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29.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121993

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 25.01.2012 – 2 W 57/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Beschluss

In dem Vereinsregisterverfahren

hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig am 25. Januar 2012 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 8. April 2011 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Registergericht – Kiel vom 8. März 2011 geändert:

Das Registergericht wird angewiesen, den Betroffenen auf die Anmeldung der Vorstandsmitglieder K. und B. vom 30. November 2010 im Vereinsregister einzutragen.

Gründe

I.

Der Betroffene begehrt die Eintragung des betroffenen Vereins im Vereinsregister.

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 30. November 2010 – URNr. 521/2010 des Notars G. in N. – haben die Vorstandsmitglieder Heinrich K. und Volker B. beim Registergericht die Gründung des Betroffenen zur Eintragung angemeldet. Mitglieder des Vorstands seien Heinrich K. als Vorsitzender und Volker B. als stellvertretender Vorsitzender. Der Anmeldung waren beigefügt Abschriften des Protokolls der Gründungsversammlung vom 18. Oktober 2010, unterzeichnet von den vorgenannten Vorstandsmitgliedern und dem die Anmeldung beglaubigenden Notar, und der Satzung vom selben Tag, die von allen 8 erschienenen Gründungsmitgliedern unterzeichnet worden ist.

§ 9 der Satzung lautet:

„Einberufung von Mitgliederversammlungen“

Mitgliederversammlungen werden vom Vorsitzenden, bei dessen Verhinderung vom Stellvertretenden Vorsitzenden in Textform einberufen. Dabei ist die vom Vorstand festgelegte Tagesordnung mitzuteilen. Die Einberufungsfrist beträgt zwei Wochen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Aufgabe der Einladung bei der Post unter der letzten dem Verein bekannten Mitgliederadresse.“

Die Worte „in Textform“ sind handschriftlich anstelle der im Satzungsentwurf ursprünglich maschinenschriftlich vorgesehenen und gestrichenen Worte „durch einfachen Brief“ eingefügt worden.

Mit Zwischenverfügung vom 7. Dezember 2010 hat das Registergericht mitgeteilt, dass eine Eintragung aufgrund der Anmeldung nicht möglich sei, weil § 9 der Satzung zu beanstanden sei. Durch die handschriftliche Einfügung sei die Satzung widersprüchlich geworden, weil die „Textform“ keine Übersendung der Einladung per Post verlange, wie sie im letzten Satz des § 9 vorgesehen sei. Unabhängig davon sei eine Einladung in Textform ohne Angabe der gewählten Form unzulässig. § 58 Nr. 4 BGB verlange eine hinreichend bestimmte Regelung über die Form der Berufung. Die Textform würde die Einladung z.B. per maschinell erstellten Brief, E-Mail, Fax, Telegramm oder SMS-Nachricht erlauben. Die Wahl dieser mehreren nebeneinander bestehenden Berufungsmöglichkeiten gebe dem Mitglied keine Sicherheit mehr, auf welchem Wege es mit der Einladung zu rechnen habe. Sollte an der Formulierung „Textform“ festgehalten werden, so müsse zumindest angegeben werden, in welcher Textform die Einladung erfolge, z.B. „in Textform (E-Mail)“. Zur Erledigung der Einreichung einer geänderten Satzung aufgrund eines Mitgliederbeschlusses aller Gründungsmitglieder hat das Registergericht eine Frist von 2 Monaten gesetzt.

Gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass die Textform keine der überkommenen Formzwecke (Warn-, Beweis-, Identitätsfunktion) erfülle, weil insbesondere weder eine eigenhändige schriftliche Unterschrift noch eine qualifizierte elektronische Signatur die Identität des Aussteller nachweise. Ob und welche Schwierigkeiten sich daraus für den Beweis eines gültigen Beschlusses der Mitgliederversammlung ergäben, möge selbst beurteilt werden.

Ob die Angaben in der Satzung, insbesondere in § 2 den Anforderungen zur Erlangung der Gemeinnützigkeit genügten, könne seitens des Registergerichts nicht beurteilt werden. Es werde anheimgestellt, vor Änderung der Satzung das zuständige Finanzamt dazu anzuhören.

Diese dem beglaubigenden Notar am 7. Dezember 2010 zugestellte Zwischenverfügung ist reaktionslos geblieben, auch nachdem das Registergericht mit Verfügung vom 15. Februar 2011 darauf nochmals hingewiesen und angekündigt hat, dass es nach Ablauf von 2 Wochen die Anmeldung zurückweisen werde.

Mit Beschluss vom 8. März 2011 hat das Registergericht die Anmeldung aus den Gründen des in seiner Zwischenverfügung genannten Satzungsmangels unter Hinweis auf §§ 58 Nr. 4, 60 BGB zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 9. März 2011 zugestellten Beschluss hat der Notar mit Fax vom 8. April 2011 Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, die Eintragung vorzunehmen. § 126b BGB regele mit der Textform einen neuen Formtyp, der lesbaren, aber unterschriftslosen Erklärung. Das Gesetz gehe selbst von der Zulässigkeit der Textform aus. Deshalb müsse auch die schriftliche Korrespondenz des Vereins mit den einzelnen Mitgliedern in Textform zulässig und möglich sein. Zwar erfülle die Textform nicht den „wahren Beweis“ und die Identitätsfunktion. Gleichwohl müsse es einem Verein gestattet sein, die Einladungen gemäß § 9 der Satzung jeweils in Textform zu ermöglichen. Wenn die Einladung per Post erfolge, dann genüge zur Fristwahrung die rechtzeitige Aufgabe der Einladung bei der Post unter der letzten dem Verein bekannten Mitgliederadresse. Der erste und letzte Satz des § 9 widersprächen einander nicht.

Das Registergericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. April 2011 nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1.
Die von dem beglaubigenden Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 378 Abs. 2 FamFG eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 58, 374 Nr. 4 FamFG zulässig, insbesondere gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG frist- und formgerecht eingelegt. Der Betroffene als Beschwerdeführer hat zwar mangels Eintragung Rechtsfähigkeit noch nicht erlangt. Als Vorverein kann er jedoch gegen die Nichteintragung Rechtsmittel einlegen (Senat SchlHA 2011, 25 m.w.N.).

2.
Das vom Registergericht angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

Gemäß § 58 Nr. 4 BGB soll die Satzung u. a. Bestimmungen enthalten über die Form der Berufung der Mitgliederversammlung. Im Gegensatz zum Recht der Aktiengesellschaft, der GmbH und der Genossenschaft enthält das Vereinsrecht keine Vorschrift, in welcher Form die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Die in Betracht kommenden Formen der „Berufung“, d. h. der Einladung zur Mitgliederversammlung, kann die Vereinssatzung grundsätzlich frei wählen, solange sichergestellt ist, dass jedes teilnahmeberechtigte Vereinsmitglied Kenntnis von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung erlangen kann (OLG Hamm NJW-RR 2011, 395; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 171; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrecht, Rn. 1356). Die Satzung kann daher etwa anordnen, dass schriftlich, mündlich, fernmündlich, mittels Fernkopie (Telefax), durch eingeschriebenen Brief, Boten, Anzeigen in einer bestimmten, namentlich zu bezeichnenden Zeitung oder Anschlag im Vereinslokal eingeladen wird (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl., Rn. 442). Nicht erforderlich ist, dass alle Mitglieder tatsächlich Kenntnis bekommen, so dass grundsätzlich auch solche Einladungsformen zulässig sind, die den Mitgliedern ohne Erschwernisse, insbesondere ohne unzumutbare Erkundigungen, die Möglichkeit der Kenntniserlangung von einer bevorstehenden Mitgliederversammlung verschaffen (OLG Hamm a.a.O.; OLG Zweibrücken Rpfleger 1985, 31 m.w.N.; Sauter/Schweyer/Waldner, a.a.O.; Reichert, a.a.O.).

Die Satzung darf die Bestimmung der Form nicht dem Vorstand überlassen (OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 995; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 58 Rn. 4; Staudinger /Habermann, BGB, Neubearb. 2005, § 58 Rn. 7) und die Form der Berufung muss hinreichend bestimmt sein (OLG Hamm NJW-RR 2011, 395; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 58 Rn. 4; Staudinger/Habermann, a.a.O.). Letzteres wird etwa verneint bei einer Satzung, die vorsieht, die Einberufung könne „grundsätzlich durch Schaukasten oder durch Presseveröffentlichung“ erfolgen, weil die Formulierungen „grundsätzlich‘“ und „Presseveröffentlichung“ unklar seien, da sich nicht erschließe, ob dies nur der Regelfall sei und ausnahmsweise auch eine andere Form genügen könne, und keine sachliche Beschränkung auf bestimmte Presseerzeugnisse enthalten sei, so dass sich dem einzelnen Mitglied weder Art (Zeitung, Rundfunk) noch Ort (welche Tageszeitung) der Veröffentlichung hinreichend sicher und für die Zukunft vorhersehbar bestimmt erschließe (OLG Hamm NJW-RR 2011, 395; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 58 Rn. 4 und § 32 Rn. 3; Sauter/Schweyer/Waldner, a.a.O.). Auch die Formulierung durch „ortsübliche Bekanntmachung“ reicht nicht aus (OLG Zweibrücken MDR 1985, 230; Reuter, MüKo, BGB, 6. Aufl., § 58 Rn. 5;

Demgegenüber genügen dem Bestimmtheitserfordernis Einladungsformen, die zu einer unmittelbaren Benachrichtigung der Mitglieder führen (Sauter/Schweyer/Waldner, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben genügt § 9 der vorgelegten Satzung den Anforderungen des § 58 Nr. 4 BGB. Was unter Textform zu verstehen ist, ist in § 126b BGB geregelt. Danach muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben sein, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Geeignete Schriftträger sind neben Urkunden also auch elektronische Speichermedien, sofern nur die gespeicherten Daten in Schriftzeichen lesbar sind und der Schriftträger geeignet ist, die Daten dauerhaft festzuhalten (Einsele, MüKo, 6. Aufl., § 126b Rn. 4). In Betracht kommt deshalb auch die elektronische Erstellung und Übermittlung, z.B. per Computerfax, E-Mail oder SMS (Bamberger/Roth/Wendtland, Beck’scher OnlineKommentar, BGB, Stand 201, § 126b Rn. 5). Auch die Verkörperung auf Diskette oder CD-Rom genügt (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 126b Rn. 3; Einsele, MüKo, a.a.O.).
Auch wenn die Textform danach eine Vielzahl von Verlautbarungsmöglichkeiten ermöglicht, ist eine Satzung, die die Einberufung der Mitgliederversammlung in dieser Form vorsieht, angesichts der gesetzlichen Definition in § 126b BGB hinreichend bestimmt. Allerdings regelt § 126b BGB ebenso wie die Bestimmungen der §§ 126, 126a BGB zur Schriftform oder elektronischen Form mit qualifizierter elektronischer Signatur unmittelbar nur den Fall, dass die Textform gesetzlich vorgeschrieben ist, was in Bezug auf die Einberufung der Mitgliederversammlung eines Vereins nicht der Fall ist. Gemäß § 127 Abs. 1 BGB gelten die Vorschriften der §§ 126, 126a oder des § 126b BGB indes im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form. § 127 BGB ist jedenfalls auch für die in Vereinssatzungen für vorgesehene Willenserklärungen vorgeschriebene Form anwendbar (BGH NJW-RR 1996, 866 für eine in der Vereinssatzung vorgesehene Form einer Austrittserklärung). Für die hier maßgebliche Frage der Form der Einberufung einer Mitgliederversammlung muss deshalb die Definition in § 126b BGB herangezogen werden können, auch wenn § 127 BGB direkt lediglich für materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte gelten dürfte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. November 2009 – 20 W 326/09 – juris).
Der Senat schließt sich deshalb der vom OLG Frankfurt und in der Literatur (vgl. dazu Sauter/Schweyer/Waldner, a.a.O., Rn. 171) vertretenen Rechtsansicht an, dass die Satzung die modernen Kommunikationsmittel nutzbar machen und für die Einladung „Textform“ ausreichen lassen kann. Dann können diejenigen Mitglieder, die über entsprechende technische Einrichtungen verfügen, z. B. auch per Telefax oder E-Mail eingeladen werden.
§ 9 der Satzung ist nicht in sich widersprüchlich, weil in Satz 1 „Textform“ vorgesehen und in Satz 3 bestimmt ist, dass zur Wahrung der Einberufungsfrist die rechtzeitige Aufgabe der Einladung bei der Post unter der letzten dem Verein bekannten Mitgliederadresse genügt. Die Textform erlaubt u.a. auch die Einberufung durch Übersenden einer schriftlichen Einladung auf dem Postweg. Nur für den Fall, dass diese Verlautbarungsform gewählt wird, findet Satz 3 Anwendung.
Bedenken gegen diese Abweichung von dem Grundsatz, dass die Bekanntmachung der Einberufung zur Mitgliederversammlung wirksam ist, wenn die Mitteilung dem Mitglied zugegangen ist, bestehen nicht (vgl. zur Zulässigkeit dieser Bestimmung nur Stöber, a.a.O. Rn. 447). Dass die schriftliche Berufung an alle Vereinsmitglieder ergeht, hat der Verein durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Doch kann trotz Anwendung aller Sorgfalt die Einladung eines jedes Mitglieds nicht stets zuverlässig gewährleistet werden, wie z.B. dann, wenn eine Wohnsitzänderung nicht bekanntgegeben worden ist oder die Sendung auf dem Übermittlungsweg ohne Verschulden des Vereins verloren gegangen ist. Solche vereinzelten Sonderfälle können nicht als Einberufungsmangel gelten (Stöber, a.a.O.), was § 9 Satz 3 klarstellt.
Da das Registergericht zu Recht weitere Beanstandungen im angefochtenen Beschluss und der in Bezug genommenen vorausgegangenen Zwischenverfügung nicht erhoben hat, steht der Eintragung in das Vereinsregister nichts mehr im Wege.

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