienkasse weder zur Abzweigung dem Grunde noch der Höhe nach erforderlich.


IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 4. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht …, die ehrenamtliche Richterin … und den ehrenamtlichen Richter …

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzweigung von Kindergeld für das geistig behinderte Kind C, geboren am … 1975. Der Grad der Behinderung liegt ohne Merkzeichen bei 60, das Kind steht unter Betreuung von Frau B. Das Kind ist seit dem 01. November 1998 in der Werkstatt für Behinderte Menschen der Lebenshilfe-Werk Magdeburg gGmbH beschäftigt und bezieht von dort Arbeitsentgelte sowie von der Landeshauptstadt Magdeburg – der Klägerin – nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung. Die ebenfalls unter Betreuung stehende Mutter Frau A, die Beigeladene, erhielt fortlaufend Kindergeld. Das Kind lebt im Haushalt der Beigeladenen.

Mit Schreiben vom 05. Oktober 2010 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Dezember 2008, III R 6/07, die Abzweigung des Kindergeldes in voller Höhe nach § 74 Abs. 1 und 3 Einkommensteuergesetz in der Fassung der Streitjahre (EStG) und § 104 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Klägerin führte aus, dass sie dem Kind Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII in Höhe von monatlich 184 EUR gewähre.

Die Beklagte hörte die Beigeladene zum Abzweigungsantrag an und forderte sie auf, tatsächliche monatliche Unterhaltsleistungen zu benennen und durch detaillierte Nachweise zu belegen. Mit (interner) Kassenanordnung vom 04. November 2010 stellte sie die Kindergeldzahlungen für das Kind ab November 2010 ein.

Die Betreuerin der Beigeladenen teilte nachfolgend mit, dass das Kind gemeinsam mit seiner Mutter eine Wohnung bewohne, die Mutter ihren Sohn beköstige und gemeinsame Freizeitveranstaltungen unternehme und dafür das Kindergeld einsetze. Nachweise oder Belege legte sie nicht vor.

Mit nach Aktenlage nur an die Betreuerin der Beigeladenen versendetem und an die Beigeladene gerichtetem Bescheid vom 06. Dezember 2010 zweigte die Beklagte ab November 2010 das komplette Kindergeld in Höhe von 184 EUR an die Klägerin mit der Begründung ab, dass die von der Beigeladenen benannten Unterhaltsleistungen in Form von Sachleistungen für das Kind durch die Grundsicherungsleistungen der Klägerin abgedeckt seien.

Hiergegen legte die Beigeladene am 09. Dezember 2010 Einspruch ein. Sie gab an, dass das Kindergeld für gemeinsame Freizeitgestaltungen und Kurzurlaube, Bekleidung für den Sohn, zu erneuernde Möbelstücke sowie Küchenzubehör eingesetzt werde und das Kind im Haushalt der Mutter wohne.

Nachfolgend forderte die Beklagte die Beigeladene auf, die angegebenen Betreuungskosten aufzulisten.

Mit (nur) an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 03. März 2011 entsprach die Beklagte dem Abzweigungsantrag der Klägerin vom 05. Oktober 2010 und zweigte ab November 2010 184 EUR aus dem Kindergeldanspruch der Beigeladenen ab. Die Beklagte führte in dem Bescheid aus, dass eine Auszahlung noch nicht möglich sei, da die Kindergeldberechtigte Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt habe.

Die Betreuerin der Beigeladenen wies darauf hin, dass diese bisher nicht aufgefordert worden sei, Belege für die Ausgaben für ihren Sohn zu sammeln. Die Betreuerin gab an, der Beigeladenen wöchentlich das Geld für den Lebensunterhalt, Kaufgeschäfte, Anschaffungen in der Wohnung und Freizeitgestaltung einzuteilen und dass die Familie sehr viel gemeinsam unternehme. Einige kopierte Belege legte sie vor. Später gab die Betreuerin der Beigeladenen sodann an, dass die Beigeladene jeweils jährlich für Konzertbesuche 100 EUR, für Kinobesuche 80 EUR, für Tagesfahrten mit dem Bus 160 EUR, für Zoobesuche 50 EUR, für Messe/Rummel 60 EUR, für Kulturpark Rotehorn 30 EUR, für Besuche bei McDonald's 60 EUR und für den Kauf von Videos/DVD 50 EUR vom Kindergeld bezahle.

Mit Bescheid vom 29. März 2011 zog die Beklagte nach Zustimmung der Beigeladenen die Klägerin zum Einspruchsverfahren hinzu. In diesem Bescheid führte die Beklagte aus, dass die Betreuerin der Beigeladenen angegeben habe, dass jährlich ca. 590 EUR Betreuungskosten für den Sohn aufgebracht würden.

Die Klägerin stellte nachfolgend dar, dass sie Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich derzeit 301,10 EUR zahle, damit das Existenzminimum des Kindes decke und die Eltern daher keinen Unterhalt zu zahlen brauchten. Zwar blieben die Eltern dem Grunde nach unterhaltsverpflichtet, doch würden eventuelle Leistungen der Eltern auf die Grundsicherung angerechnet. Vorliegend könne nicht erkannt werden, dass die Kindergeldberechtigte tatsächlich Unterhalt leiste, der über die Leistungen der Grundsicherung hinausgehe. Die Angaben der Beigeladenen würden bezweifelt, es fehle an glaubhaft gemachten Aufwendungen und ein fiktiver Betreuungsaufwand könne nicht berücksichtigt werden.

Mit nur an die Betreuerin der Beigeladenen versendeten und an die Beigeladene gerichteten Bescheid vom 08. Juli 2011 zweigte die Beklagte daraufhin ab November 2010 einen Betrag in Höhe von monatlich 134 EUR an die Klägerin ab und gab an, dass die Abzweigung in dieser Höhe angemessen sei, da das Kindergeld insoweit für den Kindesunterhalt bestimmt und im Wesentlichen der Bedarf des Kindes durch die Grundsicherungsleistungen des Sozialamtes gedeckt sei. Die Beklagte ermittelte für den Zeitraum November 2010 bis Juni 2011 insgesamt einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.472 EUR, wovon 400 EUR auf die Beigeladene und 1.072 EUR auf die Klägerin entfielen. Mit (interner) Kassenanordnung vom 08. Juli 2011 verfügte die Beklagte die Nachzahlung an die Beigeladene und die Klägerin. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten überreichten Zahlungsübersicht wurden an die Beigeladene am 14. Juli 2011 400 EUR und nachfolgend bis einschließlich September 2011 für das Kind C monatlich 50 EUR ausgezahlt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2011 änderte die Beklagte die angefochtene Entscheidung dahingehend, dass der Beigeladenen monatlich 50 EUR Kindergeld für ihr Kind C gewährt werde, und wies im Übrigen den Einspruch der Beigeladenen als unbegründet zurück. Die Beklagte führte aus, dass die Voraussetzungen für eine anteilige Abzweigung vorliegen würden, da die Beigeladene ihre gesetzliche Unterhaltspflicht lediglich mit einem Betrag erfülle, der geringer sei als das auf das Kind entfallende Kindergeld. Die Beigeladene habe behinderungsbedingte Mehraufwendungen nur in Höhe von monatlich 50 EUR geltend gemacht. Die geltend gemachten Aufwendungen wurden in der Einspruchsentscheidung im Einzelnen ohne Nennung von Beträgen benannt. Die Einspruchsentscheidung wurde mit Schreiben vom 11. Juli 2011 der Klägerin übersendet.

Nachdem die Klägerin Klage erhoben hatte, erließ die Beklagte eine (interne) Kassenanordnung, wonach die Kindergeldzahlungen für das Kind C ab September 2011 vollständig eingestellt werden sollten. Dabei kam es zu einem Fehler, in dem zunächst die Zahlung des Kindergeldes für das zweite Kind der Beigeladenen vollständig einbehalten wurde und für das hier streitige Kind 50 EUR an die Beigeladene und 134 EUR an die Klägerin gezahlt wurden. Erst ab Oktober 2011 wurden die Kindergeldzahlungen für C vollständig eingestellt (und die Zahlungen für das zweite Kind der Beigeladenen wieder aufgenommen).

Am 05. August 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie führt aus, dass die dem Kind zur Verfügung stehenden eigenen finanziellen Mittel angemessene Anteile zur Befriedigung von persönlichen Bedürfnissen enthalten würden und nicht ersichtlich sei, dass die Beigeladene von ihrem Einkommen her in der Lage sei, 50 EUR monatlich an Unterhalt zuzuwenden. Zudem seien entsprechende Zuwendungen im Grundsicherungsverfahren nicht angezeigt worden und nicht ersichtlich, dass das Kind die dargestellten Aufwendungen überhaupt in einem höheren Maße monatlich tätige, als es diese bereits aufgrund seiner eigenen Mittel finanzieren könne. Letztlich seien im Regelbedarf der Grundsicherungsleistung Anteile für Freizeitaufwendungen in Höhe von 38,50 EUR monatlich enthalten, so dass bei behaupteten Aufwendungen von 50 EUR monatlich weniger als 15 EUR durch das Einkommen des Kindes nicht gedeckt seien.

Zudem fehle es an einer Glaubhaftmachung der behaupteten Aufwendungen der Beigeladenen. Soweit Aufwendungen nachgewiesen worden seien, könnten diese teilweise nur anteilig dem Kind zugerechnet werden bzw. wirkten sich einmalige Anschaffungskosten nur in dem Monat auf den Kindergeldanspruch aus, in dem sie angefallen und nicht anderweitig gedeckt seien. Hinsichtlich eines angeschafften Wohnzimmersofas oder der Reparatur der Waschmaschine seien entsprechende Bedarfsgruppen in der Regelleistung der Grundsicherung enthalten.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 11. Juli 2011 insoweit aufzuheben, als nicht bis einschließlich September 2011 Erfüllung eingetreten ist, und der Beklagten aufzugeben, den Abzweigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie

für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und

für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Betreuerin der Kindergeldberechtigten glaubhaft Aufwendungen vorgetragen und teilweise belegt habe. Die eingereichten Belege seien naturgemäß nicht vollständig, da nicht für jeden Kauf oder jede Dienstleistung Quittungen vorhanden seien. Sie gehe davon aus, dass die Beigeladene im Rahmen der Betreuung und Versorgung ihres in ihrem Haushalt lebenden Kindes mindestens Aufwendungen in Höhe von monatlich 50 EUR erbringe und daher eine Abzweigung in Höhe von (nur) 134 EUR an die Klägerin ermessensgerecht sei. Die Betreuerin der Beigeladenen habe auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass sie die Aufwendungen der Beigeladenen bestätigen könne. Sie teile der Beigeladenen Geld zu und stelle auch für besondere Bedürfnisse zusätzliches Geld zur Verfügung. Die Beigeladene trage geplante Ausgaben vor, so dass die jährlichen Aufwendungen von der Betreuerin aufgrund ihrer Erfahrungswerte hätten dargestellt werden können. Nachweise gebe es nur im Einzelfall, die Betreuerin könne jedoch die benannten Aufwendungen bestätigen.

Die Beklagte ist des Weiteren der Ansicht, dass durch die teilweise Auszahlung des Kindergeldes in Höhe von 50 EUR monatlich für den Zeitraum November 2010 bis September 2011 nach der Rechtsprechung des BFH Erfüllung eingetreten und die Klage daher insoweit abzuweisen sei.

Soweit die Klägerin oder das Gericht der Auffassung sein sollten, dass die Aufwendungen der Beigeladenen dem jeweiligen Regelsatz der Grundsicherungsleistung gegenzurechnen seien, weist die Beklagte darauf hin, dass der Gesamtbedarf des Kindes um dessen Einkünfte gemindert worden sei, so dass der Bedarf des Kindes nur zu ca. 62 % aus der Grundsicherung gedeckt werde. Die Regelsatzanteile wären entsprechend zu mindern.

Des Weiteren verweist die Beklagte auf die aktuelle Rechtsprechung des 5. Senats des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt (5 K 454/11, EFG 2012, 629, Revision eingelegt – Aktenzeichen des BFH V R 48/11).

Mit Beschluss vom 26. September 2011 ist die Kindesmutter A zum Verfahren nach § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen worden. Die Betreuerin der Beigeladenen, Frau B, gab nachfolgend an, dass sie die finanziellen Angelegenheiten sowohl der Beigeladenen wie des Kindes regele und Gelder auszahle. Beide könnten den Sinn der Sammlung von Belegen aufgrund ihres Minderintellektes nicht richtig begreifen, so dass die genannten Aufwendungen nur begrenzt belegt werden könnten. Die Betreuerin wiederholte ihre Angaben aus dem Verwaltungsverfahren und gab an, dass das Kind ein eigenes Zimmer habe und das Wohnzimmer mit nutze und hierfür Anschaffungen erfolgt seien. Die Beigeladene erhalte eine Erwerbsunfähigkeitsrente und Wohngeld. Die Aufwendungen seien vom bisher gezahlten Kindergeld getragen worden, nach der Kürzung des Kindergeldes seien die gemeinsamen Aktivitäten eingeschränkt worden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BFH zur Erfüllungswirkung der Auszahlung des Kindergeldes an den Kindergeldberechtigten ihren Klageantrag auf Abzweigung von weiteren 50 EUR monatlich für den Zeitraum November 2010 bis September 2011 zurückgenommen.

Die Bevollmächtigte und Betreuerin der Beigeladenen gab in der mündlichen Verhandlung an, dass sie sowohl für die Beigeladene wie das Kind getrennte Rechnungslegungen vornehme und auch getrennte Konten der Beigeladenen und des Kindes vorhanden seien. Es erfolge eine strikte Trennung der finanziellen Angelegenheiten. Die Beigeladene äußere bei ihrer wöchentlichen Abholung des Bargeldes für den Lebensunterhalt Wünsche hinsichtlich weiterer Aufwendungen wie z.B. Freizeitveranstaltungen mit ihrem Sohn. Insoweit reiche die Betreuerin an die Beigeladene zusätzliche Gelder aus, die in gesonderten Listen vermerkt und auch quittiert würden. Dieses Geld stamme ausschließlich aus Einkünften der Beigeladenen und werde von deren Konto abgehoben. Die Beigeladene sei diejenige, die für die Familie Freizeit und sonstige Angelegenheiten organisiere. Zwar würden der Beigeladenen bei den Bargeldabholungen auch Gelder für ihren Sohn ausgehändigt, doch erfolge dies in gesonderten Umschlägen mit Namensbezeichnung von C und würde sich das Kind bei Ausbleiben dieser Umschläge bzw. des Geldes auch umgehend bei der Betreuerin melden. Diesbezügliche Gelder würden ausschließlich dem Konto des Sohnes entnommen werden. Es komme auch vor, dass der Sohn eigene Wünsche über den wöchentlichen Bargeldbetrag hinaus äußere, die dann ebenfalls erfüllt würden, ohne dass die Betreuerin die Verwendung des Geldes im Einzelnen hinterfrage. Soweit die Mutter Freizeitaufwendungen organisiere, würden diese ausschließlich von ihren Einkünften bezahlt. Es könne allenfalls sein, dass das Kind Geld dazu gebe.

Einen eigenen Antrag hat die Beigeladene nicht gestellt.

Dem Senat haben die Kindergeldakte der Beklagten und die Leistungsakte der Klägerin vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage wird hinsichtlich der Streitmonate November 2010 bis September 2011 gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO eingestellt, da die Klägerin insoweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat.

Die zulässige Klage ist im Übrigen unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zu Recht hat die Beklagte an die Klägerin aus ihrem grundsätzlich bestehenden Anspruch nach § 74 Abs. 1 EStG nur 134 EUR abgezweigt und im Übrigen das Kindergeld weiterhin an die Kindergeldberechtigte – die Beigeladene – ausgezahlt. Insoweit hat die Beklagte ihr Ermessen rechtmäßig ausgeübt, § 102 FGO.

1. Nach § 74 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Sätzen 1 und 3 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Abs. 1 EStG auch an die Person oder Stelle ausgezahlt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG gewährleistet, dass andere Stellen, die im Hinblick auf die Unterhaltspflicht an die Stelle des Kindergeldberechtigten treten, durch die Auszahlung des Kindergeldes an sich einen finanziellen Ausgleich erhalten (vgl. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-Kommentar, 209. Lieferung, April 2003, § 74 Rz. 12; Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 74 Rz. B 17; Dürr in EStG-Praxiskommentar Frotscher, 143. Lieferung, Stand März 2008, § 74 Rz. 9).

a) Eine Abzweigung setzt voraus, dass der Kindergeldberechtigte zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet ist, aber keinen Unterhalt leisten will, keinen Unterhalt leisten kann oder als Unterhalt nur einen geringeren Betrag als das Kindergeld zu leisten braucht.

Der Unterhaltspflicht nicht nachkommen bedeutet, dass der Kindergeldberechtigte objektiv und dauerhaft für den wesentlichen Unterhalt des Kindes nicht aufkommt. Auf die Gründe für die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht kommt es nicht an (vgl. BFH Urteil vom 15. Juli 2010 – III R 89/09, BFHE 231, 52, BFH/NV 2011, 121, m.w.N.).

Nach § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unterhaltsberechtigt ist nach § 1602 BGB aber nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen zählen grundsätzlich sämtliche Einkünfte, die geeignet sind, den gegenwärtigen Lebensbedarf des Einkommensbeziehers sicher zu stellen. Dazu zählen auch Grundsicherungsleistungen, soweit sie nicht subsidiär sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII bleiben Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Eltern unberücksichtigt, sofern deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV unter 100.000 EUR liegt, wobei ein Unterschreiten der Grenze von 100.000 EUR gesetzlich vermutet wird, § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XII.

b) Im Urteil des BFH vom 17. Dezember 2008 – III R 6/07, BFHE 224, 228, BStBl. II 2009, 926, m.w.N., führt dieser aus, dass die Grundsicherungsleistungen für die Kinder des Beigeladenen nicht nachrangig sind und den unterhaltsrechtlichen Bedarf mindern (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 20. Dezember 2006 – XII ZR 84/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht – FamRZ – 2007, 1158). Die Grundsicherungsleistungen führen nicht zu einem gesetzlichen Übergang der Unterhaltsansprüche der Kinder gegen ihre Eltern auf den Leistungsträger (§ 94 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XII), sondern lassen die Unterhaltspflicht der Eltern in diesem Umfang erlöschen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 08. Februar 2007 – B 9b SO 5/06 R, FamRZ 2008, 51). Da die Grundsicherungsleistungen das Existenzminimum der Kinder sichern, braucht der Kindergeldberechtigte seinen Kindern keinen Unterhalt zu zahlen. Gleichwohl bleibt der Kindergeldberechtigte dem Grunde nach zum Unterhalt gegenüber seinen Kindern verpflichtet, auch wenn die Unterhaltsansprüche der Kinder nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII aufgrund seiner Einkommensverhältnisse unberücksichtigt bleiben. Würde er Unterhalt leisten, wären die Leistungen auf die Grundsicherung anzurechnen (BGH-Urteil in FamRZ 2007, 1158). Daher ist der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG (keine Unterhaltspflicht mangels Leistungsfähigkeit) erfüllt (so ausdrücklich der BFH im Urteil vom 17. Dezember 2008 – III R 6/07, a.a.O.).

Auf den hiesigen Streitfall übertragen bedeutet dies, dass dem Grunde nach die Abzweigung möglich ist. Das Kind bezieht von der Klägerin nach §§ 41 ff. SGB XII laufende Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von 290,32 EUR bis 323,01 EUR monatlich. In diesen Leistungen sind der Regelsatz des Grundsicherungsbedarfs in Höhe von 287 EUR (2010) bzw. 291 EUR (ab Januar 2011) und die auf das Kind entfallenden anteiligen Kosten der Unterkunft enthalten und werden die eigenen Einkommen des Kindes gegen gerechnet. Das Existenzminimum des Kindes ist damit gedeckt. Damit braucht die Beigeladene an ihren Sohn grundsätzlich keinen Unterhalt mehr zu leisten, bleibt aber weiterhin zivilrechtlich unterhaltsverpflichtet.

c) Im Gegensatz hierzu ist der 5. Senat des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt in seinen Urteilen vom 10. November 2011 – 5 K 454/11, EFG 2012, 629 (Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH V R 48/11); 5 K 33/11, juris (rechtskräftig) und 5 K 196/11, juris (Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH V R 47/11), jeweils Entscheidungsgründe unter 3.a), der Ansicht, dass die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Prüfung der Unterhaltsleistungen der kindergeldberechtigten Eltern gewährt werde, so dass die Tatsache, dass Grundsicherungsleistungen erbracht würden, kein Indiz für das von § 74 Abs. 1 EStG vorausgesetzte Unterhaltsdefizit sei. Die Grundsicherungsleistung sei eine bedarfs- und bedürftigkeitsunabhängige Sozialleistung zur Sicherung der Existenz, die kein Indiz dafür sei, dass der Träger der Sozialhilfe vorrangig vor dem Kindergeldberechtigten Unterhalt gewähre. Es fehle daher an der inneren Rechtfertigung für eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger. Zudem vertritt der 5. Senat die Auffassung, dass im Regelfall zu unterstellen sei, dass die Eltern mehr als den Kindergeldbetrag für den Unterhalt ihres behinderten Kindes aufwendeten. Weiter beziehe sich der Leistungsumfang der Grundsicherung nur auf die Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts, demgegenüber sei im Rahmen der Prüfung des § 74 Abs. 1 EStG der gesamte Lebensunterhalt zu berücksichtigen. Die Regelsatzleistungen würden zudem nicht einmal den gesetzlichen Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG erreichen, bis zu dem unter steuerlichen Gesichtspunkten von einer Unterhaltspflicht der Kindergeldberechtigten auszugehen sei. Der 5. Senat ist der Ansicht, dass die „Einheit der Rechtsordnung” in den konkret entschiedenen Streitfällen nicht gewahrt sei und die steuerrechtliche Abzweigung (auch) im Lichte der Sozialgesetzgebung zu bewerten sei.

d) Der hier entscheidende 4. Senat des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt folgt der Rechtsprechung des 5. Senates nicht und schließt sich der Rechtsprechung des BFH an.

aa) Hinsichtlich der vom 5. Senat problematisierten „Einheit der Rechtsordnung” sieht der BFH offensichtlich keine rechtliche Differenzierungsnotwendigkeit. Er legt vielmehr die streitgegenständlichen sozialrechtlichen Normen unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH und des BSG aus und erkennt keine Wertungswidersprüche zwischen Steuer- und Sozialrecht. Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Dass die Einheit der Rechtsordnung in verfassungswidriger Weise verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Zudem können unterschiedliche Rechtsgebiete aufgrund ihrer gesetzgeberischen Zielsetzungen unterschiedliche Rechtswirkungen entfalten, ohne dass dies in jedem Fall zu einer Rechtswidrigkeit der Einzelentscheidung führen muss oder im hier zu entscheidenden Fall führt.

bb) Es ist des Weiteren zu beachten, dass das Kindergeld, auch soweit es nach § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie dient, keine Sozialleistung im formellen Sinn ist, sondern eine einkommensteuerrechtliche Förderung der Familie durch eine Sozialzwecknorm darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 23. November 2000 – VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl. II 2001, 279, und vom 14. Mai 2002 – VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 – III B 167/06, BFH/NV 2007, 865), so dass nach Überzeugung des erkennenden Senats eine Übertragung sozialhilferechtlicher Maßstäbe auf das Kindergeldrecht nicht ungeachtet der Besonderheiten der steuergesetzlichen Regelungen erfolgen kann. Der Tatbestand des § 74 Abs. 1 EStG geht vom Bestehen von Unterhaltspflichten nach den zivilrechtlichen Regelungen §§ 1601 ff. BGB aus. Bei der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 EStG sind unterhaltsrechtliche Maßstäbe nach dem BGB und nicht sozialhilferechtliche Maßstäbe nach dem SGB II oder SGB XII anzulegen. Gleiches gilt im Rahmen der im Abzweigungsverfahren zu treffenden Ermessensentscheidung der Familienkassen (vgl. auch FG Münster, Urteil vom 25. Februar 2011 – 12 K 1891/10 Kg, EFG 2011, 1727).

cc) Es mag des Weiteren zwar sein, dass Eltern in der Regel einen höheren Unterhalt als den Kindergeldbetrag aufwenden – dies dürfte sogar zwingend der Fall sein, da mit dem monatlichen Kindergeld in gesetzlicher Höhe der normale Lebensbedarf eines Kindes nicht gedeckt werden kann –, dies ändert jedoch nichts an der Grundentscheidung des BFH, dass die Grundsicherungsleistungen zumindest einen Teil der erforderlichen Unterhaltsaufwendungen der Kindergeldberechtigten decken und insoweit die erforderlichen Unterhaltsbedarfe des Kindes gemindert werden. Die Unterhaltspflicht der Eltern besteht gleichwohl für den Differenz- oder übersteigenden Betrag fort. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, dass die Grundsicherungsleistungen unter dem Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bleiben.

Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Berechnung der Grundsicherungsleistung im Alter und bei Erwerbsminderung auch die eigenen Einkommen des Bedürftigen einbezieht. Würden die eigenen Einkommen den Regelsatz und die Kosten der Unterkunft vollständig decken, gäbe es keine Grundsicherungsleistung. Gleichwohl bestünde der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinen Eltern hinsichtlich eines ggf. verbleibenden Unterhaltsbedarfs fort.

dd) Hinzu kommt, dass im Streitfall die Beigeladene nicht nur nach § 74 Abs. 1 Satz 3 1. Alt. EStG, sondern auch nach sozialrechtlichen Kriterien mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Der Maßstab der Leistungsfähigkeit bestimmt sich bei einer beantragten Abzweigung wegen Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und liegt damit bei einem jährlichen Gesamteinkommen von über 100.000 EUR. Nur dann geht das SGB XII von einer Leistungsfähigkeit der Eltern aus. Über entsprechende Einkommen verfügt die Beigeladene nicht, so dass sie insoweit auch nicht unterhaltspflichtig mangels Leistungsfähigkeit nach dem SGB XII ist.

ee) Dass steuerrechtlich dem Grunde nach eine Abzweigung von Kindergeld an einen Träger der Sozialhilfe möglich ist, zeigen zudem eine Vielzahl von anderen Urteilen und Entscheidungen sowohl des BFH (z.B. Urteil vom 09. Februar 2009 – III R 37/07, BFHE 224, 290, BStBl. II 2009, 928; Beschluss vom 11. August 2010 – III S 19/10, BFH/NV 2010, 2064; Urteil vom 15. Juli 2010 – III R 89/09, BFHE 231, 52, BFH/NV 2011, 121) wie der Finanzgerichte (z.B. München Urteil vom 14. Februar 2007 – 9 K 202/06, EFG 2007, 1178 und Urteil vom 12. Dezember 2007 – 10 K 4917/06, EFG 2008, 698; Baden-Württemberg Gerichtsbescheid vom 11. November 2008 – 4 K 2281/07, EFG 2009, 492 und Urteil vom 29. April 2009 – 4 K 2995/07, EFG 2009, 1306; Finanzgericht Münster Urteile vom 25. März 2011 – 12 K 2057/10 Kg, EFG 2011, 1327 und 12 K 1891/10 Kg, EFG 2011, 1727; Finanzgericht Thüringen Urteil vom 23. November 2011 – 3 K 481/10, EFG 2012, 423).

2. Die nach § 74 Abs. 1 EStG („kann”) im Ermessen der Familienkasse stehende Entscheidung, ob und in welcher Höhe das Kindergeld abgezweigt wird, ist gerichtlich nur auf Ermessensfehler überprüfbar (§ 102 FGO; BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 – VIII R 21/03, BFH/NV 2005, 171). Stellt das Gericht einen Ermessensfehler fest, kann es nicht selbst Ermessen ausüben, sondern ist darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Lediglich dann, wenn nur eine Entscheidung ermessensgerecht erscheint (sog. Ermessensreduzierung auf Null), ist das Gericht befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Familienkasse zu setzen.

a) Bei der Ausübung des Ermessens ist insbesondere der Zweck des Kindergeldes und des § 74 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen (§ 5 AO).

Das Kindergeld dient der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes und, soweit es dafür nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie (§ 31 Sätze 1 und 2 EStG).

Kein Kindergeld wird deshalb gewährt, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes den – am steuerlich zu belassenden Existenzminimum eines Erwachsenen orientierten – Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG übersteigen. In einem solchen Fall sind die Eltern in der Regel wirtschaftlich nicht mehr in einer Weise belastet, die eine Entlastung im Wege des Familienleistungsausgleichs erfordert (BT-Drucksache 13/1558, 164; vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Juli 2000 – VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl. II 2000, 566, unter II. 1. c aa). Bei Einkünften und Bezügen des Kindes bis zur Höhe des Jahresgrenzbetrages wird dagegen typisierend eine Belastung der Eltern mit Unterhaltsaufwendungen unterstellt und daher unter den weiteren Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG Kindergeld gewährt.

Hiervon abweichend hängt der Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind davon ab, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). Es wird typisierend davon ausgegangen, dass den Eltern Unterhaltsaufwendungen für das Kind entstehen, wenn dessen eigene finanzielle Mittel nicht seinen gesamten Lebensbedarf abdecken. Der Lebensbedarf eines behinderten Kindes besteht aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) in Höhe des Existenzminimums eines Erwachsenen, zu dem z.B. auch Kontakte zur Familie, Teilnahme am kulturellen Leben und Erholung gehören, und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf, der auch ergänzende persönliche Betreuungsleistungen der Eltern und Fahrtkosten umfasst (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1999 – VI R 40/98, BFHE 189, 449, BStBl. II 2000, 75, unter II. 1. c d).

b) Da das Kindergeld die finanzielle Belastung der Eltern durch den Unterhalt für das Kind ausgleichen soll, hängt die Entscheidung über die Abzweigung davon ab, ob und in welcher Höhe ihnen – den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffende – Aufwendungen für das Kind entstanden sind. Dabei sind auch im Verhältnis zu den Kosten des Sozialleistungsträgers geringe Aufwendungen für das Kind mit einzubeziehen, nicht aber fiktive Kosten für die Betreuung des Kindes. Zu berücksichtigen sind nur die den Eltern im Zusammenhang mit der Betreuung und dem Umgang mit dem Kind tatsächlich entstandenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen (vgl. BFH Urteil vom 09. Februar 2009 – III R 37/07, BFHE 224, 290, BStBl. II 2009, 928).

Trägt der Kindergeldberechtigte überhaupt keine Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes, soll das gesamte Kindergeld nicht ihm, sondern entweder dem Kind oder aber demjenigen zugute kommen, der dem Kind tatsächlich Unterhalt gewährt. Auch geringe Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten sind aber bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Entstehen dem Kindergeldberechtigten Unterhaltsaufwendungen mindestens in Höhe des Kindergeldes, ist nach der Rechtsprechung des BFH allein die Auszahlung des vollen Kindergeldes an den Kindergeldberechtigten ermessensgerecht (vgl. BFH Urteil vom 15. Juli 2010 – III R 89/09, BFHE 231, 52, BFH/NV 2011, 121, m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist es allerdings nicht möglich, im Rahmen der Ermessensentscheidung fiktive Kosten einer Betreuung des Kindes zu berücksichtigen. Berücksichtigt werden sollen vielmehr nur die den Eltern im Zusammenhang mit der Betreuung und dem Umgang mit dem Kind tatsächlich entstandenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen. Die Aufwendungen sind grundsätzlich zu beziffern. Daneben kommt ggf. eine Schätzung von Aufwendungen in Betracht. (Vgl. zum Ganzen BFH Urteil vom 09. Februar 2009 – III 37/07, BFHE 224, 290, BStBl. II 2009, 928; auch FG Münster, Urteil vom 25. März 2011 – 12 K 1891/10 Kg, EFG 2011, 1727.)

Bei im Haushalt des Kindergeldberechtigten lebenden volljährigen behinderten Kindern ist schließlich in der Regel von einem so genannten „Wirtschaften aus einem Topf” auszugehen. Dies bedeutet, dass die finanziellen Mittel des Kindes in eine gemeinsame Kasse mit den Eltern fließen, aus der der Lebensbedarf des Kindes und der Eltern gedeckt wird (vgl. Urteil des BSG vom 08. Februar 2007 – B 9b SO 6/06 R, BFH/NV 2007, Beilage 4, 476; BFH Urteil vom 17. Dezember 2008 – III R 6/07, BFHE 224, 228, BStBl. II 2009, 926).

c) Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte zutreffend zu der Feststellung gelangt, dass die Beigeladene 50 EUR monatlich für ihren Sohn aufwendet.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Senat der Überzeugung, dass die von der Beigeladenen geltend gemachten Aufwendungen von durchschnittlich 50 EUR monatlich für Freizeitveranstaltungen, Essengehen und den Erwerb von DVD/Videos ausschließlich aus Einkünften der Beigeladenen stammen und insoweit ein „Wirtschaften aus einem Topf” im Streitfall ausscheidet.

Diese Überzeugung beruht auf den übereinstimmenden schriftlichen Angaben der Betreuerin der Beigeladenen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie ihrer glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung, dass die Beigeladene jeweils jährlich für Konzertbesuche 100 EUR, für Kinobesuche 80 EUR, für Tagesfahrten mit dem Bus 160 EUR, für Zoobesuche 50 EUR, für Messe/Rummel 60 EUR, für Kulturpark Rotehorn 30 EUR, für Besuche bei McDonald's 60 EUR und für den Kauf von Videos/DVD 50 EUR vom Kindergeld bezahlt habe.

In der mündlichen Verhandlung hat die Betreuerin der Beigeladenen ihre bisherigen Angaben nochmals persönlich bestätigt und unter Vorlage von Listen und Quittungen nachgewiesen, dass sie eine strikte Trennung der finanziellen Angelegenheiten einhalte und eine gesonderte Rechnungslegung für die Beigeladene und das Kind führe. Auch die Bargeldauszahlungen würden getrennt vorgenommen und, soweit die Beigeladene das Geld für das Kind mitnehme, werde dieses in gesonderten und mit dem Namen des Kindes bezeichneten Umschlägen mitgegeben. Die Beigeladene äußere auch Wünsche hinsichtlich Aufwendungen, die über den normalen Lebensbedarf hinausgingen, wie z.B. Freizeitveranstaltungen oder Essengehen mit der Familie. Der erforderliche Geldbedarf werde dafür gesondert vermerkt und ausgehändigt, so dass er mittlerweile auch nachvollzogen und dargestellt werden könne. Dabei achte sie, die Betreuerin, immer darauf, dass das Geld für die Beigeladene oder das Kind von deren eigenen und getrennten Konten stamme. Hierzu sei sie schon aus ihrer Stellung als Berufsbetreuerin verpflichtet und müsse zudem gegenüber dem Betreuungsgericht Rechenschaft ablegen.

Der Senat hat keine Zweifel, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen und damit festgestellt werden kann, dass die geltend gemachten Aufwendungen von der Beigeladenen alleine getragen wurden und es sich nicht um Gelder des Kindes oder um vermischte Gelder der Familie und dem daraus resultierenden „Wirtschaften aus einem Topf” handelt.

Darüber hinausgehende Aufwendungen können dagegen nicht berücksichtigt werden. Für die Anschaffung eines neuen Sofas und neuer Auslegware für das Wohnzimmer hat die Beigeladene weder Belege noch andere Nachweise vorgelegt. Insoweit geht der Senat davon aus, dass es zwar weit verbreitet ist, Belege für kleinere Aufwendungen nicht aufzuheben, Belege und Quittungen für größere Anschaffungen jedoch – auch aus Garantiegründen – üblicherweise aufgehoben werden. Die Betreuerin der Beigeladenen hat sich hierzu auch nicht weiter geäußert. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anschaffung vor Stellung des Abzweigungsantrages erfolgt ist und deshalb auch aus diesem Grund nicht mehr in die Berechnung der Abzweigungshöhe einbezogen werden kann.

Soweit die Beigeladene Belege der Firmen Praktiker und Dänisches Bettenlager vorgelegt hat, ist nicht ersichtlich, ob diese Gegenstände ausschließlich für das Kind erworben wurden, sie der Beigeladenen (allein) zuzurechnen oder ggf. anteilig auf die Beigeladene und das Kind zu verteilen sind. Die Betreuerin hat sich zu diesen Kaufgegenständen auch nicht weiter geäußert, so dass diese Aufwendungen nicht berücksichtigt werden können. Zudem erfolgte der Kauf beim Dänischen Bettenlager vor Stellung des Abzweigungsantrages.

Die vorgelegte Reparaturrechnung für die Waschmaschine datiert auf den 29. Oktober 2009 und kann daher nicht in die Berechnungen der Aufwendungen der Beigeladenen für den Streitzeitraum (Abzweigung von Kindergeld ab November 2010) einbezogen werden.

Soweit ggf. darüber hinaus durch die Haushaltsaufnahme des Kindes in den Haushalt der Mutter und die gemeinsame Haushaltsführung doch ein „Wirtschaften aus einem Topf” vorliegen sollte, kann das für den Streitfall dahingestellt bleiben, da die Beigeladene sowohl im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren lediglich angegeben hat, für ihr Kind im Monat durchschnittlich 50 EUR für Freizeitveranstaltungen und DVD/Videos aufzuwenden. Hinzu kommt, dass das Kind von seinem Konto durch monatlichen Dauerauftrag 300 EUR für „Mietanteil + Kostgeld” auf das Konto der Beigeladenen überweist und insoweit ein gewisser Ausgleich für die Kosten der Unterkunft und den allgemeinen Lebensbedarf erfolgt. Ggf. entstandene Aufwendungen der Beigeladenen für das Kind über Freizeitveranstaltungen und DVD/Videos hinaus, wurden damit (zumindest teilweise) aus Einkünften des Kindes bestritten und sind demzufolge der Beigeladenen nicht zuzurechnen.

d) Soweit der BFH im Urteil vom 09. Februar 2009 – III R 37/07 a.a.O. die Forderung aufgestellt hat, dass Aufwendungen tatsächlich entstanden sein und glaubhaft gemacht werden müssen, ist der Senat der Überzeugung, dass diese Bedingungen im Streitfall eingehalten sind. Allerdings ist bei der Feststellung dieser Aufwendungen von einem verminderten Beweismaßstab auszugehen. Dies dürfte im Übrigen für alle Abzweigungsfälle gelten, in denen Sozialbehörden bei Kindergeldberechtigten mit behinderten Kindern Abzweigungsanträge stellen.

Der Klägerin ist zuzugestehen, dass die Angaben der Beigeladenen nicht durch Einzelbelege oder Quittungen im Detail nachgewiesen worden sind. Fehlende Belege und Nachweise können jedoch nicht oder nur begrenzt der Beigeladenen angelastet werden. Eine Pflicht zur Nachweisführung gibt es für die Beigeladene in dieser Situation nicht, und es war der Beigeladenen bislang auch nicht bekannt, dass sie Belege aufheben muss. Erstmals mit dem Anhörungsschreiben der Beklagten vom 04. November 2010 nach Stellung des Abzweigungsantrages wurde die Beigeladene auf die (erforderliche) Vorlage von detaillierten Nachweisen hingewiesen.

Der 5. Senat des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt vertritt in seinen o.g. Urteilen die Ansicht (Entscheidungsgründe unter 2.), dass streitentscheidend die Abzweigung und nicht die Gewährung von Kindergeld sei und damit die Klägerin die Voraussetzungen der Abzweigung darlegen und ggf. beweisen müsse. Ein solcher umfassender Nachweis kann aber in keinem Fall von einem Sozialleistungsträger erbracht werden, da ihm die entsprechenden Kenntnisse regelmäßig fehlen. Fast jeder Abzweigungsantrag müsste daher ins Leere laufen.

Es könnte allenfalls die Vermutung aufgestellt werden, dass Eltern, die selbst hilfebedürftig sind, nicht in der Lage sind, irgendwelche Leistungen für ihre Kinder zu erbringen, da die eigenen Regelleistungen der Eltern auch nur den Bedarf der Eltern decken (so auch der BFH im Urteil vom 17. Dezember 2008 – III R 6/07, a.a.O, Entscheidungsgründe II.2.). Der Senat hat indes Zweifel, ob eine solche Vermutung aufgestellt werden kann. Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass in jedem Einzelfall geprüft werden muss, welche Aufwendungen die Kindergeldberechtigten für ihre Kinder aufbringen.

e) Für die Prüfung der eigenen Leistungen und Aufwendungen der Kindergeldberechtigten ist ihre Mitwirkung daher unumgänglich.

Auf diese Mitwirkung kann auch nicht verzichtet werden, weil sich – wie der 5. Senat des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt (Urteile a.a.O., Entscheidungsgründe 2.aa.) meint – eine entsprechende Mitwirkungspflicht nicht aus § 68 Abs. 1 EStG ergebe, zu Lasten der Eltern gehende Aufzeichnungs- und Nachweispflichten unverhältnismäßig seien (so auch FG Thüringen, Urteil vom 23. November 2011 – 3 K 481/10, a.a.O., Entscheidungsgründe unter 2.d.), nicht zwischen den Aufwendungen für die einzelnen Familienmitglieder differenziert werden könne (Entscheidungsgründe unter 2.bb.) und eine Schätzung der Unterhaltsaufwendungen fragwürdig sei (Entscheidungsgründe unter 2.cc.; so auch FG Thüringen, a.a.O.).

Denn nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 09. Februar 2009 – III R 37/07, a.a.O.), der der erkennende Senat folgt, hängt die Entscheidung über die Abzweigung davon ab, ob und in welcher Höhe den Eltern den Grund- und den behinderungsbedingten Mehrbedarf betreffende Aufwendungen für das Kind entstanden sind, weil das Kindergeld ihre dadurch entstehende finanzielle Belastung ausgleichen soll. Diese Belastung muss also festgestellt werden. Die dafür maßgeblichen Umstände liegen jedoch allein in der Sphäre der Kindergeldberechtigten. Bei der Prüfung der Aufwendungen können sich die Familienkassen deshalb nur auf die Angaben stützen, die die Kindergeldberechtigten ihnen gegenüber machen, so dass letztlich diese zur Zuarbeit und Mitwirkung gehalten sind.

f) Verständlicherweise kann die Nachweisführung der Kindergeldberechtigten nur lückenhaft sein, weil in der Regel kein detailliertes Haushaltsbuch geführt wird und selbst wenn es ein solches gäbe, eine direkte Zuordnung einzelner Aufwendungen zu bestimmten Familienmitgliedern wohl kaum möglich wäre. Nur in Einzelfällen (z.B. Kleidung, spezielle Ausstattungen oder durch gesonderte Nachweisführung) könnten die Aufwendungen der Kindergeldberechtigten für das Kind, für dessen Kindergeld ein Abzweigungsantrag gestellt wurde, direkt nachgewiesen werden.

Im Ergebnis kann daher nach Ansicht des Senats nur ein geringerer Beweismaßstab herangezogen werden. Soweit die Eltern glaubhaft und zur Überzeugung des Gerichts vortragen, dass sie bestimmte Aufwendungen haben und die Höhe der Aufwendungen durch eigene Einkommen der Eltern oder durch das Familiengesamteinkommen getragen werden können, sind die benannten Aufwendungen anzuerkennen. Hierbei besteht auch die Möglichkeit der Schätzung der Höhe einzelner Aufwendungen nach § 162 AO, soweit durch die Kindergeldberechtigten nachvollziehbar und plausibel dargelegt wird, dass entsprechende Aufwendungen dem Grunde nach entstanden sind. Ein konkreter Nachweis aller Aufwendungen im Detail ist dagegen nach Ansicht des Senats nicht erforderlich. Es ist dem Kindergeldberechtigten jedoch zuzumuten, seine Aufwendungen im Einzelnen darzustellen, vorhandene Belege und Nachweise vorzulegen und bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Nicht zu prüfen ist dagegen die Art oder Verhältnismäßigkeit der Aufwendungen. Es ist Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass die Kindergeldberechtigten entscheiden, welche Anschaffungen sie für das Kind tätigen oder welche Freizeitveranstaltungen sie aufsuchen. Hierbei dürfte immer auch zu beachten sein, dass sich aufgrund der jeweiligen Behinderungen der Kinder allgemeine Einschränkungen ergeben, die in freier Verantwortung und Entscheidung der Eltern einem Ausgleich zugeführt werden können. Es ist daher nicht zu beanstanden oder zu bewerten, wenn z.B. hochpreisige Kleidung, wiederholt bestimmte Freizeitveranstaltungen oder hohe Anschaffungskosten für Unterhaltungsmedien aufgewendet werden.

g) Der geminderte Beweismaßstab berücksichtigt auch, dass Kindergeld nach § 66 Abs. 2 EStG monatlich gezahlt wird und eigentlich die Aufwendungen und demzufolge auch die Abzweigungsbeträge für jeden Monat, in dem Kindergeld abgezweigt werden soll, gesondert berechnet werden müssten. Dieser permanente Ermittlungsaufwand ist jedoch für keinen der Beteiligten leistbar. Der Senat ist daher der Ansicht, dass die Aufwendungen der Kindergeldberechtigten bezogen auf ein Jahr zu ermitteln und diese sodann durchschnittlich auf einen Monat zu verteilen sind. Hierdurch wird auch verhindert, dass hohe Aufwendungen in einem Monat (z.B. für Urlaub) als Leistungen der Kindergeldberechtigten nur in dem jeweiligen Monat Berücksichtigung finden. Soweit die Aufwendungen eines Monats das gesetzliche Kindergeld übersteigen würden, entfiele zwar die Abzweigung in diesem Monat ganz, der höhere Betrag würde aber zu Lasten der Kindergeldberechtigten in anderen Monaten unberücksichtigt bleiben. Das Kindergeld soll jedoch das Existenzminimum des Kindes sichern bzw. der Förderung der Familie im ganzen Jahr dienen, soweit die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld auch im ganzen Jahr bestehen. Dies dürfte bei volljährigen behinderten Kindern in der Regel der Fall sein. Die Ermittlung der Jahresaufwendungen kann auch aus dem Kalenderjahresprinzip der §§ 25 Abs. 1 bzw. 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hergeleitet werden.

Soweit die Kindergeldberechtigten langlebige Wirtschaftsgüter wie z.B. Einrichtungsgegenstände für das Kind erwerben, ist der Senat der Ansicht, dass die steuerlichen Abschreibungszeiträume in Ansatz zu bringen und damit die jeweils auf ein Jahr entfallenden Abschreibungsbeträge in die Berechnungen einzubeziehen sind. Es ist jedoch eine Frage des Einzelfalles, auf welchen Zeitraum die Aufwendungen zu verteilen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn Anhaltspunkte für eine kürzere Nutzungsdauer z.B. durch behinderungsbedingten höheren Verschleiß bekannt werden.

So hat der BFH bereits entschieden, dass bei der Prüfung, ob ein behindertes Kind zum Selbstunterhalt imstande ist, ein nicht monatlich anfallender notwendiger behinderungsbedingter Mehrbedarf, der bei einer vorausschauenden Bedarfsplanung vorhersehbar ist, auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen und mit einer monatlichen Durchschnittsbelastung anzusetzen ist (BFH Urteil vom 24. August 2004 – VIII R 59/01, BFHE 207, 237, BStBl. II 2010, 1048). Dieser Gedanke ist auf die Prüfung glaubhaft gemachter Aufwendungen der Kindergeldberechtigten zu übertragen (vgl. auch FG Thüringen, Urteil vom 23. November 2011, a.a.O.; FG Münster, Urteil vom 25. März 2011 – 12 K 1891/10 Kg, EFG 2011, 1727).

Es spricht daher nichts dagegen, die von der Beigeladenen benannten Aufwendungen von zusammen jährlich 590 EUR mit gerundet 50 EUR pro Monat anzurechnen.

h) Im Streitfall besteht zudem die Besonderheit, dass die Beigeladene und das Kind beide von einer Berufsbetreuerin betreut werden, die sowohl im Verwaltungsverfahren wie im Klageverfahren die Nachfragen der Beklagten beantwortet hat. Die Betreuerin bestätigte die Angaben ausdrücklich nochmals in der mündlichen Verhandlung und wies zudem darauf hin, dass sie der Beigeladenen und dem Kind Geld aushändige bzw. zuteile. Da eine Berufsbetreuerin unter Aufsicht eines Gerichtes steht und regelmäßig Rechenschaft ablegen muss, erachtet der Senat ihre Aussagen und Angaben grundsätzlich als glaubwürdig und ausreichend, auch wenn keine Belege hinsichtlich der benannten Freizeitaufwendungen bzw. DVD/Videos vorgelegt wurden. Insoweit hat die Betreuerin außerdem angegeben, dass die Beigeladene und das Kind das Sammeln von Belegen trotz Aufforderung unterlassen und auch den Sinn nicht verstehen. Zudem gibt es für einige der geltend gemachten Aufwendungen (z.B. Rummel) keine Quittungen bzw. werden solche üblicherweise nicht aufgehoben (z.B. McDonald's, Kino). Da die geltend gemachten Aufwendungen auch nicht unverhältnismäßig hoch sind und aus dem Einkommen der Beigeladenen getragen werden können – diese bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente und Wohngeld in Höhe von monatlich zusammen etwas über 1.000 EUR –, geht der Senat von entsprechenden Aufwendungen der Beigeladenen für ihren Sohn aus. Die Betreuerin der Beigeladenen hat auch nachvollziehbar dargestellt, dass die Aufwendungen der Beigeladenen ausschließlich von deren Einkünften getragen werden und eine Vermischung mit Geldern des Sohnes ausscheidet. Die von der Betreuerin mittlerweile geführten Listen und Quittungen, auf denen gesonderte Bedarfe vermerkt sind, sind nach Überzeugung des Senats ausreichend und genügen einer Glaubhaftmachung.

i) Soweit die Klägerin angibt, dass in der dem Kind gezahlten Grundsicherung Anteile für Freizeit, Unterhaltung und Kultur in Höhe von monatlich 38,50 EUR enthalten sind und bei Aufwendungen der Beigeladenen in Höhe von monatlich 50 EUR lediglich der Differenzbetrag der Beigeladenen zugerechnet werden könne, folgt der Senat dem nicht.

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung teilt sich nach §§ 42, 30 SGB XII und der Regierungsbegründung zu diesen Vorschriften (BT-Drucksache 17/3404 vom 26. Oktober 2010) in verschiedene Abteilungen auf (z.B. Nahrungsmittel, Bekleidung, Wohnen, Gesundheitspflege, Verkehr, Nachrichtenübermittlung, Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen, etc.). Eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt führt, bezieht die Regelbedarfsstufe 3 (80 % der Stufe 1), §§ 27a, 28, Anlage zu § 28 SGB XII. Diese umfasst ab dem 01. Januar 2011 einen Regelbedarf von monatlich insgesamt 291 EUR. Für die Abteilung 9 „Freizeit, Unterhaltung, Kultur (z.B. Zeitungen, -schriften, Bücher, Ausleihgebühren, Schreibwaren, Zeichenmaterialien, Spielzeug, Hobbyware, -kurse, Gebrauchsgüter für Freizeit, Besuch von Sport- und Freizeitveranstaltungen, Kulturdienstleistungen, Obst- und Gemüseanbau, Rundfunk- und Fernsehgeräte, PC)” ergibt sich ein anteiliger Regelbedarf von 32,14 EUR monatlich (vgl. Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, Regelbedarf-Ermittlungsgesetz vom 24. März 2011, BGBl. I S. 453).

Der Senat ist der Überzeugung, dass bei einem „Wirtschaften aus einem Topf” die einzelnen Abteilungen der Regelsatzleistungen den jeweils glaubhaft gemachten Aufwendungen der Kindergeldberechtigten für die einzelnen Abteilungen gegenüber gestellt werden müssen und nur, soweit von ihnen höhere Aufwendungen als die jeweiligen Sätze der Abteilungen geleistet werden, ihnen diese Beträge als eigene Leistungen zugerechnet werden können, wobei keine Verrechnung zwischen den einzelnen Abteilungen erfolgt. Bleiben die Leistungen der Kindergeldberechtigten unterhalb der Sätze der einzelnen Abteilungen, muss davon ausgegangen werden, dass bei einem „Wirtschaften aus einem Topf” die entsprechenden Leistungen der Kindergeldberechtigten aus der Grundsicherung erbracht werden, da diese bereits mit den Grundsicherungsleistungen gedeckt sind.

Für den Streitfall kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da der Senat der Überzeugung ist, dass hier hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen der Beigeladenen kein „Wirtschaften aus einem Topf vorliegt” und es sich ausschließlich um Aufwendungen handelt, die von Einkünften der Beigeladenen getragen werden. Eine Gegenüberstellung bzw. Verrechnung der Abteilungen des Regelsatzes und der Leistungen der Beigeladenen scheidet daher aus. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass das Kind aus der ihm gezahlten Grundsicherung und seinem eigenen Arbeitseinkommen eigene Aufwendungen für Freizeitveranstaltungen tätigt, die unabhängig von den Leistungen der Beigeladenen anfallen. Hierfür spricht auch, dass die Betreuerin der Beigeladenen angegeben hat, dass das Kind eine Freundin habe und es manchmal auch gesonderte Bargeldbeträge für eigene Veranstaltungen oder Wünsche abfordere.

3. Zur Prüfung, ob die Beklagte ihr Ermessen im Streitfall dem dargestelltem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat, müssen in der angefochtenen Entscheidung, spätestens aber in der Einspruchsentscheidung, die Ausübung des Ermessens und die Ermessensentscheidung nachvollziehbar dargestellt und begründet sowie die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt werden (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Mai 2010, Rdnr. 66 zu § 5 AO m.w.N.).

a) Derartige Ausführungen fehlen in der dem Abzweigungsantrag ursprünglich in vollem Umfang entsprechenden Entscheidung vom 03. März 2011 ganz und sind in dem Änderungsbescheid vom 08. Juli 2011 ebenso wie in der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2011 allenfalls ansatzweise enthalten. So enthält der Bescheid vom 08. Juli 2011 lediglich die Feststellungen, dass die Beigeladene ihrem Sohn Unterhalt nicht in vollem Umfang gewähre und behinderungsbedingte Mehraufwendungen i.H.v. 590,00 EUR im Jahr, also rund 50,00 EUR im Monat geltend gemacht habe. Die Darstellung der Ermessenserwägungen beschränkt sich auf die beiden Sätze, die Abzweigung sei i.H.v. 134,00 EUR angemessen, weil das Kindergeld insoweit für den Kindesunterhalt bestimmt sei, und der Bedarf des Kindes sei im Wesentlichen durch die Grundsicherungsleistungen der Klägerin abgedeckt. In der Einspruchsentscheidung werden darüber hinaus die gesetzlichen Voraussetzungen sowie der Zweck der Abzweigung kurz dargestellt und ausgeführt, dass die Abzweigung zwar grundsätzlich im Ermessen der Familienkasse stehe, im Hinblick auf die Zweckbestimmung des Kindergeldes das Ermessen jedoch regelmäßig dahingehend auszuüben sei, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Abzweigung des Kindergeldes zu erfolgen habe.

b) Ob dies den Anforderungen an eine fehlerfreie Darstellung und Begründung einer Ermessensentscheidung genügt, kann jedoch dahingestellt bleiben, weil aufgrund einer Vorprägung des Ermessens eine Entscheidung über den Abzweigungsantrag der Klägerin dem Grunde wie der Höhe nach auch ohne nähere Darlegung der Ermessenserwägungen ergehen konnte.

Eine solche Vorprägung des Ermessens hat der BFH in verschiedenen Fällen angenommen, in denen z. B. die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig gerechtfertigt ist (BFH-Urteil vom 13. April 1978 – V R 109/75, BFHE 125, 126, BStBl. II 1978, 508) oder ein begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen ist, weil seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder (nur) infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war (Urteil vom 26. Juni 2007 – VII R 35/06, BStBl. II 2007, 742). Dies kann nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach gelten (BFH-Urteil vom 26. Februar 1991 – VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504). In diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass die Behörde stillschweigend von ihrem Ermessen sachgerecht Gebrauch gemacht hat. Dass die die Ermessensausübung bestimmenden Erwägungen nicht ausdrücklich in den Haftungsbescheid oder die Einspruchsentscheidung aufgenommen worden sind, ist in diesen Fällen unschädlich.

c) Nach Auffassung des erkennenden Senats gilt danach für den Streitfall folgendes: § 74 Abs. 1 EStG enthält keine Grundsätze für die Ausübung des Ermessens. Die Behörde muss sich deshalb bei ihrer Ermessensausübung gemäß der in § 5 AO für alle Ermessensvorschriften getroffene Regelung an dem Zweck der Ermächtigung orientieren. Da der Gesetzgeber die Abzweigung des Kindergeldes in den von § 74 Abs. 1 EStG geregelten Fällen nicht für obligatorisch erklärt hat, kann der Zweck der Ermessensermächtigung nur darin gesehen werden, Härtefälle zu vermeiden.

Denn die äußeren Grenzen, innerhalb derer eine (positive) Abzweigungsentscheidung getroffen werden kann, sind die Fälle, in denen der Kindergeldberechtigte einerseits mindestens Aufwendungen in Höhe des Kindergeldes hat und andererseits in denen er gar keine Aufwendungen trägt. Im zuerst genannten Fall ist das Ermessen der Familienkasse dahingehend auf Null reduziert, dass eine Abzweigung nicht erfolgen darf. Im zweiten Fall erscheint dagegen jede andere Entscheidung als die volle Abzweigung ermessensfehlerhaft. Denn der Zweck des § 74 Abs. 1 EStG liegt darin, das Kindergeld an das Kind oder an eine anstelle des Kindergeldberechtigten Unterhalt leistende Person oder Einrichtung auszuzahlen, wenn dem Kindergeldberechtigten kein kindbedingter Aufwand durch den Unterhalt entsteht. Diese Regelung steht im Einklang mit dem Zweck des Kindergeldes, Eltern wegen ihrer Unterhaltsaufwendungen für ihre Kinder zu entlasten. Tragen Eltern aber keine oder nur geringe Kosten, ist eine derartige Entlastung nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2006 – III R 65/04, BFHE 212, 481, BStBl. II 2008, 753).

Werden die Grenzen des Ermessens aber von diesen finanziellen Grenzpositionen gebildet, so erscheint es in den dazwischenliegenden Fällen, in denen also ein unterhalb der Höhe des Kindergeldes liegender Aufwand festzustellen ist, regelmäßig allein gerechtfertigt, das Kindergeld dem Berechtigten in Höhe dieses Aufwands zu belassen und nur den Restbetrag abzuzweigen.

Ist danach eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, so müssen besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst; dann bedarf es insoweit auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 – VII R 35/06, a.a.O.).

d) Weil nach diesen Grundsätzen die Abzweigung in Höhe der Differenz zwischen den von der kindergeldberechtigten Beigeladenen getragenen Aufwendungen und dem gesetzlichen Kindergeld die nicht begründungsbedürftige Regelfolge des § 74 Abs. 1 EStG ist, war auch im Streitfall eine abwägende Stellungnahme der beklagten Familienkasse weder zur Abzweigung dem Grunde noch der Höhe nach erforderlich.

Die Beigeladene hatte im Verwaltungsverfahren angegeben, dass sie Aufwendungen in Höhe von monatlich 50 EUR leiste. Damit war ersichtlich, dass weder eine Vollabzweigung noch eine vollständige Ablehnung der Abzweigung in Betracht kommen konnte. Lediglich eine teilweise Abzweigung unter Berücksichtigung der benannten durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen der Beigeladenen konnte im Ergebnis beschieden werden. Dies entspricht nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch der aktuellen Weisungslage der Familienkassen. Werden von den Kindergeldberechtigten bestimmte Aufwendungen glaubhaft benannt, entspreche es der Verwaltungspraxis, dass diese in die Entscheidung zur Höhe der Abzweigung einbezogen und berücksichtigt werden. Da die Beklagte entsprechend verfahren ist, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Entscheidung zur Höhe der Abzweigung nicht weiter begründet worden ist. Insoweit war die Ermessensentscheidung vorgeprägt. Ausführungen wären nur dann erforderlich geworden, wenn die Beklagte ggf. weitere Aufwendungen der Beigeladenen hinzugeschätzt hätte oder von der Verwaltungspraxis abgewichen wäre. Das ist im Streitfall jedoch nicht geschehen.

4. Die Kostenentscheidung beruht – soweit die Klage zurückgenommen wurde auf § 136 Abs. 2 FGO – im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen, beruht auf § 139 Abs. 4 FGO. Die Beigeladene bzw. ihre Betreuerin haben das Verfahren durch die Aufklärung des Sachverhaltes und insbesondere in der mündlichen Verhandlung durch die Darstellung der Mittelherkunft und -verwendung der benannten Aufwendungen der Beigeladenen wesentlich gefördert, so dass es der Billigkeit entsprach, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Klägerin aufzuerlegen.

5. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zugelassen. Derzeit befinden sich sowohl in Verwaltungs – wie in Gerichtsverfahren eine Vielzahl von offenen Abzweigungsanträgen, bei denen die grundsätzliche Entscheidung über eine Abzweigung und insbesondere nachfolgend die Höhe der Abzweigung einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf. Die Stellung der Abzweigungsanträge führt in der Regel auch dazu, dass die Zahlungen des Kindergeldes umgehend eingestellt werden und bis zum Abschluss des Verfahrens keine Zahlungen mehr erfolgen. Die Berechnung bzw. Ermittlung des Abzweigungsbetrages ist höchstrichterlich nicht abschließend geklärt und wird von den Finanzgerichten unterschiedlich vorgenommen. Zudem weicht der Senat mit seiner Entscheidung von den Urteilen des 5. Senats des Finanzgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt, des 3. Senats des Finanzgerichtes Thüringen sowie des 12. Senats des Finanzgerichtes Münster ab, so dass zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erforderlich ist.

VorschriftenEStG § 74 Abs. 1 S. 4, EStG § 74 Abs. 1 S. 1, EStG § 74 Abs. 1 S. 3, SGB XII § 42, SGB XII § 43 Abs. 2, SGB XII § 94 Abs. 1 S. 3, SGB XII § 30 Abs. 1 Nr. 2, BGB § 1601, AO § 5, AO § 162, FGO § 102, FGO § 96 Abs. 1

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