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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Der Königsweg: Dokumentieren, kalkulieren, steigern und begründen

    von Christine Baumeister-Henning, Haltern am See

    | Vor allem in der Prothetik sind Faktorsteigerungen bei erhöhtem Zeitaufwand oder besonderen Schwierigkeiten unverzichtbar. Laut GOZ-Analyse der Bundeszahnärztekammer werden prothetische Leistungen im Durchschnitt mit dem Faktor 2,66 berechnet - ein großer Teil vermutlich immer noch bei 2,3. Obwohl prothetische Leistungen in der GOZ 2012 aufgewertet wurden, bedeutet dies nicht automatisch, dass dieser Faktor immer ausreicht. | 

    Erstes Beispiel

    Versorgung eines Patienten mit zwei voll verblendeten Einzelkronen an den Zähnen 46 und 47. Die Praxis hat einen Praxisstundensatz von 356 Euro (inklusive Gewinnanteile). Alles läuft hervorragend. In der ersten Sitzung erfolgt die Präparation, in der zweiten Sitzung werden die Kronen eingesetzt.

     

    Datum
    Zahn
    Geb.-Nr.
    Anzahl
    Leistung
    Faktor
    Betrag

    16. 8.

    0030

    1

    Heil- und Kostenplan

    2,3

    25,87 Euro

    15. 9.

    46, 47

    0070

    1

    Vitalitätsprüfung

    2,3

    6,47 Euro

    46, 47

    0090

    2

    Infiltrationsanästhesie

    2,3

    15,52 Euro

    2

    Anästhetikum

    1,64 Euro

    46, 47

    0100

    1

    Leitungsanästhesie

    2,3

    9,05 Euro

    46, 47

    2030

    1

    Besondere Maßnahme: Blutstillung

    2,3

    8,41 Euro

    2

    Alginat

    4,40 Euro

    1

    Silikon

    12,68 Euro

    46, 47

    4080

    2

    Gingivektomie

    2,3

    11,64 Euro

    46, 47

    2270

    2

    Provisorische Krone im direkten Verfahren

    2,3

    69,86 Euro

    22. 9.

    46, 47

    2210

    2

    Krone, Hohlkehlpräparation

    2,3

    434,12 Euro

    599,66 Euro

     

    Beim genannten Stundensatz steht für diese Behandlung ein Zeitkontingent von etwa 100 Minuten (1 Stunde und 40 Minuten) zur Verfügung. Da alles glatt gelaufen ist, kommt die Praxis mit diesem Honorar gut zurecht.

    Zweites Beispiel

    Auch diese Patientin erhält zwei Einzelkronen, aber im Frontzahnbereich an den Zähnen 21 und 22. Der Stundensatz beträgt 325 Euro. In der ersten Sitzung erfolgt die Präparation. Wegen verstärkter Blutung kann die Korrekturabformung erst am nächsten Tag durchgeführt werden. Darüber hinaus wird zur optimalen Farbgestaltung eine Rohbrandanprobe vorgenommen, nach dem Glanzbrand werden die Kronen in der vierten Sitzung adhäsiv befestigt.

     

    Datum
    Zahn
    Geb-Nr.
    Anzahl
    Leistung
    Faktor
    Betrag

    18.8.

    0030

    1

    Heil- und Kostenplan

    2,3

    25,87 Euro

    17.9.

    21, 22

    0070

    1

    Vitalitätsprüfung

    2,3

    6,47 Euro

    21, 22

    0090

    2

    Infiltrationsanästhesie

    2,3

    15,52 Euro

    2

    Anästhetikum

    1,64 Euro

    21, 22

    2030

    1

    Besondere Maßnahme: Blutstillung

    2,3

    8,41 Euro

    2

    Alginat

    4,40 Euro

    21, 22

    4080

    2

    Gingivektomie

    2,3

    11,64 Euro

    21, 22

    2270

    2

    Provisorische Krone im direkten Verfahren

    2,3

    69,86 Euro

    18.9.

    21, 22

    2030

    1

    Besondere Maßnahmen: Verdrängen von Zahnfleisch zur Sichtbarmachung der Präparationsgrenze

    2,3

    8,41 Euro

    1

    Silikon

    12,68 Euro

    25.9.

    Ä3

    1

    Eingehende Beratung (Farbgestaltung, Zahnform)

    2,3

    20,10 Euro

    28.9.

    21, 22

    2210

    2

    Krone, Hohlkehlpräparation

    2,3

    434,12 Euro

    28.9.

    21, 22

    2197

    2

    Adhäsive Befestigung

    2,3

    33,64 Euro

    652,76 Euro

     

     

    Dieser Praxis stehen beim genannten Stundensatz für die Behandlung etwa zwei Stunden zur Verfügung. Der zeitliche Aufwand war jedoch deutlich höher, so dass eine Anhebung des Steigerungssatzes unumgänglich ist. Wichtig für eine korrekte Honorarberechnung ist die vollständige Dokumentation. In den Beispielen - aber auch in allen anderen Fällen - ist die Dokumentation des Zeitaufwandes für die Kalkulation des Faktors hilfreich. Dann ist bei Rechnungslegung schnell ersichtlich, ob eine Anhebung des Faktors notwendig ist. Das allein reicht jedoch nicht! Denn jetzt benötigt die Mitarbeiterin eine gute Begründung. Je besser die Umstände der Behandlung dokumentiert werden, umso eher kann man eine aussagekräftige Begründung formulieren.

    Begründungen für Provisorien

    Die GOZ-Nr. 2270 enthält laut Beschreibung die Abnahme und das Wiederbefestigen der provisorischen Versorgung. Wird jedoch häufiger als einmal die provisorische Versorgung abgenommen und wieder befestigt, ist dies im Steigerungssatz zu berücksichtigen. Die Begründung könnte dann lauten: „Überdurchschnittlicher Zeitaufwand wegen behandlungsbedingter häufiger Abnahme und Wiederbefestigung von provisorischen Kronen/Brücken.“

    Begründungen für Kronen

    Hier ergibt sich aus der GOZ zunächst folgende Problematik: Eine Abrechnungsbestimmung zur GOZ-Nr. 2210 lautet: „Zu den Kronen nach den Nrn. 2200 bis 2220 gehören Kronen (Voll- und Teilkronen) jeder zahntechnischen Ausführung.“ Dies bedeutet: Allein die Tatsache, dass es sich im zweiten Beispiel um vollkeramische Kronen handelt, ist keine Begründung für einen erhöhten Steigerungsfaktor. Das Thema „Ästhetische Gestaltung“ ist schwierig, denn private Kostenerstatter könnten argumentieren, dass Ästhetik nicht medizinisch notwendig ist, und damit die Faktorerhöhung ablehnen.

     

    Tatsache ist aber auch, dass die Nr. 2210 für alle Kronenarten zur Verfügung steht, also für Vollguss ebenso wie für Vollkeramik. Allerdings wird der Zahnarzt für eine vollkeramische wie auch für eine voll verblendete Krone mehr Substanz abtragen müssen. Deshalb könnte für diese Art von Kronen als „Standardbegründung“ hinterlegt werden: „Deutlich erhöhte Schwierigkeit, da bei umfangreichem Substanzabtrag zum Schutz der vitalen Pulpa mit reduzierter Tourenzahl der Präparationsinstrumente gearbeitet werden musste.“

     

    Im zweiten Beispiel ergibt sich aus der Dokumentation eine weitere mögliche Begründung. Im Leistungsumfang der GOZ-Nr. 2210 sind die notwendigen Abformungen enthalten. Dabei geht man jedoch im Standardfall davon aus, dass alle notwendigen Abformungen in einer Sitzung erfolgen können. Das war hier nicht der Fall. Deshalb könnte die Begründung auch so aussehen: „Erheblicher zeitlicher Mehraufwand, weil die Abformung wegen starker Blutung in separater Sitzung erfolgen musste.“

     

    Die Bedeutung der Dokumentation für eine leistungsgerechte Kalkulation kann nicht genug betont werden. Weitere behandlungs- oder patientenbedingte Besonderheiten können die Arbeit erschweren und eine Faktorsteigerung erfordern. Es folgen weitere Beispiele für Begründungen, die sich aus der Behandlung oder durch die Besonderheiten des Patienten ergeben.

     

    • Beispiele für Begründungen bei Einzelkronen
    • Schwierige Präparation, da der Präparationsrand aufgrund der kurzen klinischen Krone zur Gewinnung ausreichender Retention subgingival gelegt werden musste.
    • Doppelter Zeitaufwand wegen schwieriger Präparation aufgrund großflächigem Zahnhartsubstanzverlust und schwieriger Präparationsgrenze unterhalb des Zahnfleischsaumes.
    • Besonders vorsichtiges Vorgehen zum Schutz der gefährdeten benachbarten Keramikkrone nötig.
    • Erheblicher zeitlicher Mehraufwand wegen schwieriger und unüblich häufiger prothetischer Zwischenproben.
    • Erheblicher zeitlicher Mehraufwand wegen mehrfacher Gerüsteinproben und individuellem Glanzbrand.
    • Sehr zeitaufwendige Präparation, da wegen des hohen Wangen-/Zungenmuskeltonus die Arbeit häufig unterbrochen und die Arbeitsinstrumente neu positioniert werden mussten.
    • Zeitaufwendige Behandlung, da wegen Kiefergelenks- und Muskelschmerzen des Patienten die Behandlung häufig unterbrochen werden musste.
    • Erheblich erschwerte Präparation, da bei starkem Substanzverlust mit außergewöhnlich hohem Aufwand retentive, auch subgingival gelegene Areale gewonnen werden mussten.
    • Erheblicher zeitlicher Mehraufwand, da wegen des starken Speichelflusses des Patienten/wegen starker Blutungsneigung die Abdrucknahme mehrfach wiederholt werden musste.
    • Erhöhte Schwierigkeiten wegen einer ungünstigen Präparationsgrenze (Landgericht Frankfurt an der Oder, Az. 6a S 128/06, 26. Juni 2007)
    • Erhöhte Schwierigkeit und besonderer Zeitaufwand wegen verstärkter Papillenblutung (Landgericht Frankfurt an der Oder, Az. 6a S 128/06, Urteil vom 26. Juni 2007)
    • Erhöhte Schwierigkeit der Leistung wegen Nivellierung des stark verlängerten Zahnes in die Okklusionsebene unter Berücksichtigung des Pulpenerhalts
    • Deutlich erhöhte Schwierigkeit: Bedingt durch die vorhandene, tief unter dem Zahnfleischrand liegende alte Präparationsgrenze konnte die neue Präparationsgrenze nur mit erheblichem Mehraufwand gestaltet werden.
    • Aufgrund der parodontalen Vorschädigung sind die klinischen Kronen stark verlängert. Die Präparation im Wurzelzement ist mit besonderen Schwierigkeiten und daher einem höheren Zeitbedarf verbunden.
     

    (Auszüge aus: „Begründungskatalog“, Christine Baumeister-Henning, Haltern am See)

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 2 | ID 42953991