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27.02.2013

Landesarbeitsgericht: Urteil vom 07.12.2012 – 9 Sa 425/12


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.08.2012, Az.: 4 Ca 972/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis durch die auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung der Beklagten vom 26.04.2011 mit Ablauf des 31.05.2012 seine Beendigung gefunden hat.

Die Klägerin war bei der Beklagten zu 1) seit dem 15.09.2008 als Taxifahrerin beschäftigt. Die Beklagte zu 1) beschäftigte ständig mehr als 10 Arbeitnehmer.

Mit notariellem Vertrag vom 13.01.2012 (Bl. 47 ff. d. A.) wurde die Beklagte zu 2) gegründet, deren Gesellschafter personenidentisch mit den Gesellschaftern der Beklagten zu 1) sind. Mit Datum vom 30.03.2012 schlossen die beiden Beklagten einen Vertrag (Bl. 61 d. A.), wonach die Beklagte zu 1) ab dem 01.04.2012 die bislang von ihr als Taxi betriebenen Fahrzeuge nebst Konzessionierung an die Beklagte zu 2) vermietet. Der Vertrag sieht u.a. vor, dass im Falle einer Insolvenz der Beklagten zu 2) der Mietvertrag aufgelöst wird und die Fahrzeuge an die Beklagte zu 1) zurückfallen.

Die Beklagte informierte die bei ihr beschäftigten Taxifahrer darüber, dass mit Wirkung ab 01.04.2012 ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) erfolge und die bestehenden Dienstverhältnisse auf die Beklagte zu 2) übergingen. In dem genannten Schreiben (Bl. 15 d. A.), welches der Klägerin am 07.04.2012 zuging, wies die Beklagte zu 1) darauf hin, dass das Recht bestehe, dem Übergang des Dienstverhältnisses innerhalb von einem Monat nach Zugang des Schreibens schriftlich zu widersprechen.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 12.04.2012 Widerspruch gegen die Umwandlung bzw. gegen den Betriebsübergang.

Die Beklagte zu 1) kündigte darauf hin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.04.2011, der Klägerin am 30.04.2012 zugegangen aus betriebsbedingten Gründen zum 31.05.2012.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.08.2012, Az.: 4 Ca 972/12 (Bl. 68 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten vom 26.04.2011, der Klägerin zugegangen am 30.04.2012, nicht zum 31.05.2012 sein Ende findet, sondern unverändert fortbesteht, abgewiesen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Es sei zu einem Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) gekommen.

Eine reine Umwandlung liege nicht vor. Vielmehr sei die Beklagte zu 2) als eigenständige juristische Person neu gegründet worden und habe den Fortbestand der Beklagten zu 1) unberührt gelassen. Aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses sei das Arbeitsverhältnis nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die Beklagte zu 1) verfüge aber nicht mehr über Beschäftigungsmöglichkeiten für Taxifahrer.

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 28.08.2012 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 18.09.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18.09.2012, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.09.2012, begründet.

Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Ihrer Auffassung nach lägen keine betriebsbedingten Kündigungsgründe vor. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts liege durch die Vermietung der für die Personenbeförderung zugelassenen und konzessionierten Fahrzeuge an die Beklagte zu 2) kein Betriebsübergang i. S. d. § 613 a BGB vor. Weder aus dem Überlassungsvertrag noch aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich, dass auch die Arbeitsverhältnisse zwischen der Beklagten zu 1) und ihren Mitarbeitern nach Gründung der Beklagten zu 2) auf diese hätten übergehen sollen. Zudem sei der Mietvertrag jederzeit kündbar und nach dem Vertrag fielen auch im Falle der Insolvenz der Beklagten zu 2) die Fahrzeuge an die Beklagte zu 1) zurück. Im Falle der Insolvenz der Beklagten zu 2) wären andernfalls die dort beschäftigten Arbeitnehmer darauf verwiesen, die ihnen zustehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ausschließlich und allein gegen die in ihrer Haftung stark eingeschränkte Beklagte zu 2) geltend machen zu müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.08.2012, Az.: 4 Ca 972/12, zugestellt am 28.08.2012 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und Beklagten zu 1. durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 26.04.2012 nicht zum 31.05.2012 aufgelöst worden ist.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 23.10.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 99 ff. d. A.), als zutreffend.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und - auch den gesetzlichen Anforderungen entsprechend - begründet.

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) hat infolge der Kündigung der Beklagten vom 26.04.2012 in Wahrung der maßgeblichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31.05.2012 seine Beendigung gefunden.

1. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam. Die Kündigung ist vielmehr durch dringende betriebliche Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte zu 1) sämtliche der von ihr zur Personenbeförderung genutzten und konzessionierten Taxis der Beklagten zu 2) aufgrund vertraglicher Verpflichtung überlassen hat. Ebenso unstreitig ist, dass diese Fahrzeuge seit 01.04.2012 ausschließlich von der Beklagten zu 2) betrieben werden und die Beklagte zu 1) über keine Taxifahrzeuge, auf denen die Klägerin eingesetzt werden könnte, mehr verfügt. Die Beklagte zu 1) hat ihre betriebliche Tätigkeit damit eingestellt, so dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin nicht mehr besteht.

b) Auch eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten zu 2) besteht nicht. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass es aufgrund der Überlassung der konzessionierten Fahrzeuge durch die Beklagte zu 1) an die Beklagte zu 2) zu einem Betriebsübergang i. S. d. § 613 a Abs. 1 BGB gekommen ist. Neben den für einen Taxibetrieb wesentlichen Betriebsmitteln in Form der konzessionierten Fahrzeuge beschäftigt die Beklagte zu 2) auch alle vormals bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Taxifahrerinnen und -fahrer weiter. Die Beklagte zu 2) hat damit durch Rechtsgeschäft nicht nur die wesentlichen materiellen Betriebsmittel, sondern auch einen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil der vormals bei der Beklagten zu 1) beschäftigten Belegschaft übernommen.

Die demnach an und für sich eintretende Rechtsfolge des Eintritts der Beklagten zu 2) in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ist nicht eingetreten, weil die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen hat. Ihr Arbeitsverhältnis verblieb daher bei der Beklagten zu 1), die aber - wie ausgeführt - über keinerlei Beschäftigungsmöglichkeiten mehr verfügt.

c) Die Kündigung ist auch nicht nach § 613 a Abs. 4 BGB rechtsunwirksam. Übt ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht aus und verbleibt das Arbeitsverhältnis daher beim Veräußerer, läuft der Arbeitnehmer Gefahr, dass es aufgrund eines dadurch eintretenden Personalkräfteüberhangs zu einem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung gem. § 1 KSchG kommt, wenn eine Weiterbeschäftigung wegen des Betriebsübergangs beim Veräußerer nicht mehr möglich ist. Eine dann erfolgende Kündigung unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 613 a Abs. 4 BGB, da durch diese Regelung durch dringende betriebliche Erfordernisse begründete Kündigungen nicht ausgeschlossen werden (vgl. nur Treber, in: KR/KSchG, 10. Aufl., § 613 a BGB, Rz. 117 m.w.N.).

III. Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

VorschriftenBGB § 613 a Abs. 1, Abs. 4, KSchG § 1 Abs. 1, Abs. 2

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