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28.04.2005 · IWW-Abrufnummer 051183

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 06.05.2004 – 14 U 245/01

1. Die Unterschreitung des Mindestsatzes setzt einen Ausnahmefall und eine schriftliche Vereinbarung voraus.



2. Ein Teppichmarkt unterfällt grundsätzlich der Honorarzone III des § 12 HOAI.

OLG Celle, Urteil vom 06.05.2004 - 14 U 245/01
BGH, Beschluss vom 24.02.2005 - VII ZR 143/04 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtstreit

....

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Zepp und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Franzki und Dentzien für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der z. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 24. Juli 2001 und die Anschlussberufung der Klägerin gegen dieses Urteil werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Abweisung der Widerklage entfällt.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 37 % und die Beklagte 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt für beide Parteien 20.000 ?.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 249.683,57 ? festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, bei der es sich um ein Architekten- und Ingenieurbüro handelt, erbrachte für die Beklagte Planungsleistungen im Hinblick auf die - letztlich nicht realisierte - Errichtung eines Möbel- und Teppichmarktes in Zwickau. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Honorarforderung der Klägerin für diese Tätigkeit, die sie zuletzt mit 488.338,62 DM beziffert hat. Die Beklagte hat vor allem die Genehmigungsfähigkeit der von der Klägerin erstellten Entwurfs- und Genehmigungsplanung sowie die Berechtigung der Honorarforderung der Höhe nach bestritten. Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Urteilsabschrift S. 2 bis 5) verwiesen (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO a. F.).

Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung in vollem Umfang, d. h. in Höhe von 309.643,60 DM (nebst Zinsen) stattgegeben und die Widerklage, mit der die Beklagte die Feststellung begehrt hatte, dass der Klägerin wegen der hier in Rede stehenden Planungsleistungen keine weitergehenden Honoraransprüche gegen sie - die Beklagte - zustünden, abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erreichen will. Sie bestreitet, dass zwischen den Parteien ein Architektenvertrag zustande gekommen sei. Das an die Klägerin gerichtete Auftragsschreiben vom 16. März 1998 (Bl. 13) habe ihr nicht vertretungsberechtigter Mitarbeiter D. unterschrieben. Dessen fehlende Vollmacht sei der Klägerin auch bekannt gewesen. In einem Ende März/Anfang April 1998 geführten Telefongespräch zwischen den Geschäftsführern der Parteien habe die Klägerin im Übrigen ihr Interesse bekundet, das Bauvorhaben als Generalunternehmerin durchzuführen, und zwar zu einem Festpreis von 700 DM/qm Gewerbefläche, und zwar einschließlich aller Architektenleistungen. Außerdem sei bei diesem Gespräch für den Fall, dass es nicht zum Abschluss eines Generalunternehmervertrages kommen sollte, eine Pauschalvergütung von 50.000 DM brutto vereinbart worden. Diese Übereinkunft stelle keinen Architektenvertrag dar, sondern eine Vereinbarung über eine vorab zu erbringende Teilleistung eines Bauvertrages mit der Folge, dass die Vorschriften der HOAI und insbesondere deren § 4 nicht anzuwenden seien. Aber auch auf die vereinbarte Vergütung von 50.000 DM habe die Klägerin keinen Anspruch, weil sie die Planung des Bauvorhabens nicht mit der F. GmbH & Co. KG, der ins Auge gefassten zukünftigen Eigentümerin des Teppichhauses, und ebenso wenig mit der A. Möbelhandels GmbH, der vorgesehenen Mieterin des Objekts, abgestimmt habe.

Des Weiteren behauptet die Beklagte, dass die Klägerin ihre Planungsleistungen nicht mangelfrei erbracht habe. Sie habe insbesondere die Vorstellungen der Gemeinde zur Änderung des Bebauungsplans nicht ausreichend berücksichtigt.
Außerdem entspreche die von der Klägerin vorgelegte Planung nicht der Sächsischen Verkaufsstättenbaurichtlinie.

Schließlich beanstandet die Beklagte die Honorarforderung der Klägerin auch der Höhe nach. Sowohl das geplante Bauvorhaben als auch die Freianlagen unterfielen der Honorarzone II des § 12 HOAI und nicht der Honorarzone III. Das geplante Objekt habe nämlich nur einem ?Verkaufslager" und keinem ?Einkaufszentrum" entsprochen. Darüber hinaus habe die Klägerin die Entwurfs- und Genehmigungsplanung voreilig erbracht, sodass sie für diese Leistungen von vornherein keine Vergütung verlangen könne.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vortrag der Beklagten entgegen, verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Hinblick auf die negative Feststellungswiderklage der Beklagten macht die Klägerin im Wege der Anschlussberufung klageerweiternd nunmehr auch das bisher noch nicht in Rechnung gestellte Honorar für die von ihr für das Bauvorhaben erbrachte Tragwerksplanung (171.881,17 DM) sowie für die Leistungen der thermischen Bauphysik (6.613,88 DM) mit der Begründung geltend, dass die Bauantragsunterlagen ohne diese Leistungen nicht genehmigungsfähig gewesen wären.

Die Klägerin beantragt daher nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an sie (einschließlich des in erster Instanz zu ihren Gunsten ausgeurteilten Betrages von 309.643,60 DM) 488.338,62 DM nebst 5 % Zinsen auf 309.643,60 DM seit dem 12. Januar 1999 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach DÜG auf 178.693,02 DM seit Zustellung der Klageerweiterung (2. Januar 2002) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass sie weder die Tragwerksplanung noch den Wärmeschutznachweis in Auftrag gegeben habe. Die Bauantragsunterlagen seien - jedenfalls zunächst- auch vollständig gewesen, weil es nach § 1 der Sächsischen Baulagenverordnung ausgereicht hätte, die statische Berechnung und den Wärmeschutznachweis nachzureichen.

Wegen der im Wege der Anschlussberufung vorgenommenen Klageerweiterung haben die Parteien die Feststellungswiderklage der Beklagten im Termin vom 14. Mai 2002 (Bl. 333) übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 13. Januar 2004 (Bl. 457) Beweis erhoben durch Vernehmung der prozessleitend geladenen Zeugen B. und H.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13. Januar 2004 Bezug genommen.

Die Bauakten der Stadtverwaltung Zwickau - Amt für Bauordnung - zu Aktenzeichen ###### waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Weder die Berufung der Beklagten noch die Anschlussberufung der Klägerin haben Erfolg. Wegen der übereinstimmenden Erklärung der Parteien, dass die Feststellungswiderklage der Beklagten in der Hauptsache erledigt sei, war lediglich klarstellend auszusprechen, dass die Abweisung der Widerklage durch das angefochtene Urteil entfällt.

I. Berufung der Beklagten

Das Rechtsmittel der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 309.643,60 DM (nebst Zinsen) zu zahlen. Hierbei handelt es sich um die Vergütung, die der Klägerin dafür zusteht, dass sie im Auftrag der Beklagten die Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 HOAI für das Bauvorhaben ?Möbel- und Teppichmarkt" in Zwickau, L. Straße, erbracht hat.
1. Zwischen den Parteien ist mit Ausnahme der Höhe des vereinbarten Honorars (siehe hierzu unten unter 4. a) ein Architektenvertrag mit dem Inhalt des an die Klägerin gerichteten Schreibens der Beklagten vom 16. März 1998 (Bl. 13) zustande gekommen. Danach war die Klägerin verpflichtet, das hier in Rede stehende Bauvorhaben zu planen und bis Mitte April 1998 einen kompletten Bauantrag vorzulegen.

Zwar ist das Schreiben vom 16. März 1998 nicht vom seinerzeitigen Geschäftsführer der Beklagten A. W., sondern von dem Mitarbeiter P. D. unterzeichnet worden. Ob dieser dabei - wie die Beklagte behauptet - als ihr vollmachtloser Vertreter gehandelt hat, kann hier jedoch dahinstehen. Der Geschäftsführer W. hat das Verhalten D. nämlich nachträglich jedenfalls dadurch konkludent genehmigt, dass er die Klägerin gewähren ließ, nachdem es ihm in einem Ende März/Anfang April 1998 in Kenntnis des Schreibens vom 16. März 1998 mit deren Geschäftsführergeführten Telefongespräch nicht gelungen war, mit der Klägerin eine abweichende nicht der HOAI unterliegende vertragliche Regelung mit einem niedrigeren Honorar zu treffen. Zwar behauptet die Beklagte, dass es bei diesem Telefongespräch zu einer entsprechenden abweichenden Übereinkunft mit dem Geschäftsführer der Klägerin gekommen sei. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen, weil die Beklagte den Antrag auf Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin im Hinblick auf den behaupteten Inhalt dieses Gesprächs im Termin vom 14. Mai 2002 (Bl. 333, 334) ausdrücklich nicht aufrechterhalten hat und daher für die Richtigkeit des diesbezüglichen Vortrags insgesamt beweisfällig geblieben ist.

Die Beklagte hat sich auch nicht etwa überrascht darüber gezeigt, dass der von der Klägerin fertig gestellte Bauantrag am 15. Mai 1998 in ihrem - der Beklagten Namen beim Bauordnungsamt der Stadt Zwickau eingereicht worden ist. Anderenfalls wäre nämlich eine entsprechende Reaktion der Beklagten - sei es gegenüber der Klägerin oder gegenüber der Stadt Zwickau - zu erwarten gewesen, als ihr mit Schreiben des Bauordnungsamts vom 8. Juni 1998 (Bl. 65 der beigezogenen Akten des Bauordnungsamts) mitgeteilt worden war, dass für die weitere Bearbeitung ihres Bauantrages noch die Übersendung eines Brandschutzgutachtens benötigt werde. Zur Vorlage weiterer Unterlagen hat das Bauordnungsamt der Stadt Zwickau die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juni 1998 (Bl. 70 der Beiakte) aufgefordert. Aus dem Umstand, dass sich die Beklagte weder hiergegen noch gegen die ihr auf diese Weise allemal offenbar gewordene Tätigkeit der Klägerin verwahrt hat, lässt sich ebenfalls nur der Schluss ziehen, dass sie sich jedenfalls nachträglich mit der in ihrem Namen erfolgten Beauftragung der Klägerin mit den von dieser erbrachten Planungsleistungen einverstanden erklärt hat. An dem Zustandekommen eines Architektenvertrages zwischen den Parteien besteht somit kein Zweifel.

2. Dass das Projekt letztlich nicht realisiert worden ist, hat auf den Honoraranspruch der Klägerin keine Auswirkungen. Denn sie hat das Scheitern nicht zu verantworten. Vielmehr ist die Durchführung des Bauvorhabens aus Gründen fallen gelassen worden, die allein in der Sphäre der Beklagten liegen. Beiden Parteien war bekannt, dass das Objekt nicht ohne eine vorherige Änderung des Bebauungsplans durch die Stadt Zwickau durchgeführt werden konnte. Gleichwohl hat die Beklagte die Klägerin uneingeschränkt damit beauftragt, innerhalb eines engen zeitlichen Rahmens eine bauantragsreife Planung zu erstellen. Dieser Vorgehensweise lag offenbar auch die Überlegung zugrunde, auf diese Weise Einfluss auf die Änderung des Bebauungsplans nehmen zu können.

In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die F. GmbH & Co. KG, die nicht nur Grundstücksnachbarin war, sondern auch als mögliche Mitinvestorin an dem Bauvorhaben Interesse hatte, mit Schreiben vom 5. März 1998 gegenüber der Stadt Zwickau ihr Einverständnis mit der Änderung des Bebauungsplans erklärt hat. Zwar hat die F. GmbH & Co. KG dieses Einverständnis am 11. Mai 1998 gegenüber der Stadt Zwickau wieder zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin aber bereits einen Großteil (wenn nicht alle) der ihr in Auftrag gegebenen Planungsleistungen erbracht, die dem vom 13. Mai 1998 datierenden Bauantrag zugrunde liegen. Hinzu kommt, dass die F. GmbH & Co. KG auch über den 11. Mai 1998 hinaus noch eine zeitlang an der Planung des Bauvorhabens mitgewirkt hat.

Unter all diesen Umständen fällt es jedenfalls nicht in den Risikobereich der Klägerin, dass ihre Planungsleistungen für die Beklagte letztlich nutzlos waren. Dass die Änderung des Bebauungsplans etwa (auch) am Widerspruch anderer Nachbarn (welcher?) gescheitert ist, trägt die Beklagte nicht konkret vor. Unter diesen Umständen kann auch dahingestellt bleiben, ob es Aufgabe der Klägerin war, ohne eine derartige vertragliche Vereinbarung mit der Beklagten, die hier nicht besteht, entsprechende Zustimmungen einzuholen oder ob sie dies - wie der gerichtlich bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. M. in seinem Gutachten vom 5. März 2001 (Bl. 96 ff.) festgestellt hat - der Stadt Zwickau überlassen konnte (vgl. Bl. 107 unten).

3. Der Honoraranspruch der Klägerin scheitert auch nicht etwa daran, dass der von ihr erstellte Bauantrag nicht genehmigungsfähig war.

a) Der Sachverständige M. hat die Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags in seinem eben genannten Gutachten uneingeschränkt bestätigt. Auf die diesbezüglichen Feststellungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Auch das Berufungsvorbringen hat die Richtigkeit der Ausführungen in dem Gutachten nicht in Zweifel zu ziehen vermocht und dem Senat nicht einmal Veranlassung gegeben, insoweit eine weitere Sachaufklärung zu betreiben.

Mit Schwierigkeiten bei der Eintragung der Vereinigungsbaulast im Grundbuch der F. GmbH & Co. KG brauchte die Klägerin nicht zu rechnen, weil sie - die F. GmbH & Co. KG - als Partnerin der Beklagten selbst an dem Bauvorhaben interessiert war. Im Übrigen ist die Errichtung des Möbel- und Teppichmarktes nicht daran gescheitert, dass die F. GmbH & Co. KG die Eintragung einer Baulast verweigert hat.

b) Die Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags wäre nach Überzeugung des Senats auch nicht daran gescheitert, dass dieser Rettungs- und Ausgangswege vorsah, die nicht in allen Punkten in Einklang mit § 16 der Sächsischen Verkaufsstättenbaurichtlinie (vgl. Bl. 393) standen. Der vom Senat als Zeuge vernommene Brandschutzbeauftragte der Stadt Zwickau H. H. hat bekundet, dass er der Abweichung von der Verkaufsstättenbaurichtlinie zugestimmt hätte, wenn Kompensationsmaßnahmen wie z. B. eine Sprinkleranlage vorgelegen hätten. Er sei sich jedenfalls mit dem Geschäftsführer der Klägerin einig gewesen und hätte eine positive Stellungnahme gegenüber dem Bauamt abgegeben, das dann die endgültige Entscheidung hätte treffen müssen. Unter diesen Umständen ist der Senat davon überzeugt, dass der zuständige Sachbearbeiter im Bauordnungsamt L. die Planung der Klägerin angesichts der positiven Stellungnahme des Brandschutzbeauftragen H. genehmigt hätte. Eine Vernehmung des Herrn L. zu dieser Frage erscheint dem Senat nicht zuletzt deshalb entbehrlich, weil auch er angesichts der Tatsache, dass das Genehmigungsverfahren nicht fortgesetzt worden ist, über seine seinerzeit möglicherweise getroffene Entscheidung nur spekulieren kann. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Absätze 1 und 2 des § 16 der Sächsischen Verkaufsstättenbaurichtlinie nach Abs. 3 dieser Vorschrift nicht für Verkaufsstätten mit geringem Kundenverkehr gelten. Auch insoweit bestand daher ein gewisser Spielraum für eine positive Entscheidung der Stadt Zwickau.

Schließlich war der Klägerin von der Beklagten weder ein zu beachtender fester Kostenrahmen noch eine bestimmte Verkaufsfläche vorgegeben worden. Daraus folgt zum einen, dass die Beklagte nicht damit gehört werden kann, dass sie ihre Zustimmung zu einer kostenträchtigen Kompensationsmaßnahme wie einer Sprinkleranlage hätte verweigern können. Zum anderen hätte es der Klägerin freigestanden, das Treppenhaus und andere Fluchtwege zu Lasten der Verkaufsfläche zu vergrößern. Das wäre - wie der Senat als Spezialsenat für Architektenhonorarsachen aus eigener Sachkunde beurteilen kann - angesichts der heute zur Verfügung stehenden Computerprogramme innerhalb kurzer Zeit möglich gewesen, wobei die Kosten für eine eventuelle Änderung die Klägerin hätte tragen müssen. Aber selbst wenn eine Änderung der Pläne länger als zwei bis drei Tage gedauert hätte, wäre sie jedenfalls auch noch nach Einreichung des Bauantrags beim Bauamt im Wege der Nachbesserung möglich gewesen.

4. Die Beklagte wendet sich auch zu Unrecht gegen die Höhe des vom Landgericht ausgeurteilten Honoraranspruchs der Klägerin.

a) Die Feststellung des Landgerichts, dass die Parteien das in dem Auftragsschreiben der Beklagten vom 16. März 1998 genannte Pauschalhonorar in Höhe von 250.000 DM netto wegen der Regelungen in § 4 Abs. 1 und 2 HOAI nicht wirksam vereinbart haben und daher gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart gelten, greift die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr an.

b) Dass die Klägerin das hier in Rede stehende Bauvorhaben und die damit verbundenen Freianlagen in Honorarzone III des § 12 HOAI eingeordnet hat, ist im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten nicht zu beanstanden. Auch der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Gutachten insoweit keine Einwände erhoben. Die Ausstattung eines Möbel- und Teppichmarktes erlaubt nach Auffassung des Senats eine Abrechnung nach Honorarzone III, weil sich ein solcher Markt durchaus von einem schlichten Verkaufslager (= Honorarzone II) unterscheidet.

c) Die Klägerin hat auch Anspruch auf eine Vergütung für die Leistungsphasen 3 und 4 des § 15 HOAI. Sie hat die Entwurfs- und Genehmigungsplanung nicht etwa voreilig erbracht. Beide Leistungsphasen mussten ausgeführt werden, um den Auftrag der Beklagten vom 16. März 1998 zu erfüllen, innerhalb kurzer Zeit, nämlich bis Mitte April 1998, einen kompletten Bauantrag vorzulegen. Dieser Auftrag war eindeutig und stammte von einem Unternehmen ?vom Fach". Daher brauchte die Klägerin die Beklagte auch nicht etwa darüber aufzuklären, dass für die angestrebte Änderung des Bebauungsplans - jedenfalls zunächst - die Erbringung der Leistungsphasen 1 und 2 des § 15 HOAI ausgereicht hätte.

Da sich die Berufung der Beklagten nach alledem unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt als begründet erweist, war sie zurückzuweisen.

II. Anschlussberufung der Klägerin

Auch das Rechtsmittel der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein Honorar für die von ihr erbrachte Tragwerksplanung und den Wärmeschutznachweis. Diese Leistungen waren für die Erfüllung des Auftrages, bis Mitte April 1998 einen kompletten Bauantrag zu erstellen, nicht erforderlich. Zwar waren sie für die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens von Bedeutung, nicht aber für den von der Beklagten in Auftrag gegebenen Bauantrag. Vor allem konnten diese Leistungen aber nach § 1 Satz 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über Bauvorlagen und bautechnische Prüfungen vom 11. März 1993 (Bl. 179) dem Bauantrag noch bis kurz vor der Baufreigabe nachgereicht werden.

Unter diesen Umständen hätte die Klägerin mit der Tragwerksplanung und dem Wärmeschutznachweis solange warten können und müssen, bis die Änderung des Bebauungsplans erfolgt war. Jedenfalls wäre eine Nachfrage bei der Beklagten erforderlich gewesen, ob sie - die Klägerin - diese Leistungen schon vor der Änderung des Bebauungsplans erbringen sollte. Da sich die Klägerin um einen derartigen ausdrücklichen Auftrag nicht bemüht hat, hat sie nunmehr auch keinen Anspruch auf eine Vergütung dieser von ihr erbrachten Leistungen.

III. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 91 a Abs. 1 ZPO. Da die negative Feststellungswiderklage der Beklagten aus den Gründen zu oben II. Erfolg gehabt hätte, wenn die Parteien sie nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hätten, waren die dadurch in erster Instanz entstandenen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beläuft sich auf 249.683,57 ? (= Berufung der Beklagten: 309.643,60 DM = 158.318,26 ? + Anschlussberufung der Klägerin: 178.695,02 DM = 91.365,31 ?).

RechtsgebieteBGB, HOAIVorschriftenBGB § 631; HOAI § 4 Abs. 2, 4, § 12

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