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24.03.2011 · IWW-Abrufnummer 111038

Landgericht Coburg: Urteil vom 07.12.2010 – 23 O 435/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Coburg
Az.: 23 O 435/10
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit XXX
wegen Auskunft
erlässt das Landgericht Coburg -2. Zivilkammer- durch XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2010 folgendes

Endurteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Auskunft über Sachmängel an einer verkauften Eigentumswohnung und dem dazugehörigen Wohngebäude.

Die Klägerin kaufte nach einer Wohnungsbesichtigung am 24.01.2009 mit notariellem Kaufvertrag vom 25.03.2009 vom Beklagten die im Anwesen XXX gelegene Eigentumswohnung Nr. 5 (AnlageK1). Ziffer XI des Vertrags lautet auszugsweise:

„Für Sachmängel wird jede Sachmängelhaftung ausgeschlossen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Der Veräußerer haftet insbesondere nicht für bestimmte Beschaffenheiten, Richtigkeit des angegebenen Flächenmaßes, den Zustand der Gebäudlichkeiten und für die Verwendbarkeit für die Zwecke des Erwerbers. Etwaige Mängel hat der Erwerber danach auf eigene Kosten zu beseitigen. Ansprüche gegen den Veräußerer stehen ihm insoweit nicht zu.
Der Veräußerer versichert jedoch, dass ihm verborgene Mängel nicht bekannt sind
(...). "

Tatsächlich waren an dem Wohngebäude in der Vergangenheit bauliche Mängel aufgetreten. lnsbesondere war das Dach des Neubaus mängelbehaftet. Der hiesige Beklagte führte als Kläger gegen den Inhaber der Firma XXX unter dem Aktenzeichen 22 O 223/00 bzw. 6 U 30101 einen Bauprozess vor dem Landgericht Coburg bzw. dem Oberlandesgericht Bamberg. Ein weiterer Prozess zwischen jenen Parteien wurde unter dem Aktenzeichen 21 O 508/02 vor dem Landgericht Coburg geführt. Schließlich gab es noch ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Coburg mit dem Aktenzeichen 11 H 43/06. Im Zuge des letztgenannten Verfahrens führte die Dachdeckerfirma XXX Mängelbeseitigungsmaßnahmen durch, die durch die Sachverständige XXX bei einer Besichtigung im Jahr 2008 überprüft wurden. Nach dem Kaufvertrag traten in der gegenständlichen Eigentumswohnung Feuchtigkeitsflecken an per Decke auf, die von der Sachverständigen XXX bei der Klägerin am 29.09.2009 und im März 2010 in Augenschein genommen wurden. Wegen dieser Feuchtigkeitserscheinung wurden nachträglich Kehlbleche am Dach verlängert.
Die Klägerin hat mit Anwaltsschriftsatz vom 07.10.2009 den Beklagten zur Auskunftserteilung aufgefordert (Anlage K2), worauf dieser nicht reagierte.
Die Klägerin trägt vor, sie wisse. nicht, ob weitere Gerichtsverfahren wegen Baumängeln am Haus anhängig gewesen seien. Die Versicherung des Beklagten im notariellen Kaufvertrag, dass ihm verborgene Mängel nicht bekannt seien, sei falsch gewesen. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet, der Klägering die begehrte Auskunft zu erteilen. Sie meint, es handele sich hier ggf. um einen Schadensersatzanspruch auf Richtigstellung der falschen Erklärung, Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel tatsächlich hinreichend beseitigt worden seien.
Die Klägerin stellt daher folgende Anträge:
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Baumängel an dem Gebäude XXX, - Sonder- und' Gemeinschaftseigentum - zu geben,
soweit sie ihm bekannt sind.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die eidesstattliche Versicherung auf die Richtigkeit dieser Auskunft zu geben.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Auffassung, für das Aufkunftsbegehren der Klägerin fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Mit der Klage auf Auskunft würde die Klägerin zudem die gesetzlichen Beweislastregeln bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aushebeln. Außerdem seien der Klägerin bereits die Aktenzeichen der Gerichtsverfahren bekannt, so dass es ihr ohne Weiteres möglich sei, in diese Gerichtsakten Einsicht zu nehmen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegt. Auch hätte die Klägerin anlässlich der Besichtigungstermine im September 2009 und März 2010 die Sachverständige XXX zu etwaigen Mängeln befragen können. Im Übrigen seien zur Zeit des Kaufvertrags sämtliche festgestellten Mangel bereits behoben gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsatze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die begehrte Auskunft.
A. Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im-Ungewissen ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGH Urteil vom 17.07.2002, VIII ZR 64/01, Juris-Fundstelle, Rn. 9). Der Auskunftsanspruch ist indes nur ein Hilfsanspruch; um die Geltendmachung eines Hauptanspruchs vorzubereiten; Auskunft kann nicht um ihrer selbst Willen begehrt werden.
1.
Vorliegend fehlt es bereits an der hinreichenden Darlegung der Voraussetzungen für einen Hauptanspruch - etwa aus kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistung. Grundsätzlich ist nämlich eine Auskunftspflicht nur begründet, wenn der Leistungsanspruch dem Grunde nach feststeht, und lediglich der Anspruchsinhalt, den .zu bestimmen die Auskunft benötigt wird, offen ist (Münchener Kommentar, BGB, § 260, Rn. 15). Hiervon abweichend wird zwar vertreten, dass bei vertraglichen Ansprüchen (anders als bei gesetzlichen) ein Auskunftsanspruch, namentlich zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen, bereits bei dem begründeten Verdacht einer Vertragsverletzung besteht, ohne dass die anspruchsbegründenden. Merkmale (einschließlich der Pflichtverletzung) feststehen müssen. Vorliegend ist jedoch zu bedenken, dass sich durch die begehrte Auskunft die allgemein anerkannten Darlegungpflichten und -risiken in Bezug auf den Hauptanspruch verschieben würden. An sich ist es Sache des Anspruchsberechtigten, die für die Geltendmachung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen beizubringen. Der Anspruchsgegner, auch wenn er Vertragspartner ist, braucht hierbei nicht mitzuhelfen, etwa die ihm zu Last gelegte Vertragsverletzung im einzelnen einzuräumen, wenn der Berechtigte darüber nur Vermutungen anstellen kann. Daran kann auch keine auf § 242 BGB gestützte Auskunftspflicht etwas ändern. Jedenfalls bei reinen Austauschverträgen (in Abgrenzung zu Dauerschuldverhältnissen), bei denen es um die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen geht, ist daher richtigerweise ein Auskunftsanspruch mit der Funktion, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen, zu verneinen (vgl. Münchener Kommentar, BGB, § 260, Rn. 16). Etwaige Unbilligkeiten lassen sich ggf. dadurch ausgleichen, dass bei Geltendmachung des Hauptanspruchs sekundäre Behauptungslasten des Anspruchsgegners angenommen werden.

Im hiesigen Fall kommt noch hizu, dass die Klägerin vom Beklagten pauschal "Auskunft über Baumängel an dem Gebäude (,..), soweit sie ihm bekannt sind“, begehrt. Erfasst wären mithin auch Erkenntnisse des Beklagten nach Kaufvertragsschluss, deren Zusammenhang mit einem klägerseits nicht spezifizierten Hauptanspruch nicht ersichtlich ist.
2. .Außerdem fehlt es vorliegend an der entschuldbaren Ungewissheit der Klägerin. Ein Auskunftsanspruch setzt nämlich voraus, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und sich die erforderlichen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann. Der Anspruch ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Berechtigte sich aus ihm zugänglichen Quellen informieren kann (Palandt, BGB,70. Auflage, § 260, Rn. 7). Vorliegend hatte die Klägerin ohne Weiteres die Möglichkeit, sich die gewünschten Informationen zu beschaffen: So wäre es ihr möglich gewesen, gem. § 299.Abs. 2 ZPO bei Gericht Einsicht in die Akten, deren Aktenzeichen ihr bekannt sind, zu beantragen. .Als neue Eigentümerin der Eigentumswohnung Nr. 5 Ist ein rechtliches Interesse der Klägerin auf Einsicht in die Akten, die Baumängel am Gemeinschafts- oder ihrem Sondereigentum betreffen, zu bejahen. Im Übrigen besteht die Möglichkeit der Akteneinsicht bei Zustimmung der Parteien. Dass es Mängelkomplexe gibt, die nicht Gegenstand der drei gerichtlichen Verfahren waren, aber zum Zeitpunkt des notariellen Kaufvertrags schon vorlagen, ist nicht ersichtlich, Insoweit fehlt es jedenfalls an einem begründeten Verdacht einer Vertragspflichtverletzung des Beklagten.

B. Anspruch auf Schadensersatz
Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Auskunft ergibt sich auch nicht aus schadensersatzrechtlichen Vorschriften (etwa § 280 Abs, 1 BGB). Die Rechtsfolge des Schadensersatzes führt schon nicht zum Anspruchsziel. Zwar ist gem. § 249 Abs. 1 BGB im Rahmen des Schadensersatzes der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Vorliegend erachtet die Klägerin als anspruchsauslösenden Umstand die angeblich falsche Versicherung des Beklagten, dass ihm verborgene Mängel des Kaufgegenstands nicht bekannt sind. Würde der Beklagte verurteilt werden, im Rahmen des Schadensersatzes diese Behauptung richtig zu stellen, so wäre er verpflichtet zu erklären, dass diese, "Versicherung" im notariellen Kaufvertrag nicht stimmt. Auskunft; über Baumängel müsste er auf dieser Grundlage nicht erteilen.
II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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