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  • 27.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189554

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 18.07.2016 – 3 K 49/14

    Eine von einem Apotheker an seine geschiedene Ehefrau geleistete Ausgleichszahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs im Rahmen der Ehescheidung ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG als Sonderausgabe abziehbar.


    Finanzgericht Schleswig-Holstein

    Urt. v. 18.07.2016

    Az.: 3 K 49/14

    In dem Rechtsstreit

    wegen Einkommensteuer 2011

    hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 18. Juli 2016 für Recht erkannt:

    Tenor:

    Der Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 27. Januar 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2014 werden abgeändert. Dem Finanzamt wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe unter Berücksichtigung des als Versorgungsausgleich gezahlten Betrages in Höhe von 14.000,00 € zu errechnen, ferner dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den geänderten Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Berechnung der geänderten Steuerfestsetzung konnte das Gericht auf das Finanzamt übertragen, weil die Ermittlung dieses Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Abzugsfähigkeit von Versorgungsausgleichszahlungen des Klägers an seine geschiedene Ehefrau.

    Die Ehe des Klägers wurde am 29.06.2009 geschieden. Die Verhandlung zum Versorgungsausgleich wurde im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht -OLG- A durch Vergleich abgeschlossen. Das OLG hatte mit Schreiben vom 20.09.2010 Vergleichsverhandlungen "nach Maßgabe des seit September 2009 geltenden Versorgungsausgleichsgesetzes" -VersAusglG- angeregt.

    In dem Schreiben des OLG heißt es dazu wörtlich:

    "Nach den vom Senat im Beschwerdeverfahren eingeholten aktuellen Auskünften der zu beteiligenden Versorgungsträger wären wechselseitige Anrechte bei den jeweiligen Versorgungsträgern für beide Parteien zu übertragen. Dabei ist in den Auskünften der jeweilige Kapitalwert ausgewiesen. Danach hat der Antragsteller der Antragsgegnerin bei der Apothekerversorgung einen Kapitalwert von 80.394 € zu übertragen, während zu seinen Gunsten bei der B Anrechte mit einem Kapitalwert von 60.119 € sowie bei der C von 3.051 € zu übertragen sind.

    Vor diesem Hintergrund könnten die Parteien erwägen, ob der Antragsteller der Antragsgegnerin einen bestimmten Kapitalbetrag zahlt oder einen anderen Vermögenswert überträgt und beide Parteien im Übrigen durch eine Vereinbarung i. S. v. § 6 VersAusglG die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausschließen."

    Am 29.03.2011 schloss der Kläger mit seiner geschiedenen Ehefrau einen Vergleich zur Abwendung des Versorgungsausgleichs mit folgendem Inhalt:

    1. "Der Antragsteller zahlt der Antragsgegnerin zur Abfindung in der Folgesache Versorgungsausgleich einen Betrag von 14.000 €.

    2. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind sich darüber einig, dass unter Berücksichtigung der beiderseits in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften, wie sie in der Verfügung des Senats vom 20. September 2010 dargestellt sind, sowie des Abfindungsbetrages nach Ziffer 1 ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden soll und schließen den Versorgungsausgleich hiermit aus (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG).

    3. ..."

    Mit der Steuererklärung für die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2011 beantragte der Kläger die Berücksichtigung des an seine geschiedene Ehefrau gezahlten Betrages in Höhe von 14.000,00 € zwecks Vermeidung eines Versorgungsausgleichs als außergewöhnliche Belastung. Die Veranlagung wurde zunächst beim Finanzamt E vorgenommen, weil sich der Wohnsitz zum Zeitpunkt der Veranlagung noch in F befand.

    Das Finanzamt E versagte in der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2011 mit Bescheid vom 27.02.2013 die Anerkennung der Zahlung als außergewöhnliche Belastung, da es am Merkmal der Zwangsläufigkeit fehle. Abzugsfähig seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes -BFH- die Prozesskosten für den Versorgungsausgleich, nicht jedoch etwaige Ausgleichs- oder Abstandszahlungen.

    Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2013 Einspruch ein und beantragte nunmehr, die Zahlung in Höhe von 14.000,00 € als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gem. § 22 Einkommensteuergesetz -EStG- zu berücksichtigen.

    Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen seien. Sie seien von der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen seien, auch wenn die mit dem Aufwand zusammenhängenden Einnahmen noch nicht erzielt werden würden. Ausreichend sei ein bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, der sich nach der Bewertung und Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments richten würde. Seine Aufwendungen seien ausgelöst worden, um zu verhindern, dass Rentenanteile auf das Rentenkonto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen werden.

    Darüber hinaus beantragte der Kläger im Einspruchsverfahren den Abzug weiterer Werbungskosten in Höhe von 505,98 € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

    Mit Änderungsbescheid vom 27.01.2014 berücksichtigte der Beklagte den Werbungskostenabzug in Höhe von 505,98 € bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eine Berücksichtigung des Betrages in Höhe von 14.000,00 € als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften erfolgte jedoch nicht.

    Der Kläger hielt seinen Einspruch weiter aufrecht. Der geänderte Bescheid wurde gem. § 365 Abs. 3 Abgabenordnung -AO- zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014 wies der Beklagte den Anspruch als unbegründet zurück. Eine Berücksichtigung der Versorgungsausgleichszahlung in Höhe von 14.000,00 € käme nicht in Betracht. Sofern eine dingliche Forderung nicht auf Übertragung der Einkunftsquelle gerichtet sei, sondern allgemein gegen das Vermögen des Steuerpflichtigen (wie insbesondere eine Geldquelle), könne der Steuerpflichtige frei entscheiden, welchen Vermögensgegenstand er zur Finanzierung einsetzen wolle. Dies sei ein Vorgang auf der Einkommensverwendungsebene, der nicht zu steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen führe. Aus diesem Grund könne die Befriedigung der auf Zahlung - und nicht auf die dingliche Übertragung eines Rentenanspruchs - gerichteten Forderung des anderen Ehegatten im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unabhängig davon nicht zur Annahme von Werbungskosten führen, ob der Kläger hierfür seinen Rentenanspruch einsetze oder die Zahlungen anders finanziere.

    Darüber hinaus ist der Beklagte der Auffassung, dass auch die neue Rechtslage ab September 2009 an dieser Bewertung nichts ändere. Nach der gesetzlichen Neuregelung des Versorgungsausgleichs im VersAusglG sei nur der Begriff des "schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" durch den der "schuldrechtlichen Ausgleichszahlungen" ersetzt worden. Soweit es sich also um einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich handele, würde sich an der ursprünglichen Bewertung des BFH auch nach aktuellem Recht nichts ändern.

    Mit seiner am 24.03.2014 beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Versorgungsausgleichszahlungen an seine geschiedene Ehefrau in Höhe von 14.000,00 €.

    Er begründet die Klage im Wesentlichen damit, dass der Beklagte irrtümlicherweise davon ausgehe, dass die Zahlung nicht auf die Übertragung einer Einkunftsquelle gerichtet sei. Er übersehe, dass die Einkunftsquelle ursprünglich beim Kläger gewesen sei und durch die Zahlung der Ausgleichssumme auch weiterhin beim Kläger verbleibe. Die Aufwendungen seien deshalb erforderlich gewesen, um die Rente ungeschmälert ausgezahlt zu bekommen.

    Der Kläger beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 27.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014 dahingehend zu ändern, dass die Zahlung in Höhe von 14.000,00 € für den Versorgungsausgleich als Werbungskosten berücksichtigt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014. Er ist weiterhin der Auffassung, dass auch nach der neuen Rechtslage ab 01.09.2009 keine andere Beurteilung des Falles möglich sei.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    1.

    Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2011 vom 27.01.2014 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers in Höhe von 14.000,00 € für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zwar zu Recht nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Er übersieht aber die Möglichkeit des Sonderausgabenabzuges nach § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG.

    a)
    Bei der Versorgungsausgleichszahlung des Klägers an seine geschiedene Ehefrau handelt es sich nicht um sofort abziehbare, vorweggenommene Werbungskosten im Zusammenhang mit den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG.
    Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Sie sind auch bereits vor dem Anfall von Einnahmen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (BFH, Urt. vom 15.06.2010 - X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807).

    Keine - sofort abziehbaren - Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind hingegen bei den sog. Überschusseinkünften i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG solche Aufwendungen, die geleistet werden zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern, die der Einnahmeerzielung dienen (so in ständiger Rechtsprechung BFH-Urteile vom 29.11.1983 VIII R 160/82, BStBl II 1984, 307; vom 21.12.1982 VIII R 215/78, BStBl II 1983, 410; vom 14.2.1978 VIII R 9/76, BStBl II 1978, 455). Derartige Aufwendungen können nur in Form von Absetzungen für Abnutzung nach Maßgabe der speziell hierfür geschaffenen § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. §§ 7 ff. EStG als Werbungskosten berücksichtigt werden und dies auch nur, sofern sie sich auf die Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Wirtschaftsgüter beziehen. Ansonsten wirken sie sich steuerlich nicht aus, weil sie die Vermögensebene und nicht die Einkunftsebene betreffen (vgl. hierzu auch Urteil des FG Köln vom 26.03.2014 7 K 1037/12, EFG 2014, 1470 - 1473).

    In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist zu unterscheiden zwischen dem Anschaffungsvorgang auf Vermögensebene und der Ebene der Einkunftserzielung. Danach sind sowohl Arbeitnehmerbeiträge zu einer Rentenversicherung als auch Beiträge bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen (hier: Apothekerversorgungswerk) keine nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG abziehbaren, vorab entstandenen Werbungskosten zur Erlangung späterer sonstiger Einkünfte nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG. Denn Leistungen, die aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, sowie der kapitalgedeckten Altersversorgung, setzen sich aus einem Kapitalanteil und einem Zinsanteil zusammen. Der Berechtigte erwirbt einen Anspruch gegen die Versorgungseinrichtung, nach Erreichen der Altersgrenze versorgt zu werden. Dieser Anspruch stellt bei ihm einen Vermögenswert dar (vgl. FG Köln, a.a.O.).

    Das Gericht folgt in diesem Zusammenhang der Einschätzung des FG Köln, das in diesem Zusammenhang ausführt: Der Erwerb einer Rentenanwartschaft durch Aufwendung und Ansammlung von Vermögen ist in steuerrechtlicher Hinsicht dem vorgenannten Ansparvorgang im Bereich des Kapitalvermögens gleichzusetzen, weil der gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG steuerbare Ertragsanteil nach seiner Rechtsnatur den (pauschalierten) Kapitalertrag eines Vermögensanspruchs darstellt. Der Vorgang des Kapitalansparens erlangt einkommensteuerliche Bedeutung nicht dadurch, dass die zusammenhängenden Zahlungen im weitesten Sinne durch die späteren Kapital- oder Renteneinkünfte "veranlasst" sind. Die Anschaffung einer Rentenanwartschaft führt nicht zu Werbungskosten. Die in den Rentenbezügen enthaltene Rückzahlung von Kapital ist jedenfalls noch im Streitjahr auch keine steuerbare Einnahme, so dass alle Beiträge und anderen Zahlungen eines Versicherten, die wirtschaftlich auf den Erwerb oder die Erhaltung eines Rentenrechts gerichtet sind, erstmalige oder nachträgliche Anschaffungskosten zur Begründung seiner Versorgungsanwartschaft darstellen (so BFH, Urteile vom 7.2.1990 X R 204/87, BFH/NV 1990, 62; vom 29.7.1986 IX R 206/84, BStBl II 1986, 747; vgl. auch Stuhrmann in: Blümich, EStG § 22 Rz. 153).

    Nichts anderes kann für Leistungen gelten, die aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden.

    bb)
    Bei der Versorgungsausgleichzahlung des Klägers an seine geschiedene Ehefrau handelt es sich um Anschaffungskosten des Rechts auf Altersversorgung, die weder als sofort abziehbare, vorweggenommene Werbungskosten noch - mangels Abnutzbarkeit des erhaltenen Rentenanrechts - im Wege der Absetzung für Abnutzung steuermindernde Berücksichtigung finden können.

    Bei der Ausgleichszahlung für den Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs handelt es sich um einen Erwerbsvorgang, der sich auf der privaten Vermögensebene und nicht auf der Einkunftsebene abspielt (vgl. FG Köln, a.a.O.).

    Dem Kläger werden im Versorgungsfall Alterseinkünfte zufließen, die sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr.1 Satz a) aa) EStG darstellen.
    Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen geschiedenen Eheleuten gelten seit dem 01. September 2009 die Neuregelungen des VersAusglG (BGBl I 2009, 700, mit Wirkung ab dem 01.09.2009).

    In § 10 VersAusglG ist der Grundsatz der internen Realteilung eingeführt worden, wonach jedes Versorgungsanrecht separat, innerhalb seines Versorgungssystems, zwischen den Ehegatten aufzuteilen ist. Als Ausnahme zu dem Prinzip der internen Teilung ist in §§ 14 ff. VersAusglG die externe Teilung vorgesehen. Hierbei wird der Ausgleichswert an einen anderen als den gegenwärtigen, also einen externen unternehmensfremden Versorgungsträger übertragen, der hieraus eine angemessene Versorgung zu gewähren hat (FG Münster vom 11.11.2015 7 K 453/15 E, EFG 2016, 114 - 115; vgl. auch Huber/Burg, BB 2009, 2534).

    Danach ist es nach der Rechtsänderung im September 2009 so, dass sowohl im Falle der internen Teilung (§ 3 Nr. 55a EStG) als auch bei externer Teilung (§ 3 Nr. 55b EStG) nicht mehr der Ausgleichspflichtige, sondern der Ausgleichsberechtigte die Leistungen versteuern muss. Diese gesetzlich vorgesehene Realteilung und die damit verbundene Verlagerung der Einkünfte auf seine geschiedene Ehefrau hat der Kläger aber gerade durch die in dem gerichtlich protokollierten Vergleich vereinbarte Ausgleichszahlung verhindert. Zugunsten der berechtigten Ex-Ehefrau des Klägers hätten Anwartschaften in dem Versorgungswerk für Apotheker zulasten des versorgungsausgleichsverpflichteten Klägers aus Mitteln seines Versorgungsträgers begründet werden müssen (vgl. Weber-Grellet in: Schmidt EStG 2011, 30. Aufl., § 22 Rn. 117).

    Im Streitfall wäre es also ohne die vorliegend zu beurteilende Vereinbarung zu einer Aufteilung der Versorgungsanwartschaft des Klägers beim Versorgungswerk der Apotheker und damit zu einer Verringerung der diesem zufließenden Versorgungsbezüge gekommen. Denn der ohne die Vereinbarung durchzuführende Versorgungsausgleich hätte aufgrund der durchzuführenden Realteilung zu einer Einkünfteverlagerung auf die geschiedene Ehefrau des Klägers geführt (vgl. BFH, Urt. vom 22.08.2012 - X R 36/09, BStBl II 2014, 109).

    Die Zahlung in Höhe von 14.000,00 € ist nach dem Vergleich auch als Gegenleistung für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich der Altersversorgung durch das Versorgungswerk der Apotheker vom Kläger an die frühere Ehefrau gezahlt worden. Damit bleibt dem Kläger der Versorgungsanspruch ungeschmälert erhalten. Er hat den Betrag also aufgewendet, um sich den Erhalt seiner Einnahmen im Rentenalter zu sichern.

    Die Zahlung an die geschiedene Ehefrau war zwar nicht auf eine erstmalige Begründung der Anwartschaft gerichtet, sondern auf deren "Behaltendürfen". Damit diente sie aber im Ergebnis dem Zweck, die der ausgleichsberechtigten Ehefrau zustehende Beteiligung an dem Versorgungsrecht zu unterbinden und damit einen noch nicht dinglich, aber zumindest wirtschaftlich dem anderen Ehegatten zustehenden Anteil an der Anwartschaft zu erlangen (vgl. BFH, Urteil vom 5.5.1993 X R 128/90 BStBl II 1993, 867). Dieser Erwerbsvorgang durch Hingabe von Vermögen ist vergleichbar einem erstmaligen Erwerb eines Rentenstammrechtes oder einem Ansparvorgang bei der Ansammlung von Kapitalvermögen, da in den späteren Renten- bzw. Versorgungszahlungen zugleich auch eine Rückzahlung des hingegebenen Kapitals zu sehen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 6.3.2006 X B 5/05, BFH/NV 2006, 1091, Urteil vom 7.2.1990 X R 204/87, BFH/NV 1990, 762; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2002, 10 K 288/96, EFG 2003, 1611; Steger/Venturelli, INF 2006, 938, 941; vgl. FG Köln, a.a.O.).

    b)
    Die Ausgleichszahlung zur Abfindung eines Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens einer Rentenanwartschaft beim Versorgungswerk der Apotheker des Landes G ist aber als Sonderausgabe gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG abziehbar, da sie weder zu den Werbungskosten gehört, noch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu behandeln ist.

    Nach der in dem Streitjahr geltenden Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom 08.12.2010 (BGBl. I 2010, 1769, mit Wirkung vom 14.12.2010) zählen zu den abzugsfähigen Sonderausgaben Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 VersAusglG und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a Versorgungsausgleichs-Härteregelungsgesetz -VAHRG-, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichsverpflichteten Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Die Zahlungen sind beim Empfänger nach § 22 Nr. 1c EStG a. F. (durch Gesetz vom 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417, mit Wirkung vom 01.01.2015 ersetzt durch § 22 Nr. 1a EStG) als sonstige Einkünfte zu versteuern.

    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Die den Versorgungseinkünften zugrundeliegenden Einnahmen unterliegen der Besteuerung durch den Kläger als ausgleichsverpflichtete Person. Die geschiedene Ehefrau als Ausgleichsberechtigte ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

    2.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    3.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Gericht folgt insoweit der Auffassung des FG Baden-Württemberg (Urt. vom 16.01.2012 - 6 K 4588/09 m.w.N.).

    4.

    Die Entscheidung ergeht gem. § 79 a Abs. 3, 4 FGO durch die Berichterstatterin anstelle des Senats.

    5.

    Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG; § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG

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