Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

19.10.2006 · IWW-Abrufnummer 063024

Oberlandesgericht Nürnberg: Urteil vom 04.01.2006 – 6 U 114/03

Verweigert der Auftraggeber ernsthaft und endgültig die Annahme der vom Bauunternehmer angebotenen Leistung, weil er sie zu Unrecht für nicht vertragsgemäß hält, und teilt er nicht konkret mit, welche Änderung der Leistungsausführung er fordert, so kann der Bauunternehmer auch ohne Fristsetzung und Kündigungsandrohung den Vertrag kündigen. Nach Kündigung kann der Unternehmer die vertraglich vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen.


ENDURTEIL

OLG Nürnberg, Urteil vom 04.01.2006 - 6 U 114/03

In Sachen

...

wegen Forderung,

hat der. 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht Breitinger als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2005

für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 20.11.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 31.082,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter Ansprüche der Schuldnerin aus einem gekündigten Werkvertrag geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte beauftragte die Schuldnerin im September 2000, für das Objekt P in R Glasfassadenelemente mit aussenliegendem Sonnenschutz sowie Dach-Atelierfenster zu liefern und einzubauen. Die Geltung der VOB wurde vereinbart. Der Auftragserteilung lag u.a. ein Angebot der Schuldnerin vom 13.9.2000 (Anlage B 3) zugrunde, nach welchem die Fassadenelemente ca. 520 cm hoch sein sollten; der dazu gehörende Sonnenschutz (Raffstoreanlage mit Lamellen) sollte pro Fassadenelement aus 2 je ca. 255 cm hohen Behängen bestehen.

Die Fassadenelemente erstrecken sich über Erd- und Obergeschoss des Objekts P Die Decke des Erdgeschosses liegt nicht in der Mitte der Fassadenelemente, sondern etwa 50 cm höher.

Als die Schuldnerin im November 2001 mit der Montage des Sonnenschutzes begann, kam es zu Meinungsverschiedenheiten, ob die Sonnenschutzanlage vertragsgerecht ist. Dies hatte zur Folge, dass die Montage abgebrochen wurde, nachdem nur an 4 von insgesamt 17 Fassadenelementen, der von der Schuldnerin vorgefertigte Sonnenschutz komplett angebracht war. Ferner waren die bereits vorhandenen Fenstersprossen noch nicht aufgeklebt.

Die Schuldnerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2001 (Anlage K 4) mit, sie widerspreche der am Vortag vom Bauleiter der Beklagten angeordneten Einstellung der Montage. Die Einbaulage der Sonnenschutzkästen sowie die Beschattungslänge bei ausgefahrenem Sonnenschutz entspreche den im Oktober 2000 erfolgten Abreden mit dem Architekten und dem früheren Bauleiter der Beklagten; die Beklagte möge dies abklären und einen Termin für die Fortsetzung der Montage mitteilen. Die Beklagte beanstandete in einem Schreiben an die Schuldnerin vom 21.1.2002 (Anlage K 8), dass die bisher montierte Sonnenschutzanlage funktionell und maßlich nicht den Gegebenheiten entspreche; sie erwarte sofortige fachgerechte Fortsetzung der Arbeiten. Mit Anwaltsschreiben vom 22.1.2002 (Anlage K 9) ließ die Schuldnerin der Beklagten mitteilen, die Sonnenschutzanlage entspreche den freigegebenen Plänen; falls die Beklagte eine abweichende Ausführung wünsche, wolle sie ihre geänderten Vorstellungen mitteilen, damit ein Nachtragsangebot gemacht werden könne. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 28.1.2002 (Anlage K 10), sie selbst habe keine Pläne freigezeichnet; etwa vom Architekten freigegebene Pläne habe die Schuldnerin nachhaltig prüfen und eventuelle Widersprüche rechtzeitig aufzeigen müssen; die Schuldnerin solle endlich die bestellte Leistung liefern.

Bereits am 30.11.2001 hatte die Schuldnerin der Beklagten eine Abschlagsrechnung über 64.422,17 DM gestellt (Anlage K 5). Mit Schreiben vom 21.1.2002 (Anlage K 7) forderte sie die Beklagte zur Zahlung des Rechnungsbetrages auf und drohte mit Kündigung des Vertrags "nach § 9 Nr. 2 VOB/B", falls das Geld nicht bis 30.1.2002 eingegangen sei. Mangels Zahlung ließ die Schuldnerin das Vertragsverhältnis mit Anwaltsschreiben vom 5.2.2002 (Anlage K 11) unter Bezugnahme auf 9 Nr. 1 VOB/B kündigen.

Am 8.2.2002 erstellte die Schuldnerin eine Schlussrechnung über 34.029,81 Euro (Anlage K 14).

Die Beklagte liess der Kündigung mit Anwaltsschreiben vom 14.2.2002 (Anlage K 12) widersprechen. Sie habe sich nicht in Zahlungsverzug befunden, da das erbrachte Werk erhebliche Mängel aufweise. Als Fachunternehmen müsse der Schuldnerin bekannt sein, dass Sonnenschutzanlagen nicht so hergestellt werden könnten, dass die Beschattung nur von benachbarten und nicht zugänglichen Räumlichkeiten herauf- oder heruntergelassen werden könne. Auf diese Konsequenz einer etwa mit dem Architekten und dem früheren Bauleiter abgesprochenen Ausführung habe die Schuldnerin hinweisen müssen. Wegen der unberechtigten Kündigung durch die Schuldnerin kündige die Beklagte nunmehr ihrerseits den Bauvertrag aus wichtigem Grund; ferner verlange sie Nachbesserung der Sonnenschutzanlage.

Weitere Arbeiten erfolgten nicht mehr.

Den sich aus der Schlussrechnung ergebenden Betrag von 34.029,81 Euro hat die Schuldnerin eingeklagt. Mit Endurteil vom 20.11.2002 hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 31.082,07 Euro verurteilt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beanstandet, das Landgericht habe im Hinblick auf die Folgen für die Abrechnung nicht offen lassen dürfen, ob die Schuldnerin zu Recht gekündigt habe. Tatsächlich sei die Kündigung vom 5.2.2002 unberechtigt gewesen. Im Zahlungsverzug habe sich die Beklagte nicht befunden; sie habe sogar zu viel gezahlt. Die Kündigung der Schuldnerin könne nicht hilfsweise auf § 9 Nr. 1 a VOB/B gestützt werden, denn die Beklagte habe im November 2001 zu Recht beanstandet, dass die von der Schuldnerin angebotene Sonnenschutzanlage mangelhaft und nicht vertragsgerecht sei.

Die Mangelhaftigkeit der Sonnenschutzanlage hat die Beklagte in erster Instanz zunächst mit Unvollständigkeit der Leistung und später auch damit begründet, dass die Beschattung nur von benachbarten und nicht zugänglichen Räumlichkeiten herauf- oder heruntergelassen werden könne. Im Berufungsverfahren macht sie ergänzend geltend, dass die der Aufnahme der hochgefahrenen Behänge dienenden Kästen im Fall der oberen Behänge zu weit in den Bereich der Fenster hineinragten, dass die oberen und die unteren Behänge unterschiedlich lang seien und dass die Kästen für die unteren Behänge nicht in Höhe der Decke des Erdgeschosses, sondern tiefer liegen, weshalb die Räume im Erdgeschoss nur dann vollständig beschattet werden, wenn sowohl der untere als auch der obere Behang des Sonnenschutzes ausgefahren ist.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger, der am 1.4.2003 Insolvenzverwalter der Schuldnerin geworden ist, beantragt,

die Berufung abzuweisen.

Er meint, dass sich die Beklagte erst im Berufungsverfahren und damit verspätet auf Unwirksamkeit der von der Schuldnerin erklärten Kündigung berufen habe. Unabhängig davon sei diese Kündigung sowohl nach § 9 Nr. 1 a als auch nach, § 9 Nr. 1 b VOB/B berechtigt. Zum einen habe sich die Beklagte im Zahlungsverzug befunden. Zum anderen habe die Beklagte Mitwirkungspflichten verletzt, indem sie die Einstellung der Montage der Sonnenschutzanlage angeordnet und nicht erklärt habe, was an der angebotenen Leistung geändert werden solle. Die angebotene Leistung sei vertragsgemäß gewesen; Mangelbehauptungen der Beklagten, die ohnedies verspätet seien, träfen nicht zu. Die Lage der Kästen für die unteren Behänge entspreche dem Auftrag und den freigegebenen Plänen. Die von der Beklagten zur Erzielung eines einheitlichen Gesamtbilds gewünschte Positionierung des unteren Sonnenschutzkastens in der Mitte des Fassadenelements führe zwangsläufig zu dem von der Beklagten. beanstandeten Effekt, dass die Räume im Erdgeschoss durch den unteren Behang nicht vollständig beschattet werden. Es könne auch Bezahlung bereits beschafften, aber wegen der Kündigung nicht mehr eingebauten Materials beansprucht werden; dieses sei anderweit nicht zu gebrauchen und stehe der Beklagten zur Verfügung.

Der Streithelfer des Klägers beantragt

Zurückweisung der Berufung

und bringt vor, dass die von der Schuldnerin angefertigte Ausführung des Sonnenschutzes den Absprachen mit dem Bauleiter W entsprochen habe.

Im Berufungsverfahren ist Beweis erhoben worden durch Einnahme eines Augenscheins, Erholung eines Gutachtens des. Dipl.-Ing. B, Anhörung des Sachverständigen sowie Vernehmung der Zeugen W, ###, L, ###, ###, R, und H K.

Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 61 - 68 d.A.), die Verhandlungsprotokolle vom 24.10.2003, 29.10.2003, 11.6.2004, 10.5.2005, 26.7.2005, 15.11.2005 und 6.12.2005(Bl. 127 - 129, 135 - 138, 249 - 253, 343 - 347, 374 - 381, 410 - 425, 432 - 436 d.A.), das Gutachten vom 1.4.2005 (Bl. 294 - 323 d.A.) sowie die gewechselten Schriftsätze samt deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Die Schuldnerin hat den Werkvertrag wirksam gemäß § 9 VOB/B gekündigt (A), weshalb die Beklagte den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag schuldet (B).

A. Wirksamkeit der Kündigung der Schuldnerin:

Da mit der Klage auch Vergütung für nicht erbrachte Leistungen (unfertige Sonnenschutzanlage, nicht aufgeklebte Fenstersprossen) verlangt wird und ein dahingehender Anspruch im Fall der Auftragsentziehung nach § 8 Nr. 3 VOB/B grundsätzlich nicht besteht (vgl. BGH BauR 95, 545), kann entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht offen bleiben, ob die Kündigung der Schuldnerin vom 5.2.2002 berechtigt war. Die schon in erster Instanz streitige (I.) Frage ist dahin zu beantworten, dass zwar nicht die Voraussetzungen des §. 9 Nr. 1 b VOB/B vorliegen (II.), jedoch die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 a VOB/B (III.).

I.

Die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe sich erst im Berufungsverfahren auf Unwirksamkeit der Kündigung vom 5.2.2002 berufen, trifft nicht zu. Die Beklagte hat schon im Schriftsatz vom 24.10.2002 die Fälligkeit der Abschlagsrechnung vom 30.11.2001 bestritten, auf deren Offenstehen die Kündigung vom 5.2.2002 gestützt war.

II.

Mit Bezahlung der Abschlagsrechnung vom 5.2.2002 war die B klagte nicht im Verzug.

In dieser Abschlagsrechnung (Anlage K 5) hat die Schuldnerin für die 17 Fassadenelemente, die einen Sonnenschutz erhalten sollten, jeweils den vereinbarten Pauschalpreis von 17.852,-- DM (vgl. Anlage B 3) angesetzt (Pos. 3 der Rechnung) und von der sich danach ergebenden Summe wegen des noch fehlenden Sonnenschutzes 10.000,-- DM abgezogen. Hiervon ausgehend errechnete die Schuldnerin eine Forderung von 64.422,17 DM.

Diese Art der Abrechnung ist mit 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B nicht zu vereinbaren. Fraglich ist schon, ob der pauschale Abzug von 10.000,-- DM wegen des fehlenden Sonnenschutzes den Anforderungen des § 16 Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOB/B genügt. Jedenfalls ist der Abzug viel zu gering. Nach dem Vorbringen der Klagepartei im Schriftsatz vom 9.10.2002 hatte die Schuldnerin in den 17.852,-- DM ausmachenden Preis für ein Fassadenelement für den Sonnenschutz 3.347,-- DM und für Fenstersprossen 316,-- DM einkalkuliert. Da ein kompletter Sonnenschutz nur an 4 Fensterelementen angebracht wurde (vgl. Seite 6 des angefochtenen Urteils und Seite 4 - 5 des Gutachtens B) und Fenstersprossen unstreitig noch gänzlich fehlten, blieb der Wert der bereits erbrachten Teilleistung hinter dem Vertragspreis um 5.372,-- DM wegen der fehlenden Sprossen an allen 17 Elementen und 43.511,-- DM wegen des nicht fertig gestellten Sonnenschutzes an 13 Elementen zurück. In der Abschlagsrechnung vom 30.11.2001 hätte daher nicht ein Abzug von 10.000,-- DM erfolgen müssen, sondern ein solcher von 48.883,-- DM, woraus sich unter Berücksichtigung der sonstigen Rechnungsposten eine Forderung von lediglich 22.926,22 DM (793.722,-- DM abzüglich 8 % Abgebot zuzüglich. 16 % Umsatzsteuer abzüglich 824.133,89 DM Abschlagszahlungen) ergeben hätte.

Das für das Vorhaben angeschaffte, aber noch nicht eingebaute Material bleibt bei der Bewertung der erbrachten Leistungsteile außer Betracht, weil die Voraussetzungen des 16 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/B (Eigentumsübertragung bzw. Sicherheit) nicht vorlagen.

Da die Schuldnerin erheblich zu viel verlangt, hat und die Beklagte mangels Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen den Wert der erbrachten Leistungen nicht selbst ausrechnen konnte, ist die Beklagte nicht in Verzug geraten und sind die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 b V0B/B nicht erfüllt.

III.

Die von der Schuldnerin erklärte Kündigung des Bauvertrags ist allerdings gemäß § 9 Nr. 1 a VOB/B gerechtfertigt.

Der Anwendbarkeit dieser Bestimmung steht nicht entgegen, dass die Kündigung vom 5.2.2002 nur wegen Zahlungsverzugs erklärt wurde, denn ein Nachschieben von Kündigungsgründen ist zulässig (vgl. BGH BauR 93, 469).

Die Beklagte hat sich im Annahmeverzug befunden, weil sie die Abnahme des von der Klägerin angebotenen Sonnenschutzes abgelehnt hat, obwohl dieser den vertraglichen Vereinbarungen entsprach und keine Mängel aufwies.

Die Abnahmeverweigerung ergibt sich aus den Schreiben der Beklagten vom 21.1.2002 (Anlage K 8) und 28.1.2002 (Anlage K 10) sowie der Kündigungserklärung vom 14.2.2002 (Anlage K 12).

1. Die in diesen Schreiben vertretene Auffassung, der von der Schuldnerin angebotene Sonnenschutz entspreche nicht der geschuldeten Leistung, trifft nicht zu:

a) Nach den vertraglichen Abmachungen hatte die Schuldnerin für die Fassadenelemente einen aus 2 gleich langen Behängen bestehenden Sonnenschutz zu liefern.

aa) Das ergibt sich aus dem Angebot der Schuldnerin vom 13.9.2000 (Anlage B 3), auf welches das Auftragsschreiben der Beklagten vom 15.9.2000 (Anlage K 1) Bezug nimmt.

bb) Die im Angebot vom 13.9.2000 genannte Vorgabe, dass die Behänge des Sonnenschutzes gleich groß zu sein haben, ist durch sonstige schriftliche Abmachungen nicht modifiziert worden. Die Ausführung des Sonnenschutzes betreffende Detailzeichnungen des Architekturbüros R, die nach Nr. 1.2 des Verhandlungsprotokolls vom 18.8.2000 (Anlage K 2) Vertragsbestandteil sein könnten, existieren nicht, wie die Beklagte im Termin vom 26.7.2005 selbst ausgeführt hat. Die von der Beklagten dem Gericht mit Schreiben vom 8.7.2005 übersandten "Planunterlagen" besagen nichts über die Länge der Behänge und die Einbaulage der Behangkästen, was der Sachverständige B bei seiner Anhörung am 26.7.2005 einleuchtend und von der Beklagten nicht angegriffen dargelegt hat.

Die von der Schuldnerin gefertigten Ausführungspläne (Anlagen K 25 und K 27) passen zu ihrem Angebot. Sie entsprechen dem mit dem Einbau 2 gleich langer Behänge logischerweise verbundenen Ergebnis, dass der untere Behang nicht bis zu der über der Mitte des Fassadenelements liegenden Decke des Erdgeschosses hinaufreicht.

cc) Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der schriftlich fixierte Leistungsinhalt durch mündliche Absprachen oder einseitige Anordnungen der Beklagten geändert worden ist. An der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, sie habe den Ausführungsplänen der Schuldnerin widersprochen und verlangt, den Kasten für den unteren Behang in Höhe der Decke des Erdgeschosses, einzubauen, bestehen sogar erhebliche Zweifel:

Zwar hat der Zeuge W, der als Bauleiter für die Beklagte tätig war, in diesem Sinne ausgesagt und angegeben, er habe am 13.10.2000 spätnachmittags oder abends gegenüber dem Architekten R die Ausführungspläne der Schuldnerin als unzureichend beanstandet und eine Überarbeitung verlangt; ferner habe er erklärt, dass die Kästen für die unteren Behänge auf Deckenhöhe angebracht werden sollten; über das Ergebnis der Besprechung mit dem Architekten habe er gleich von dessen Büro aus telefonisch den damals bei der Schuldnerin beschäftigten Zeugen L informiert, ihm die Vorlage neuer Pläne aufgegeben und sich deren Genehmigung ausdrücklich selbst vorbehalten.

Diese Angaben stehen allerdings im Gegensatz zu den Aussagen der Zeugen R und L. Der Architekt R verneint, dass der Zeuge W eine grundsätzliche Überarbeitung der Ausführungspläne verlangt und deswegen gleich beim Zeugen L angerufen habe; soweit der Zeuge W einzelne Änderungswünsche geäußert habe, sei das auf den vorhandenen Ausführungsplänen vermerkt worden; von Änderung der Einbaulage der Kästen für die Behänge sei nicht die Rede gewesen. Nach den Angaben des Zeugen L war mit dem Zeugen W schon vor Fertigung der Ausführungspläne besprochen, dass die Kästen für die unteren Behänge in der Mitte der Fassadenelemente montiert werden sollten, hat der Zeuge W nicht die Anfertigung neuer Ausführungspläne verlangt und wäre er - L - am 13.10.2000 (einem Freitag) allenfalls bis 14 Uhr telefonisch erreichbar gewesen, also nicht am späten Nachmittag oder Abend. Damit steht Aussage gegen Aussage. Stichhaltige Gründe, gerade den Angaben des Zeugen W den Vorzug zu geben, liegen nicht vor. Die Umstände sprechen eher gegen seine Angaben:

- Auf dem Ausführungsplan (Anlage K 25), hat der Zeuge W selbst Anmerkungen gemacht. Diese betreffen aber nur die Art der Verglasung und den Anschluss der Decke des Erdgeschosses an das Fensterelement. Zur Einbauhöhe des Kastens für den unteren Behang ist auf dem Ausführungsplan. (Anlage K 25) nichts vermerkt. Da ein die Einbauhöhe betreffender Änderungswunsch auf diesem Plan ganz einfach darzustellen gewesen wäre, überzeugt es nicht, wenn der Zeuge W das Fehlen einer Eintragung zu diesem wesentlichen Punkt damit erklärt, angesichts der Vielzahl der von ihm erhobenen Beanstandungen habe er nur einige davon auf dem Plan niedergelegt. Bei seinem Gespräch mit dem Architekten R hat der Zeuge W - orientiert man sich an den von ihm vorgelegten Aufzeichnungen - lediglich 5 die Fassadenelemente betreffende Einzelfragen erörtert; mit Ausnahme der Einbauhöhe des unteren Behangkastens finden sich dazu jeweils auch Eintragungen auf der Anlage K 25.

- Schlecht vereinbar mit der Aussage des Zeugen W ist weiter die Tatsache, dass von Seiten der Beklagten zu keiner Zeit die Anfertigung neuer Ausführungspläne angemahnt wurde. Wenn die zunächst von der Schuldnerin vorgelegten Pläne tatsächlich als völlig unzureichend angesehen wurden und eine Neuplanung erforderlich schien, wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass die Beklagte auf die Angelegenheit zurückgekommen wäre. Dazu ist es jedoch nicht gekommen. Auch hat sich die Beklagte in ihren Schreiben an die Schuldnerin vom 21.1.2002 (Anlage K 8) und 28.1.2002 (Anlage K 10) nicht konkret über den Inhalt der vertraglichen Abmachungen geäußert, obwohl zu dieser Zeit der Zeuge W noch bei ihr beschäftigt war. Erstmals im Schriftsatz vom 29.4.2005 hat die Beklagte behauptet, dass eine Montage der Kästen für die unteren Behänge auf Deckenhöhe verlangt worden sei.

- Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Architekt R auf den Ausführungsplänen der Schuldnerin Freigabevermerke angebracht hat. Weder er noch die Schuldnerin hätten in der Planungsphase einen Grund gehabt, Änderungswünsche der Beklagten zu ignorieren.

b) Der Sonnenschutz, mit dessen Einbau die Schuldnerin im November 2001 begonnen hat, entspricht der vereinbarten Sollbeschaffenheit.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen B passen die vorhandenen Behänge zur Fensterhöhe, haben die oberen und die unteren Behänge des Sonnenschutzes für die 10 westseitigen Fassadenelemente die gleiche Länge von je 1.800 mm, liegt der Kasten für den unteren Behang etwa in der Mitte der Fassadenelemente und entsteht bei der Betrachtung der Eindruck, dass die Sonnenschutzanlage symmetrisch geteilt wurde.

Dass bei den 7 ostseitig gelegenen Fassadenelementen der untere Behang 2.180 mm lang ist, kommt daher, dass dort wegen eines Geländesprungs höhere Fassadenelemente eingebaut wurden. wegen dieser Abweichung, die für die Beschattung des Erdgeschosses keine Bedeutung hat, erhebt die Beklagte keine Beanstandungen.

2. Die vertragsgemäß gefertigte Sonnenschutzanlage weist auch sonst keine Mängel auf.

a) Die unvollständige Beschattung der Räume des Erdgeschosses durch den unteren Behang (das Vorbringen der Beklagten hierzu im Berufungsverfahren ist als Konkretisierung von Ziff. 1. des Schriftsatzes der Beklagten vom 24.10.2002 zu verstehen) ist Folge der Entscheidung für eine symmetrische Teilung des Sonnenschutzes. Die von der Beklagten im Termin vom 10.5.2005 aufgestellte Behauptung, es sei trotz der Einbauhöhe der Decke des Erdgeschosses möglich, zwei gleich lange Behänge zu liefern, die jeweils ein Geschoss vollständig beschatten, trifft nicht zu. Der Sachverständige B hat überzeugend ausgeführt, dass bei Verwendung gleich langer Behänge der untere Behang nicht so weit hinaufreicht, dass die Räume im Erdgeschoss, bis zum Deckenanschluss beschattet werden. Wie sich aus den Zeichnungen Z 1 und Z 2 zum Gutachten vom 1.4.2005 klar ergibt, müssten die unteren Behangkästen gut 500 mm höher als bisher eingebaut werden, damit sie auf Höhe des Deckenanschlusses liegen; das würde dazu führen, dass die Behänge nicht zweimal 1.800 mm lang sind, sondern oben knapp 1.300 mm und unten gut 2.300 mm.

Auf die bei Verwendung gleich langer Behänge entstehende Lücke bei der Beschattung des Erdgeschosses musste die Schuldnerin die Beklagte nicht hinweisen. Sie konnte davon ausgehen, dass sich die als Bauträgerin tätige und von einem Architekten beratene Beklagte über die Konsequenzen einer mit der Deckenhöhe nicht übereinstimmenden Behanglänge im Klaren war. Da es Gründe geben kann, auf den vom Gebäude gemachten, äußeren Eindruck besonderen Wert zu legen, und die Möglichkeit besteht, die "Beschattungslücke" durch eine raumseitige Verblendung abzudecken, musste sich der Schuldnerin nicht aufdrängen, dass zu diesem Punkt auf Seiten der Beklagten Beratungsbedarf bestehen könne.

b) Die von der Beklagten gerügte Unvollständigkeit der erbrachten Leistung ist Folge der vorzeitigen Vertragsbeendigung. Ein Werkmangel liegt darin nicht.

c) Dass die Kästen für die oberen Behänge zu weit "in den Bereich der Fenster hineinragen" bzw. "deutlich in der Glasfläche stehen", hat die Beklagte in erster Instanz nicht geltend gemacht. Mit diesem Vorbringen kann sie nicht gehört werden, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

3. Einer Fristsetzung i.S.v. § 9 Nr. 2 S. 2 VOB/B bedurfte es nicht. Die Beklagte hat die Abnahme der ihr angebotenen vertragsgemäßen Leistung entschieden verweigert, ohne konkret zu sagen, welche Änderungen sie wünscht. Sie hat im Prozess zu diesem Punkt unberechtigte Mängelrügen erhoben. Unter diesen Umständen Ist nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Sonnenschutzanlage doch noch abgenommen hätte, wenn sie von der Schuldnerin nochmals unter Androhung der Kündigung zur Vertragserfüllung aufgefordert worden wäre.

B. Höhe der Verbindlichkeit der Beklagten:

Die Beklagte hat den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag zu bezahlen.

I.

Für die erbrachten Leistungen kann die vereinbarte Vergütung verlangt werden (§ 9 Nr. 3 S. 1 VOB/B).

Soweit die Schuldnerin Material beschafft, aber nicht mehr eingebaut hat, also hinsichtlich der Fenstersprossen und des überwiegenden Teils der Sonnenschutzanlage, liegt keine erbrachte Leistung im vorgenannten Sinne vor (vgl. BGH BauR 95, 545). Das bedeutet aber nicht, dass insoweit kein Anspruch besteht (siehe auch Ingenstau/Korbion, VOB, 15. Aufl., B § 9 Nr. 3, Rn. 4). Hätte die Beklagte den Vertrag gekündigt, hätte sie die volle Vergütung unter Abzug der ersparten Aufwendungen und anderweitigen Verdienstmöglichkeiten zahlen müssen, weil nur eine Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B in Betracht gekommen wäre. Ob diese Rechtsfolge im Fall einer vom Auftraggeber provozierten Kündigung des Auftragnehmers stets eintritt (vgl. VOB Teil B, 3. Aufl., 9, Rn. 40 - 41), bedarf hier keiner Vertiefung. Nachdem die Beklagte durch Verweigerung der. Abnahme einer vertragsgemäßen und mangelfreien Leistung schuldhaft vertragliche Obliegenheiten verletzt und dadurch die Schuldnerin zur Kündigung veranlasst hat, ist es jedenfalls nach Treu und Glauben geboten, dass sie die bereits hergestellten Bauteile noch abnimmt und angemessen vergütet (vgl. auch BGH BauR 95, 545 für den Fall einer Kündigung nach 8 Nr. 3 VOB/B).

Ein solches Ergebnis ist im vorliegenden Fall gerecht und billig. Die nicht mehr eingebauten Teile sind speziell für das Objekt der Beklagten angefertigt worden und nicht anderweitig verwendbar. Zur Vertragskündigung ist es lediglich wegen der unberechtigten Abnahmeverweigerung der Beklagten gekommen. Da die Bauteile den vertraglichen Anforderungen entsprechen, ist es der Beklagten auch zumutbar, sie zu übernehmen und dafür den vereinbarten Preis abzüglich der ersparten Aufwendungen zu bezahlen; ein weiterer Abzug wegen anderweitiger Verdienstmöglichkeiten kommt nach Sachlage nicht in Betracht.

II.

Die vom Landgericht angestellte Berechnung des von der Beklagten geschuldeten Betrags entspricht der Vorgabe, dass hinsichtlich der nicht mehr eingebauten Teile der Vertragspreis um die ersparten Aufwendungen zu kürzen ist. Bei seiner Berechnung geht das Landgericht von zutreffenden Erwägungen aus und kommt zum richtigen Ergebnis. Der Rechenweg und die eingesetzten Beträge werden von der Berufung auch nicht konkret angegriffen.

Soweit die Beklagte noch einen Skontobetrag abziehen möchte, hat sie nicht nachvollziehbar dargelegt und unter Beweis gestellt, dass Abschlagszahlungen innerhalb der Skontierfrist geleistet wurden.

Die Beklagte hat zwar einen Anspruch auf Überlassung der Sprossen und der restlichen Teile des Sonnenschutzes. Ihr deswegen ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Klageforderung zuzusprechen, wäre aber angesichts des Annahmeverzugs beim Sonnenschutz unbillig. Schließlich liegt es nicht an der Schuldnerin bzw. am Kläger, dass es nicht zu einer Lieferung gekommen ist.

C.

Nebenentscheidungen: §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die in § 543 ZPO bezeichneten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Zugehörige DokumenteIBR 2006, 542: Kündigung nach unberechtigter Baueinstellung durch den Bauherrn: Kann Bauunternehmer volle Vergütung verlangen?
Lesezeichen anlegenWo möchten Sie dieses Dokument ablegen?
(Über den Bereich "Mein ibr-online" haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihre Lesezeichen) Laufzeit: 0.3711

RechtsgebietVOB/BVorschriftenVOB/B § 9 Nr. 1 a, § 9 Nr. 2 Satz 2, § 9 Nr. 3

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr