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06.07.2004 · IWW-Abrufnummer 041684

Finanzgericht Köln: Urteil vom 15.10.2003 – 4 K 4199/99

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

Urteil des 4. Senates

vom 15.10.2003

4 K 4199/99

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihr Wahlrecht, den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, für das Streitjahr zulässigerweise und wirksam ausgeübt hat.

Die Klägerin betreibt seit dem 1.01.1992 ein Architekturbüro in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschafter dieser GbR sind Herr Dipl.-Ing. X sowie Herr Dipl.-Ing. Y. Sie ist hervorgegangen aus dem von Herrn Dipl.-Ing. X als Einzelpraxis geführten Architekturbüro. Seit Ende der 80?er Jahre ist das Büro hauptsächlich mit der Bauleitung bei Großbauvorhaben beschäftigt. Die GbR erzielt ausschließlich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Bis zum Jahr 1993 einschließlich ermittelte sie ihren Gewinn unstreitig nach § 4 Abs. 3 EStG aufgrund einer Einnahmen-Überschussrechnung.

Für das Streitjahr 1994 wurde am 11.06.1996 eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG vorgelegt, die einen Verlust von 4.392.926,99 DM und einen Übergangsverlust von 94.038,53 DM auswies. Die Eröffnungsbilanz, in der der Übergangsverlust ermittelt wurde, wurde erst nach Aufforderung durch das Finanzamt am 2.09.1996 eingereicht. Die Bilanz enthält den Hinweis, dass auf die Ermittlung der unfertigen Arbeiten, Forderungen und weiteren sonstigen Verbindlichkeiten verzichtet worden sei, da diese den Übergangsverlust nur zusätzlich erhöhten. Die gemäß Abschnitt 17 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) erforderlichen Zu- und Abrechnungen wurden nicht vorgenommen.

Das Finanzamt führte die einheitliche und gesonderte Feststellung zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) durch.

Im Mai 1997 wurde bei der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1994 eine Betriebsprüfung (Bp) durchgeführt, deren Feststellungen im Bp-Bericht vom 5.12.1997, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, festgehalten worden sind. Nunmehr wurde ein wirksamer Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht mehr anerkannt, da sich nach den Feststellungen des Betriebsprüfers die Buchführung der Klägerin im Vergleich des Streitjahres 1994 mit den Vorjahren nicht verändert habe. Insbesondere sei keine debitorische und kreditorische Buchführung eingerichtet worden. Es seien zwar Forderungs- und Leistungsstandlisten geführt worden, diese seien jedoch nicht in die laufende Buchführung eingearbeitet worden, sondern erst in die Jahresabschlussarbeiten eingeflossen. Eine doppelte Buchführung im eigentlichen Sinne habe damit im laufenden Geschäftsjahr nicht vorgelegen. Damit habe die Klägerin auch die Ausübung des Wahlrechts hin zu einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nicht dokumentiert. Die Eröffnungsbilanz, deren Erstellungszeitpunkt die Bp ausdrücklich offenließ, sei außerdem wegen der ausgelassenen Positionen unvollständig.

Gegen den daraufhin erlassenen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 11.12.1997 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, die durchaus positive Geschäftsentwicklung habe zu einem Geschäftsvolumen geführt, das eine größere Übersichtlichkeit und Transparenz der Vermögensverhältnisse erforderlich gemacht habe. Im Laufe des Jahres 1993 sei daraufhin beschlossen worden, die Aufzeichnungen neu zu organisieren, um einen besseren Überblick über Auftragsbestand und Vermögensbestand für Zwecke der innerbetrieblichen Planung, insbesondere des Personalbedarfs, zu gewinnen. Diese erweiterten Aufzeichnungen hätten auch dafür nutzbar gemacht werden sollen, einen Jahresabschluss zu erstellen, um auch eine periodengerechte Zuordnung des Gewinns zu ermöglichen. Hierfür sei der Jahreswechsel 1993/1994 ins Auge gefasst worden, weil zu diesem Zeitpunkt die Probezeit des neuen Systems abgeschlossen sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt habe man sich in der Lage gesehen, die hierfür notwendigen Aufzeichnungen organisatorisch in der Buchhaltung zu bearbeiten. Die Buchführung sei zu diesem Zeitpunkt wie folgt eingerichtet gewesen: Die Einnahmen und Ausgaben seien mittels elektronischer Datenverarbeitung im System DATEV RZ-FIBU erfasst und ausgewertet worden. Daneben sei auf dem Tabellenkalkulationsprogramm ?MS-Excel? eine Offene-Posten-Buchhaltung eingerichtet worden, bei der sämtliche Eingangs- und Ausgangsrechnungen verwaltet worden seien. Aus diesen Dateien seien Rechnungsdatum, Absender, Empfänger, Bezeichnung des Bauvorhabens sowie die Höhe des Rechnungsbetrages ersichtlich gewesen. Die Unveränderbarkeit der dort gespeicherten Daten sei durch die gesonderte handschriftliche Eintragung in ein Rechnungsbuch unter Vergabe der gleichen Rechnungsnummer sichergestellt worden. Die Ausgangsrechnungen seien in diesem Buch projektbezogen gekennzeichnet worden. Das Rechnungsbuch weise keine Radierung, Durchstreichung oder sonstige ordnungswidrige Veränderungen auf.

Daneben seien auf MS-Excel die Leistungsstände und erhaltenen Anzahlungen monatlich festgehalten worden. Das Programm MS-Excel sei gewählt worden, um die bausummenabhängige Vergütung geänderten Bedingungen anpassen und so eine ständige Information über den Auftragsstand erhalten zu können. Insoweit sei ein flexibles Moment in der Buchführung notwendig gewesen. Die ?festen? Bestandteile dieser Excel-Aufstellungen seien durch die Rückkoppellung mit dem Rechnungsbuch gesichert gewesen.

Desweiteren seien die monatlich in der Kostenrechnung ermittelten Werte in die Excel-Aufstellung eingeflossen. Auf diese Weise hätten die Anwendungen im Programm MS-Excel eine Schnittstelle zwischen internem und externem Rechnungswesen der Klägerin gebildet. Die Trennung von DATEV und Excel sei deshalb erfolgt, weil sich dieses System bewährt habe und die mit der Buchhaltung betrauten Personen dieses System beherrscht hätten. Die Sicherheit der Buchführung sei damit gewährleistet gewesen.

Der Aufwand der Umstellung sei der Klägerin unverhältnismäßig erschienen und man habe versucht, den Aufwand so gering wie möglich zu halten, zumal man bei der Umsatzsteuer von dem System der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) nicht habe abweichen wollen und eine Beibehaltung des bereits in den Vorjahren entwickelten internen Rechnungswesens sinnvoll gewesen sei. Eine vollständige Neueinrichtung der Buchführung hätte neben erheblichen Kosten und Umstellungsschwierigkeiten auch in dieser Hinsicht zu einem erhöhten Arbeitsaufwand geführt; denn zur Berechnung der Umsatzsteuer hätten in der Buchführung wiederum Umrechnungen stattfinden müssen.

Alles in allem seien die Aufzeichnungen weit über das hinaus gegangen, was im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung erforderlich und üblich sei. Insbesondere die Offene-Posten-Buchhaltung mit dem Tabellenkalkulationsprogramm MS-Excel und den Aufstellungen über die Leistungsstände und Bausummen sowie dem Rechnungsausgangsbuch sei jederzeit eine Feststellung des Betriebsvermögens möglich gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt habe es keinen Grund gegeben, die Buchführung im System DATEV umzustellen.

Die Auffassung der Bp negiere letztlich die Möglichkeit der Führung von Hilfs- und Nebenbüchern im Rahmen einer ordnungsgemäßen Buchführung. Zur Ausübung des Wahlrechts zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs bedürfe es nicht irgendwelcher Handlungen. Allenfalls bedürfe es bestimmter Negativhandlungen, nämlich der Nichtausübung eines Wahlrechts zugunsten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass an die äußeren Indizien der Ausübung des Wahlrechts nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden dürften. Wenn der Beklagte die Buchführung als nicht ordnungsgemäß verwerfe, so habe dies keinesfalls zur Folge, dass der Gewinn nach der Methode des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sei. Vielmehr sei dann ggfls. eine Schätzung nach § 4 Abs. 1 EStG erforderlich. Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sei nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und für die Wahl dieser Gewinnermittlung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.1999 setzte das beklagte Finanzamt den Verlust aus selbständiger Tätigkeit abweichend von der vorherigen Feststellung auf 453.268,54 DM fest und verteilte diesen Verlust zu gleichen Teilen (jeweils 226.634,-- DM) auf die beiden Gesellschafter. In der Hauptsache wies es jedoch den Einspruch als unbegründet zurück, da es in den Aufzeichnungen der Klägerin nicht die für einen Wechsel der Gewinnermittlungsart notwendige Einrichtung einer doppelten Buchführung sah und da auch die später vorgelegte Eröffnungsbilanz unvollständig und zu spät erstellt worden sei. Im laufenden Jahr seien insbesondere keine Bestandskonten in der Buchhaltung eingerichtet worden. Die von der Klägerin als Offene-Posten-Buchführung bezeichnete Buchführung und die weiter von der Klägerin erstellten Hilfs- und Ergänzungsaufzeichnungen könnten diesen Mangel nicht aus-gleichen. Daher sei auch die Erstellung einer vollständigen Eröffnungsbilanz nicht ohne weiteres möglich gewesen, was auch durch die fehlenden Zu- und Abrechnungen zur Ermittlung eines zutreffenden Übergangsgewinns belegt werde. Abgesehen davon sei die sehr viel später vorgelegte Eröffnungsbilanz nicht zeitnah zu Beginn des Wirtschaftsjahres erstellt worden.

Eine jederzeitige leichte und einwandfreie Feststellung des Vermögensstandes sei anhand der Buchhaltung der Klägerin nicht möglich gewesen. Durch die von ihr vor-genommene Aufteilung in Vorgänge, die interne Verwendung gefunden hätten, und solche, die ins Buchführungswerk eingeflossen seien, werde die Anforderung einer leichten und einwandfreien Ermittlung des Vermögensstandes nicht erfüllt. Bei den von der Klägerin geführten Hilfsbüchern habe es sich vielmehr um für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG unschädliche Aufzeichnungen i. S. einer sinnvollen Verprobungsmöglichkeit gehandelt, die die Klägerin schon während des gesamten Prüfungszeitraums geführt habe. Dieser Offene-Posten-Buchführung oder sog. ?Doppik? bedienten sich viele mit hohen Außenständen arbeitende Freiberufler. Die buchmäßige Erfassung von Kundenforderungen über eine Offene-Posten-Buchführung könne unschädlich in eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG integriert werden. Eine Identität der Überschussrechnung mit dem Bestandsvergleich entstehe hierdurch keineswegs (Hinweis auf Knief/Böttges-Minten, DStR 1981, 581). Dass die Klägerin bei unveränderter Buchführung nun den Zeitpunkt 1.01.1994 zum Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG gewählt habe, erkläre sich daraus, dass sich durch einen Verlustrücktrag in das Jahr 1992 der erst später fest-stehende hohe Gewinn dieses Jahres neutralisieren ließe. Wolle man die Art der Aufzeichnungen der Klägerin für eine stillschweigend gewählte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ausreichen lassen, so hätte man eine solche für den gesamten Prüfungszeitraum annehmen müssen. Der Fall entspreche im wesentlichen exakt dem Fall, über den das Finanzgericht Baden-Württemberg in einem Urteil vom 25.06.1998 (14 K 16/92, EFG 1998, 1500/02) entschieden habe; danach sei der Übergang von der Gewinnermittlungsart nach § Abs. 3 EStG zu der nach § 4 Abs. 1 EStG nur dann zulässig gewählt, wenn zu Beginn des Wirtschaftsjahres eine Eröffnungsbilanz erstellt werde und Bestandskonten eingerichtet würden.

Es treffe zwar zu, dass bei Nichteinrichtung einer Buchführung der BFH eine Schätzung nach § 4 Abs. 1 EStG für erforderlich halte. Hieraus könne die Klägerin jedoch nicht herleiten, dass sie einen Anspruch auf diese Gewinnermittlungsart habe, denn die Klägerin habe eine Buchführung eingerichtet, die auch nicht zu beanstanden sei, die jedoch nicht den Anforderungen an eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG entsprochen habe.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung erläutert sie erneut den Aufbau ihres Rechnungswesens (S. 8 und 9 der Klagebegründung), beschreibt die betrieblichen Besonderheiten mit den betreuten Großbauvorhaben (S. 10-13 der Klagebegründung) und macht umfangreiche Ausführungen zur rechtlichen Würdigung (S. 13-23 der Klageschrift). Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Klageschrift Bezug genommen. Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass die Eröffnungsbilanz nicht zu spät erstellt worden sei. Tatsächlich sei der Entschluss zum Wechsel der Gewinnermittlungsart im Jahre 1993 gefasst und zum Jahreswechsel 1993/1994 vollzogen worden. Sie weist darauf hin, dass wegen des geringen Umfangs der Eingangs- und Ausgangsrechnungen und der kurzen Zahlungsfristen eine debitorische bzw. kreditorische Erfassung nicht erforderlich gewesen sei. Selbst wenn man jedoch unterstelle, die Buchführung sei nicht ordnungsgemäß, sei aufgrund der Ausgestaltung der Buchführung, die eindeutig weit über die Notwendigkeiten einer Einnahmen-Überschussrechnung hinausgehe, eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG zwingend. Abgesehen davon, werde von gewichtigen Stimmen in der Literatur die Auffassung vertreten, erst mit der Entscheidung über die Erstellung bzw. Nichterstellung eines Jahresabschlusses werde das Wahlrecht ausgeübt (Hinweis auf Kanzler, FR 1998, 233, 245). Der Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts ergebe sich auch nicht ?aus der Natur der Sache? (Hinweis auf FG Berlin, Urteil vom 19.031997 VI 40/92, EFG 1997, 1164; Kanzler, a.a.O., 245 m.w.N.; Hermann-Heuer-Bergkemper, § 3 EStG, Rn. 552). Außerdem werde vom beklagten Finanzamt verkannt, dass die Grenze zwischen (kaufmännischer) Buchführung und Aufzeichnungen fließend sei, was dazu führen müsse, dass den Erklärungen des Wahlberechtigten entscheidende Bedeutung beigemessen werden müsse. Der Beklagte scheine im übrigen den Wechsel der Gewinnermittlungsart im Streitfall für rechtsmissbräuchlich zu halten, wenn er darauf hinweise, der Wechsel der Gewinnermittlungsart auf den 1.01.1994 sei gewählt worden, um das günstigste steuerliche Ergebnis zu erreichen. Im Wechsel der Gewinnermittlungsart allein könne jedoch niemals ein Missbrauch gesehen werden, erst ein mehrmaliger Wechsel in kurzer Zeit könne zur Versagung wegen willkürlichen Wechsels der Gewinnermittlungsart führen.

Die Klägerin hat in der Klageschrift zunächst beantragt, unter Änderung des angefochtenen Bescheids in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung einen Verlust von 4.392.926,99 DM und einen Übergangsverlust von 94.058,53 DM festzusetzen.

Das Finanzamt wiederholt im wesentlichen die bereits in den Gründen der Einspruchsentscheidung vertretene Auffassung und führt aus, die vorgelegten Buchführungsunterlagen ließen eine auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG abzielende Umstellung der Buchführung ab 1.01.1994 nicht erkennen. Die Aufzeichnungen für steuerliche Zwecke seien in den Jahren 1992-1994 die gleichen. Zahlungs-ein- und -ausgänge seien fortlaufend als Ein- und Ausgaben gebucht worden. In den DATEV-Konten des Jahres 1994 seien keine Anfangsbestände ausgewiesen worden. Zum 31.12.1994 seien für Zwecke der Gewinnermittlung die aufgezeichneten Einnahmen durch Einbuchung der halbfertigen Arbeiten zum 31.12.1994 als Gewinn und der Anzahlungen zum 31.12.1994 als Verlust neutralisiert worden. Die Bestände der halbfertigen Arbeiten und Anzahlungen zum 1.01.1994 seien in der in 1996 ein-gereichten Eröffnungsbilanz nicht enthalten gewesen. Diese Neutralisierung hätte zum Abschluss 31.12.1994 nicht vorgenommen werden müssen, wenn ab 1.01.1994 alle Bestände im Buchführungswerk berücksichtigt worden wären. Das Buchführungswerk 1994 hätte nämlich dann automatisch den richtigen Gewinn 1994 nach § 4 Abs. 1 EStG ausgewiesen. In diesem Falle wäre lediglich ein Übergangsgewinn- oder -verlust zum 1.01.1994 aus den Bilanzposten zu berechnen gewesen, der sich durch die Bilanzierung in 1994 nicht mehr verändert hätte.

Nach Auffassung des Beklagten ist die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG nachträglich gewählt worden, um durch einen Verlustrücktrag nach 1992 den erheblichen Gewinn des Jahres 1992 zu kompensieren. Die Klägerin hätte dem Beklagten durch rechtzeitige Einreichung der Eröffnungsbilanz zum 1.01.1994 den Wechsel der Gewinnermittlungsart anzeigen können. Hätte die Klägerin den Gewinn ab 1.01.1994 nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt, hätte sie spätestens nach Ablauf des 2. Quartals 1994 erkennen müssen, dass der Gewinn 1994 nicht so hoch sein werde wie in den Vorjahren; konsequenterweise hätten die Gesellschafter dann eine Anpassung der Vorauszahlungen beantragt. Dies sei jedoch bei beiden Gesellschaftern erst am 11.06.1996 geschehen, an demselben Tag, als die Klägerin dem Finanzamt die Gewinermittlung durch Betriebsvermögensvergleich vorgelegt habe.

Auf Anregung beider Beteiligter hat der Senat am 12.02.2001 beschlossen, Beweis durch Sachverständigengutachten und Augenscheinnahme in die Bücher der Klägerin darüber zu erheben, ob diese zu Beginn des Geschäftsjahres 1994 eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine ordnungsgemäße den Stand des Vermögens wiedergebende kaufmännische Buchführung eingerichtet hat und ob sonstige Indizien in der Buchführung der Klägerin dafür zu finden sind, dass diese ihr Wahlrecht, ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, spätestens zu Beginn des Wirtschaftsjahres 1994 ausgeübt hat.

Der geschäftsplanmäßig zuständige, dem Finanzgericht als Prüfer zugewiesene Steueramtsrat I hat im März 2003 seine gutachterliche Stellungnahme vorgelegt, auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird und die den Beteiligten bekannt gegeben worden ist. Der Sachverständige kommt im wesentlichen zum Ergebnis, dass die Eröffnungsbilanz jedenfalls nicht im Jahre 1994, wahrscheinlich erst im Frühjahr 1996 erstellt worden und dass eine den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in vollem Umfang entsprechende doppelte Buchhaltung i.S. des § 4 Abs. 1 EStG nicht eingerichtet worden sei. Die Geschäftsvorfälle seien nicht so dargestellt worden, dass zu jedem beliebigen Zeitpunkt auch in der Vergangenheit ohne größere Mühe ein Abschluss hätte erstellt werden können. Neben den Besonderheiten der Erfassung der Ausgangsrechnungen sowie der halbfertigen Arbeiten (die beide bereits zusätzliche Arbeiten erforderten) sei insbesondere die Behandlung der Eingangsrechnungen, die nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung entsprochen habe, für diese Bewertung ausschlaggebend. Die Einrichtung einer kostenstellenorientierten Verbuchung von Aufwendungen sei ausschließlich mit dem Ziel erfolgt, das Zahlenwerk zu einer ergebnisorientierten Entlohnung bereit zu stellen. Die Absicht zur gleichzeitigen Einrichtung einer doppelten Buchführung sei nicht dokumentiert worden. Die Merkmale der Buchhaltung, die die Klägerin als aus-schlaggebend für einen Wechsel hin zur Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG ansehe, seien als Folge der beabsichtigten betriebswirtschaftlichen Ausrichtung des Buchführungswerks zu verstehen. Auffällig sei, dass die Änderungen der Buchführung lediglich diejenigen Bereiche beträfen, die für die genannte kostenstellenorientierte Verbuchung erforderlich gewesen seien, andererseits aber weiterreichende Änderungen, z.B. zur Verbuchung von Forderungen und Verbindlichkeiten, unterblieben seien. Zur Erstellung eines Abschlusses nach § 4 Abs. 1 EStG wesentliche Positionen seien lediglich behelfsweise zu ermitteln.

Die Klägerin kommt in ihrer Gegenäußerung zu dem Schluss, dass das Gutachten weder die Auffassung des Beklagten noch die Auffassung der Klägerin in vollem Umfang bestätigt habe. Die Klägerin setzt sich mit verschiedenen einzelnen Aussagen des Gutachtens auseinander und stellt fest, dass dieses in geradezu klassischer Weise ein ?non liquet?-Ergebnis erzielt habe.

Zur Notwendigkeit der kreditorischen Erfassung von Geschäftsvorfällen führe das Gutachten auf Seite 8 aus, insbesondere die Erfassung der Eingangsrechnungen entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, da die Bezahlung i. d. R. nach ca. 2-4 Wochen erfolgt und damit eine kreditorische Verbuchung erforderlich gewesen sei, um einen schnellen Überblick über die Verbindlichkeiten erhalten zu können. Das Gutachten habe aber selbst zutreffend auf die gleichzeitige Erfassung der Eingangsrechnungen über die MS-Excel-Dateien hingewiesen. Über die in dem Programm MS-Excel enthaltenen Sortierfunktionen sei es jedoch zu jedem Zeitpunkt möglich gewesen, eine Selektion nach offenen Eingangsrechnungen durchzuführen. Die Summenziehung könne dann ebenfalls durch eine einfache Excel-Operation durchgeführt werden, so dass eine Übersicht über den Bestand der offenen Rechnungen innerhalb kürzester Zeit jederzeit abrufbar gewesen sei.

Zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung führe das Gutachten auf Seite 8 aus, ?dass die Ermittlung der teilfertigen Arbeiten, der Forderungen sowie der Verbindlichkeiten auch für die Klägerin mit einem gewissen, offenbar nicht unerheblichen Aufwand verbunden gewesen sein muss. Ansonsten wären die Auslassungen in der Eröffnungsbilanz auf den 1.01.1994 mit dem Hinweis auf die lediglich verlust-erhöhenden Auswirkungen der fehlenden Werte unterblieben.? - Hierzu sei anzumerken, dass die Abgrenzung von Übergangsverlust und laufendem Verlust keine Auswirkung auf die Besteuerung habe. Nur dann, wenn ein Übergangsgewinn entstehe, könnten durch die Möglichkeit der Verteilung des Übergangsgewinns nach Maßgabe des Abschn. 17 Abs. 1 Satz 4 EStR Unterschiede in der Besteuerung von laufendem Gewinn und Übergangsgewinn auftreten. Stehe fest, dass ein Übergangsverlust erzielt werde, so sei aus steuerlicher Sicht die Abgrenzung bedeutungslos.

Das Gutachten lasse im übrigen unerwähnt, dass in dem Bereich, der ?umsatzsteuerlich neutral? sei, eine kreditorische Verbuchung stattgefunden habe. Dies betreffe den Bereich der Lohnaufwendungen, die insgesamt im Zeitraum 1994 DM 1.677.703 (ohne Unternehmerlohn) betragen hätten. Die Lohnaufwendungen seien als ?Bruttoaufwendungen? gebucht worden, also unter Einschluss der erst später fällig werdenden Sozialversicherungsausgaben und der Lohnsteuer. Diese Art der Verbuchung sei typisch für den Betriebsvermögensvergleich.

Darüberhinaus vertritt die Klägerin die Auffassung, dass in dem Urteil des BFH vom 9.11.2000 (IV R 18/00, BStBl II 2001, 102) eine Änderung der Rechtsprechung angedeutet werde, die eine Neubewertung der Voraussetzungen für den Wechsel der Gewinnermittlungsart zur Folge haben müsse, jedenfalls ermöglichen könne. Lägen die buchmäßigen Voraussetzungen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich vor, so sei nach einer verbreiteten Meinung in der Literatur das Wahlrecht endgültig erst dann ausgeübt, wenn ein Abschluss erstellt oder nicht erstellt sei (Kirchhoff/Söhn/Weber-Grellet, EStG, § 4 Rn. D32; Hermann-Heuer-Bergkemper, EStG § 4 Rn. 552; Kanzler, FR 1998, 233, 245). Der BFH habe in seinem Urteil vom 9.11.2000 (IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, unter B.) angedeutet, dass er sich dieser Auffassung anschließen werde. Die Klägerin sei aufgrund der vor dem 1.01.1994 vorgenommenen Änderungen erstmals in der Lage gewesen, das Wahlrecht auszuüben. Sie habe auf die Erstellung eines Abschlusses verzichten und so positiv das Wahlrecht zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung ausüben können. Ein solcher Verzicht sei jedoch nicht festgestellt worden. Es sei im Gegenteil ein Abschluss erstellt worden. Nach bisheriger Auffassung der Rechtsprechung, die ja auch noch der Einspruchsentscheidung zugrunde gelegen habe, sei das Gewinnermittlungswahlrecht zu Beginn des Veranlagungszeitraums auszuüben. Die Kritik an dieser Rechtsprechung habe der BFH nunmehr aufgenommen und eine Änderung der Rechtsprechung angedeutet, deren Inhalt eine zeitliche Ausdehnung des Wahlrechts sei. In dem genannten Urteil vom 9.11.2000 lasse es der BFH ausdrücklich dahinstehen, ob er an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wolle. Kern der angedeuteten Rechtsprechungsänderung sei es, dass der BFH den Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussregelung auch noch zu einem späteren Zeitpunkt als zum Beginn des Veranlagungszeitraumes zulassen wolle. Das bedeute, dass die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts nicht am Anfang des Gewinnermittlungszeitraumes stattfinden müsse, sondern dass lediglich die Voraussetzungen für beide Gewinnermittlungen vorliegen müssten und dass die Entscheidung bis zum tatsächlichen Abschluss hinausgezögert werden könne. Eine Bindung an die im Vorjahr angewendete Gewinnermittlungsmethode bestehe grundsätzlich nicht, sondern allenfalls für eine gewisse Zeit nach einem bereits erfolgten Wechsel der Gewinnermittlungsmethode.

Hilfsweise trägt die Klägerin in ihrer abschließenden Stellungnahme vom 11.08.2003 erstmals vor, der angegriffene Bescheid sei auch in einem weiteren Punkt unrichtig, da der Verlust auf die Beteiligten Dipl.-Ing. Y und Dipl.-Ing. X zu je ½ aufgeteilt worden sei. Diese Aufteilung erfasse nicht den Unternehmerlohn, der zu 180.000,-- DM auf den Beteiligten Dipl.-Ing. X und zu 120.000,-- DM auf den Beteiligten Dipl.-Ing. Y entfalle. Ferner berücksichtige die Aufteilung noch nicht die Kapitalkontenverzinsung, die insgesamt einen Betrag von 160.300,-- DM ausmache und die Privatanteile, die laut Bilanz 19.435,20 DM betragen hätten. Der je zur Hälfte zu verteilende Verlust sei um die vorher abweichend zu verteilenden Gewinnanteile zu erhöhen, um die Gesamtgewinngleichheit herzustellen. Dieser Verlust betrage 933.003,-- DM. Dies führe zu einer Verteilung des nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Verlustes wie folgt:

Y X
Tätigkeitsvergütung 180.000 120.000
Kapitalkontenverzinsung 131.800 28.500
Privatanteile 11.553 7.882
Zwischensumme 323.353 156.382
Verteilung Rest (933.003) - 466.502 - 466.501
Summe - 143.149 - 310.119
Die hier genannten Positionen seien - so trägt die Klägerin in der heutigen mündlichen Verhandlung vor - auch in dem bisher mit dem Hauptantrag beantragten Verlustbetrag von 4.392.926,-- DM nicht enthalten, so dass dieser entsprechend zu ermäßigen sei.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Änderung des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung 1994 vom 11.12.1997 in Gestalt der Einspruchentscheidung vom 25.05.1999 einen Verlust von 3.924.333,-- DM und einen Übergangsverlust von 94.058,53 DM festzustellen,

hilfsweise,
den angefochtenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung 1994 vom 11.12.1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 25.05.1999 zu ändern und den Verlust von 453.268,-- DM abweichend in der Weise zu verteilen, dass auf den Gesellschafter Dipl.-Ing. X - 143.149,-- DM und auf den Gesellschafter Dipl.-Ing. Y - 310.119,-- DM entfallen,

wiederum hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,
die Klage insgesamt abzuweisen.

Das Finanzamt sieht sich durch das Sachverständigengutachten bestätigt. Es ist im übrigen der Auffassung, dass der Hilfsantrag wegen der hinsichtlich des Gewinnverteilungsschlüssels eingetretenen Bestandskraft unzulässig sei.

Der Sachverständige Regierungsamtsrat Heidtfeld hat in einer zusätzlichen Äußerung bestätigt, dass der im klägerseitigen Schriftsatz vom 11.08.2003 auf Seite 7 erwähnte Sachverhalt der Verbuchung der Lohnaufwendungen richtig dargestellt worden sei. In der Kontenklasse 3 seien sonstige Verbindlichkeiten, Lohn- und Gehaltsverbindlichkeiten sowie Umsatzsteuerverbindlichkeiten erfasst worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in der Hauptsache unbegründet. Der Hilfsantrag ist unzulässig.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Zutreffend ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass im Veranlagungszeitraum 1994 die Voraussetzungen für einen wirksamen Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG nicht erfüllt waren. Die Klägerin hat nicht zu Beginn des Jahres 1994 zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und somit ihr Wahlrecht, den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln, für diesen Zeitraum nicht wirksam ausgeübt.

Der freiberuflich tätigen Klägerin steht es grundsätzlich frei, den Gewinn aus ihrer Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG entweder nach § 4 Abs. 1 EStG durch Vermögensvergleich oder aber nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird dieses Wahlrecht durch die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung ausgeübt. Hat ein nicht Buchführungspflichtiger - wie die Klägerin - eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung eingerichtet, so hat er nach dieser Rechtsprechung schon hierdurch sein Wahlrecht i. S. einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ausgeübt (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 02.03.1978 IV R 45/73, BStBl II 1978, 431; vom 23.06.1983 IV R 185/81, BStBl II 1983, 723; vom 31.08.1994 X R 110/90, BFH/NV 1995, 390). In der Ausübung dieses Wahlrechts tritt allerdings eine Einschränkung insofern ein, als ein Steuerpflichtiger nicht ohne ausreichenden Grund willkürlich die Gewinnermittlungsart wechseln darf (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 09.11.2000 IV R 18/00, BStBl II 2001, 102 ff. m. w. Nw.). Ferner ist es ihm verwehrt, eine für ein Wirtschaftsjahr getroffene Wahl nachträglich wieder zu ändern (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 02.03.1978 IV R 45/73, BStBl II 1978, 431).

Hat sich ein Steuerpflichtiger - wie vorliegend - zunächst für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG entschieden, so kann fraglich sein, zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht spätestens auszuüben ist und ob und ggf. wie die Ausübung des Wahlrechts zu dokumentieren ist. Für die Ausübung des Wahlrechts ist dem Gesetz zwar keine Frist zu entnehmen, doch folgt der Zeitpunkt für die Ausübung nach höchst-richterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat kein Anlass sieht, aus der Natur der Sache. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger, der zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung einrichtet und auf Grund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht, hat sein Wahlrecht i. S. einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich ausgeübt. Hat der Steuerpflichtige dagegen keine Eröffnungsbilanz aufgestellt und keine den Stand des Vermögens bereits während des laufenden Wirtschaftsjahres darstellende Buchführung eingerichtet, sondern im Wesentlichen nur die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben aufgezeichnet, so hat er auf Grund der von ihm gewählten Gestaltung sein Wahlrecht i. S. einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 ausgeübt. Sein späteres Verlangen, der Besteuerung einen nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn zugrunde zu legen, wäre eine - unzulässige - nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart. Folgerichtig hat die Rechtsprechung einen Übergang zur Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 1 EStG aus steuerlicher Sicht nur dann für zulässig gehalten, wenn der Wechsel zu Beginn des Wirtschaftsjahres erfolgt ist (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 09.02.1999 VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195; vom 31.08.1994 X R 110/90, BFH/NV 1995, 390; vom 12.10.1994 X R 192/93, BFH/NV 1995, 587; vom 13.12.1990 IV 87/88, BFH/NV 1992, 12; vom 01.10.1996 VIII R 40/94, BFH/NV 1997, 403; vom 29.08.1985 IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158; BFH-Beschluss vom 23.08.1995 IV B 78/94, BFH/NV 1996, 119). Dies setzt neben einer zeitnah zu Beginn des Wirtschaftsjahres erstellten Eröffnungsbilanz nach bisheriger Auffassung auch voraus, dass schon im laufenden Jahr entsprechende Bestandskonten eingerichtet sind. Letzteres soll dem Ziele des jederzeitig möglichen Ausweises der Vermögenswerte dienen. Konsequenterweise hat die Rechtsprechung daran - insbesondere um Gewinnmanipulationen vorzubeugen - die Forderung geknüpft, dass der Übergang gerade durch die Einrichtung von Bestandskonten und die zeitnahe Erstellung einer Eröffnungsbilanz eindeutig dokumentiert wird. Dies Erfordernis findet auch darin seine Begründung, dass bei einem Übergang von der Gewinnermittlung nach

§ 4 Abs. 3 EStG zu der nach § 4 Abs. 1 EStG im ersten Wirtschaftsjahr mit Bestandsvergleich durch entsprechende Zu- und Abschläge der Gewinn so zu korrigieren ist, dass der Steuerpflichtige im Gesamtergebnis Gewinne erzielt, wie er sie erzielt hätte, wenn er auch in der Zeit der Überschuss-Rechnung seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt hätte (vgl. BFH-Beschluss vom 23.08.1995 IV B 78/94, BFH/NV 1996, 119).

Der erkennende Senat folgt diesen Grundsätzen. In Übereinstimmung mit der oben zitierten BFH-Rechtsprechung und der weiteren BFH-Entscheidung im Urteil vom 29.08.1985 IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158, sieht er in der rechtzeitigen Erstellung einer Eröffnungsbilanz eine unabdingbare Voraussetzung für den von der Klägerin begehrten Wechsel der Gewinnermittlung. Danach ist es nicht ausreichend, wenn eine Eröffnungsbilanz - wie vorliegend - erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres erstellt und vorgelegt wird.
Dabei lässt der Senat die Frage offen, ob die Buchführung und die von der Klägerin geführten Aufzeichnungen während des laufenden Geschäftsjahres neben einer zeitnah und rechtzeitig erstellten Eröffnungsbilanz nicht für den Wechsel der Gewinnermittlungsart hätten genügen können. Denn die von der Klägerin im Rahmen des Rechnungswesens eingesetzte EDV ermöglichte es nach Ansicht des Senats, ohne allzu großen Aufwand jederzeit die Vermögenswerte auszuweisen. Zwar hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige festgestellt, dass die von der Klägerin geführten Bücher nicht in jeder Hinsicht und vollständig den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung genügten. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bedenken, dass ganz generell für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Buchführung nicht erforderlich ist, es sogar bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG - gegebenenfalls im Schätzungswege - verbleibt, wenn die Bücher grob mangelhaft oder gar nicht mehr geführt werden.

Dieser Beurteilung des Senats stehen die Erwägungen des BFH-Urteils vom 09.11.2000 (IV R 18/00, BStBl II 2001, 102 ff.) nicht entgegen. Zum einen handelte es sich bei dem diesem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt um einen Fall, in dem ein Steuerpflichtiger, der bisher seinen Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt hatte, zur Einnahmen-Überschussrechnung übergehen wollte. Der BFH hat in dieser Entscheidung die Frage offen gelassen, ob nicht die Wahl zugunsten einer Einnahmen-Überschussrechnung auch noch nach Ablauf des Wirtschaftsjahres - trotz Erstellung einer Eröffnungsbilanz und laufender Buchführung - getroffen werden könne, indem der Steuerpflichtige auf den (freiwilligen) Abschluss der Buchführung verzichte. Dieser Fall ist nicht ohne weiteres mit dem vorliegenden vergleichbar. Der BFH hat jedoch in einer Bemerkung unter Punkt 2. c) der Entscheidungsgründe angedeutet, dass er - in Anbetracht der durch die Verwendung der EDV bewirkten Angleichung der laufenden Buchführung bei beiden Gewinnermittlungsarten - die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts zwischen den beiden Gewinnermittlungsarten für überdenkenswert hält. Im Hinblick darauf hat der Senat die Revision zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist unzulässig.

Der einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheid enthält verschiedene Feststellungen und Verfahrensgegenstände, die lediglich in einem Bescheid zusammen-gefasst werden. Werden diese zusammengefassten Feststellungen nur teilweise angefochten, so tritt hinsichtlich der übrigen Feststellungen ?Teilbestandskraft? ein. Dementsprechend vertritt die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung die Auffassung, dass - wenn nicht der Bescheid ausdrücklich zur Gänze angefochten werde, die nicht angefochtenen Besteuerungsgrundlagen, soweit sie eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig seien, in Bestandskraft erwachsen und nach Ablauf der Rechtsbehelfs- bzw. Klagefrist nicht mehr anfechtbar sind. So wird in einem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung, nicht nur über die Höhe des laufenden Gewinns entschieden, sondern auch über das Bestehen einer Mitunternehmerschaft überhaupt, über die Mitunternehmereigenschaft des einen oder anderen Beteiligten, über einen etwaigen Veräußerungsgewinn nach Grund und Höhe sowie auch über die Zurechnung des Gewinns auf die verschiedenen Mitunternehmer.

Sowohl das Einspruchsbegehren als auch das Klagebegehren erstreckte sich vorliegend nur auf die Höhe des Gewinns bzw. Verlustes, nicht etwa auch auf die Frage der Verteilung des Ergebnisses auf die Gesellschafter Dipl.-Ing. X und Dipl.-Ing. Y. Hinsichtlich der Frage der Verteilung auf die Gesellschafter war deshalb Bestandskraft eingetreten. Die hilfsweise Erstreckung der Klage auf die Gewinnverteilung im Schriftsatz vom 11.08.2003 war somit unzulässig. Unter diesen Umständen war der Senat nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 09.05.1979 I R 100/77, BStBl II 1979, 632, und vom 11.11.1998 XI B 134/97, BFH/NV 1999, 590) nicht verpflichtet, den Mitgesellschafter Dipl.-Ing. X beizuladen (§ 60 Abs. 3 i. V. m. § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO).

Der Klägerin konnte insoweit auch nicht durch eine Auslegung ihres Klageantrags geholfen werden. Angesichts der ziffernmäßigen Festlegung der Klägerin in diesem Antrag war kein Raum mehr für eine Auslegung. Abgesehen davon bestand über die Frage der Zurechnung des Gewinns schon im aussergerichtlichen Verfahren kein Streit, so dass insoweit bereits vorher Bestandkraft eingetreten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 4 Abs. 1 EStG, § 4 Abs. 3 EStG

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