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  • · Fachbeitrag · Bundesverfassungsgericht

    Verdacht der Erstellung von Gefälligkeitsgutachten: Praxisdurchsuchung war rechtmäßig

    | Das Bundesverfassungsgericht hat am 8. Januar 2015 (Az. 2 BvR 2419/13, Abruf-Nr. 143945 unter pa.iww.de ) beschlossen, die Verfassungsbeschwerde des beratenden Zahnarztes einer privaten Krankenversicherung (PKV) nicht zur Entscheidung anzunehmen. Dem Zahnarzt war die wiederholte Ausstellung von Gefälligkeitsgutachten vorgeworfen worden. |

     

    Der Fall

    Der Zahnarzt erstattete für PKVen Gutachten zur medizinischen Notwendigkeit zahnärztlicher Behandlungen. In einem Gutachten verneinte er die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung seines Kollegen Dr. M. Im nachfolgenden, von der Patientin geführten Gerichtsverfahren hielt der gerichtlich bestellte Gutachter die gewünschte Behandlung jedoch für medizinisch erforderlich. Das Gericht schloss sich dieser Bewertung an. Im Juli 2012 erstellte der beratende Zahnarzt ein Gutachten für einen anderen Patienten von Dr. M. und verneinte auch hier die medizinische Notwendigkeit. Daraufhin beauftragten Dr. M. und sein Patient einen (Gegen-)Gutachter,der in seinem Gutachten die Ausführungen des Zahnarztes als „erschreckend“ und „falsch“ bezeichnete und ihm vorwarf, der Textinhalt seiner Gutachten sei stets nahezu identisch.

     

    Dr. M. erstattete Strafanzeige gegen seinen Kollegen wegen des Verdachts des Betruges (§ 263 StGB) und des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB). Er behauptete, der Zahnarzt fertige in großem Umfang im Auftrag diverser PKVen Gutachten, bei denen er wider besseres Wissen zugunsten der PKV die medizinische Notwendigkeit von Heilbehandlungenverneine. In einschlägigen Fachkreisen sei allgemein bekannt, dass der Zahnarzt in großem Umfang für zahlreiche PKVen als Gutachter - sozusagen als „Sparkommissar“ - zu Fragen der medizinischen Notwendigkeit tätig sei.

     

    Die Entscheidung

    Die Verfassungsrichter entschieden, dass die im Zuge der Ermittlung angeordnete Durchsuchung der Privaträume und der Praxis des Zahnarztes rechtmäßig war, und wiesen die Beschwerde zurück. Der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses sei noch als verhältnismäßig anzusehen gewesen.

     

    FAZIT |  Reinen „Gefälligkeitsgutachten“ wurde ein Riegel vorgeschoben 

    Angesichts der Tatsache, dass in jüngster Zeit beratende Zahnärzte im Auftrag von PKVen zunehmend die Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen durchführen, kommt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aktuell besondere Bedeutung zu. Sie führt vor Augen, dass auch für Versicherungen beratend tätige Zahnärzte fundierte fach- und sachgerechte Gesundheitszeugnisse zu erstellen haben und ihre Beurteilung nicht einseitig und fachwidrig zugunsten der Interessen ihrer Auftraggeber vornehmen dürfen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 1 | ID 43337944