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05.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103616

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 09.09.2010 – 23 UF 478/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Dresden
23. Zivilsenat - Familiensenat
Aktenzeichen: 23 UF 0478/10
4 F 1111/09 AG Chemnitz
Bei der Geschäftsstelle
eingegangen am: 09.09.2010
Beschluss
des 23. Zivilsenats - Familiensenat -
In der Familiensache XXX
wegen Scheidung
hier: Versorgungsausgleich
hat der 23. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch XXX
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Chemnitz vom 09.06.2010 (Az.: 4 F 1111/09) unter Ziffer 2 (Versorgungsausgleich) wie folgt abgeändert:
1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der xxx , Versicherungs-Nr. xxx, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 0,1326 Entgeltpunkten, bezogen auf den 31.10.2009, übertragen.
2. Im Wege der interen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der xxx Versicherungs-Nr. xxx, zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 0,7914 Entgeltpunkten (Ost), bezogen auf den 31.10.2009, übertragen.
3. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der xxx , Versicherungs-Nr. xxx, zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 0,7648 Entgeltpunkten, bezogen auf den 31.10.2009, übertragen.
4. Der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der xxx i.H.v. xxx EUR (Ausgleichswert: xxx EUR) unterbleibt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Für die 2. Instanz werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Der Verfahrenswert wird für den 2. Rechtszug auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Mit Beschluss vom 09.06.2010 hat das Amtsgericht – Familiengericht - Chemnitz die am 04.12.2000 zwischen Antragstellerin und Antragsgegner geschlossene Ehe auf den am 10.11.2009 zugestellten Scheidungsantrag hin geschieden und dabei von der Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich folgender Anrechte insgesamt abgesehen:
- Anrechte der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung: 0,2651 Entgeltpunkte, korresponierender Kapitalwert: 814,82 EUR und 1,5827 Entgeltpunkte (Ost), korrespondierender Kapitalwert: 4.097,65 EUR;
- Anrecht des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung: 1,5295 Entgeltpunkte, korresponierender Kapitalwert: 4.699,64 EUR;
- Anrecht des Antragsgegners bei der Allianz Lebensversicherung AG: 71,65 EUR.
Gegen den ihr am 16.06.2010 zugegangenen Beschluss hat die weitere Beteiligte zu 1 unter dem 22.06.2010, eingegangen am 30.06.2010, Beschwerde eingelegt. Sie meint, der Versorgungsausgleich habe hinsichtlich der Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterbleiben dürfen, da keine Geringfügigkeit vorliege. Die Antragstellerin teilt die Ansicht der weiteren Beteiligten zu 1; der Antragsgegner stellt die wechselseitigen Rentenbeträge gegenüber und meint, es liege sehr wohl Geringfügigkeit vor.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Auf das Verfahren ist das seit 01.09.2009 geltende Recht anzuwenden (Art. 111 Abs. 4 FGG-Reformgesetz, §§ 48 ff VersAusglG).
2. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 63 Abs. 1, 64 FamFG) hat in der Sache Erfolg. Die weitere Beteiligte zu 1 ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, da sie als Versorgungsträgerin über die ordnungsgemäße Durchführung des Versorgungsausgleichs zu wachen hat.
3. Die Beschwerde ist auch begründet, weil das Amtsgericht in der angegriffenen Entscheidung hinsichtlich der Anrechte der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Unrecht von der Durchführung des Versorgungsausgleichs abgesehen hat.
a) In die Prüfung der Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 1 VersAusglG können nur die Entgeltpunkte einbezogen werden, die Antragstellerin und Antragsgegner außerhalb des Beitrittsgebiets erworben haben. Denn Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) sind nicht gleicher Art i.S. der Vorschrift (§ 120 f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Vielmehr handelt es sich bei Entgeltpunkten um regeldynamische, bei Entgeltpunkten (Ost) um angleichungsdynamische Anrechte. Beide unterliegen einer unterschiedlichen Wertentwicklung und können deshalb im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht miteinander verrechnet werden (s. a. OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 10 UF 282/08, juris).
Hinsichtlich der Berechnung der Geringfügigkeit i.S.v. § 18 Abs. 3 VersAusglG kann auf die Aufstellung verwiesen werden, die die Beschwerdeführerin dem Beschwerdeschriftsatz vom 22.06.2010 beigefügt hat. Danach sind von der ehezeitlichen Anwartschaft des Antragsgegners i.H.v. 1,5295 Entgeltpunkten die 0,2651 Entgeltpunkte der Antragstellerin abzuziehen, die hälftige Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte liegt bei 3.884,82 EUR und damit über dem Grenzwert i.H.v. 3.024,00 EUR.
Maßgeblich für die Betrachtung der Geringfügigkeit sind allein die Kapitalwerte der Rentenanwartschaften. Denn nach §§ 5 Abs. 1 VersAusglG, 63, 64 Nr. 1 SGB VI sind Entgeltpunkte maßgebliche Bezugsgröße für die Rentenermittlung. Anders als etwa das OLG Stuttgart (Beschluss vom 15.06.2010, Az.: 15 UF 85/10, Juris) hält der Senat den monatlichen Rentenbetrag bei der Bestimmung der Geringfügigkeit in § 18 Abs. 3 VersAusglG im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung für irrelevant.
Die Berechnung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 23.07.2010 ist deshalb in zweierlei Hinsicht unzutreffend: Sie geht von den monatlichen Rentenbeträgen aus und verrechnet angleichungsdynamische mit regeldynamischen Anwartschaften.
b) Hinsichtlich der einzelnen Anrechte liegt keine Geringfügigkeit i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG vor bzw. ist der Versorgungsausgleich trotz Geringfügigkeit durchzuführen:
aa) Die Entgeltpunkte (Ost) der Antragstellerin i.H.v. 1,5827 und die Entgeltpunkte des Antragsgegners i.H.v. 1,5295 sind jeweils nicht geringfügig i.S. der Vorschrift. Insoweit wird wiederum auf die vor-genannte Aufstellung der Beschwerdeführerin verwiesen. Korrespondierende Kapitalwerte des Ausgleichswerts i.H.d. Hälfte liegen jeweils über 4.000,00 EUR und damit deutlich über dem Grenzwert von 3.024,00 EUR.
bb) Geringfügig i.S.v. § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG ist lediglich die Anwartschaft der Antragstellerin i.H.v. 0,2651 Entgeltpunkten. Der Ausgleichswert beträgt insofern gemäß der vorgenannten Aufstellung 814,82 EUR und liegt damit unter dem Grenzwert von 3.024,00 EUR.
Obwohl nach dem Willen des Gesetzgebers in einem solchen Fall der Ausgleich unterbleiben soll, hält der Senat in Ausübung des ihm hier zustehenden Ermessens die Durchführung des Versorgungsausgleichs für geboten. Denn die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG würde im vorliegenden Fall dessen Zweck verfehlen. Die Vorschrift soll dem Versorgungsträger den Aufwand ersparen, für wertmäßig geringe Anrechte den Versorgungsausgleich umzusetzen und dadurch Kleinstrenten zu begründen wie verwalten zu müssen. In der dem Senat zur Entscheidung vorliegenden Konstellation ist jedoch unzweifelhaft ein weiteres bei der weiteren Beteiligten zu 2 bestehendes Anrecht auszugleichen. Die Teilung des geringfügigen Anrechts verursacht deshalb keinen nennenswerten Mehraufwand.
Zudem werden die Entgeltpunkte West und Ost künftig in eine einheitliche Rente münden. Sie werden nur wegen ihrer fehlenden Gleichartigkeit (§ 120 f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI) in den Auskünften gesondert aufgeführt. Eine getrennte Betrachtung im Rahmen von § 18 VersAusglG ist deshalb im Regelfall nicht angebracht (s. OLG Dresden, Beschluss vom 02.06.2010, Az.: 23 UF 212/10, OLG Dresden, Beschluss vom 14.06.2010, Az.: 23 UF 239/10, OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 10 UF 282/08, juris, Rn. 20).
c) Hinsichtlich des weiteren Anrechts des Antragsgegners bei der xxx i.H.v. 71,65 EUR verbleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts. Die Geringfügigkeit des Anrechts ist insofern evident. Gründe, ausnahmsweise von der Durchführung des Versorgungsausgleichs insofern nicht abzusehen, bestehen nicht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 20 Abs. 1 FamGKG. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt wegen § 150 Abs. 1 FamFG nicht in Betracht.
5. Die Entscheidung über den Verfahrenswert beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG.

RechtsgebieteVersAusglG, SGB VIVorschriftenVersAusglG § 5 I; VersAusglG § 18 II; SGB VI § 63, SGB VI § 64 Nr. 1

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