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01.02.2012

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 05.10.2011 – 3 K 2594/07

- Die Bescheinigung der Gemeinde nach § 7h Abs. 2 EStG hat die Funktion eines Grundlagenbescheides i.S.d. § 171 Abs. 10 AO und § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.


- Aufgrund der Funktion als Grundlagenbescheid und der daraus folgenden Bindungswirkung muss die Mitteilung der Gemeindebehörde den formellen Mindestanforderungen eines schriftlichen Verwaltungsaktes entsprechen.


- Eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG muss eine eindeutige Aussage zu den Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG für die betreffende Baumaßnahme und des betroffenen Grundstücks enthalten.


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Schriftstücke, die der Kläger zur Berücksichtigung einer erhöhten Absetzung für ein Gebäude in einem Sanierungsgebiet beziehungsweise städtebaulichen Entwicklungsbereich nach § 7h des Einkommensteuergesetzes (EStG) beim Beklagten (dem Finanzamt) eingereicht hat, als Bescheinigung im Sinne des § 7h Abs. 2 EStG zu werten sind. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger erwarb durch notariellen Vertrag vom ...2001 das Grundstück

B-Straße in F. Durch notariellen Vertrag vom ...2003 erwarb er sodann das Grundstück K-Straße in F. Beide Grundstücke sind jeweils bebaut mit einem aus mehreren Wohnungen bestehenden Gebäude. Aus der Vermietung der Wohnungen erzielte der Kläger in den Folgejahren entsprechende Einnahmen.

Für die Jahre 2001 bis 2003 machte der Kläger im Rahmen seiner Veranlagung zur Einkommensteuer den genannten Grundbesitz betreffend jeweils einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Die Einkommensteuererklärungen wurden von unterschiedlichen Steuerberatern gefertigt (für 2001 durch die Steuerberater …, für 2002 durch die Steuerberatungsgesellschaft …, für 2003 durch den Steuerberater …). Dabei ergaben sich auch unterschiedliche Angaben und Verfahrensweisen in Bezug auf die erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG für das Grundstück B-Straße (für das Jahr 2001 kein Antrag, für die Jahre 2002 und 2003 zwar ein Antrag, aber ohne Vorlage einer Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 (wiederum gefertigt durch den Steuerberater …) stellte der Kläger (wie bereits für die beiden Vorjahre) den Antrag, erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG für das genannte Grundstück zu berücksichtigen. Eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG legte er (wie für die Vorjahre) zunächst nicht vor. Später machte er auch für das Grundstück K-Straße, ebenfalls ohne die Vorlage einer Bescheinigung, erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG geltend. Mit dem Hinweis auf das Fehlen der jeweiligen Bescheinigung ließ das Finanzamt die beantragten Absetzungen – neben anderen hier nicht streitigen Aufwendungen – außer Ansatz und setzte die Einkommensteuer durch Erstbescheid vom ...06.2006 entsprechend fest. Kurze Zeit später änderte es die Festsetzung durch Bescheid vom ...07.2006 wegen anderer (hier nicht streitiger) Punkte.

Gegen die vorgenannten Steuerfestsetzungen legte der Kläger (zunächst vertreten durch Steuerberater …) Einspruch ein. Gegenstand des Einspruchs waren zunächst die Punkte, die durch den Änderungsbescheid bisher noch nicht erledigt worden waren, und später die Nichtberücksichtigung der erhöhten Absetzungen nach § 7h EStG. Hierauf änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung erneut durch Bescheid vom ...02.2007. Dabei ließ es die erhöhten Absetzungen nach § 7h EStG weiter unberücksichtigt.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte der Kläger (zunächst weiter vertreten durch Steuerberater …, sodann vertreten durch Rechtsanwalt … in …) beim Finanzamt verschiedene Schriftstücke ein. Dabei handelte es sich um Kopien aus dem Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 27.07.1998 (S. 2187 ff.). Die betreffenden Seiten sind (als Anlagen zu einem bestimmten Verwaltungserlass) bezeichnet als „Muster für einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7h, 10f und 11a EStG” (Anlage 1; im folgenden: Antragsmuster) und als „Muster für eine Bescheinigung gemäß §§ 7h, 10f und 11a EStG” (Anlage 2; im folgenden: Bescheinigungsmuster). Sie enthalten an verschiedenen, dafür vorgesehenen Stellen handschriftliche Eintragungen, dabei unter anderem zu Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuches (BauGB), teilweise zu den persönlichen Daten des Klägers und teilweise zu dem betreffenden Grundstück (B-Straße einerseits und K-Straße andererseits). Einzelne Schriftstücke sind mit einem Stempelaufdruck der Stadt F versehen. In einem aus zwei Blättern bestehenden Schriftstück (Blatt 63 und 64 der vom Finanzamt vorgelegten Rechtsbehelfsakte) sind die handschriftlichen Eintragungen und der Stempelaufdruck der Stadt F im Original wiedergegeben. Bei den anderen Schriftstücken handelt es sich um Kopien der wiederum als Kopien erstellten Vordruckmuster und der darin vorgenommenen Eintragungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rechtsbehelfsakte des Finanzamts Bezug genommen.

Im Laufe des weiteren Einspruchsverfahrens richtete das Finanzamt an die Stadtverwaltung F die Aufforderung, die von dem Kläger als Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG vorgelegten Schriftstücke auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Stadt F teilte dem Finanzamt darauf mit Schreiben vom 05.04.2007 mit: Die Richtigkeit der in der Bescheinigung getroffenen Aussagen werde bestätigt. Eine Verpflichtung des Eigentümers gegenüber der Stadt oder eine Sanierungsvereinbarung mit der Stadt zur Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen liege nicht vor.

In der Folgezeit legte der Kläger dem Finanzamt Bescheinigungen vor, die ihm die Stadt F (unter ihrem Briefkopf) am 07.05.2007 sowie am 23.05.2007 ausgestellt hatte. In der Bescheinigung vom 07.05.2007 wiederholte die Stadt F sinngemäß ihre Aussage aus dem Schreiben vom 05.04.2007. In der Bescheinigung vom 23.05.2007 führte sie aus: An dem Hauptgebäude seien Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden. Es sei kein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot nach § 177 BauGB seitens der Stadt erlassen worden, und es sei auch keine Vereinbarung zur Abwendung eines diesbezüglichen Gebotes abgeschlossen worden.

Das Finanzamt wies den Einspruch durch Entscheidung vom ...08.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es unter anderem aus: Weder die im Ankreuzverfahren handschriftlich ausgefüllten Mustervordrucke noch die Schreiben der Stadt F vom 07.05.2007 und vom 23.05.2007 erfüllten die Voraussetzungen von wirksamen Bescheinigungen im Sinne eines Grundlagenbescheids. Jedenfalls gehe aus dem Schreiben der Stadt F vom 23.05.2007 ausdrücklich hervor, dass die gesetzlichen Anforderungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG nicht erfüllt seien.

Gegen den Steuerbescheid vom ...06.2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom ...08.2007 hat der Kläger, nunmehr vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben. Dieser trägt im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen für die Gewährung von erhöhten Absetzungen nach § 7h EStG bei dem Grundstück B-Straße lägen vor. Insbesondere habe der Kläger das vorgeschriebene Bescheinigungsverfahren beachtet. So habe die Stadt F bescheinigt, dass Modernisierungsmaßnahmen sowie Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB durchgeführt worden seien.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 2004 vom ...06.2006 in Gestalt des letzten Änderungsbescheids vom ...02.2007 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ...08.2007 dahingehend zu ändern, dass betreffend das Grundstück in F, B-Straße bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG in Höhe von … € berücksichtigt werden.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Das Gericht hat durch Verfügung vom 07.07.2011 die Stadt F aufgefordert, die dort betreffend das Grundstück B-Straße geführten Akten vorzulegen sowie ergänzende Auskünfte zu den Behördenvorgängen zu geben, die der Kläger diesbezüglich veranlasst hatte. Hierauf hat die Stadt F dem Gericht Kopien der Vorgänge, die bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens waren (Schreiben vom 04.05.2007, Bescheinigungen vom 05.07.2007 und vom 23.05.2007), sowie Kopien der jeweils dazugehörigen Anschreiben übermittelt.

Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung dem Kläger sowie dessen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die vorliegenden Akten, insbesondere die Rechtsbehelfsakte des Finanzamts, gewährt. Dabei ist die Frage erörtert worden, ob die verschiedenen Schriftstücke, die der Kläger im Laufe des Einspruchsverfahrens dem Finanzamt vorgelegt hatte, im Sinne einer Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG zu werten sind. Der erkennende Einzelrichter hat in diesem Zusammenhang folgenden Hinweis gegeben: Seines Erachtens müsse die Bescheinigung neben den Merkmalen des § 7h Abs. 1 EStG auch Angaben über den Kläger als Antragsteller, die Stadt F als ausstellende Behörde und das betroffene Grundstück enthalten. Diesem Erfordernis entspreche keines der vom Kläger eingereichten Schriftstücke. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte (sinngemäß) erklärt: Die hier maßgebende Bescheinigung bestehe aus zwei Teilen, und zwar zum einen aus den Blättern 41 und 42 der Rechtsbehelfsakte und zum anderen aus den Blättern 63 und 64 der Rechtsbehelfsakte. Aus der Zusammenfassung dieser Teile ergäben sich alle notwendigen Angaben. Wegen der weiteren Aussagen, die der Prozessbevollmächtigte sowie der Kläger im Rahmen der Erörterung gemacht haben, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Das Finanzamt hat dem Gericht die Akten zur Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2004 sowie zum Rechtsbehelfsverfahren 2004 vorgelegt. Diese Vorgänge waren Gegenstand des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Grundstück B-Straße in F erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG zu berücksichtigen. Dabei ist es zutreffend von der Annahme ausgegangen, dass der Kläger keine den Anforderungen des § 7h Abs. 2 EStG entsprechende Bescheinigung vorgelegt hat.

Nach § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG in der bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung kann der Steuerpflichtige (abweichend von § 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG) bei einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich jeweils bis zu 10% der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren absetzen. In der gleichen Weise kann er nach Satz 2 der Vorschrift verfahren hinsichtlich der Herstellungskosten für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes im Sinne des Satz 1 der Vorschrift dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll, und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat. Die genannten Vorschriften sind nach § 52 Abs. 23a Satz 1 EStG auch noch für die Zeit nach dem 31.12.2003 weiter anwendbar, wenn der Steuerpflichtige – wie hier der Kläger im Streitfall (laut Einkommensteuererklärung 2001) – mit den betreffenden Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt begonnen hat.

Nach § 177 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde in dem Fall, dass eine bauliche Anlage nach ihrer inneren oder äußeren Beschaffenheit Missstände oder Mängel aufweist, deren Beseitigung oder Behebung durch Modernisierung oder Instandsetzung möglich ist, die Beseitigung der Missstände durch eine Modernisierungsgebot und die Behebung der Mängel durch ein Instandsetzungsgebot anordnen.

Der Steuerpflichtige kann nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG die erhöhten Absetzungen allerdings nur in Anspruch nehmen, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde die Voraussetzungen des Abs. 1 der Vorschrift für das Gebäude und die Maßnahme nachweist.

Die Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG hat die Funktion eines Grundlagenbescheides im Sinne des § 171 Abs. 10 und des § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Als solche legt sie gegenüber dem Finanzamt und damit auch gegenüber dem Finanzgericht verbindlich fest, ob die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG im konkreten Fall vorliegen. Allein die Gemeinde hat zu prüfen, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB durchgeführt wurden. Dem Finanzamt und auch dem Finanzgericht ist eine solche Prüfung untersagt. Hält das Finanzamt die von der zuständigen Gemeinde ausgestellte Bescheinigung für rechtswidrig, muss es im Wege der so genannten Remonstration darauf hinwirken, dass die Bescheinigung zurückgenommen wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21.08.2001 IX R 20/99, BStBl II 2003, 910 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung).

Aufgrund der Funktion als Grundlagenbescheid und der daraus folgenden Bindungswirkung muss die Mitteilung der Gemeindebehörde in jedem Falle den formellen Mindestanforderungen eines schriftlichen Verwaltungsakts entsprechen. Diese Anforderungen ergeben sich aus § 118 Satz 1 AO sowie aus § 119 AO. Nach § 118 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt dadurch gekennzeichnet, dass eine behördliche Einzelfallregelung mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Im Sinne dieser Einzelfallregelung muss ein Verwaltungsakt nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Zwar kann der Regelungsinhalts eines Verwaltungsakts auch im Wege der Auslegung ermittelt werden. Weil aber der Verwaltungsakt mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (siehe § 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2006 VIII R 10/05, BStBl II 2007, 96).

Eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG hat auch in inhaltlicher Hinsicht bestimmten Mindestanforderungen genügen. So muss sie eine eindeutige Aussage zu den Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG für die betreffende Baumaßnahme enthalten. Fehlt eine solche Aussage, hat die Bescheinigung keine Bindungswirkung (vgl. Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 30. Aufl., § 7h Rn. 7 mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18.09.2002 X R 183/96, BStBl II 2003, 238; ebenso: Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 7h Rn. 51).

Entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung erfüllen die Bescheinigungsvordrucke, die als Blätter 41 und 42 einerseits (Kopie) und als Blätter 63 und 64 (Original) in der Rechtsbehelfsakte des Finanzamts abgelegt sind, weder für sich in ihren Einzelteilen noch in ihrer Gesamtheit den vorgenannten Anforderungen. Zwar enthalten alle vier Bescheinigungsvordrucke jeweils den Stempel der Stadt F sowie (im Ankreuzverfahren) Angaben zu den Merkmalen des § 7h Abs. 1 EStG. Zudem enthält der als Blatt 41 in der Rechtsbehelfsakte abgeheftete Vordruck (anders als der Originalvordruck, Blätter 63 und 64 der Rechtsbehelfsakte) den Namen und die Anschrift des Klägers. Es fehlt aber auf allen vier Blättern ein Hinweis auf das Grundstück B-Straße. Demzufolge kann den Schriftstücken nicht die Aussage entnommen werden, die zuständige Gemeindebehörde habe für das genannte Grundstück die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG geprüft und mit verbindlicher Wirkung festgestellt. Die Frage, ob die als Blätter 41 und 42 abgelegten Schriftstücke einerseits und die als Blätter 63 und 64 abgelegten Schriftstücke anderseits im Sinne einer einzigen Bescheinigung zusammengefasst werden können, braucht insofern nicht geklärt zu werden.

Die Tatsache, dass der Kläger in den Antragsvordrucken (Blätter 34 bis 37 der Rechtsbehelfsakte) das Grundstück im Ansatz erkennbar bezeichnet hat („B-Straße”, ohne Ortsangabe), vermag an dem vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. Eine großzügige Handhabung des Bestimmtheitsgebots nach § 119 Abs. 1 AO im Wege der Auslegung kommt nicht in Betracht. Denn die Bescheinigungsvordrucke lassen in keiner Weise irgendeinen Bezug zu der Grundstücksbezeichnung in dem Antragsvordruck erkennen. Eine solche Bezugnahme wäre in dem vorliegenden Zusammenhang in besonderer Weise erforderlich gewesen, um Verwechslungen zu vermeiden. So hat der Kläger nicht nur für das hier betroffene Grundstück B-Straße, sondern auch für das Grundstück K-Straße eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG bei der Stadt F beantragt und sodann beim Finanzamt die erhöhten Absetzungen nach § 7h Abs. 1 EStG geltend gemacht.

Die „Bescheinigungen”, die die Stadt F unter dem Datum vom 07.05.2007 sowie unter dem Datum vom 23.05.2007 dem Kläger ausgestellt hat, entsprechen nicht den Anforderungen des § 7h Abs. 2 EStG. Darin wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Stadt keine Anordnung nach § 177 Abs. 1 Satz 1 BauGB gegenüber dem Kläger erlassen hatte (§ 7h Abs. 1 Satz 1 EStG) und dass der Kläger sich gegenüber der Stadt auch nicht vertraglich verpflichtet hatte, die in § 177 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Maßnahmen durchzuführen (R 83a Abs. 6 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien – EStR – 2004). Diesbezügliche Einwendungen macht der Kläger auch nicht mehr geltend.

Das Gericht hat durchaus bedacht, dass es in Bezug auf die formellen und inhaltlichen Anforderungen strenge Maßstäbe an die nach § 7h Abs. 2 EStG vorzulegende Bescheinigung stellt. Es sieht gleichwohl den Kläger als nicht unangemessen benachteiligt an. Hierbei geht es von folgenden Erwägungen aus:

(a) Die materiellen-rechtlichen Voraussetzungen für den Ansatz der erhöhten Absetzungen nach § 7h Abs. 1 EStG haben im Streitfall offenkundig nicht vorgelegen. Dies geht nicht nur aus der Bescheinigung der Stadt F vom 23.05.2007, sondern auch aus einem Begleitschreiben hervor, das das Bauamt F unter dem gleichen Datum an den damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers (Rechtsanwalt …) gerichtet hat. Dort heißt es wörtlich: „Nach Rückfrage bei unserem Sanierungsträger sind leider die notwendigen Vereinbarungen … nicht abgeschlossen worden…” Die Aussage des Prozessbevollmächtigten, es habe eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Stadt F gegeben, ist mit dieser Auskunft nicht zu vereinbaren und auch sonst nicht glaubhaft.

(b) Es liegt durchaus die Vermutung nahe, dass die Stadt F dem Kläger damals eine so genannte Gefälligkeitsbescheinigung ausgestellt hat. So hat der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, er habe der zuständigen Mitarbeiterin die von ihm ausgefüllten Bescheinigungsvordrucke vorgelegt und diese habe dann den Stempel der Stadt „drauf gedrückt”.

(c) Der Kläger hatte sich (vertreten durch unterschiedliche Verfahrensbevollmächtigte) in Bezug auf das Geltendmachen der erhöhten Abschreibungen nach § 7h EStG über Jahre hinweg sehr widersprüchlich verhalten. Für die Jahre 2002 und 2003 hatte er die Abschreibungen zwar beantragt, die hierfür notwendige Bescheinigung aber nicht vorgelegt. Demgegenüber hat er für das Streitjahr 2004 die Abschreibungen betreffend im Einspruchsverfahren zunächst keine Einwendungen erhoben. Erst später hat er geltend gemacht, die Stadt F habe ihm die notwendige Bescheinigung ausgestellt.

(d) Auch dann, wenn man zu Gunsten des Klägers annehmen wollte, es liege eine ordnungsgemäße Bescheinigung im Sinne des § 7h Abs. 2 EStG vor, könnte die Klage höchstwahrscheinlich keinen Erfolg haben. Denn in diesem Falle wäre das Finanzamt gehalten, im Wege der so genannten Remonstration die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung gegenüber der Stadt F geltend zu machen. Die Stadt F ihrerseits hätte dann zu prüfen, ob die Bescheinigung zurückgenommen werden müsste. …

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

VorschriftenEStG § 7h Abs. 2, AO § 119, AO § 171 Abs. 10, AO § 175 Abs. 1 Nr. 1

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