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23.05.2014

Landesarbeitsgericht: Urteil vom 27.02.2014 – 5 Sa 427/13


Tenor:

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 29. August 2013, Az. 6 Ca 259/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über eine anteilige erfolgsabhängige Vergütung nach dem sog. STI-Programm für das Jahr 2012.

Der am 29.08.1952 geborene Kläger war von 1973 bis zum 31.08.2012 im Werk Zweibrücken der Beklagten als Staplerfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz Anwendung.

Mit Vertrag vom 27.11.2006 vereinbarten die Parteien vom 01.09.2007 bis zum 31.08.2012 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, beginnend mit einer Arbeitsphase bis 28.02.2010 und einer Freistellungsphase bis 31.08.2012 (sog. Blockmodell). Anschließend meldete sich der Kläger arbeitslos. Ihm wurde nach Verhängung einer Sperrzeit Arbeitslosengeld bewilligt. Er kann mit Vollendung des 62. Lebensjahres ab 01.09.2014 eine gesetzliche Altersrente mit Abschlag in Anspruch nehmen.

Seit 2008 zahlt die Beklagte ihren Arbeitnehmern eine erfolgsabhängige Vergütung. In der Betriebsvereinbarung Nr. 7/2008 vom 17.10.2008 ist hierzu folgendes geregelt:

"Einführung eines Gewinnbeteiligungs-Modells(STI-Short Term Incentive)für Tarif-Mitarbeiter

Präambel

...
Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Tarif-Mitarbeiter, die zum jeweiligen Geschäftsjahresende (31.10.) mindestens seit 6 Monaten bei X in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. ...

Gewinnbeteiligung

Grundlage für die Beteiligung am Unternehmenserfolg sind die weltweiten Richtlinien zur Anwendung des STI Planes: " X Short-Term Incentive Plans for Salaried Employees - Administrative Guidelines", in der jeweils aktuellen Fassung.

In den "Global STI Guidelines" ist - auszugsweise - folgendes geregelt:

"Änderung im Beschäftigungsstatus

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund von Ruhestand, Tod oder Schwerbehinderung:
Die Berechnung des STI basiert auf dem anspruchsberechtigten Jahreseinkommen.

Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wegen sonstiger Gründe:
Beschäftigte, die das Beschäftigungsverhältnis vor dem 31.10. des Berechnungszeitraumes (Geschäftsjahr) beendet haben aufgrund anderer Beendigungsgründe als Ruhestand, Tod oder Schwerbehinderung, haben für dieses Geschäftsjahr keinen Anspruch
..."

In einer Broschüre der Beklagten zum STI-Programm ist ausgeführt:

"
Anspruchsberechtigte

Alle Non-Exempt-Mitarbeiter, die zum jeweiligen Geschäftsjahresende (31.10.) mindestens seit 6 Monaten bei X in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen.

Keinen Anspruch auf einen STI

hat, wer sein Arbeitsverhältnis am 31.10. bereits gekündigt hat, oder bis zu diesem Termin eine Kündigung durch den Arbeitgeber erhalten hat. Dabei ist es gleichgültig zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis dann tatsächlich endet.

Alle Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis vor dem 31.10. endet (Ausnahme Pensionierung) haben keine Anspruch auf einen STI.

Ausnahme:

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter um in den Ruhestand zu gehen (Rente) führt nicht zum Verlust des Anspruchs auf STI.

Das reguläre Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses gilt nicht als Kündigung."

Die Beklagte zahlte dem Kläger für das Jahr 2012 keine STI-Prämie, weil sein Arbeitsverhältnis am 31.08.2012 und damit vor dem Stichtag des 31.10.2012 geendet hat. Mit Schreiben vom 13.02.2013 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich auf, ihm für 2012 eine anteilige betriebliche Sonderzahlung (ATZ 50 %, davon 8/12) iHv. € 546,81 und eine anteilige STI-Prämie (7,63% vom Jahresverdienst, davon 8/12) iHv. € 1.000,06, mithin insgesamt € 1.546,87, zu zahlen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.546,87 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.08.2013 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger könne aus der Betriebsvereinbarung Nr. 7/2008 keine STI-Prämie für 2012 beanspruchen, weil er vor dem Stichtag des 31.10.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Ein Anspruch folge nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Soweit sich der Kläger auf die ehemaligen Arbeitnehmer H., N., H. und S. berufe, liege keine Ungleichbehandlung vor. Diese Mitarbeiter seien zwar ebenfalls vor dem 31.10.2012 ausgeschieden, sie seien jedoch - im Gegensatz zum Kläger - unmittelbar in Ruhestand getreten. Damit liege kein gleichgelagerter Fall vor. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 9 des erstinstanzlichen Urteils vom 29.08.2013 Bezug genommen.

Gegen das am 10.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 09.10.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 11.12.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 10.12.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, an den Kläger € 350,00 brutto zu zahlen. Damit ist der Anspruch des Klägers auf eine anteilige betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 2012 erledigt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihm eine STI-Prämie für 2012 zu zahlen, obwohl er bereits vor dem Stichtag des 31.10.2012 ausgeschieden sei. Ihm sei aufgrund der gesetzlichen Erhöhung des Rentenzugangsalters nicht möglich gewesen, im Anschluss an den Altersteilzeitvertrag ab 01.09.2012 nahtlos eine gesetzliche Altersrente zu beziehen. Durch die Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung habe sich eine "Lücke" ergeben, die dadurch zu schließen sei, dass die "Global STI Guidelines" der Beklagten so auszulegen seien, dass auch sein Arbeitsverhältnis aufgrund von Ruhestand geendet habe. Er habe erstinstanzlich Mitarbeiter genannt, die aufgrund ihrer persönlichen Vorgaben nahtlos in Altersrente gehen konnten. Diesen Arbeitnehmern habe die Beklagte - unstreitig - die STI-Prämie für 2012 gezahlt. Ihm sei ein unmittelbarer Renteneintritt aufgrund seiner Sozialdaten verwehrt geblieben. Die Beklagte habe aber nie gewollt, hier eine Differenzierung vorzunehmen. Sie habe vielmehr den Beschäftigten im Jahr ihres Ausscheidens und des Antritts der Altersrente die Möglichkeit geben wollen, am Erfolg des Unternehmens teilzuhaben. Er sei deshalb zumindest aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz so zu behandeln, als sei auch sein Arbeitsverhältnis wegen Rentenantritts beendet worden. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 10.12.2013 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich - nach Abschluss des Teilvergleichs -zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 29.08.2013, Az. 6 Ca 259/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.006,06 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf die STI-Prämie, weil er vor dem Stichtag des 31.10.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz könne er keinen Anspruch herleiten, weil die von ihm genannten ehemaligen Mitarbeiter - unstreitig - vor dem 01.01.1952 geboren und deshalb nach der Altersteilzeit direkt in den Ruhestand gewechselt seien. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 27.01.2014 Bezug genommen.

Auch im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer STI-Prämie für das Jahr 2012.

Nach Abschluss des Teilvergleichs vom 27.02.2014 über die betriebliche Sonderzahlung 2012 ist Streitgegenstand des Berufungsverfahrens allein der Antrag des Klägers auf Zahlung der STI-Prämie 2012 iHv. € 1.000,06 brutto.

Der Antrag ist unbegründet. Ein Anspruch auf die STI-Prämie 2012 ergibt sich nicht aus der Betriebsvereinbarung Nr. 7/2008 vom 17.10.2008. Der Kläger erfüllt nicht die darin genannten Voraussetzungen, weil er zum 31.08.2012 und damit vor dem Stichtag des 31.10.2012 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auf eine Unwirksamkeit der Stichtagsregelung in der freiwilligen Betriebsvereinbarung hat sich der Kläger nicht berufen (vgl. hierzu BAG 05.07.2011 - 1 AZR 94/10 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 139).

Der Kläger kann einen Anspruch auf die STI-Prämie 2012 nicht aus den "Global STI Guidelines" der Beklagten herleiten. Er ist nicht im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab 01.09.2012 in den Ruhestand getreten. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Der 1952 geborene Kläger kann aufgrund der rentenversicherungsrechtlichen Bestimmungen mit Vollendung des 62. Lebensjahres ab 01.09.2014 eine gesetzliche Altersrente (mit Abschlägen) in Anspruch nehmen, weil er noch vor dem 01.01.2007 einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hat.

Ein Anspruch auf Gewährung der STI-Prämie 2012 aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet aus. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass im Verhältnis zu den ehemaligen Arbeitnehmern H., N., H. und S. kein gleichgelagerter Fall besteht. Diese vier Arbeitnehmer, die - unstreitig - vor dem 01.01.1952 geboren sind, konnten aufgrund besonderer rentenversicherungsrechtlicher Übergangsregelungen (§ 237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) im unmittelbaren Anschluss nach Altersteilzeitarbeit eine gesetzliche Altersrente bei Vollendung des 60. Lebensjahres beziehen, so dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gegeben ist. Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - 1952 oder später geboren sind, können die Altersrente nach Altersteilzeit nicht mehr in Anspruch nehmen. Sie befinden sich im Hinblick auf die rentenrechtlichen Altersgrenzen nicht in vergleichbarer Lage.

Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die STI-Prämie für 2012 zu zahlen, um eine durch die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007, dessen Entwurf das Bundeskabinett am 29.11.2006 beschlossen hatte, entstandene "Lücke" zu schließen. Die STI-Prämie dient erkennbar nicht dem Zweck, die Zeit zwischen dem Ende des Altersteilzeitarbeitsvertrags und dem frühestmöglichen Renteneintritt zu überbrücken.

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Vorschriften§ 69 Abs. 2 ArbGG, § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, BetrVG, § 237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 97 Abs. 1 ZPO

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