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18.02.2011

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 15.11.2010 – 5 Sa 102/10

Es ist im Rahmen einer Stichtagsregelung zulässig, die Fortgeltung des ursprünglichen - für die Arbeitnehmer günstigeren - betrieblichen Altersversorgungssystems nur für die Arbeitnehmer vorzusehen, die zum Stichtag 1.1.1994 bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis waren.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.10.2009 - 15 Ca 3374/09 abgeändert:

1. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, nach welchem Tarifvertrag sich die betriebliche Altersversorgung des Klägers richten wird.

Die Beklagte ist die Ge für die R - und F .

Der Kläger ist seit 1980 für die Beklagte tätig. Grundlage der Tätigkeit waren zunächst Honorarverträge. Seit dem 01.06.1993 ist der Kläger durchgehend auf arbeitsvertraglicher Grundlage für die Beklagte tätig.

In der Zeit vom 01.06.1993 bis zum 31.12.1995 war der Kläger ununterbrochen aufgrund hintereinander geschalteter Vertragsbefristungen tätig (Bl 84 ff d.A.). Der letzte befristete Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1.6.1994 bis zum 31.12.1995 enthielt in § 1 als Befristungsgrund die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsassistent in HAG/GAD zur Vertretung einer Mitarbeiterin, die für einen befristeten Zeitraum ein anderes Aufgabengebiet übernommen habe (Bl. 104 ff d.A.).

Ab dem 01.01.1996 wurde zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschlossen. In dem Arbeitsvertrag vom 24.11.1995 heißt es in § 15 ausdrücklich (Bl. 113 d. A.):

"Die Zeit vom 01.06.1993 bis zum 31.12.1995 wird gemäß § 10 MTV W /G als Beschäftigungszeit angerechnet".

In diesem Vertrag wurde dem Kläger erstmals eine Versorgungszusage erteilt (§§ 11,15 des Vertrages - Bl. 111 f d.A.).

Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich bei den vorangegangenen Befristungen um rechtswirksame Befristungen nach dem damals jeweils geltenden Recht gehandelt hat. In der Sache streiten die Parteien darüber, ob sich die Altersversorgung des Klägers nach dem günstigeren W -Tarifvertrag, der eine Gesamtversorgung garantiert, oder nach dem ungünstigeren A -Tarifvertrag, der einen von der gesetzlichen Altersrente unabhängigen Betriebsrentenanspruch enthält, richtet.

In dem Tarifvertrag über die Versorgungszusage des W K (im Folgenden W -Tarifvertrag) vom 01.07.2003 in der Fassung vom 02.07.2008 (Bl. 5 ff. d. A.) heißt es in § 1 zum Anwendungsbereich u. a.:

"(1) Der W R erteilt seinen

- unbefristet beschäftigte Arbeitnehmern/

Arbeitnehmerinnen (§ 2 Abs. 1 Manteltarifvertrag des W ; im Folgenden: MTV),

- unbefristet beschäftigten Ausalnd-Korres-

pondenten/-Korrespondentinnen und

- unbefristet beschäftigten Orchester- und Chormitgliedern (§ 2 Abs. 2 a Manteltarifvertrag für die Orchester- und Chormitglieder; im Folgenden: CO-MTV)

eine Versorgungszusage nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen unter der Voraussetzung, dass ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem W vor dem 1. Januar 1994 begonnen hat (im Folgenden zusammen: Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen).

Keine Versorgungszuage erhalten

a) Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen, die bis zur Erreichung der Altersgrenze nach § 4 dieses Tarifvertrages die vorgeschriebene Wartezeit nicht erfüllen,

b) Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit geringer ist als die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen des W ,

c) befristet beschäftigte Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen des W ."

Der A -Versorgungstarifvertrag in der Fassung vom 01.08.2008 (Bl. 48 ff. d. A.) enthält zum Geltungsbereich in § 1 folgende Regelung:

"Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach dem Manteltarifvertrag eine Versorgungszusage beanspruchen können (nachfolgend: versorgungsfähiges Arbeitsverhältnis) und

beim B R nach dem 31.12.1992

bei der D W nach dem 31.03.1993

beim D nach dem sich nach § 21 Ziffer 1 ergebenden Zeitpunkt

beim H R nach dem sich nach § 21 Ziffer 1 ergebenden Zeitpunkt

beim N R nach dem 31.12.1992

beim M R nach dem 30.06.1991

beim O R B nach dem 31.12.1991

bei R B nach dem sich nach § 21 Ziffer 1 ergebenden Zeitpunkt

beim S R nach dem sich nach § 21 Ziffer 1 ergebenden Zeitpunkt

beim Sender F B nach dem 31.12.1990

beim S R nach dem sich nach § 21 Ziffer 1 ergebenden Zeitpunkt

beim S nach dem 31.12.1992

beim W R K nach dem 31.12.1993

eingestellt worden sind.

Protokollnotiz zu § 1:

Einstellung ist auch die Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnis."

Mit der seit dem 08.04.2009 anhängig gemachten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sich seine Altersversorgung nach dem günstigeren W -Tarifvertrag richten werde. Er hat vorgetragen, nach seiner Auffassung sei er spätestens im Juni 1993 "eingestellt" worden im Sinne des W -Tarifvertrages. Die Befristungsvereinbarungen seien schon deshalb nicht relevant, weil die Befristungen nach damaligem Recht rechtsunwirksam gewesen seien.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass für die betriebliche Altersversorgung des Klägers der Tarifvertrag über die Versorgungszusage des W R K vom 01.07.2003 für Arbeitnehmer/innen, deren unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem W vor dem 01.01.1994 begonnen hat (TV-VZ 2005) gilt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus dem Wortlaut der Verträge, insbesondere im Hinblick auf die Protokollnotiz zu § 1 des A -Tarifvertrages, ergebe sich, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht bestehe, weil er am 31.12.1993 noch auf befristeter Vertragsgrundlage beschäftigt gewesen sei.

Durch Urteil vom 05.10.2009 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Bereits nach dem Wortlaut des W -Tarifvertrages habe der Kläger einen Anspruch auf Versorgung aus dem W -Tarifvertrag. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages, am 01.07.2003, sei der Kläger nämlich unbefristet beschäftigt gewesen. Dieses unbefristete Beschäftigungsverhältnis habe vor dem 31.12.1993 begonnen. Die Befristung der vertraglichen Grundlage im Zeitraum von 1993 bis 1996 sei nachträglich entfallen. Denn die zugrundeliegende Prognose habe sich als unrichtig erwiesen. Das Beschäftigungsbedürfnis sei nicht mit Befristungsende entfallen. Hierfür spreche auch § 15 des Arbeitsvertrages vom 24.11.1995, mit dem die Parteien eine Betriebszugehörigkeit gemäß § 10 MTV seit dem 01.06.1993 vereinbart hätten. Aus dem A -Tarifvertrag, insbesondere der Protokollnotiz zu § 1 des A -Tarifvertrages ergebe sich nichts Abweichendes. Eindeutig sei die Rechtslage nur, wenn die Protokollnotiz gelautet hätte, "hat eine Umwandlung eines befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis stattgefunden, dann ist erst der Tag der Umwandlung die Einstellung im Sinne dieser Vorschrift". Das vom Tarifvertrag verwendete Wort "auch" spreche hingegen eindeutig für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs zugunsten der Arbeitnehmer und nicht für eine Einschränkung. Die teleologische Betrachtung führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Tarifvertrag einen gleichheitswidrigen Zustand habe regeln wollen. Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die vor 15 Jahren noch auf einer befristeten Vertragsgrundlage beschäftigt gewesen seien mit solchen, die von vorneherein unbefristete Verträge abgeschlossen hätten, verstoße gegen den Gleichheitssatz, da es an einem zulässigen Differenzierungskriterium fehle.

Vorliegend handele es sich nicht um die Frage, ob ein Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung befristet Beschäftigte und unbefristet Beschäftigte gleich behandeln müsse. Denn zum Zeitpunkt der Zusage sei der Kläger nicht mehr in einem befristeten, sondern in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis tätig gewesen. Der Kläger habe damit im Vergleich mit einem Kollegen, der von vorneherein auf unbefristeter Vertragsgrundlage beschäftigt gewesen sei, gleichermaßen Betriebstreue bewiesen. Der Gleichheitsverstoß folge außerdem aus § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG.

Gegen dieses am 06.01.2010 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auch innerhalb der verlängerten Frist begründeten Berufung.

Zur Begründung macht die Beklagte geltend, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der gerichtlichen Befristungskontrolle grundsätzlich nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Zulässigkeit der Befristung sei der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages. Dem letzten bis zum 31.12.1995 befristeten Arbeitsvertrag habe ein Vertretungsfall zugrundegelegen, so dass die Befristung gerechtfertigt gewesen. Unabhängig hiervon sei zu berücksichtigen, dass der Kläger diese letzte Befristung nicht gerichtlich angegriffen habe, so dass die Fiktionswirkung des § 1 Abs. 5 BschFG 1996 i. V. m. § 7 KSchG eingetreten sei.

Schließlich habe der Kläger die Geltendmachung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses verwirkt. Der Kläger unterfalle nicht dem W -Tarifvertrag, weil er erst seit dem 01.01.1996 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe. Der Tarifvertrag sehe ausdrücklich vor, dass er nur für Arbeitnehmer gelte, deren unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem W vor dem 01.01.1994 begonnen habe. Das Arbeitsgericht habe die Protokollnotiz zu § 1 A -Tarifvertrag unzutreffend ausgelegt. Vorliegend fehle es schon an einer Umwandlung eines befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, da der Kläger aufgrund eines neuerlichen Vertrages ab dem 01.01.1996 erstmals unbefristet eingestellt worden sei. Selbst wenn man von einer Umwandlung ausgehen wolle, sei diese Umwandlung nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien erst zum 01.01.1996 erfolgt. Dies entspreche auch dem Willen der Tarifvertragsparteien und werde durch Auskunft der Tarifvertragsparteien und Zeugnis des Herrn A D unter Beweis gestellt.

Ein Gleichheitsverstoß könne nicht angenommen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seien die Tarifvertragsparteien einer unmittelbaren Bindung an Art. 3 Abs. 3 GG nicht unterworfen. Vielmehr seien sie bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Anwendungsbereich/Geltungsbereich der Tarifregelungen festzulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei es auch zulässig, befristet Beschäftigte von der betrieblichen Altersversorgung auszuschließen. Das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG entfalte keine Rückwirkung, so dass vor dem 01.01.2001 wirksam vereinbarte Befristungen hiervon nicht erfasst würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei es sachlich gerechtfertigt, dass vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer von betrieblichen Versorgungsleistungen ausgeschlossen würden. Die Tarifvertragsparteien hätten eine Stichtagsregelung getroffen, die ihren Grund u. a. in dem Rentenreformgesetz 1992 gehabt habe. Wäre die seinerzeit geltende Versorgungsordnung der Dienstvereinbarung 1995 unverändert geblieben, hätte die vorzeitige Inanspruchnahme der Sozialversicherungsrente zur Folge gehabt, dass die Beklagte ebenso wie der W in Zukunft mit der betrieblichen Altersversorgung die Kürzungen der Sozialversicherungsrenten aufzufüllen gehabt hätten. Aus diesem Grund sei die damalige Dienstvereinbarung gekündigt worden und eine völlige Neuordnung des betrieblichen Versorgungssystems vorgenommen worden. Dabei sei eine Stichtagsregelung zum 01.01.1994 vorgenommen worden. Stichtagsregelungen seien aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als "Typisierungen in der Zeit" ungeachtet der mit ihnen verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises grundsätzlich zulässig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.10.2009, Aktenzeichen 15 Ca 3374/09 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Bei der Auslegung sei insbesondere § 4 Abs. 2 TzBfG und der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen. § 4 Abs. 2 TzBfG gelte seit dem 01.01.2001, sei also auch im Rahmen der Auslegung des seit dem 01.07.2003 geltenden Tarifvertrages zu berücksichtigen. Ein sachlicher Grund, der eine unterschiedlicher Behandlung des Klägers im Vergleich zu einem vor dem 01.01.1994 bereits unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer rechtfertigen könnte, habe die Beklagte auch im Rahmen der Berufungsbegründung nicht darlegen können. Besonders sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seit November 1992 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt sei und diese in § 15 des Arbeitsvertrages mit dem Kläger vereinbart habe, dass die Zeit ab dem 01.06.1993 als Beschäftigungszeit im Sinne des § 10 MTV W /G angerechnet werde. Es könne daher auch offen bleiben, ob zum 01.01.1994 ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis vorgelegen habe. Unabhängig hiervon könne sich der Kläger auch heute noch darauf berufen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, weil die vereinbarten Befristungen unwirksam gewesen seien. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Klagefrist nach der zum 01.10.1996 gültigen Neufassung des BeschFG auch für Altfälle gelte und am 11.10.1996 geendet habe. Denn dieser Grundsatz gelte nicht ausnahmslos. Bis zum 21.10.1996 habe es für den Kläger keinerlei Veranlassung gegeben, eine Feststellungsklage (Entfristungsklage) zu erheben. Abgesehen davon, dass er zum damaligen Zeitpunkt bereits unbefristet beschäftigt gewesen sei, habe es zum damaligen Zeitpunkt weder den hier streitgegenständlichen Versorgungstarif noch eine inhaltsgleiche Vorgängerregelung gegeben. Eine Feststellungsklage des Klägers hätte daher zum damaligen Zeitpunkt mangels Rechtsschutzbedürfnis zwingend abgewiesen werden müssen. Nicht einschlägig seien schließlich die Grundsätze der Verwirkung. Ein Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Kläger seine Ansprüche aus dem Versorgungsvertrag nicht geltend machen würde, habe schon deshalb nicht entstehen können, weil die hier streitgegenständliche Problematik zum damaligen Zeitpunkt nicht habe bekannt sein können.

Der Gesichtspunkt der schnellst möglichen Umstellung auf ein neues Altersversorgungssystem komme als Abwägungsgesichtspunkt nicht in Betracht, denn die Altregelung gelte auch noch für Mitarbeiter, die - nach Kündigung der entsprechenden Dienstvereinbarung Anfang 1993 zum 31.12.1993 - kurz vor Jahresende des Jahres 1993 unbefristet eingestellt worden seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, sodass die Klage abgewiesen werden musste.

Mit Recht hat das Arbeitsgericht die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht. Der Kläger hat ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO. Dies ergibt sich daraus, dass er ein anzuerkennendes Interesse hat, frühzeitig zu wissen, welchen Umfang seine betriebliche Altersrente hat, denn nur dadurch wird er in die Lage versetzt, rechtzeitig disponieren zu können und gegebenenfalls zusätzliche Vorkehrungen für eine weitere private Altersvorsorge zu treffen.

Die Feststellungsklage ist hingegen nicht begründet. Denn der Kläger fällt nach Überzeugung der Kammer nicht unter die von ihm begehrte Altfallregelung des W -Tarifvertrages, sondern unter die Regelung des A -Versorgungstarifvertrages.

Aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt sich kein Anspruch darauf, den W -Tarifvertrag anzuwenden. Zwar enthält der Arbeitsvertrag in § 15 (Bl. 113 d. A.) die Festlegung, dass die Zeit der vorherigen befristeten Arbeitsverhältnisse vom 01.06.1993 bis zum 31.12.1995 gemäß § 10 MTV-W als Beschäftigungszeit angerechnet wird. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass hiermit auch verbunden wäre, dass die Parteien die ursprüngliche Versorgungsregelung, die in der Dienstvereinbarung 1985 enthalten war und die Gegenstand der Altfallregelung im W -Tarifvertrag geblieben ist (Gesamtversorgungssystem) auch auf den Kläger angewandt werden sollte.

Hiergegen spricht durchschlagend die ebenfalls in § 15 des Arbeitsvertrages getroffene Regelung, in der der Kläger auf die Kündigung der Dienstvereinbarung hingewiesen wurde und in dem auf die in Verhandlung befindende Neuregelung hingewiesen wird. In § 15 des Arbeitsvertrages heißt es zu diesem Punkt abschließend wörtlich (Bl. 113 d.A.):

"Aus diesem Grunde wird sich ihre Altersversorgung nach dieser zu erwartenden Neuregelung richten."

Damit war unmissverständlich klargestellt, dass nach dem Willen der Vertragsparteien der Kläger jedenfalls nicht unter die Altfallregelung eines Gesamtversorgungssystems entsprechend der Dienstvereinbarung 1985 fallen würde, sondern dass sich seine Zusage sich seine Altersversorgung allein nach der zukünftig zu erwartenden Neuregelung richten werde.

Der Kläger musste mithin davon ausgehen, seine Altersversorgung allein auf dieser Neuregelung basieren würde. Die ebenfalls in § 15 vereinbarte Anrechnung der Beschäftigungszeit machte auch unabhängig hiervon Sinn. Denn auch nach der Neuregelung in Gestalt des A -Versorgungstarifvertrages machte es Sinn, vorangegangene befristete Beschäftigungszeiten anrechnen zu lassen und deren Anrechenbarkeit auch vertraglich festzuhalten. Denn bei der Berechnung der betrieblichen Altersrente nach der Neuregelung im A -Versorgungstarifvertrag zählten vorgegangene befristete Beschäftigungszeiten gemäß § 4 Abs. 3 A -Versorgungstarifvertrag mit.

Aus dem Arbeitsvertrag kann daher kein Anspruch auf die Geltung der Altfallregelung in § 1 Abs. 1 des W -Tarifvertrages hergeleitet werden.

Kein Anspruch folgt ferner aus der tarifvertraglichen Regelung selbst.

a. § 1 Abs. 1 des W -Tarifvertrages legt fest, dass unter die Gesamtversorgungsregelung des W -Tarifvertrages nur unbefristet Beschäftigte Arbeitnehmer fallen, deren unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem W vor dem 01.01.1994 begonnen hat. Hierunter fällt der Kläger nicht, denn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ist erst zum 01.01.1996 geschlossen worden.

Die Kammer vermag insoweit nicht dem Vortag des Klägers zu folgen, wonach die vorangegangenen Befristungen rechtsunwirksam gewesen seien, sodass tatsächlich von einem von Anfang an unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen sei und deshalb die tarifvertragliche Voraussetzung eines vor dem 01.01.1994 begonnenen unbefristeten Arbeitsverhältnisses erfüllt sei.

Der Kläger hat die Befristungen gerichtlich nicht angegriffen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass insoweit keine bestimmte Klagefrist Geltung beanspruch kann, ist der Gesichtspunkt der Verwirkung, auf den sich der Beklagte beruft, zu beachten. Zumindest nachdem die Abkehr vom Gesamtversorgungssystem durch die Dienstvereinbarung im Jahre 1998 vollzogen worden war, hätte Anlass für den Kläger bestanden, die Befristungen überprüfen zu lassen, wenn er der Auffassung war, es handele sich dabei in Wahrheit um unbefristete Verträge, sodass die Altfallregelung des Gesamtversorgungssystems Anwendung finden müsse. Im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt zu Tage getretene Konfliktlage hätte ein Feststellungsinteresse vor dem Hintergrund des bereits damals vorhandenen Relevanz der Stichtagsregelung nicht verneint werden können; das Feststellungsinteresse hätte bereits aus denselben Gründen, aus denen es jetzt für die Feststellungsklage maßgeblich ist, gegolten.

Im Jahre 1998 befand sich der Kläger zudem bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, sodass ein solches Feststellungsbegehren ohne Rücksicht auf die Gefahr, möglicherweise keine Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages zu erhalten, hätte geltend gemacht werden können. Dem gegenüber hatte der Kläger durch seine Unterschrift unter den unbefristeten Arbeitsvertrag Ende 1995 dem Arbeitgeber gegenüber klar zu erkennen gegeben, dass auch er davon ausging, nicht mehr unter die ursprüngliche Gesamtversorgungsregelung zu fallen, sondern unter die zu erwartende Neuregelung.

Angesichts dieses vom Kläger gesetzten Umstandes spricht viel dafür, dass der Kläger anschließend nicht mehr als 10 Jahre abwarten durfte, eher er nunmehr mit der Klage geltend macht, entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung doch noch unter die ursprüngliche Gesamtversorgungsregelung zu fallen, weil die vor mehr als 13 Jahren geschlossenen befristeten Arbeitsverträge rechtsunwirksam seien.

b. Unabhängig hiervon scheitert ein Anspruch jedenfalls daran, dass eine Rechtsunwirksamkeit der Befristung nicht festgestellt werden kann.

Bei mehreren aufeinander folgenden Befristungen ist grundsätzlich nur die Rechtmäßigkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrages auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen (s. BAG Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05 -, NZA 2006, S. 154 ff.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Zulässigkeit der Befristung ist der Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages. Der sachliche Grund muss zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages vorliegen. Zwischenzeitlich eintretende andere Entwicklungen sind grundsätzlich unerheblich. Während der Vertragslaufzeit eintretende Änderungen berühren die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung grundsätzlich nicht (s. BAG Urteil vom 16.11.2005 - 7 AZR 81/05 -, NZA 2006, S. 784 ff.).

Im vorliegenden Fall enthielt der letzte befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.06.1994 bis zum 31.12.1995 in § 1 (Bl. 104 ff. d. A.) die Regelung, dass der Kläger befristet beschäftigt werde als Verwaltungsassistent in HAG/GAD zur Vertretung einer Mitarbeiterin, die für einen befristeten Zeitraum ein anderes Aufgabengebiet übernommen habe.

Aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich nicht, dass dieser Befristungsgrund tatsächlich nicht bei Vertragsabschluss vorgelegen hätte. Nach dem Vertragstext hat der Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs vorgelegen, da es nach dem Vertrag Aufgabe des Klägers war, eine Mitarbeiterin zu vertreten, die ihrerseits für einen befristeten Zeitraum ein anderes Aufgabengebiet übernommen hatte.

Mit dem allgemeinen Vortrag des Klägers, für seine Beschäftigung habe stets Bedarf bestanden und die gegenteiligen Prognosen seien widerlegt worden, lässt sich nicht etwas Konkretes dafür herleiten, dass der in jenem Vertrag genannte Befristungsgrund nicht der Wahrheit entsprochen hätte und dies zudem schon bei Abschluss des befristeten Vertrages bekannt gewesen wäre. Konkrete Umstände, die die Rechtswidrigkeit dieser Befristungsabrede in Frage stellen könnten, sind dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen. Insbesondere hat der Kläger nicht konkret und unter Angabe weiterer Einzelheiten in Abrede gestellt, dass er tatsächlich als Verwaltungsassistent in HAG/GAD im angegebenen Zeitraum beschäftigt gewesen wäre.

c. Schließlich folgt auch aus der Protokollnotiz zu § 1 des W -Tarifvertrages nicht, dass beim Kläger von einem vor dem 01.01.1994 begründeten unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen wäre. Nach der Protokollnotiz ist als Einstellung auch die Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses anzusehen. Schon der Wortlaut spricht daher, wovon auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgeht, dafür, dass der Umwandlungszeitpunkt maßgebend dafür sein soll, ob die Altfallregelung oder die Neuregelung gilt. Die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erfolgte aber erst zum 01.01.1996 und damit nach dem 01.01.1994. Dass im Sinne der Protokollnotiz der Umwandlungszeitpunkt und nicht der Zeitpunkt des erstmaligen befristeten Arbeitsverhältnisses maßgebend sein soll, ergibt sich nach Sinn und Zweck der tariflichen Regelung auch daraus, dass grundsätzlich für befristete Arbeitsverhältnisses nach § 1 Abs. 1 a keine Versorgungszusage erteilt wird.

Aus dem Tarifvertrag folgt daher kein Anspruch des Klägers.

Schließlich kann der Anspruch des Klägers auch nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt werden.

Zu Unrecht macht die Beklagtenseite diesbezüglich allerdings geltend, die tarifvertragliche Regelung könne von vorne herein nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz überprüft werden. Mit Recht hat das Arbeitsgericht diesbezüglich ausgeführt, dass die Gerichte für Arbeitssachen auch Tarifverträge daraufhin zu überprüfen haben, ob sie gegen höherranginges Recht, insbesondere gegen das Grundgesetz oder zwingendes Gesetzesrecht verstoßen (s. BAG, Urteil vom 27.01.1998 - 3 AZR 766/96).

Der allgemeine Gleichheitssatz ist Teil der objektiven Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht. Die durch Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes geschützte Tarifautonomie vermag dies nicht in Frage zu stellen. Denn Artikel 9 Abs. 3 GG erlaubt den Tarifvertragsparteien nicht, sich über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinweg zu setzen. Insoweit haben die Tarifvertragsparteien keinen unbeschränkten von Verfassungskontrolle freigestellten Regelungsspielraum. Auch die Tarifvertragsparteien müssen zwingendes übergeordnetes Recht beachten.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt jedoch im vorliegenden Fall nicht vor.

aa) Keine Benachteiligung befristet Beschäftigter im Verhältnis zu unbefristet Beschäftigten kann zunächst darin gesehen werden, dass die Zeiten der befristeten Beschäftigung nicht berücksichtigt würden. Denn sowohl nach der Altfallregelung im W -Tarifvertrag wie auch nach der Neuregelung im A -Versorgungstarifvertrag werden Zeiten einer befristeten Beschäftigung bei der Berechnung der betrieblichen Altersrente berücksichtigt. Insoweit wird nach jeder dieser Regelungen die Betriebstreue bei der Berechnung in Ansatz gebracht, unabhängig davon, ob sie zunächst in befristeten Arbeitsverhältnissen und später in unbefristeten Arbeitsverhältnissen oder von vorne herein in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erbracht worden ist.

bb) Die Stichtagsregelung, die die Parteien in dem WDR-Tarifvertrag geschlossen haben, kann nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsverstoßes beanstandet werden.

Es handelt sich um eine Stichtagsregelung, die diejenigen Arbeitnehmer von der Altfallregelung ausschließt, die nicht bereits zum 01.01.1994 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hatten.

Stichtagsregelungen sind als "Typisierung in der Zeit" ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises zulässig. Dies gilt sowohl bei der Einführung von Leistungen als auch bei dem Inkrafttreten belastender Regelungen. Die Wahl des Stichtages muss sich am angegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen angemessen berücksichtigen. Berücksichtigt werden muss insbesondere auch das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Regelung. Für tarifliche Normsetzung gilt dabei eine relative Sachlichkeitsvermutung (so BAG, Urteil vom 19.2.2008 - 1AZR 1004/06, NZA 2008, Seite 719 ff; Erfurter Kommentar/Schmidt 11. Auflage, Artikel 3 Grundgesetz, Randnummer 46 ff.).

Im vorliegenden Fall hält die angegebene Stichtagsregelung der Gleichbehandlungskontrolle stand. Das erkennbare Differenzierungskriterium bei der Wahl des Stichtages besteht darin, nur diejenigen Arbeitnehmer unter die ursprüngliche Gesamtversorgungsregelung fallen zu lassen, die am 01.01.1994 bereits einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatten. Dies steht in sachlichem Zusammenhang damit, dass nach dem Tarifvertrag nur diejenigen Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgungszusage erhalten, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Denn nur bei diesen besteht, anders als bei befristet Beschäftigten, ein Bindungsinteresse des Arbeitgebers, während der Arbeitgeber bei denjenigen Beschäftigten, die er befristet beschäftigt, selbst davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis mit Befristungsablauf enden wird. Vor diesem Hintergrund ist anerkannt, dass es sachlich gerechtfertigt ist, befristet Beschäftigte von einer betrieblichen Altersversorgungszusage auszunehmen.

Dann aber kann nicht beanstandet werden, wenn auch bei der Frage, ab wann eine verschlechternde Neuregelung gilt, darauf abgestellt wird, wer zum Stichtag bereits eine vertragliche Altersversorgungszusage hatte und wer nicht. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass der Kläger erst durch den ab dem 01.01.1996 geltenden Arbeitsvertrag eine vertragliche Altersversorgungszusage erhalten hat und er sich damit von jenen Arbeitnehmern unterscheidet, die bereits vor dem 01.01.1994 vertraglich eine Altersversorgung zugesagt bekommen hatten, weil sie bereits vor dem 01.01.1994 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis tätig waren.

Als sachliches Interesse ist zudem anzusehen, dass der Arbeitgeber beim Übergang auf eine Neuregelung das Interesse haben muss, diese Neureglung möglichst schnell auf alle Arbeitsverhältnisse anwenden zu können und den Kreis derer, die noch unter die ursprüngliche Regelung fallen sollen, klein halten will.

Schließlich spricht der Vertrauensschutzgesichtspunkt nicht gegen diese Stichtagsbestimmung. Denn der Beklagte hatte in den Arbeitsverträgen, auch in dem Arbeitsvertrag des Klägers unmissverständlich deutlich gemacht, dass sich die betriebliche Altersversorgung nach der Neuregelung, nicht aber nach der Altfallregelung richten werde. Insoweit konnte ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers darauf, er werde noch unter die Altfallregelung fallen, nicht entstehen.

Insgesamt ergibt sich, dass die tarifliche Stichtagsregelung unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten letztlich nicht beanstandet werden kann.

Nach allem war keine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger gestellten Feststellungsantrag gegeben.

Auf die Berufung des Beklagten musste die Klage daher mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abgewiesen werden.

Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

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