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· Fachbeitrag · Praxishygiene

Endo-Instrumente aufbereiten oder wegwerfen?

von Marion Werner-Pfadenhauer, Castrop-Rauxel, www.coaching-schmiedel.de

| Die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Aufbereitung von Medizinprodukten begleiten die Praxen nun schon länger als ein Jahr. Im Alltag tauchen jedoch immer wieder Fragen auf. In vielen Praxen wird darüber diskutiert, ob man Endo-Instrumente aufbereiten oder ein Umstieg auf Einmalinstrumente erfolgen soll. Die Integration der Wiederaufbereitung von Endo-Instrumenten in den Praxisalltag ist sehr aufwendig. Was ist wirtschaftlich sinnvoll, genügt den Anforderungen des Gesetzgebers und bietet den größtmöglichen Schutz für die Patienten und das Praxisteam? |

Maßnahmen bei der Wiederaufbereitung

Ein ordnungsgemäßer Prozess der Wiederaufbereitung von Endo-Instrumenten, die der Risikoklasse „kritisch B“ zugeordnet sind, beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen:

 

  • 1. Kontaminationssicherer Transport in den Aufbereitungsraum nach jeder Behandlung: Die benutzten Instrumente werden in einem geschlossenen Behälter ohne Desinfektionsmittel transportiert.
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  • 2. Vorreinigung der Instrumente unmittelbar nach der Behandlung: Hier achten Sie bitte darauf, die Instrumente zu zerlegen, um eine rückstandslose Reinigung möglich zu machen. Speziell bei Endo-Instrumenten ist zu beachten, dass die Stopper entfernt werden müssen.
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  • 3. Desinfektion und Reinigung: Diese erfolgt vorzugsweise maschinell durch RDG oder ähnliches.
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  • 4.Optische Kontrolle der Sauberkeit und Unversehrtheit: Nehmen Sie die Kontrolle nach organischen Rückständen eventuell unter der Lupe vor. Gerade bei Wurzelkanalinstrumenten wie Hedströmfeilen oder Lentulos ist die Kontrolle besonders wichtig, da die rückstandslose Sauberkeit aufgrund der Beschaffenheit der Instrumente schlecht zu erreichen ist.
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  • Wichtig | Sortieren Sie verbogene Wurzelkanalinstrumente wegen der Gefahr der Instrumentenfraktur aus!
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  • 5. Wartung der Instrumente: Bringen Sie zum Beispiel neue Stopper auf. Achten Sie unbedingt auf die maximale Aufbereitungsanzahl! Dabei müssen Sie sich gut überlegen, auf welche Weise die Anzahl der Aufbereitungszyklen für das jeweilige Instrument gekennzeichnet werden kann. Die Hersteller geben in ihren Anleitungen jeweils die maximale Anzahl der Aufbereitungszyklen an.
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  • 6. Verpackung der gereinigten, desinfizierten Instrumente
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  • 7. Sterilisation der verpackten Instrumente
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  • 8. Dokumentation: Festgehalten werden sollten zum Beispiel das Datum, das Namenskürzel der aufbereitenden Mitarbeiterin, die Chargennummer, die Anzahl der Aufbereitungen etc.
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  • 9. Geschützte Lagerung des Sterilguts 

Gute Gründe für Einmalinstrumente

Es werden häufig keine Einmalinstrumente verwendet, da die Praxis Materialkosten sparen möchte. Stellt man jedoch die Materialkosten dem Aufwand der Aufbereitung gegenüber, erkennt man sehr schnell, dass die Ersparnis sehr viel geringer als ursprünglich gedacht ausfällt. Außerdem ist das Risiko einer Verletzung bei der Aufbereitung ebenso wenig kalkulierbar wie die Reinigungsleistung.

 

Bei der Aufbereitung in den Endo-Behältern ist zu bedenken, dass immer alle enthaltenen Instrumente - auch die nicht benutzten - aufbereitet werden, schließlich sind alle Instrumente kontaminiert. Hierbei ist die Gefahr gegeben, dass die maximale Anzahl der Aufbereitungszyklen erreicht wurde, ohne dass das Instrument benutzt worden ist. In diesem Fall wäre der Spareffekt gegenüber der Anschaffung von Einmalinstrumenten gleich null.

 

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterin bei der manuellen Reinigung und nach der optischen Kontrolle Rückstände per Hand entfernen muss. Häufig kommen hier kleine Drahtbürsten zum Einsatz, die unter Umständen die Oberflächen der Instrumente verändern. Beschädigte Instrumente müssen direkt aussortiert werden. Bei Nickel-Titan-Instrumenten dürfen erst gar keine Drahtbürsten verwendet werden, hier sollen Kunststoffbürsten die Rückstände entfernen. Sowohl die Verletzungsgefahr als auch der Zeitaufwand sind bei dieser Aufgabe recht groß. Der Praxisinhaber übernimmt die Verantwortung für die Einhaltung der Hygiene.

 

PRAXISHINWEIS | Angesichts der Anforderungen an die Aufbereitung von Endo-Instrumenten ist es empfehlenswert, zu gebrauchsfertigen Einmalinstrumenten zu wechseln. Diese bieten Schutz für die Patienten, den Behandler und das Praxisteam, ermöglichen eine leichtere Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben und vereinfachen den Praxisalltag erheblich.

 

Bestand vor Gericht

Der Gebrauch von Einmalartikeln stellt in juristischen Auseinandersetzungen immer eine Sicherheit dar. Extirpationsnadeln sind nach den RKI-Richtlinien schon heute Einpatienten-Instrumente, da sie nicht wiederaufbereitbar sind. In Großbritannien dürfen seit 2007 nur noch Einmalinstrumente zur endodontischen Behandlung verwendet werden. Die Anweisung wurde vom britischen Department of Health herausgegeben. Auch in Deutschland diskutieren verschiedene Fachgruppen darüber, die Verwendung von Einmalinstrumenten für endodontische Behandlungen gesetzlich vorzuschreiben.

 

Kosten weitergeben

Für den Privatpatienten gilt als Rechtsgrundlage für die Berechnung von Auslagen und Kosten § 3 GOZ in Verbindung mit § 10 GOÄ oder § 4 Abs. 3 GOZ in Verbindung mit § 10 Abs. 2 GOZ. Das bedeutet:

 

  • Als Einmalinstrumente gekennzeichnete Nickel-Titan-Instrumente können zusätzlich in Rechnung gestellt werden.
  • Als Einmalinstrumente gekennzeichnete Wurzelkanalinstrumente, die nicht aus Nickel-Titan bestehen, dürfen nicht berechnet werden. Ausnahme: Unzumutbarkeit laut Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. Mai 2004 (Az: III ZR 264/03, Abruf-Nr. 041619).
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In seinem Urteil hat der BGH keine feste Grenze für die Zumutbarkeitserwägung festgelegt. Es wurde aber anhand eines Beispiels eine Unzumutbarkeit angenommen. Materialien, die das Honorar zu mehr als 75 Prozent - bezogen auf den 2,3-fachen Satz der Leistungen, bei denen sie anfallen - aufzehren (Zumutbarkeitserwägung), sind berechnungsfähig.

 

  • Beispiel

Bei Herrn Schmidt wird eine endodontische Behandlung an Zahn 45 durchgeführt. Berechnungsfähig sind:

 

  • 1 x GOZ-Nr. 2410 „Aufbereitung des Wurzelkanals“ x 2,3 = 50,71 Euro
  • 75 Prozent von 50,71 Euro = 38,03 Euro

 

Betragen die Materialkosten für die Aufbereitungsinstrumente in diesem Fall 38,03 Euro oder mehr, kann der Zahnarzt diese gesondert in Rechnung stellen. Das gilt auch dann, wenn es sich nicht um Nickel-Titan-Instrumente handelt.

 

Beachten Sie | Mehrfach verwendete Wurzelkanalinstrumente sind vollständig von der Berechnung ausgeschlossen!

 

Bei gesetzlich versicherten Patienten sind die Materialkosten laut BEMA als Bestandteil der Leistungen zu sehen und können grundsätzlich nicht zusätzlich berechnet werden. In Fällen, in denen die endodontische Behandlung nicht in die Richtlinien fällt und privat berechnet wird, gelten die Ausführungen für privat versicherte Patienten entsprechend.

 

Weiterführende Hinweise

  • Sonderausgabe „Fit in Hygiene und Arbeitsschutz“ im Archiv auf ppz.iww.de unter „Downloads/Sonderausgaben“ - Wenn Sie diese Ausgabe als gedrucktes Exemplar haben möchten, schicken Sie unter Angabe Ihrer Abo-Nummer und Ihrer Adresse eine E-Mail mit dem Betreff „Sonderausgabe Fit in Hygiene und Arbeitsschutz“ an ppz@iww.de. Sie erhalten die Ausgabe dann völlig kostenlos auf dem Postweg.
  • Sonderausgabe „Arbeitsschutz und Hygiene in Praxis und Labor“ im Archiv auf ppz.iww.de unter „Downloads/Sonderausgaben“
Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 8 | ID 42580051