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30.03.2012 · IWW-Abrufnummer 120982

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 05.10.2011 – L 12 KA 56/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 12 KA 56/08

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. März 2008 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2005 abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Disziplinarbescheids.

Der Kläger ist Hautarzt und als Vertragsarzt in A-Stadt zugelassen. Er war in Gemeinschaftspraxis mit Dr. N. tätig, ab Januar 2002 auch in Gemeinschaftspraxis mit Dr. M. Mit Bescheid vom 20.11.2000 verhängte die Beklagte ein Ruhen der Zulassung für die Dauer von 2 Jahren. Die hiergegen erhobene Klage führte zu einem Teilerfolg und zu einer vergleichsweisen Erledigung. Das Ruhen der Zulassung wurde auf 3 Monate reduziert, beginnend ab 1.7.2004.

Die Beklagte leitete mit Schreiben vom 12.6.2003 eine Plausibilitätskontrolle nach § 83 Abs. 2 SGB V für die Quartale 3 und 4/2001 sowie 1 bis 4/2002 ein. Die Prüfung erfolgte hinsichtlich der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 3884, 4658 und 4653 des Abschnitts O des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM).

Durch Bescheide vom 13.8.2004 für die Quartale 3 und 4/2001 sowie 1 bis 4/2002 erfolgten sachlich-rechnerische Richtigstellungen hinsichtlich der GOP 4653 EBM (Fungiqual-A-Test) sowie der Abrechnung der Nummer 4658 EBM.

Mit Schreiben vom 20.10.2004 beantragte die Beklagte, Bezirksstelle Schwaben, durch den Vorsitzenden Dr. H. die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Der Fungiqual A-Test entspreche nicht der Leistungslegende der GOP 4653 EBM, sondern der niedriger bewerteten GOP 3937 EBM, da die Färbung mit Fungiqual A keine Immunofloureszenz nach GOP 4653 EBM sei. Es finde keine Antigen-Antikörper-Reaktion statt. Ferner habe der Kläger die GOP 3884 EBM, mit der die Untersuchung von Haut- und Schleimhautabstrichen korrekterweise abzurechnen wäre, im Prüfzeitraum in keinem Fall abgerechnet und stattdessen die höher bewertete EBM-Nummer 4658 angesetzt. Insoweit habe er eingeräumt, dass in ca. 5 % der Fälle, in denen die GOP 4658 EBM abgerechnet wurde, nicht Hautpartikel, Hautbestandteile oder Nagelmaterial untersucht worden seien, sondern Schleimhautabstriche. Der Kläger habe als Mitglied der Gemeinschaftspraxis nicht entsprechend den Vorgaben der Gebührenordnung abgerechnet bzw. Leistungen abgerechnet, die aufgrund fehlenden Materialbezugs nicht oder nicht nach den Vorgaben der Gebührenordnung erbracht worden sein konnten. Der Kläger habe dadurch gegen die vertragsärztliche Pflicht der peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Dieser Verstoß sei schuldhaft, da die festgestellten Fehler bereits im Rahmen einer früheren Plausibilitätsprüfung der im Jahre 1998 abgerechneten O III-Leistungen festgestellt worden seien.

Mit Bescheid vom 10.2.2006 verhängte die Beklagte gegen den Kläger eine Geldbuße in Höhe von 10.000 EUR wegen Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten. Zur Überzeugung des Ausschusses habe der Kläger gegen seine Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Bei der Anwendung des Fungiqual-A-Testes habe er die GOP 4653 angesetzt. Dieses Testverfahren sei eine einfache und preisgünstige Färbemethode zur Diagnose von Pilzerkrankungen, nicht jedoch eine immunologische Färbemethode. Es handele sich gerade nicht um eine Antigen-Antikörper-Reaktion. Ferner habe der Kläger nicht den erforderlichen Materialbezug für die Erbringung der Leistung nach GOP 4653 nachweisen können; er habe aus 10 ml Fungiqual A bis zu 40 Tropfen gewonnen, die jeweils für eine Untersuchung verwendet wurden. Diese Anzahl von 400 Tests entspreche jedoch nicht den Vorgaben des Herstellers, nach denen eine Einheit von 10 ml nur für 20 Tests ausreiche. Im übrigen habe der Kläger gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen, indem er beim Ansatz der GOP 4658 in 5-10 % aller Fälle lediglich Haut- oder Schleimhautabstriche untersucht habe, die nach der Leistungslegende ausgeschlossen seien. Insoweit sei lediglich die Nummer 3884 abrechenbar. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dieser Fehler sei auf das Praxispersonal zurückzuführen, liege ein Verstoß gegen die ausreichende Überwachung und Kontrolle des Personals vor. Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt. Als Vertragsarzt müsse er die einschlägigen Bestimmungen und Vorschriften kennen. Mit Landesrundschreiben 3/02 seien die Vertragsärzte darauf hingewiesen worden, dass die Abrechnungsvorschriften für laboratoriumsmedizinische Untersuchungen strikt einzuhalten seien und dass eine Teilung der Testreagenzien nicht akzeptiert werden könne. Im Übrigen habe der Kläger bereits im Rahmen der Laborprüfung 1998 die gleichen Fehler begangen. Die Leistungslegende der GOP 4658 enthalte explizit den Hinweis, dass mykologische Untersuchungen von Haut- und Schleimhautabstrichen nicht nach dieser Nummer berechnungsfähig seien. Der Kläger habe gegen einen elementaren Grundsatz des Vertragsarztrechts, die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, verstoßen. Gegen die Einsichtsfähigkeit des Klägers spreche die Tatsache, dass es sich bereits um das zweite Disziplinarverfahren handle. Zu Gunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er die Falschabrechnung der GOP 4658 in einem gewissen Prozentsatz der Fälle eingestanden und im Schreiben vom 15.12.2003 versichert habe, er werde zukünftig die erforderlichen Vorkehrungen treffen, damit bezüglich dieser Nummer eine Falschabrechnung ausgeschlossen werden könne. Eine Verwarnung, ein Verweis oder eine Geldbuße im unteren bis mittleren Bereich sei nicht mehr ausreichend. Eine Geldbuße von 10.000 EUR erscheine gerade noch als ausreichend, um den Kläger in Zukunft zur Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.

Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) ein. Der Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens sei verfristet und somit unzulässig. Seit Bekanntwerden der Verfehlung seien mehr als 2 Jahre und seit der Verfehlung mehr als 5 Jahre vergangen. Hinsichtlich der Vorwürfe bezüglich der Abrechnung der Fungiqual-A-Tests vor dem 20. Oktober 2002 sei eine Verjährung eingetreten. Im übrigen verstoße der streitgegenständliche Bescheid gegen den Antragsgrundsatz. Im Antrag auf Einleitung des Disziplinarverfahrens sei nicht erwähnt, dass der erforderliche Materialbezug nicht habe nachgewiesen werden können. Die Abrechnung des Fungiqual-A-Tests nach der Nummer 4653 EBM sei kein Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, da der Hersteller Anfang der neunziger Jahre vorgeschlagen habe, den Test über die GOP 4653 abzurechnen. Außerdem sei von der Beklagten anfänglich nicht beanstandet worden, dass der Test über die Nummer 4653 abgerechnet wurde. Erst 1998 habe die Beklagte ihre Ansicht geändert. Der Kläger habe der Beklagten daraufhin immer wieder mitgeteilt, dass er eine andere Rechtsauffassung vertrete. Er habe dem offenen Meinungsstreit dadurch Rechnung getragen, dass er hierauf in Begleitschreiben zur Quartalsabrechnung hingewiesen habe. Der Vorwurf des nicht ausreichenden Materialbezugs lasse sich nicht aufrechterhalten. Es könnten lege artis 400 Tests mit einem Milliliter Fungiqual A durchgeführt werden. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit lasse sich ebenfalls nicht aufrechterhalten. Auch sei die Ermessensausübung bezüglich der Höhe der Sanktion fehlerhaft.

Mit Urteil vom 11.3.2008 hob das Sozialgericht den streitgegenständlichen Bescheid vom 10.2.2006 auf. Bezüglich des Vorwurfs der Abrechnung trotz fehlenden Materialbezugs sei ein Nachweis mit dem erforderlichen Grad der Sicherheit nicht gegeben. Die Möglichkeit, aus einer Einheit Fungiqual A bis zu 400 Tests durchzuführen, erscheine zwar relativ unwahrscheinlich, sei jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Im Rahmen eines einfachen Tests sei es möglicherweise ohne Qualitätsverlust denkbar, dass aus wenig Körpermaterial mithilfe eines kleineren als vom Hersteller angegebenen Tropfens von einem erfahrenen Arzt oder einer anderen erfahrenen Fachkraft die gleichen Testergebnisse erzielt werden könnten wie bei einer den Herstellerangaben entsprechenden Tropfengröße.

Da nur zwei Verstöße nachgewiesen wurden, der Disziplinarausschuss aber im Rahmen seiner Ermessenserwägungen den dritten Verstoß, der nach Auffassung der Kammer nicht zum Tragen kommen könne, in die Höhe der Geldbuße mit einbezogen habe, sei im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Ermittlung der Höhe der Geldbuße nicht mehr stimmig. Damit sei die Höhe der Geldbuße nunmehr ermessensfehlerhaft.

Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung ein. Nach Kapitel O des im Prüf-zeitraum geltenden EBM, Nummer 1 Satz 3 der Allgemeinen Bestimmungen zu Laboratoriumsuntersuchungen seien alle Maßnahmen zur Qualitätssicherung Bestandteil der einzelnen Untersuchungen und damit Abrechnungsvoraussetzung. Eine solche Maßnahme zur Qualitätssicherung sei die Beachtung der Herstellerangaben. Die Anwendung eines in-vitro-Diagnostikum wie der Fungiqual A-Reagenz unterliege dem Medizinproduktegesetz (MPG), wie sich aus § 3 Ziff. 4 Satz 1 MPG ergebe. Nach § 14 Satz 1 MPG und § 2 Abs. 1 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung dürften Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und nach den Vorschriften dieser Verordnung angewendet werden. Dabei habe der Anwender die Gebrauchsanweisung sowie die sonstigen beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen zu beachten. Die Durchführung von 350 bis 400 Tests mit 10 ml Testreagenz verletzte die Herstellerangaben, zumal hier eine erhebliche Abweichung von bis zu 50 % im Raum stehe. Diese Herstellerangaben seien notwendig einzuhaltende Qualitätsstandards, die zur Erreichung zuverlässiger Ergebnisse nicht unterschritten werden dürften.

Im Übrigen hätte das Sozialgericht bei einer Aufhebung des Bescheides wegen unzureichender Ermessenserwägungen die Beklagte zu einer neuen Entscheidung über den Disziplinarantrag verurteilen müssen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.3.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Urteil vom 11.3.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, über den Disziplinarantrag vom 20.10.2004 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt insbesondere vor, es handle sich bei der Dosierung von Fungiqual A lediglich um eine Herstellerempfehlung, deren Nichtbeachtung keinen Verstoß gegen § 2 Abs. 5 Satz 1 Medizinprodukte-Betreiberverordnung darstelle. Die Ziffer 1 Satz 3 der allgemeinen Bestimmungen zu Laboratoriumsuntersuchungen sei auf den vorliegenden Fall ebenfalls nicht anrechenbar, da es sich nicht um eine quantitative Laborleistung handle.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte und die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts München war aufzuheben, da die Ermessenserwägungen der Beklagten den angefochtenen Disziplinarbescheid tragen, so dass im Ergebnis keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Disziplinarbescheids bestehen.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers verstößt der Disziplinarbescheid vom 10.2.2006 nicht gegen § 18 Abs. 3 der Satzung der Beklagten, da die Zweijahresfrist erst ab dem Bekanntwerden der Verfehlung zu laufen beginnt. Dabei ist auf das Datum des Plausibilitätsprüfungsbescheides vom 13.8.2004 abzustellen, wie der Senat bereits im Urteil vom 25.11.2009 (L 12 KA 57/08) entschieden hat. Insoweit wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen. Bezüglich der Abrechnung der GOP 4653 ist die Frist jedenfalls bezüglich des Quartals 4/2002 nicht abgelaufen, obwohl der Kläger der Abrechnung jeweils ein Schreiben beilegte, mit dem er auf den Ansatz der GOP im Zu-sammenhang mit dem Fungiqual A.-Test hinwies. Die Frist begann erst mit der Einreichung der Abrechnung für das Quartal 4/2002 im Januar 2003 zugelaufen (vergleiche das Urteil des Senats vom 25.11.2009).

Einen Verstoß gegen den Antragsgrundsatz sieht der Senat im Gegensatz zum Klägerbevollmächtigten nicht. Im Antragschreiben vom 20.10.2004 wird der Ansatz der GOP 4653 beanstandet, "so weit kein zur ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung erforderlicher Materialbezug nachgewiesen wurde". Dementsprechend wurde im Disziplinarbescheid angenommen, dass der Kläger dadurch gegen seine Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen habe, dass er nicht für alle nach der GOP 4653 abgerechneten Leistungen einen entsprechenden Materialbezug nachweisen konnte. Ein Ver-stoß gegen den Antragsgrundsatz ist insoweit nicht nachvollziehbar.

Zur Überzeugung des Senates steht auch fest, dass der Kläger gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hat.

Den Abrechnungsverstoß gegen die GOP 4658 hat der Kläger zumindest teilweise eingeräumt. Der Ausschuss ist davon ausgegangen, dass 10 % der Ansätze falsch seien. Dies hält der Senat aufgrund der vorliegenden Unterlagen für nachgewiesen.

Bezüglich des Ansatzes der GOP 4653 bei der Durchführung eines Fungiqualtests hat der Kläger ebenfalls gegen seine Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen.

Der Fungiqualtest erfüllt die Leistungslegende der GOP 4653 nicht. Danach ist der Nachweis von Pilz-Antigenen aus einem Körpermaterial mittels Immunfluoreszenz und/oder Immunoassay erforderlich. Der Kläger führte jedoch lediglich einen Fungiqualtest durch, der eine chemische Reaktion des Fluorochroms in der Zellwand der Pilze darstellt und zu einer Färbung führt. Der Senat verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen im Richtigstellungsbescheid vom 13.8.2004. Die Einwände des Klägers überzeugen nicht. Soweit der Kläger darlegt, dass die Industrie die Abrechnung nach der GOP 4653 empfohlen habe, genügt ein Hinweis, dass die Abrechnung von Leistungen nicht zur Disposition der Herstellerfirmen steht. Es steht fest, dass der Kläger die Färbungstests objektiv pflichtwidrig nach GOP 4653 und damit überhöht abgerechnet hat. Diese Tests erfüllen lediglich die Leistungslegende der geringer bewerteten GOP 3937.

Weiter hat der Kläger in 622 Fällen nicht den für die ordnungsgemäße Durchführung erforderlichen Materialbezug nachweisen können. Dies lässt zwar noch keinen sicheren Schluss zu, dass die Leistungen nicht erbracht wurden. Insoweit ist dem Sozialgericht zuzustimmen. Der Kläger hat diese Leistungen jedoch nicht entsprechend den Qualitätsanforderungen erbracht. Abrechnungsvoraussetzung ist nämlich neben der Erfüllung der Leistungslegende, dass die Leistung auch entsprechend den die Qualität der Leistungserbringung regelnden vertragsärztlichen Normen erbracht wurde. Die Leistungsbeschreibungen im EBM-Ä und die ergänzenden Regelungen wie die Vorgabe von Qualifikationsanforderungen für die Leistungserbringung haben nämlich normativen Charakter (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 21 Rn. 21). Demgemäß schreibt auch die Nummer 1 S. 3 der allgemeinen Bestimmungen zum Kapitel (Laborato-riumsuntersuchungen) des im streitgegenständlichen Quartal geltenden EBM vor, dass alle Maßnahmen zur Qualitätssicherung Bestandteile der einzelnen Untersuchungen sind.

Entsprechende qualitätssichernde Regelungen in diesem Sinne sind die Vorschriften des Medizinproduktegesetzes und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung.

Der Kläger hat durch die Art der Leistungserbringung gegen das Medizinproduktegesetz und § 2 Abs. 5 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung verstoßen, wobei diese Vor-schriften nach § 1 Medizinproduktegesetz (MPG) für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter sorgen sollen. Dabei umfasst der Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 3 Nummer 4 MPG auch in-vitro-Diagnostika, so dass es auf die Fungiqual A-Testlösung als Medizinprodukt anwendbar ist. Damit hat sich der Anwender - im konkreten Fall also der Kläger - gemäß § 2 Abs. 5 Medizinprodukte-Betreiberverordnung vor der Anwendung vom ordnungsgemäßen Zustand des Medizinprodukte zu überzeugen und die Gebrauchsanweisung sowie die sonstigen beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen zu beachten. Der Kläger hat jedoch die Dosierungsangaben in der Gebrauchsanweisung missachtet, nach denen 10 ml der Testlösung für circa 200 Untersuchungen ausreichend sind. Diese Vorgabe dient der sicheren Anwendung der Testlösung, da nur bei einer ausreichenden Applikation das Risiko falsch positiver beziehungsweise falsch negativer Ergebnisse minimiert werden kann. Der Vertragsarzt verstößt also gegen § 2 Abs. 5 Medizinprodukte-Betreiberverordnung zumindest dann, wenn er die verwendete Testlösung in einer von den Herstellerangaben erheblich abweichenden, wesentlich geringeren Menge einsetzt. Die extreme Minimierung der verwendeten Testlösung um 50 % gegenüber den Herstellerangaben stellt einen Verstoß gegen die Gebrauchsanweisung dar, die zur Nichtabrechenbarkeit sämtlicher Leistungen führt.

Zutreffend ist der Beklagte auch davon ausgegangen, dass der Kläger die dargestellten objektiven Pflichtverletzungen schuldhaft begangen hat. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger zumindest fahrlässig gehandelt hat.

Soweit der Kläger bezüglich des Abrechnungsverstoßes bei der GOP 4658 darauf hinwies, dass die fehlerhafte Abrechnung durch das Praxispersonal erfolgt sei, entfällt der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht. Häufigkeit und Dauer der fehlerhaften Abrechnung lassen auf eine mangelhafte Anleitung und Überwachung des Personals sowie eine fehlende sorgfältige Kontrolle der Abrechnung schließen (vergleiche BSG vom 14. Juli 1993, 6 RKa 10/92).

Der objektive Pflichtverstoß des Klägers durch die Abrechnung der nicht erfüllten GOP 4653 ist ebenfalls zumindest grob fahrlässig. Der Kläger wurde von der Beklagten bereits seit 1998 regelmäßig darauf hingewiesen, dass der Fungiqual A-Test nicht nach der höher dotierten GOP 4653, sondern nur nach der niedriger dotierten GOP 3937 abgerechnet werden kann, insbesondere in der Laborprüfung 1998. Dennoch beharrte er auf seiner Rechtsansicht, der Test sei nach GOP 4653 abrechenbar und rechnete unbeirrt weiter entsprechend ab. Dieses Verhalten führt nicht dazu, dass dem Kläger kein Verschulden hinsichtlich des Pflichtverstoßes anzulasten wäre. Seine Auffassung, er müsse seine Rechtsansicht zunächst einmal durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit überprüfen lassen können, entbehrt einer rechtlichen Grundlage. Der Umstand, dass ein vertragsärztlicher Pflichtverstoß begangen wurde, verliert nicht dadurch an Gewicht, dass der Betroffene in vermeintlicher Unkenntnis war oder sich in einen Irrtum über die Rechtslage befand beziehungsweise dass zur Zulässigkeit einer konkreten Verhaltensweise noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorlag (BSG, Urteil vom 14.3.2001, B 6 KA 67/00 R, Medizinrecht 2002,47). Die Mitteilung des objektiv fehlerhaften Ansatzes einer GOP im Zusammenhang mit der Einreichung der Abrechnung und der Sammelerklärung ändert an dieser Bewertung nichts, da sie kein Freibrief für eine fehlerhafte Abrechnung sein kann.

Die Durchführung des Fungiqual A.-Tests unter Verletzung der Gebrauchsanweisung durch die extreme Reduzierung der Testlösung durch das Praxispersonal muss sich der Kläger ebenfalls zurechnen lassen. Auch insoweit liegt mindestens grobe Fahrlässigkeit vor.

Die Ermessensentscheidung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des SG nicht zu beanstanden. Die nachgewiesenen, zumindest fahrlässig verschuldeten objektiven Pflichtverstöße des Klägers rechtfertigen sogar dann die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 10.000 EUR, wenn ein Schuldvorwurf geringer zu bewerten ist oder entfällt. Der Kläger hat nämlich nicht nur massiv gegen seine Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen, obwohl er im Zusammenhang mit der Laborprüfung 1998 Kenntnis von der fehlenden Abrechnungsfähigkeit der GOP 4653 bei der Durchführung eines Fungiqual A-Tests hatte, sondern er hat diese Tests zumindest in 622 Fällen auch unter Missachtung qualitätssichernder Vorschriften erbracht und dadurch das Risiko von Falschbefunden erhöht. Die Beklagte hat bei der Ausübung des Ermessens ferner zu Recht berücksichtigt, dass gegen den Kläger bereits im Jahr 2000 ein Disziplinarverfahren durchgeführt wurde, dieses jedoch in Anbetracht des zeitlichen Abstandes nicht übermäßig bewertet und zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass er die Abrechnungsverstöße bezüglich der GOP 4658 zumindest teilweise einräumte. Im Hinblick auf die Berücksichtigung dieser Faktoren erscheint die Ermessensentscheidung des Disziplinarausschusses rechtmäßig. Den Begleitschreiben des Klägers im Zusammenhang mit der Quartalsabrechnung, mit denen er darauf hinwies, dass er weiterhin bei der Durchführung des Fungiqual A-Tests die GOP 4653 abrechne, kommt keine das Verschulden verringernde Wirkung zu, weil der Kläger in Kenntnis der Ergebnisse der Laborprüfungen 1998 und nach Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung weiterhin auf seiner Rechtsauffas-sung beharrte. Damit gab er zu erkennen, dass er nicht im zwingend notwendigen Maße bereit ist, die vertragsärztlichen Regeln anzuerkennen und einzuhalten.

Im Ergebnis war das Urteil des Sozialgerichts vom 11.3.2008 aufzuheben, da die nachgewiesenen schuldhaften Pflichtverletzungen die Ermessensentscheidung der Beklagten tragen, und die Klage gegen den Bescheid vom 10.2.2005 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

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