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14.02.2011

Hessisches Landesarbeitsgericht: Beschluss vom 08.11.2010 – 13/11/13 Sa 504/08

Die Änderung eines Hauptantrags in einen Hilfsantrag stellt keine teilweise Erledigung, Teilrücknahme oder sonstige Beendigung eines Verfahrensteils im Sinne des Teils 8 KV-GKG dar und verhindert deshalb nicht den vollständigen Wegfall der Verfahrensgebühr bei einem folgenden prozessbeendenden Vergleich.


Tenor:

Auf die Erinnerung der Beklagten wird die Kostenrechnung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. August 2010 - 13/11/13 Sa 504/08 - aufgehoben.

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2008 kündigte der Kläger und Berufungskläger im Berufungsverfahren vor dem erkennenden Gericht folgende Anträge an:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 06. Februar 2008, Az. 7 Ca 7235/078 abgeändert.

a) Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24. August 2007 aufgelöst worden ist.

b) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Möbelpacker und Kraftfahrer bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.

c) Für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziff. 1. a) wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 825,92 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07. Januar 2008 zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2008 stellte der Kläger den Antrag zu 1b) als Hilfsantrag zu dem Antrag zu 1a). Danach schlossen die Parteien im selben Termin einen prozessbeendenden Vergleich, der unter anderem die Aufhebung der Kosten des Berufungsverfahrens vorsah.

Durch Beschluss vom 7. Oktober 2008 wurde der Gegenstandswert gemäß § 33 RVG bis zum 5. August 2008 auf 11.225,92 €, für die Zeit danach und für den Vergleich auf 8.625,92 € festgesetzt.

Am 16. August 2010 stellte die Kostenbeamtin der Beklagten eine Gerichtskostenrechnung über 175,20 €, berechnet als halbe 1,6-fache Gebühr aus 11.225,92 € unter Berufung auf Nr. 8222 KV GKG. Der Erinnerung der Beklagten vom 24. September 2010 halfen die Kostenbeamtin ebenso wenig ab wie die Bezirksrevisorin am 4. Oktober 2010 mit der Auffassung, das Verfahren habe durch Teil-Klagerücknahme vor und Teil-Vergleich nach streitiger Verhandlung beendet. Deshalb sei in analoger Anwendung von Nr. 8222 KV GKG eine 1,6 fache Gerichtsgebühr angefallen.

II. Die Erinnerung der Beklagten gegen die Kostenrechnung, den Kostenansatz, ist gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässig. Nach unterbliebener Abhilfe durch die Kostenbeamtin und die Bezirksrevisorin ist der Kammervorsitzende zuständig.

Der Erinnerung der Beklagten ist abzuhelfen.

Zu Unrecht hat die Kostenbeamtin die Beklagte mit Gerichtskosten in Höhe von 175,20 € belastet.

Gemäß der amtlichen Vorbem. 8 zu Teil 8 KV GKG ist im vorliegenden Fall durch Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 5. August 2008 die im Berufungsrechtszug angefallene Gebühr in vollem Umfang entfallen und nicht etwa nur teilweise, wie die Kostenbeamtin und die Bezirksrevisorin meinen. Durch die Klageänderung im Termin vom 5. August 2008, die Umstellung des zweiten Hauptantrags zu einem Hilfsantrag, ist nämlich keine teilweise Erledigung oder sonstige Beendigung eines Verfahrensteils vor streitiger Verhandlung eingetretenen, was den vollständigen Wegfall der Verfahrensgebühr durch den nach Antragstellung abgeschlossenen Vergleich verhindert hätte (vergleiche dazu im einzelnen Kammerbeschlüsse vom 15. Dezember 2008 - 13 Ta 366/08 - und vom 8. Oktober 2008 - 13 Ta 313/08 -).

Mit der Umstellung eines Hauptantrags auf einem Hilfsantrag begehrt der Kläger primär nur noch eine Entscheidung und lediglich für den Fall, dass hierüber in bestimmter Weise entschieden wird, eine (weitere) Entscheidung über den Hilfsantrag. Der Hilfsantrag begründet die auflösend bedingte Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs in die Form, dass eine Sachentscheidung nur für den Fall der Erfolglosigkeit oder - wie hier - des Erfolgs des Hauptantrags begehrt wird. Die Rechtshängigkeit erlischt damit erst durch rechtskräftige Zu- oder Aberkennung des Hauptantrages rückwirkend mit dem Eintritt dieser Bedingung (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 260 Randziffer 4; Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 260 Randziffer 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 260 Randziffer 17). Der Abschluss eines Vergleichs steht dem rechtskräftigen Urteil gleich.

Im vorliegenden Fall hat somit erst der abgeschlossene Vergleich die Rechtshängigkeit aller Anträge, auch des Hilfsantrags, beendet. Damit entfällt die Verfahrensgebühr im zweiten Rechtszug gemäß der Vorbem. 8 zu Teil 8 KV GKG vollständig.

Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten.

VorschriftenGKG Vorbem. 8 Teil 8, GKG Nr. 8222

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