Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 13.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238253

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 20.04.2023 – 1 K 1234/22

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2022 wird der Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag,Kirchensteuer, BAV-Förderbetrag und andere Beträge für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 vom 23.07.2021 dahingehend abgeändert, dass die Lohnsteuer um ... €, der Solidaritätszuschlag um ... €, die evangelische Kirchensteuer um ... €, die römisch-katholische Kirchensteuer um ... €, die jüdische Kultussteuer um ... € und die altkatholische Kirchensteuer um ... € niedriger festgesetzt wird.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

    Tatbestand
    2

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die von den Arbeitnehmern gezahlten Entgelte für einen vom Arbeitgeber angemieteten Parkplatz den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges mindern.
    3

    Den Arbeitnehmern der Klägerin steht teilweise ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Dies geschieht auf der Grundlage der Firmenwagenregelung (Company Car Policy) der Z-Gruppe, auf die verwiesen wird (Bl. 45 ff. Gerichtsakte -GA).
    4

    Gemäß Tz. 3.3 dieser Firmenwagenregelung ist der Firmenwagen von den Arbeitnehmern der Klägerin für alle geschäftlichen Fahrten zu nutzen, für die ein Kfz als das zweckmäßigste Verkehrsmittel anzusehen ist. Hierbei sind bestehende reisekostenrechtliche Regelungen zur Firmenwagennutzung im Rahmen einer Auswärtstätigkeit zu berücksichtigen. Gemäß Tz. 2.3 der „Unternehmensrichtlinie Auswärtstätigkeit“ der Z‑Gruppe (Bl. 75 ff. GA) haben Mitarbeiter, denen ein Firmenwagen zur Verfügung steht, diesen im Rahmen von Dienstreisen bis zu einer einfachen Entfernung von 200 km grundsätzlich zu nutzen.
    5

    Nach Tz. 4.1 der Firmenwagenregelung übernimmt der Arbeitgeber keine Kosten für das Anmieten von Garagen und Einstellplätzen.
    6

    Da im Umfeld der Büroräume der Klägerin öffentliche Parkplätze nur in geringer Anzahl zur Verfügung stehen, bietet die Klägerin ihren Arbeitnehmern unabhängig davon, ob sie einen Firmenwagen nutzen, die Möglichkeit an, an oder in der Nähe ihrer ersten Tätigkeitsstätte einen Parkplatz anzumieten. Hierfür fällt ein monatliches Entgelt in Höhe von 30,00 € an. Das Entgelt für den Parkplatz berücksichtigt die Klägerin als Nettoabzug in den Lohnabrechnungen der betroffenen Arbeitnehmer.
    7

    Den geldwerten Vorteil aus der Firmenwagenüberlassung ermittelt die Klägerin gem.§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Streitjahres (EStG) unter Anwendung der 1%-Regelung bzw. der 0,03%-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
    8

    Sofern Mitarbeiter mit Firmenwagen auch einen Parkplatz von der Klägerin anmieten, wird das monatliche Nutzungsentgelt i.H.v. 30,00 € von ihr bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mindernd berücksichtigt.
    9

    Nur diese Minderung für den von den Arbeitnehmern angemieteten und bezahlten Parkplatz ist zwischen den Beteiligten bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Firmenwagenüberlassung streitig.
    10

    Der Beklagte führte bei der Klägerin für den Zeitraum 01.01.2015 ‒ 31.12.2018 eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch und kam neben weiteren, hier nicht streitigen Feststellungen, zu dem Ergebnis, dass die monatlichen Nutzungsentgelte i.H.v. 30,00 € für einen Stellplatz an der Tätigkeitsstätte den pauschalen nach der 1%-Methode ermittelten Nutzungswert nicht mindern dürften, da sie nicht zu den Gesamtkosten des Fahrzeugs gehörten. Die Kosten seien nicht zwangsläufig und dürften daher den geldwerten Vorteil gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht mindern. Im Bericht heißt es, die gekürzten Beträge würden zu 50% nachversteuert. Die Klägerin habe die Nachversteuerung mit dem Nettodurchschnittssteuersatz gewählt. Auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 20.07.2021 wird verwiesen (Lohnsteuer-Außenprüfungsakte).
    11

    Zur Umsetzung der Feststellungen der Prüfung erließ der Beklagte am 23.07.2021 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, BAV-Förderbetrag und andere Beträge für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018. Darin setzte er u.a. die streitgegenständlichen Beträge (Lohnsteuer ... €, Solidaritätszuschlag ... €, evangelische Kirchensteuer ... €, römisch-katholische Kirchensteuer ... €, jüdische Kultussteuer ... € und altkatholische Kirchensteuer ... €) fest.
    12

    Den hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.05.2022 als unbegründet zurück.
    13

    Eine mindernde Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung des betrieblichen Kfz getragenen einzelnen (individuellen) Kosten komme bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Rechtsprechung des BFH zwar grundsätzlich in Betracht. Darunter seien jedoch nur die Aufwendungen zu verstehen, die unmittelbar mit der Kfz-Nutzung zusammenhingen bzw. die für den Arbeitnehmer notwendig seien, um das betriebliche Fahrzeug nutzen zu dürfen wie z.B. ein an den Arbeitgeber zu entrichtendes Nutzungsentgelt. So stelle der BFH ausdrücklich auf die „mit dem Kfz verbundenen individuellen Kosten“ bzw. „einzelne (individuelle) Kosten des betrieblichen Kfz“ bzw. die „durch die private Nutzung des Dienstwagens“ entstandenen Aufwendungen ab (Hinweis auf BFH-Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014) und benenne insoweit auch die obig beschriebenen Aufwendungen.
    14

    Der Begrenzung auf nutzungsabhängige Kosten könne nicht entgegengehalten werden, dass mit dem in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG enthaltenen Verweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die Typisierung auf eine Regelung zurückgegriffen werde, bei der sich sämtliche Kfz-Aufwendungen steuerlich ausgewirkt hätten. Auch in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG werde auf die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen abgestellt. Zu diesen Aufwendungen zählten nur solche Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs zu dienen bestimmt seien und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfielen. Erfasst würden daher neben den von der Fahrleistung abhängigen Aufwendungen für Treib- und Schmierstoffe auch die regelmäßig wiederkehrenden festen Kosten, etwa für Haftpflichtversicherung, Kraftfahrzeugsteuer, Absetzungen für Abnutzung und Garagenmiete (Hinweis auf BFH-Urteil v. 14.09.2005, VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72).
    15

    Sowohl das FG Niedersachsen im Urteil v. 09.10.2020 (14 K 21/19, EFG 2021, 191) als auch das FG Münster im Urteil v. 14.03.2019 (10 K 2990/17 E, EFG 2019, 1083) verträten die Auffassung, den Ausführungen des BFH im vorgenannten Urteil insbesondere zur Zwangsläufigkeit und Unmittelbarkeit der nutzungsabhängigen Kosten sei zu entnehmen, dass die Minderung des geldwerten Vorteils des Arbeitnehmers aus der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nur für solche Aufwendungen gelte, die für ihn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen notwendig seien, also wenn sie zur Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Klausel erforderlich seien. Diese Voraussetzungen lägen in Bezug auf die geltend gemachte Stellplatzmiete an der ersten Tätigkeitsstätte nicht vor, denn die Anmietung des Stellplatzes durch den Arbeitnehmer sei - anders als die Anmietung eines Stellplatzes am Wohnort - nicht notwendig, um das dienstliche Fahrzeug nutzen zu dürfen. Das Anmieten eines Stellplatzes an der Tätigkeitsstätte sei daher keine zwingende Voraussetzung bzw. keine Bedingung für die Überlassung der Kraftfahrzeuge, die zu einer Minderung des geldwerten Vorteils führe, denn eine arbeitsvertragliche Verpflichtung, dass Fahrzeug dort abzustellen, habe nicht bestanden. Im Ergebnis handele es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitnehmers.
    16

    Hiergegen hat die Klägerin am 21.06.2022 Klage erhoben und diese wie folgt begründet:
    17

    Die Berechnungen des Beklagten zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Nutzung des Firmenwagens seien zwar grundsätzlich zutreffend erfolgt. Das von den Arbeitnehmern gezahlte Entgelt für den Parkplatz an der ersten Tätigkeitsstätte sei jedoch als gezahltes Nutzungsentgelt von diesem Betrag abzuziehen.
    18

    Zahle der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber oder auf dessen Weisung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers (abgekürzter Zahlungsweg) für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs ein Nutzungsentgelt, mindere dies sowohl nach Auffassung der Finanzverwaltung als auch des BFH den der Lohnsteuer unterliegenden Nutzungswert (Hinweis auf BMF-Schreiben v. 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz. 52; BFH-Urteile v. 30.11.2016, VI R 49/14, BFHE 256, 107, BStBl II 2017, 1011 und VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014). Zur außerdienstlichen Nutzung eines Kfz gehöre auch die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Das Entgelt für die Stellplatz-/Garagennutzung stelle ein solches Nutzungsentgelt dar.
    19

    Ein den geldwerten Vorteil aus der Kfz-Überlassung minderndes Nutzungsentgelt sei neben einem pauschalen Nutzungsentgelt auch die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarte vollständige oder teilweise Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer (Hinweis auf BMF-Schreiben v. 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz. 53 und BFH-Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014). Gem. Tz. 4.1 der Firmenwagenregelung der Z-Gruppe übernehme die Klägerin keine Kosten für das Anmieten von Garagen und Einstellplätzen, sodass die Arbeitnehmer der Klägerin arbeitsrechtlich verpflichtet seien, diese Aufwendungen selbst zu tragen. Darüber hinaus gehörten die von den Arbeitnehmern der Klägerin im vorliegenden Fall getragenen Kosten auch zu den (sachlich begünstigten) Kraftfahrzeugkosten. Voraussetzung hierfür sei, dass sie zu den Gesamtkosten des Kfz i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 4 EStG gehörten.
    20

    Bei gezahlten Entgelten für die Überlassung von Stellplätzen oder Garagen handele es sich kraft ausdrücklicher Nennung u.a. im BFH-Urteil v. 30.11.2016 (VI R 49/14, BFHE 256, 107, BStBl II 2017, 1011) um zu den Gesamtkosten eines Kfz gehörende einzelne (begünstigte) Kraftfahrzeugkosten.
    21

    Die Garagen-/Stellplatzmiete sei somit in der ständigen Rechtsprechung des BFH ausdrücklich als eine Art des Entgelts, dessen Übernahme sich mindernd auf den geldwerten Vorteil auswirke, aufgeführt. Hierzu müsse auch ein Stellplatz an der ersten Tätigkeitsstätte gehören. Wieso dies nach Auffassung des Beklagten nur für eine Garage/einen Stellplatz in der Nähe der Wohnung und nicht für einen Stellplatz in der Nähe der ersten Tätigkeitsstätte gelten solle, sei nicht ersichtlich. Der BFH differenziere jedenfalls nicht zwischen Stellplätzen beim Arbeitnehmer oder Stellplätzen beim Arbeitgeber. Dem BFH-Urteil v. 07.06.2002 (VI R 145/99, BFHE 199, 322, BStBl II 2002, 829) habe zwar tatsächlich der Sachverhalt einer Garage am Wohnort des Arbeitnehmers zu Grunde gelegen. Allerdings habe der BFH in den Entscheidungsgründen dieses Urteils, wie auch in den Folgeurteilen, gerade nicht ausdrücklich darauf abgestellt, dass es sich um eine Garage in der Nähe des Wohnortes handele.
    22

    Unabhängig von der ausdrücklichen Nennung in der Rechtsprechung des BFH ergebe sich auch aus den allgemeinen Kriterien, dass ein Entgelt für eine Stellplatzmiete an der ersten Tätigkeitsstätte zu den einzelnen Kraftfahrzeugkosten, deren Übernahme sich mindernd auf den geldwerten Vorteil auswirke, zählen müsse. Bei diesen Kosten handele es sich nämlich, wie oben bereits beschrieben, um Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs dienten und im Zusammenhang mit dessen Nutzung typischerweise entstünden (Hinweis auf BFH-Urteil v. 30.11.2016, VI R 49/14, BFHE 256, 107, BStBl II 2017, 1011). Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Kosten für das Parken am Arbeitsplatz gehörten nämlich, zumindest soweit keine anderen geeigneten Parkmöglichkeiten in der Nähe des Arbeitsplatzes zur Verfügung stünden, zu den typischen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Halten und dem Betrieb eines Fahrzeugs anfielen. Die Parkplatzsituation bei ihr, der Klägerin, stelle sich nämlich so dar, dass es ihren Arbeitnehmern ohne eine Anmietung der von ihr zur Verfügung gestellten Stellplätze nahezu unmöglich sei, in annehmbarer Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte eine Parkmöglichkeit zu finden. In Verbindung mit der Tatsache, dass die Arbeitnehmer, die über einen Dienstwagen verfügten, diesen in der Regel für Dienstreisen bis maximal 200 km nutzen müssten und er ihnen somit während der Arbeitszeit zur Verfügung stehen müsse, bleibe ihnen aus tatsächlichen Gründen überhaupt keine andere Wahl als den Stellplatz von ihr, der Klägerin, anzumieten.
    23

    Selbst nach Auffassung der Finanzverwaltung (Hinweis auf BMF-Schreiben v. 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz. 54 und 32) gehöre die Garagen-/Stellplatzmiete neben bspw. der Absetzung für Abnutzung (AfA), Leasing- und Leasingsonderzahlungen und Treibstoffkosten zu den Aufwendungen, deren Übernahme durch den Arbeitnehmer zu einer Minderung des geldwerten Vorteils führe. Auch die Finanzverwaltung differenziere hierbei nicht zwischen Stellplätzen beim Arbeitnehmer oder beim Arbeitgeber, sodass selbst nach dieser Auffassung eine nutzungswertmindernde Berücksichtigung möglich sein müsse.
    24

    Auch die neueren Urteile des Niedersächsischen FG v. 09.10.2020 (14 K 21/19, EFG 2021, 191) und des FG Münster v. 14.03.2019 (10 K 2990/17 E, EFG 2019, 1083) stünden einer den geldwerten Vorteil mindernden Berücksichtigung der getragenen Aufwendungen im vorliegenden Fall nicht entgegen. Zwar gingen diese unter Verweis auf das Urteil des BFH v. 14.09.2005 (VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72) von einem engeren Begriff der nutzungsabhängigen Kosten aus, indem sie nur Kosten berücksichtigen wollten, die zwangsläufig seien, während es der BFH in seinen neueren Entscheidungen, wie oben bereits beschrieben, genügen lasse, dass die Kosten unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kfz dienten und im Zusammenhang mit dessen Nutzung typischerweise entstünden.
    25

    Aber auch eine solche Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen liege vor.
    26

    So seien die Arbeitnehmer nach den Unternehmensrichtlinien dazu gehalten, den Firmenwagen für Dienstfahrten zu nutzen und müssten diesen daher für von der ersten Tätigkeitsstätte ausgehende Dienstfahrten dort auch abstellen können. Angesichts fehlender anderweitiger Parkmöglichkeiten seien sie somit (zwar nicht aus rechtlichen aber aus tatsächlichen Gründen) darauf angewiesen, von der Klägerin einen festen Stellplatz am Arbeitsort anzumieten. Selbst wenn man damit auf die Zwangsläufigkeit abstelle, müssten die Kosten für den Stellplatz abgezogen werden.
    27

    Die Klägerin beantragt,
    28

    den Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, BAV-Förderbetrag und andere Beträge für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 vom 23.07.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2022 dahingehend abzuändern, dass die Lohnsteuer um ... €, der Solidaritätszuschlag um ... €, die evangelische Kirchensteuer um ... €, die römisch-katholische Kirchensteuer um ... €, die jüdische Kultussteuer um ... € und die altkatholische Kirchensteuer um ... € niedriger festgesetzt wird,
    29

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    30

    Der Beklagte beantragt,
    31

    die Klage abzuweisen,
    32

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    33

    Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.
    34

    Entscheidungsgründe
    35

    Die Klage ist begründet.
    36

    1.
    37

    Der angefochtene Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 23.07.2021 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‒ FGO ‒), soweit der Beklagte darin die Klägerin für Lohn- und Lohnnebensteuern in der im Klageantrag bezeichneten Höhe als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen hat.
    38

    Die ‒ hier erfolgte ‒ Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt nur in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet wurde und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt u.a. dann vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer gem. § 40 EStG gegeben sind (BFH-Urteil v. 06.06.2018, VI R 32/16, BFHE 261, 51, BStBl II 2018, 764). Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann das Finanzamt auf Antrag zulassen, dass die Lohnsteuer nach einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a EStG zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, wenn in einer größeren Zahl von Fällen der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat.
    39

    Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Nachforderung der hier im Streit stehenden Zahlungen nicht in Betracht, weil die Klägerin insoweit die Lohnsteuer zutreffend und damit vorschriftsmäßig einbehalten hat. Zu Recht ist die Klägerin beim Lohnsteuerabzug nämlich davon ausgegangen, dass die Entgelte der Arbeitnehmer für die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Parkplätze den geldwerten Vorteil i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG aus der Überlassung der Firmenwagen in von der Klägerin beantragten und in der Berechnung zwischen den Beteiligten unstreitigen Höhe mindern.
    40

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014 m.w.N.) führt die Überlassung eines betrieblichen Kfz durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder - wie im Streitfall - nach der 1 %-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Beide vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden. Sowohl die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen lediglich unterschiedliche Wege zur Bewertung dieses Vorteils bereit.
    41

    Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung, d.h. für die Nutzung zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, eines betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. In Höhe des Nutzungsentgelts wendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Vorteil zu; der Arbeitnehmer wird in Höhe der Zahlung des Nutzungsentgelts nicht bereichert, sondern vielmehr endgültig belastet.
    42

    Das Nutzungsentgelt mindert folglich bereits auf der Einnahmeseite den Vorteil aus der Überlassung des Firmenwagens zu privaten Fahrten sowie zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Der steuerbare Vorteil des Arbeitnehmers, den ihm der Arbeitgeber mit der Überlassung des Firmenwagens einräumt, besteht lediglich in der Differenz zwischen dem Wert der Nutzungsüberlassung nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG und dem vom Arbeitnehmer zu zahlenden Nutzungsentgelt.
    43

    Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (individuelle) Kosten des betrieblichen KFZ trägt. Denn auch soweit der Arbeitnehmer einzelne nutzungsabhängige Kfz-Kosten übernimmt, fehlt es schon dem Grunde nach an einem lohnsteuerbaren Vorteil. Der Gesetzgeber ist sowohl bei der Bewertung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode als auch bei dessen Bemessung nach der 1 %-Regelung davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Vorteil als Arbeitslohn dadurch zuwendet, dass er ihm ein Kfz zur Privatnutzung zur Verfügung stellt und alle mit dem Kfz verbundenen Kosten trägt. Trifft diese Grundannahme nicht zu, wendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedenfalls keinen Arbeitslohn in dem Umfang zu, den der Gesetzgeber mit der 1 %-Regelung typisieren wollte. Vielmehr ist der Arbeitnehmer insoweit nicht bereichert, als er Kosten aufwendet, die durch die private Nutzung des ihm überlassenen betrieblichen KFZ veranlasst sind. Auch soweit der Arbeitnehmer einzelne Kosten des betrieblichen KFZ selbst trägt, fehlt es an einer vorteilsbegründenden und damit lohnsteuerbaren Einnahme (zu allem: BFH-Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BFHE 256, 116, BStBl II 2017, 1014).
    44

    Berücksichtigt werden dabei Zahlungen des Arbeitnehmers, die Bestandteil der „durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen" i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG sind. Zu diesen Aufwendungen zählen nur solche Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs zu dienen bestimmt sind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen. Erfasst werden daher neben den von der Fahrleistung abhängigen Aufwendungen für Treib- und Schmierstoffe auch die regelmäßig wiederkehrenden festen Kosten, etwa für Haftpflichtversicherung, Kraftfahrzeugsteuer, Absetzungen für Abnutzung und Garagenmiete (BFH-Urteil v. 14.09.2005, VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72).
    45

    Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind die von den Arbeitnehmern auf Grundlage der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung gezahlten Kosten für den Parkplatz am Arbeitsort unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Firmenwagens bestimmt und fallen im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig an.
    46

    Nach Auffassung des Senats setzt der Betrieb eines Firmenwagens nämlich essentiell eine Parkmöglichkeit voraus. Das Parken (Abstellen) des Fahrzeugs als solches ist notwendig, um ein Kfz überhaupt für Fahrten nutzen zu können. Weil nämlich ein Kfz in aller Regel genutzt wird, um Personen von einem Ort zu einem anderen Ort zu befördern, ist das Abstellen an diesen Orten, ggf. auch für Zwischenhalte, notwendiger Bestandteil der Nutzung. Dies gilt insbesondere, wenn anderweitige Parkmöglichkeiten nicht oder nur in geringem Umfang zur Verfügung stehen. Die hier streitigen Parkplatzkosten dienen zudem der Aufbewahrung vom Kfz und dem Erhalt der Fahrzeugsubstanz, nämlich zum Schutz vor Diebstahl und Beschädigung, und damit zum Zweck der ‒ überdies ortsnahen ‒ Verfügbarkeit für Fahrten. Es handelt sich damit im Hauptzweck um Aufwendungen, die final für das Kfz bzw. für die Nutzung zu Fahrten erfolgen (vgl. Urban, FR 2005, 1134).
    47

    Dabei ist es unerheblich, dass auch im Umfeld der Büroräume der Klägerin gebührenfreie Parkplätze grundsätzlich zur Verfügung stehen. Denn solche Parkplätze sind dort nur in geringer Zahl vorhanden. Die von der Klägerin geschilderte problematische Parksituation vor Ort ist dem Gericht aus eigener Anschauung bekannt, sie wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.
    48

    Die immer prekärer werdende und auch im Streitjahr schon problematische Parkplatzsituation in Ballungsräumen wie Y lassen auch die Mietkosten für Stellplätze zu Aufwendungen werden, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs zu dienen bestimmt sind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung mangels tatsächlicher Alternativen zwangsläufig anfallen. Die Auffassung des Beklagten, dass ‒ anders als ein Stellplatz am Wohnort ‒ ein weiterer Stellplatz an der Tätigkeitsstätte nicht erforderlich zur Inbetriebnahme (oder zum Halten) eines Fahrzeugs sei, verkennt, dass, wenn ein Kfz auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden darf, der Stellplatz an der Tätigkeitsstätte nach den vorgenannten Grundsätzen schon aus tatsächlichen Gründen genauso zwangsläufig ist, wie der Stellplatz am Wohnort.
    49

    Die Einordung der Stellplatzkosten in die „durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen" i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG entspricht auch der Rechtsprechung des BFH. Dieser zählt die Kosten einer Garage in den Urteilen vom 07.06.2002, (VI R 145/99, BFHE 199, 322, BStBl II 2002, 829) und vom 14.09.2005 (VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72) ausdrücklich zu diesen insgesamt entstehenden Aufwendungen, ohne dabei in seiner Begründung zwischen einer Garage bzw. einem Parkplatz am Wohnort oder an der Tätigkeitsstätte zu unterscheiden. Es ist auch kein Umstand erkennbar, der eine solche Unterscheidung rechtfertigen könnte.
    50

    Auch die Finanzverwaltung, die hinsichtlich der zu berücksichtigenden Aufwendungen den Begriff „Gesamtkosten“ verwendet, zählt hierzu Garagen-/Stellplatzmieten und sogar Gebühren für Anwohnerparkberechtigungen (vgl. BMF-Schreiben v. 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 Rz. 54 und 32).
    51

    Dem stehen auch nicht die von den Beteiligten zitierten Urteile des FG Münster v. 14.03.2019 (10 K 2990/17 E, EFG 2019, 1083) und des Niedersächsischen Finanzgerichts v. 09.10.2020 (14 K 21/19, EFG 2021, 191) entgegen. Abgesehen davon, dass es dort um die Minderung des geldwerten Vorteils für eine Kfz-Überlassung um die anteiligen Grundstückskosten einer privaten Garage des Arbeitnehmers ging, lassen die beiden finanzgerichtlichen Entscheidungen solche Kosten mindernd zu, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs zu dienen bestimmt sind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen. Auch sie folgen damit dem Urteil des BFH v. 14.09.2005 (VI R 37/03, BFHE 211, 215, BStBl II 2006, 72) und erwähnen als Beispiel - wie der BFH - hierfür ausdrücklich Kosten für die Garagenmiete. Soweit sie allerdings losgelöst vom vorzitierten BFH-Urteil darüber hinaus fordern, dass es sich um Aufwendungen handeln müsse, die für den Arbeitnehmer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen notwendig seien, sie also zur Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Klausel oder zur Inbetriebnahme des Fahrzeugs erforderlich seien müssten, folgt der Senat dem nicht. Diese weiter einengende Sichtweise ergibt sich zumindest für die hier streitige Anmietung von Stellplätzen am Arbeitsort weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH.
    52

    2.
    53

    Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    54

    3.
    55

    Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO Nr. 1 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es ist in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen Kosten für die Anmietung eines Parkplatzes an der ersten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG aus der Überlassung eines Firmenwagens mindern.