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08.04.2011

BGH: Beschluss vom 15.03.2011 – 4 StR 61/11


Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
nach Anhörung des Generalbundesanwalts und
des Beschwerdeführers
am 15. März 2011
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, davon in sechs Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in allen Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

2

Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich der Unterbringungsanordnung kann das Urteil hingegen keinen Bestand haben.

3

Das Landgericht hat in der Urteilsformel des schriftlichen Urteils, die der in der Hauptverhandlung verkündeten entspricht, keine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten ausgesprochen, obwohl deren Voraussetzungen nach seiner Auffassung gegeben sind. In den Urteilsgründen hat die Strafkammer ausgeführt, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen war, weil der Angeklagte heroinabhängig ist und unbehandelt mit weiteren Straftaten zu rechnen sei (UA S. 23 f.). Worauf die Abweichung von der verkündeten Urteilsformel beruht, ist aus dem Urteil nicht erkennbar. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Ergänzung der Urteilsformel (vgl. KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 354 Rn. 19 mwN) sieht sich der Senat allerdings deshalb gehindert, weil das Landgericht eine konkrete Erfolgsaussicht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.

4

Das Landgericht hat die Therapie als "nicht von vornherein aussichtslos" bezeichnet und damit einen Maßstab angelegt, der vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994 (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1994 - 2 BvL 3/90 (u.a.), BVerfGE 91, 1 ff.) für verfassungswidrig erklärt worden ist. Seither war § 64 Abs. 2 aF StGB verfassungskonform dahin auszulegen, dass er die Feststellung einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzt. Durch das am 20. Juli 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI. I S. 1327) ist § 64 StGB entsprechend geändert worden und trägt dem Erfordernis einer konkreten Erfolgsaussicht nun auch im Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich Rechnung (§ 64 Satz 2 StGB).

5

Es lässt sich den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit auch nicht sicher entnehmen, dass der Tatrichter gleichwohl von der notwendigen hinreichend konkreten Erfolgsaussicht ausgegangen ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2007 - 2 StR 393/07). Der Angeklagte hat sich schon häufig stationären Entwöhnungsbehandlungen unterzogen, jedoch keine der begonnenen Maßnahmen durchgestanden. Er befand sich zuletzt in einem Methadonprogramm, hatte allerdings einen Beikonsum von bis zu einem Gramm Heroin täglich. Über die Erfolgsaussicht der Maßregel muss deshalb erneut vom Tatrichter befunden werden.

Ernemann
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