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06.02.2009 · IWW-Abrufnummer 090127

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 08.05.2007 – L 5 KR 12/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 5 KR 12/04

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 200.301,16 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer Betriebsprüfung.

1.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen mit dem Gegenstand Lohnverpackung. Hersteller von Spielzeug, insbesondere die Firma P. , liefern ihr Spielzeug-Einzelteile, Zusammenbauanleitungen, Verpackungsfolien und Verpackungskartons, die die Klägerin zur Lohnarbeit an Heimarbeiter weiter verteilt, die die Einzelteile sortieren, einschweißen und in Spielzeugkartons verpacken.

Die Beklagte führte im Jahr 1998 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.1994 bis 31.12.1997 mit Schlussbesprechung am 15.12.1998 durch. Mit Bescheid vom 22.12.1998 forderte sie Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie Steuern von insgesamt DM 521.229,36 nach mit der Begründung, die Klägerin habe zu Unrecht die Lohnverpacker als sozialversicherungsfreie Selbständige behandelt und deshalb keine Beiträge abgeführt. Tatsächlich seien die beauftragten Lohnverpacker als Heimarbeiter sozialversicherungspflichtig, die Klägerin schulde die entsprechenden Beiträge. Die Beigeladenen zu 9) und 10) sowie eine weitere Person seien als Hausgewerbetreibende zu qualifizieren, die nur rentenversicherungspflichtig seien, so dass die entsprechenden Beiträge nachzufordern wären. Diese hätten die Lohnverteilung selbst vorgenommen, indem sie in eigener Regie Lohnschecks auf Familienmitglieder verteilt hätten, ohne der Klägerin die Beschäftigungsdauer, Krankheits- oder Urlaubszeiten mitzuteilen. Weil die Klägerin ihrer Aufzeichnungspflicht als Arbeitgeberin der Heimarbeiter sowie als Auftraggeberin der Hausgewerbetreibenden nicht nachgekommen sei, müsse die Höhe der nachzuzahlenden Beiträge anhand der Summe der gezahlten Arbeitsentgelte ermittelt werden. Denn es seien insbesondere Tag der Ausgabe und Tag der Rückgabe der zu verpackenden Teile, Art und Umfang der Heimarbeit und die Menge der ausgegebenen und zurückgelieferten Waren bei den jeweiligen Beschäftigten nicht aufgezeichnet und bei den Unterlagen aufbewahrt worden.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die als Heimarbeiter eingestuften Personen seien nicht weisungsabhängig tätig gewesen, sondern seien als selbständige Subunternehmer zu qualifizieren. Diese hätten auch Rechnungen zuzüglich Umsatzsteuer für ihre Leistungen gestellt und eigene Gewerbe angemeldet.

Mit Teilabhilfebescheid vom 29.06.2001 ermäßigte die Beklagte die Nachforderung auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von DM 391.758,92, weil die nachgeforderten Steuerbeträge nicht mehr geltend gemacht würden, vielmehr sei dies Angelegenheit der Finanzverwaltung. Zudem habe die Firma S. circa zehn Personen auch außerhalb der eigenen Familie beschäftigt, so dass nicht von einem Hausgewerbebetrieb, sondern von einem eigenständigen Kleinunternehmen auszugehen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung der Klägerin könnten die Heimarbeiter nicht als selbständige Subunternehmer qualifiziert werden, denn es liege in der Natur der Heimarbeit, dass die jeweiligen Tätigkeiten außerhalb der Betriebsstätte der Auftraggeberin zu von den Arbeitern frei gewählten Zeiten durchgeführt würden. Die im Wesentlichen freie Gestaltung der Tätigkeit sei der Heimarbeit immanent, der Gesetzgeber habe Versicherungspflicht angeordnet, weil Heimarbeiter wirtschaftlich abhängig vom Auftraggeber seien. Die insoweit heranzuziehenden Voraussetzungen des Heimarbeitsgesetzes seien im Falle der Beigeladenen zu 11) bis 18) jedenfalls erfüllt. Die Beigeladenen zu 9) und zu 10) seien als Hausgewerbetreibende rentenversicherungspflichtig. Sie seien nicht als selbständig Gewerbetreibende zu qualifizieren, weil sie in wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Auftraggeberin stünden, welche das Unternehmerrisiko trage und den Unternehmensgewinn erziele. Zudem hätten die Beigeladenen zu 9) und 10) selbst und mit Familienangehörigen die Verpackungsaufträge erledigt, nicht jedoch unter Einsatz familienfremder Hilfskräfte. Darüber hinaus habe die Klägerin Lohnsplitting betrieben, indem sie den gesamten Verdienst der jeweiligen Auftragsgruppen nicht entsprechend den Leistungen der einzelnen Heimarbeiter abgerechnet, sondern die Summe so auf die Mitglieder der Gruppe verteilt hätte, dass die Grenze der Entgeltgeringfügigkeit nicht überschritten worden sei. Im Übrigen seien die Einwendungen der Klägerin widerlegt. Insbesondere hätten die Hausgewerbetreibenden und Heimarbeiter von der Klägerin Einschweißgeräte und Präzisionswaagen, also fremde Betriebsmittel zur Auftragserfüllung erhalten. Aus den Heimarbeitslisten ergebe sich, dass von der Klägerin als selbständige Subunternehmer Aufgeführte als Heimarbeiter gelistet seien unter anderem mit Beschäftigungen wie "Stifte verpacken". Die zuständige Einzugsstelle habe der Klägerin keine anderweitigen Auskünfte zur Versicherungspflicht erteilt. Zudem sei zwischen der hier überprüften Heimarbeit sowie den anderweitigen selbständigen Tätigkeiten der betroffenen Personen für andere Auftraggeber zu unterscheiden. Aus vergangenen Betriebsprüfungen, welche keine Beanstandungen ergeben hätten, sei Vertrauensschutz nicht herzuleiten, denn insoweit hätten lediglich Stichprobenprüfungen stattgefunden. Die maßgebliche vierjährige Verjährungsfrist sei im Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch nicht abgelaufen gewesen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg hat die Klägerin Bescheidaufhebung begehrt und zur Begründung unter Wiederholung des Widerspruchsvorbringens ausgeführt, sie habe tatsächlich zwischen selbständigen Subunternehmern mit eigenen Gewerbeanmeldungen und Betriebsstätten einerseits und beschäftigten Heimarbeitern unterschieden. Die streitbetroffenen in Heimarbeit Tätigen seien - anders als die geführten Heimarbeiter - tatsächlich selbständig, weisungsfrei und unabhängig gewesen. Die Gruppe um die Beigeladenen zu 9) und 10) dürfe nicht anders eingestuft werden als die Gruppe S. , denn die von dieser Gruppe erzielten Umsätze von rund 130.000,00 DM seien nur unter Beschäftigung weiterer außerhalb der Familie stehender Mitarbeiter denkbar. Die Beigeladenen zu 11) und 12) seien nicht Heimarbeiter, sondern hätten einen eigenen Transportbetrieb. In gleicher Weise habe der Beigeladene zu 13) ein selbständiges Gewerbe im Fenster- und Türhandel. Auch die Beigeladenen zu 14) bis 17) hätten hohe Umsätze erzielt, die nur mit der Beschäftigung familienfremder Mitarbeiter zu erklären seien. Zudem bestehe Vertrauensschutz aus den in der Vergangenheit durchgeführten beanstandungsfreien Betriebsprüfungen sowie aufgrund von Äußerungen der Einzugsstelle.

Mit Urteil vom 20.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, aus der Verwaltungsentscheidung ergebe sich, dass die Nachforderung im zuletzt strittigen Umfange nicht zu beanstanden sei. Die betroffenen Personen hätten die gesetzlich normierten Tatbestandsmerkmale des Heimarbeiters bzw. der Hausgewerbetreibenden erfüllt, so dass die Gesamtsozialversicherungsbeiträge bzw. Rentenversicherungsbeiträge zu Recht nachgefordert worden seien. Bekannterweise werde in der letzten Zeit versucht, Sozialversicherungsbeiträge durch Anmeldung Beschäftigter mit einem selbständigen Gewerbe einzusparen. Diese Anmeldungen allein seien jedoch nicht maßgeblich, sondern die tatsächlichen Verhältnisse, welche vorliegend für Sozialversicherungspflicht als Heimarbeiter bzw. Hausgewerbetreibende sprächen.

3.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit dem Vortrag, die betroffenen Personen, für welche die Beklagte Versicherungspflicht angenommen habe, seien weder Heimarbeiter noch Hausgewerbetreibende gewesen, sondern vielmehr Selbständige. Sie hätten in eigener Verantwortung und ohne zeitliche Vorgaben das zu verarbeitende Material abgeholt und nach eigenständiger und weisungsfreier Ausführung der Arbeiten bei der Klägerin wieder abgegeben. Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit habe nicht bestanden. Vielmehr sei die Arbeit in eigenen Betriebsräumen mit eigenen Betriebsmitteln vorgenommen worden. Ebenso sprächen die bestehenden Gewerbeanmeldungen dafür, dass die betroffenen Personen gewerbliche Unternehmer gewesen seien. Insbesondere müssten die Beigeladenen zu 9) und 10) als eigenständige Unternehmer behandelt werden. Im Übrigen habe die Klägerin in der Vergangenheit mehrfach Betriebsprüfungen erfahren, welche stets ohne Beanstandung geblieben seien.

Die Beklagte hat erwidert, bereits aus der eigenen Beschreibung der Klägerin folge, dass die Voraussetzungen der Heimarbeit erfüllt seien. Zudem spräche für Heimarbeit, dass die Klägerin die notwendigen Schweißmaschinen und Präzisionswaagen für die Verpackungsarbeiten ohne gesonderte Berechnung zur Verfügung gestellt habe. Die Klägerin, welche die betroffenen Tätigen in ihren Lohnunterlagen geführt habe, schulde die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge. Im Übrigen hätten die betroffenen Personen im Verwaltungsverfahren bei Befragung die Angaben gemacht, welche zur Einschätzung der Beklagten geführt hätten. Nicht nachvollziehbar sei das Vorbringen, dass bestimmte Arbeitsgruppen neben Familienangehörigen mindestens zehn Personen beschäftigt hätten, denn dann wären die zu errechnenden Löhne unzulänglich niedrig gewesen. Vertrauensschutz könne nicht gewährt werden. Sollte in Einzelfällen die Zusammenrechnung der im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Tätigkeiten mit anderweitigen Beschäftigungen ein Überschreiten der Entgeltgrenzen ergeben, könne das Entsprechende mit der Einzugsstelle abgeklärt werden.

Der Senat hat die Zeugen S. , D. und R. zur Behauptung der Klägerin einvernommen, die zuständige Einzugsstelle habe ihre beitragsrechtliche Behandlung gut geheißen. Hierzu hat die Zeugin S. , welche für die Lohnabrechnung der Klägerin zuständig war, angegeben, sie habe telefonisch von der Einzugsstelle bestätigt erhalten, dass Personen beitragsfrei seien, wenn diese eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung hätten und bei der Klägerin ein Entgelt unter dem Brutto der Haupttätigkeit erhielten. Weil der Einzugsstelle bekannt gewesen sei, dass die Klägerin nur Verpacker beschäftige, müsse darin eine Zustimmung zur Vorgehensweise der Klägerin gesehen werden. Die Zeugen R. und D. , welche bei der zuständigen Einzugsstelle tätig waren, haben die Angaben der Klägerin und der Zeugin S. nicht bestätigen können. Ergänzend wird auf die Niederschrift der Zeugeneinvernahme vom 27.03.2007 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.11.2003 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22.12.1998 und 29.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 3) und 8) haben sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2007 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.

Die Beklagte war berechtigt, die aus der Beschäftigung von Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden resultierende Gesamtsozialversicherungs- bzw. Rentenversicherungsbeiträge in der zuletzt strittigen Höhe von der Klägerin nachzufordern.

Streitgegenstand ist die Gesamtsozialversicherungsbeitragsnachforderung gemäß Bescheid vom 22.12.1998 im gemäß Bescheid vom 29.06.2001 reduziertem Umfange, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2002. Diese Nachforderung hat die Beklagte dem Grunde und der Höhe nach zu Recht geltend gemacht, wie auch das Sozialgericht Regensburg mit Urteil vom 20.11.2003 im Ergebnis zutreffend entschieden hat. Die Klägerin ist verpflichtet, für den Prüfzeitraum 1994 bis 1997 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von DM 391.758,92 = EUR 200.301,16 nachzuentrichten.

1.

Die für die Betriebsprüfung der Klägerin gemäß § 28p SGB IV zuständige Beklagte war berechtigt, gemäß § 28p Abs.1 Satz 5, § 28e Abs.1 Satz 1, § 28d Satz 1 und 2 SGB IV von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge per Bescheid nachzufordern. Die Sozialversicherungspflicht der Heimarbeiter beruht dabei auf § 12 Abs.2 letzter Halbsatz SGB IV i.V.m. § 7 Abs.1 SGB IV, §§ 226 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGB V, 162 Nr.1 SGB VI, § 348 Abs.2 SGB III bzw. bis 31.12.1997: § 168 AFG, § 20 Abs.1 SGB XI. Die Rentenversicherungspflicht der betroffenen Hausgewerbetreibenden ergibt sich aus § 2 Satz 1 Nr.6 SGB VI i.V.m. §§ 12 Abs.1, 12 Abs.3 SGB IV.

2.

Aus den von der Beklagten ausgewerteten Prüfunterlagen, insbesondere den Lohnabrechnungslisten, Heimarbeiterlisten sowie den Angaben der Tätigen in der schriftlichen Befragung ergibt sich, dass sie - mit Ausnahme der Hausgewerbetreibenden, insbesondere der Beigeladenen zu 9) und 10) - als Heimarbeiter für die Klägerin tätig waren. Heimarbeiter erfüllen dabei nicht die klassischen Voraussetzungen eines Arbeitnehmers, weil sie die Tätigkeit weisungsfrei hinsichtich Ort und Zeit der Tätigkeit ausüben und diese nicht zwingend höchstpersönlich erbringen müssen. Dem entspricht auch die gesetzliche Definition des Heimarbeiters in § 2 Abs.1 Heimarbeitergesetz (HAG) und § 12 SGB IV, denn sie sind im Normalfall entweder allein oder mit Familienangehörigen in der eigenen Wohnung oder in einer sonst frei gewählten Betriebsstätte tätig. Die gesetzlich normierte Sozialversicherungspflicht der Heimarbeiter knüpft deshalb nicht an der Weisungsgebundenheit an, sondern an der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Heimarbeiter, aus welcher ein Schutzbedürfnis und Sozialversicherungspflicht wie bei Arbeitnehmern angenommen wird. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin ohne Belang, dass die Betroffenen selbständig und weisungsfrei die Arbeiten ausgeführt und nicht dem arbeitnehmertypischen Direktionsrecht des Arbeitgebers unterlegen hätten. Zu beachten ist insoweit, dass die betroffenen Personen nicht über das Ergebnis ihrer Arbeit selbständig verfügten, indem sie dieses auf dem Markt zu einem frei verhandelbaren Preis angeboten hätten. Vielmehr waren ihnen das zu verpackende Material und die Verpackungsmaterialien von der Klägerin vorgegeben worden ebenso wie die wesentlichen Verpackungsarbeitsmittel wie Präzisionswaage und Folienschweißgerät. Die Entlohnung war entsprechend der gelieferten Arbeitsergebnisse nach von der Klägerin festgelegten Kriterien erfolgt. An der Sozialversicherungspflicht der von der Beklagten in der streitigen Entscheidung aufgeführten Heimarbeiter besteht somit kein Zweifel.

3.

Zu Recht hat die Beklagte insbesondere auch für die Beigeladenen zu 9) und 10) für den streitigen Prüfzeitraum Rentenversicherungsbeiträge eingefordert, weil diese als Hausgewerbetreibende anzusehen sind. Diese hatten das Ergebnis ihrer Arbeit in gewissem Rahmen wirtschaftlich verwertet, weil sie - entsprechend ihren eigenen Angaben und denen der Zeugin S. im Verwaltungsverfahren - für die geleisteten Verpackungsarbeiten von der Klägerin Lohnschecks erhalten hatten, welche sie sodann nach eigener Einschätzung auf die Mitglieder der Familie bzw. Arbeitsgruppe aufgeteilt haben. Somit sind diese nicht als Heimarbeiter zu qualifizieren, sondern als Hausgewerbetreibende im Sinne von § 12 Abs.1 SGB IV.

Insoweit ist der Klägerin nicht zu folgen, dass die Beklagte die Gruppe von Frau S. ohne sachlichen Grund anders behandelt habe. Denn die Gruppe der Beigeladenen zu 9) und 10) umfasste nicht zehn, sondern nur sieben Personen, welche zudem - mit Ausnahme nur einer Person, die nur nachmittags für nur kurze Zeit tätig war - der Familie angehört hatten. Die Gruppe der Beigeladenen zu 9) und 10) erfüllt damit anders als die Gruppe der S. nicht die Kriterien eines Kleingewerbeunternehmens.

Die Beklagte hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass streitgegenständlich allein die Tätigkeit der betroffenen Personen für die Klägerin sind, nicht aber deren anderweitige Tätigkeiten, welche selbständiger Art sein können, hier jedoch nicht in Frage stehen. Die Anmeldung eines Gewerbes und die Rechnung-stellung als Selbständiger unter Stellung von Mehrwertsteuer sind dabei nicht in der Lage, die tatsächlichen Verhältnisse der abhängigen Heimarbeit zu verdrängen und eine anderweitige Beurteilung herbeizuführen. Zudem ist den Heimarbeitslisten zu entnehmen, dass die von der streitigen Entscheidung erfassten Personen, bei denen die Klägerin Selbständigkeit behauptet hatte, im Wesentlichen von ihr als Heimarbeiter geführt werden unter der jeweiligen Wohnadresse bei Tätigkeitsangabe "Stifte verpacken", "Beutel verschweißen" u.ä.

4.

Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Aus vorangegangenen beanstandungsfreien Betriebsprüfungen allein kann nicht Vertrauensschutz hergeleitet werden. Denn diese Prüfungen beziehen sich notwendigerweise nur auf Stichproben und hatten keine Bescheiderteilung oder anderweitige Verwaltungsentscheidung zum Ergebnis, welche die streitige Frage der Versicherungspflicht von Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden beinhaltet hätten. Insoweit hat auch die Einvernahme der Zeugen D. und R. ergeben, dass diese weder bei einer Betriebsprüfung noch bei einer Anfrage der Klägerin Aussagen der von der Klägerin behaupteten Art getroffen hatten, wonach die streitgegenständlichen Lohnverpackungsarbeiten versicherungsfrei seien. Auch der Aussage der Zeugin S. kann nicht entnommen werden, dass die Einzugsstelle Auskünfte erteilt oder Entscheidungen getroffen hätte dazu, ob die Lohnverpacker versicherungsfrei sind. Vielmehr hat sie eine telefonische Auskunft geschildert, wonach selbständig Gewerbetreibende in der Tätigkeit für die Klägerin erst dann versicherungspflichtig seien, wenn das Einkommen aus der Tätigkeit für die Klägerin das Einkommen aus der Selbständigkeit erreiche oder übersteige. Damit war eine Aussage dazu, dass die Lohnverpacker selbständig und versicherungsfrei wären, nicht getroffen. Im Übrigen haben die Zeugen D. und R. die Angaben der Zeugin S. nicht bestätigen können, dass sie persönlich bestimmte Auskünfte erteilt hätten. Die von der Klägerin behaupteten Angaben sieht der Senat somit nicht als bewiesen an.

Die Beklagte hat somit die streitige Forderung dem Grunde nach zu Recht erhoben, aber auch der Höhe nach zutreffend berechnet. Sie war ebenfalls berechtigt einen Summenbescheid (§ 28f SGB IV) zu erlassen, weil die Klägerin ihren normierten Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen war, indem sie vor allem keine Nachweise zur Ausgabe und Rücknahme der Waren, Art und Umfang der Heimarbeit bei den Lohnunterlagen aufbewahrt hatte. Die Berechtigung zum Lohnsummenbescheid ergibt sich auch daraus, dass es nach den glaubhaften Angaben der Beigeladenen zu 9) und 10) im Verwaltungsverfahren gängige Praxis der Klägerin war, das Entgelt nicht entsprechend der geleisteten Arbeitszeit zu zahlen, sondern zur Vermeidung von Versicherungspflicht innerhalb der Entgeltgeringfügigkeitsgrenze auf mehrere Personen zu verschieben. Weil eine exakte Aufteilung der Entgelte auch nach den weiteren Ermittlungen nicht möglich war und insbesondere die Klägerin die erforderlichen Dokumente nicht vorgelegt hat, war die Berechtigung zum Summenbescheid gegeben (§ 28f Abs.2 Satz 3 SGB IV). Sollte sich im Einzelfall ergeben, dass im Wege der Zusammenrechnung Entgeltgrenzen der Versicherungspflicht bzw. der Beitragsberechnung überschritten werden, ist die Klägerin auf das Verfahren gemäß § 28f Abs.2 Satz 5 SGB IV zu verweisen, bei welchem sie gegenüber der Einzugsstelle unter Angabe der für die individuellen Beitragsfeststellung erforderlichen Daten eine personenbezogene Beitragsbemessung erreichen kann (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2000 - B 12 KR 12/01 R; LSG Berlin Urteil vom 12.01.2005 - L 9 KR 53/03).

Der Berufung war damit in vollem Umfang der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 1 Abs.1 Buchst.d, § 13 Abs.2, § 14 Abs.1 Gerichtskostengesetz (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004 - BGBl.I, S.718).

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG). Insbesondere bedarf die Frage der Sozialversicherungspflicht von Heimarbeitern und Hausgewerbetreibenden keiner obergerichtlichen Klärung.

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