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  • · Fachbeitrag · Praxisveräußerung

    Laufender Gewinn wegen Praxisneueröffnung

    von RiFG Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    Trotz Veräußerung der Praxis eines ausschließlich operativ tätigen Orthopäden liegt kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn vor, wenn zeitgleich eine neue Praxis für konservative Orthopädie eröffnet wird (FG Hamburg 5.4.11, 6 K 191/10, Gerichtsbescheid).

    Sachverhalt

    Ein Facharzt für Orthopädie und Inhaber einer orthopädischen Praxisklinik, behandelte Kassen- und Privatpatienten. 2005 verkaufte er seine Praxis (ohne Inventar, aber mit Patientenkartei). Der Erwerber wollte aber in eine Gemeinschaftspraxis eintreten und verlegte den Kassensitz frühestmöglich drei Monate nach Praxisübernahme dorthin. Der Facharzt eröffnete eine orthopädische Privatpraxis in neuen Räumen und führte in den alten Räumen noch bis zum Ablauf des Mietvertrags in vermindertem Umfang Operationen durch. Das FA behandelte den Veräußerungsgewinn als laufenden Gewinn, da der Kläger mit der Eröffnung der neuen Praxis die gleiche freiberufliche Tätigkeit fortgesetzt und sie nicht in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eingestellt habe.

     

    Anmerkungen

    Für eine Begünstigung nach den § § 16, 34 EStG müssen sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert (bei Aufgabe veräußert oder in das Privatvermögen entnommen) werden. Die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis muss wenigstens für eine gewisse Zeit (mindestens drei, besser fünf Jahre) aufgegeben werden, um die Überleitung des Mandanten-/Patientenstammes zu sichern (BFH 23.1.97, IV R 36/95, BStBl II 97, 498). Hier wurde aber nur die Kassenzulassung „verkauft“, nicht aber sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen, die die bisherige Praxis prägten, die im Übrigen fortgesetzt wurde. Die medizinischen Behandlungen von Privat- und Kassenpatienten sind keine verschiedenen, sondern gleichartige Tätigkeiten und unterscheiden sich lediglich hinsichtlich des Abrechnungsverfahrens (BFH 6.3.97, IV R 28/96, BFH/NV 97, 746). Daher führte die Veräußerung der kassenärztlichen Zulassung einschließlich der damit verbundenen Einschränkung der Abrechnungsmethode gegenüber den Patienten auf Selbstzahlung zu laufendem, nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigtem Gewinn.

     

    Praxishinweis

    In vergleichbaren Fällen empfiehlt sich eine vorherige Bestandsaufnahme, welche (insbesondere immateriellen) Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören. Wird nur ein geringer Teil des Kunden- bzw. Patientenstamms zurückbehalten (bis zu 10 %), so ist das unschädlich. Einkommensteuerlich gilt laut BMF (28.7.03, IV A 6 - S 2242 - 4/03) für eine Praxisveräußerung unter Fortführung einer ärztlichen Tätigkeit im geringen Umfang zwar, dass die weitere Entwicklung der zurückbehaltenen Beziehungen nach der Veräußerung unerheblich sind. Die Hinzugewinnung neuer Mandate/Patienten innerhalb der „gewissen” Zeit nach Betriebsaufgabe soll indes danach - auch ohne Überschreiten der 10-Prozent-Grenze - in jedem Fall schädlich sein.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2011 | Seite 265 | ID 28457560

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