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27.01.2012

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 18.10.2011 – 3 Sa 284/11


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 16.03.2011 - 3 Ca 1247/10 - wird - unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags - kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger verfolgt im Berufungsverfahren sein Feststellungsbegehren, dass er als Maschinen- und Anlagenführer in der Abteilung Extrusion im Drei-Schicht-Betrieb weiterbeschäftigt wird (Antrag zu 1.), und den geltend gemachten Differenzvergütungsanspruch für die Monate April bis Juli 2010 in Höhe von 1.144,83 EUR (Antrag zu 2.) weiter.

Er hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass er als Maschinen- und Anlagenführer in der Abteilung Extrusion im Drei-Schicht-Betrieb weiterbeschäftigt wird,

festzustellen, dass die am 19. Januar 2010 erteilte Anweisung an ihn, nicht mehr im Zwei-Schicht-Betrieb zu arbeiten, unzulässig ist,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständigen Lohn in Höhe von 1.144,83 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit seinem am 16. März 2011 verkündeten Urteil (Az.: 3 Ca 1247/10) hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein der Klage in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2. stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Seiten 9 bis 14 = Bl. 207 bis 212 d. A.) verwiesen.

Das am 16. März 2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. April 2011 zugestellt worden.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 16. Mai 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag, 16. Mai 2011) per Telefax eingegangen, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 08. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 15. Juni 2011 (Mittwoch) eingegangen, hat der Kläger die eingelegte Berufung begründet.

Nach Hinweis auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages trägt der Kläger vor, der verspätete Eingang der Berufungsbegründung sei aufgrund eines Büroversehens bei seinem Prozessbevollmächtigten erfolgt. Die in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte, Frau Sch., habe die Fristen auf dem vorgelegten "Übersendungszettel des Gerichts" (Bl. 280 d. A.) notiert und dabei die Frist für die Berufungsbegründung fehlerhaft auf den 15. Juni 2011 notiert. Die Akte sei seinem Prozessbevollmächtigten zur Überprüfung der Formalien des Urteils und schließlich zur Einlegung der Berufung vorgelegt worden. In beiden Fällen sei seinem Prozessbevollmächtigten die fehlerhaft erfasste Frist nicht aufgefallen. Die Berufungsbegründung sei im Hinblick auf das Datum vom 08. Juni 2011 offensichtlich bereits im Vorfeld, also vor der Vorfrist von seinem Prozessbevollmächtigten diktiert und auch entsprechend geschrieben worden. Zu einer Fristüberprüfung der Fristeintragung des "15. Juni 2011" wäre es nach Vorlage der Vorfrist gekommen. Allerdings habe sich sein Prozessbevollmächtigter bis einschließlich zum 14. Juni 2011 auf einem Ausflug über das verlängerte Wochenende befunden. Dieser habe die Kanzlei am Donnerstagnachmittag nach dem letzten Termin um 16.00 Uhr verlassen und sei am 14. Juni 2011 gelandet, um einen Termin am Arbeitsgericht in Ludwigshafen um 11.00 Uhr und sodann einen Termin am Amtsgericht in Frankenthal um 14.00 Uhr wahrzunehmen. Im Übrigen habe dieser am Abend noch einen privaten Termin gehabt, weswegen er an jenem Tag nicht im Büro gewesen sei. Die Akte sie dementsprechend seinem Prozessbevollmächtigten erst am vorgeblichen Fristablauf, dem 15. Juni 2011, abermals vorgelegt worden. Aufgrund der Urlaubsabwesenheit seines Prozessbevollmächtigten sei eine Überprüfung der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels nicht mehr möglich gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 21. Juni 2011 (Bl. 269 bis 271 d. A.) nebst Anlagen (eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten Sch. vom 21. Juni 2011, Bl. 272 d. A.; Auszug aus dem Fristenkalender, Bl. 273 d. A.) und auf den Schriftsatz des Klägers vom 11. Juli 2011 (Bl. 279 d. A.) nebst Anlage ("Übersendungszettel des Gerichts", Bl. 280 d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 16. März 2011 - 3 Ca 1247/10 - abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und

festzustellen, dass er als Maschinen- und Anlagenführer in der Abteilung Extrusion im Drei-Schicht-Betrieb weiterbeschäftigt wird,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständigen Lohn in Höhe von 1.144,83 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert gewesen sei. Im Hinblick darauf, dass die fehlerhaft erfasste Frist sowohl im Rahmen der Überprüfung der Formalien als auch bei der Einlegung der Berufung nicht aufgefallen sei, könne man nicht von einem fehlenden Verschulden ausgehen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (S. 2 bis 9 = Bl. 200 bis 207 d. A.), auf die Berufungsbegründung des Klägers vom 08. Juni 2011 (Bl. 235 bis 239 d. A.) und die Berufungserwiderung der Beklagten vom 22. Juli 2011 (Bl. 285 bis 289 d. A.).

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht begründet worden ist. Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, ist unbegründet.

I. Der Kläger hat die Berufungsbegründungsfrist versäumt.

Die Frist für die Begründung der Berufung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG). Das anzufechtende Urteil ist dem Kläger am 14. April 2011 zugestellt worden, so dass die Berufungsbegründungsfrist am Dienstag, 14. Juni 2011, abgelaufen ist. Die Berufungsbegründung des Klägers vom 08. Juni 2011 ist erst am Mittwoch, 15. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangen und damit verspätet erfolgt.

II. Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne Verschulden im Sinne von § 233 ZPO versäumt. Das Versäumnis beruht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, das er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

1. Nach dem Vortrag des Klägers hat die in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte, Frau Sch., die Frist für die Berufungsbegründung fehlerhaft auf den 15. Juni 2011 notiert. Die Akte sei seinem Prozessbevollmächtigten zur Einlegung der Berufung vorgelegt worden. Dabei sei seinem Prozessbevollmächtigten die fehlerhaft erfasste Frist nicht aufgefallen. Die Berufungsbegründung mit Datum vom 08. Juni 2011 sei offensichtlich bereits im Vorfeld, also vor der Vorfrist von seinem Prozessbevollmächtigten diktiert und auch entsprechend geschrieben worden. Aufgrund der Urlaubsabwesenheit seines Prozessbevollmächtigten sei dann eine Fristüberprüfung binnen einer Vorfrist von einer Woche nicht mehr möglich gewesen.

2. Nach diesem Vorbringen beruht die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten.

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH 25. April 2007 - VI ZB 66/06 - NJW 2007, 2332 m.w.N.; BAG 20. Juni 1995 - 3 AZN 261/95 - NZA 1995, 1119) hat ein Prozessbevollmächtigter die Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und eingetragen worden ist, wenn ihm die Akte zur Durchführung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird. Wenn dem Rechtsanwalt die Handakten zur Anfertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, muss er auch prüfen, ob die Berufungsbegründungsfrist richtig notiert ist (BGH 13. April 2005 - VIII ZB 77/04 - NJW 2005, 2625).

Danach hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist dadurch verschuldet, dass er bei Vorlage der Akte zur Anfertigung der Berufungsschrift die ihm obliegende eigenverantwortliche Überprüfung, ob auch die Berufungsbegründungsfrist richtig notiert ist, nicht vorgenommen hat. Hätte er dies getan, wäre ihm auch aufgefallen bzw. hätte ihm bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres auffallen müssen, dass die Frist von seiner Mitarbeiterin falsch berechnet worden war. Bereits deshalb beruht die Fristversäumung auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers, das die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt.

Unabhängig davon hat der Kläger im Hinblick auf das Datum der Berufungsbegründung vom 08. Juni 2011 eingeräumt, dass offensichtlich die Berufungsbegründung bereits im Vorfeld, also vor der Vorfrist von seinem Prozessbevollmächtigten diktiert und entsprechend geschrieben worden sei. Im Hinblick darauf, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Akte in der Zeit bis zum 08. Juni 2011 zur Erstellung der Berufungsbegründungsschrift vorgelegt worden war, hätte er wiederum eigenverantwortlich überprüfen müssen, ob in der Akte der richtige Fristablauf vermerkt worden ist. Auch daran fehlt es.

Mithin ist der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet, so dass die Berufung des Klägers wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

VorschriftenZPO § 233, ZPO § 85 Abs. 2

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