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23.10.2008 · IWW-Abrufnummer 083139

Amtsgericht Freising: Urteil vom 20.02.2008 – 5 C 1727/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Freising Az.: 5 C 1727/07

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

XXX

wegen Feststellung

erlässt das Amtsgericht Freising durch Richter am Amtsgericht … am 20.02.2008 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2008 folgendes

Endurteil

1. Es wird festgestellt, dass das Fehlen der Garantiezusage des Fahrzeugherstellers ……. beim Kauf des gebrauchten Fahrzeugs …. (Ident.-Nr. …..) einen Sachmangel darstellt.

2. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle aus dem Fehlen dieser Herstellergarantie entstandenen und noch entstehenden Schäden und Mehrkosten zu ersetzen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 186,24 € zu bezahlen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Mangelhaftigkeit eines von einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler erworbenen Fahrzeugs ohne Hinweis auf die fehlende Herstellergarantie.

Die Beklagte ist ein großes Unternehmen auf dem Gebiet des gewerblichen Fahrzeughandels.
Die Klägerin erwarb am 18.09.2006 mit schriftlichen Kaufvertrag bei der Beklagten einen gebrauchten Pkw XY … mit der Erstzulassung 19.09.2005 zum Preis von 7.310,34 € und einer Laufleistung von 21.602 km. Bei Übergabe des Pkw wurde der Klägerin auch ein Service-Scheckheft ausgehändigt, in das die Erledigung aller Serviceintervalle eingetragen war.

Der Hersteller des erworbenen Fahrzeugs gewährt auf seine Neufahrzeuge eine sog. Neuwagengarantie von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Erstzulassung (bis 100.000 km) sofern die vorgegebenen Serviceintervalle eingehalten sind. Diese Neuwagengarantie berechtigt u.a. dazu, die Garantieleistungen des Herstellers in jeder beliebigen XY-Vertragswerkstätte in Anspruch zu nehmen. Der Hersteller bewirbt seine Produkte mit der Herstellergarantie, u.a. auf seinen Internetseiten.

Ende 2006 wurde die Klägerin von einem Vertragshändler darauf hingewiesen, dass die Herstellergarantie im vorliegenden Falle nicht greife, da der im Serviceheft bei ca. 21.000 km eingetragene Kundendienst bereits bei 15.000 km hätte durchgeführt werden müssen.

Mit Schreiben vom 20.03.2007 bestätigte die Beklagte der Klägerin, dass für das vorliegende Fahrzeug keine Herstellergarantie bestehe. Die Beklagte bot zugleich "im Einzelfall eine kulante Lösung" an. Mit Anwaltsschreiben vom 16.04.2007 wurde die Beklagte nochmals zur Nacherfüllung aufgefordert.
Die Parteien haben im Rechtsstreit unstreitig gestellt, dass die von der Beklagten gewährte zweijährige Gebrauchtwagengarantie nicht gleichwertig ist mit der Herstellergarantie. Maßgebend sei insbesondere, dass die Beklagte im Rahmen eines Garantiefalles selbst keine Reparatur durchführe, sondern nach Mitteilung des Mangels eine Vertragswerkstatt benennt, in der der Schaden behoben werden kann. Im Fall der Herstellergarantie könne der Käufer hingegen ohne weitere Mitteilung jede Markenvertragswerkstatt aufsuchen.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.04.2007 lies die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis 10.05.2007 auffordern, eine Garantieerklärung des Herstellers XY … beizubringen, in der das Fortbestehen der Neuwagengarantie für den erworbenen Wagen bestätigt wird.

Die Klägerin trägt vor, das erworbene Fahrzeug sei infolge der fehlenden Herstellergarantie mangelhaft. Da das Fahrzeug bei Erwerb erst ein Jahr alt gewesen sei und die Beklagte zudem durch die Aushändigung des Serviceheftes den Eindruck vermittelt habe, die von dem Hersteller beworbene Herstellergarantie bestehe für das Fahrzeug noch, hätte sie noch zwei weitere Jahre im Bedarfsfall auf diese Herstellergarantie zurückgreifen können.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Beklagte sie zumindest darauf hätte hinweisen müssen, dass die Herstellergarantie für das konkrete Fahrzeug nicht gelte. Nachdem bislang kein Schaden an dem Fahrzeug eingetreten sei, aber die reguläre Herstellergarantie erst zum 19.09.2008 auslaufe, könne Sie nur im Wege der Feststellungsklage gegen die Beklagte vorgehen.
Bei den Verkaufsverhandlungen habe zudem der Verkäufer der Beklagten erklärt, man müsse im konkreten Fall keine Gebrauchtwagengarantie für ca. 150 ,- € (zusätzlich) miterwerben, da die Herstellergarantie noch gelte.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

I. Es wird festgestellt, dass das Fehlen der Garantiezusage des Fahrzeugherstellers XY beim Kauf des gebrauchten Fahrzeugs XY (Ident.-Nr. ….) einen Sachmangel darstellt.

II. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle aus dem Fehlen dieser Herstellergarantie entstandenen und noch entstehenden Schäden und Mehrkosten zu ersetzen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 186,24 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe tatsächlich nur ein Gebrauchtfahrzeug erworben und gerade kein Neufahrzeug, so dass die Herstellergarantie begriffsnotwendig nicht eingreifen könne. Zudem sei vertraglich eine Herstellergarantie nicht zugesichert worden. Die Klägerin trägt weiter vor, dass es nicht einfach sei, die Einhaltung der Serviceintervalle zu überprüfen. Eine konkrete Überprüfung des Bestehens einer Herstellergarantie im Einzelfall überfordere sie als gewerbliche Gebrauchtwagenhändlerin.
Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass sie ihre Preise unabhängig vom Bestand einer etwaigen Herstellergarantie kalkuliere. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer solchen habe auf den Angebotspreis keinerlei Einfluss.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und dem gerichtlichen Hinweis des Gerichts vom 18.12.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Freising örtlich nach § 17 ZPO und sachlich nach §§ 1ZPO, 23 Nr. 1 GVG zuständig.

Das für die erhobene Feststellungsklage erforderliche rechtliche Interesse nach § 256 I ZPO ist gegeben. Zwischen den Parteien besteht ein Vertragsverhältnis (Kauf eines gebrauchten Pkws, §§ 433 f BGB) und es besteht insofern Streit über einzelne Folgen dieser Rechtsbeziehung (hier: Gewährleistung), ohne dass bislang ein Gewährleistungsfall tatsächlich vorliegt. Entscheidend ist, dass die Klägerin hier auf etwaige künftig entstehende Schäden oder Mehrkosten abstellt. Diese können nicht beziffert werden, da bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Schaden nicht eingetreten ist.

2. Begründetheit der Klage

Der von der Klägerin erworbene Pkw (§§ 433 ff BGB) ist mangelhaft i.S.v. § 434 I S. 1, S. 2 Nr. 2 und S. 3 BGB, denn die Klägerin konnte bei Vertragsabschluss davon ausgehen, dass für den erworbenen Pkw die Herstellergarantie tatsächlich besteht.

a) Wie von der Klägerin unbestritten vorgetragen, hat der Hersteller im Internet mit der 3-jährige Herstellergarantie geworben. Angaben im Internet stellen vorliegend eine öffentliche Äußerung i.S.v. § 433 S. 3 BGB dar (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 434 RZ 35).

b) Die Verkäuferin hat im konkreten Fall auch das ausgefüllte Serviceheft für den verkauften Wagen an die Klägerin ausgehändigt.

Die Klägerin durfte aus Sicht eines objektiven Empfängers ((§§ 133 157 BGB) deshalb vorliegend davon ausgehen, dass für das im Erwerbszeitpunkt 1 Jahr alte Fahrzeug die öffentlich beworbene 3-jährige Herstellergarantie greift. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe lediglich ein gebrauchtes und kein Neufahrzeug erworben, greift hierbei nicht durch. Soweit ein Hersteller seine Produkte mit der weitreichenden 3-jährigen Herstellergarantie bewirbt und der Verkäufer durch die Aushändigung des vollständig ausgefüllten Serviceheftes den Anschein erweckt, das Fahrzeug erfülle die Anforderungen für das Eingreifen der Herstellergarantie, handelt es sich hierbei um eine Eigenschaft, deren Vorliegen der Erwerber bei einem Gebrauchten Fahrzeug erwarten darf.
Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Verkäufer, wie im vorliegenden Fall, ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler ist. Maßgebend ist dabei, dass die Bestimmung des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB lediglich den Unternehmer als Verkäufer im Blick hat und dieser auch zur Informationsbeschaffung verpflichtet ist (vgl. Staudinger/ Matusche-Beckmann, § 434 RZ 89).

Will der gewerbliche Verkäufer für das Bestehen der Herstellergarantie gerade nicht einstehen, so trifft ihn die Beweislast, insbesondere die Hinweispflicht auf das Nichteingreifen der Herstellergarantie im konkreten Fall. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien geht die Herstellergarantie über die gesetzliche Haftung hinaus. Der Vorteil liegt u.a. darin, dass bei bestehender Herstellergarantie jede Vertragswerkstatt angefahren werden kann und nicht auf den einzelnen Verkäufer zurückgegriffen werden muss. Der Herstellergarantie kommt daher im Rechtsverkehr eine wertbildende Eigenschaft zu. Soweit ein von einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler veräußertes Fahrzeug diese Eigenschaft nicht aufweist, muss er den (privaten) Käufer hierüber aufklären. Der gewerbliche Händler hat in diesen Fällen nicht nur die Möglichkeit das Bestehen der Herstellergarantie zu überprüfen, sondern auch die Pflicht den Käufer bei Nichtvorliegen hierüber aufzuklären. Ein Laie vermag noch zu erkennen, ob die im Serviceheft vorgesehenen Serviceintervalle tatsächlich durchgeführt worden sind, da dies bereits durch entsprechende Eintragungen und Stempelungen schnell geprüft werden kann. Der Verbraucher ist daher in der Regel gänzlich überfordert zu prüfen, ob die für die Herstellergarantie erforderlichen Serviceintervalle auch in der vorgeschriebenen Zeit bzw. nach Ablauf der vorgeschriebenen Kilometerleistung durchgeführt worden sind.

c ) Da der verkaufte Wagen einen Sachmangel aufweist, kann die Klägerin grundsätzlich die Rechte aus § 437 BGB geltend machen. Mangels konkreten Schaden ist die Klägerin hier auf die Feststellungsklage beschränkt.

Soweit die Beklagte vorträgt, diese Überprüfung würde den Händler überfordern, liegt lediglich eine pauschale, nicht hinreichend konkretisierte Einrede vor.

III. Die Klägerin kann Ersatz der außergerichtlichen Kosten verlangen, da sie durch ihr Schreiben vom 20.03.2007 endgültig eine Nachbesserung abgelehnt hat und sich daher gem. § 286 II Nr. 3 BGB in Verzug befand. Die außergerichtlichen entstandenen Anwaltskosten aufgrund des Schreibens vom 16.04.2007 sind als Verzugsschaden (§ 288 IV BGB) zu ersetzen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
V. Der Streitwert bestimmt sich nach § 3 ZPO.

RechtsgebieteKfz-Kaufvertrag, GarantieVorschriften§§ 133, 157, 433, 434 BGB

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