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10.02.2004 · IWW-Abrufnummer 040373

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 29.05.2002 – 9 U 314/01

Eine gefährliche Fahrbahnstelle i.S.d. § 52 Abs. 1c Nds. StrG liegt grundsätzlich nur dort vor, wo unvermutete Gefahren auftreten können, die auch bei einer den Straßenverhältnissen angepassten Fahrweise nicht beherrschbar sind.


Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Urteil

9 U 314/01
2 O 165/01 Landgericht L#######
Verkündet am 29. Mai 2002

In dem Rechtsstreit XXX

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S####### sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. W####### und S####### auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2002 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Oktober 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts L####### wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer für die Klägerin: 1.372,10 EUR.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG, § 847 BGB, §§ 10, 52 Abs. 1 c NdsStrG zusteht, weil die Beklagte die ihr gemäß § 52 Abs. 1 c NdsStrG obliegende Räum und Streupflicht nicht verletzt hat.

Gemäß § 52 Abs. 1 c NdsStrG sind innerhalb geschlossener Ortschaften nur solche Fahrbahnstellen zu streuen, die gefährlich sind und einen nicht unbedeutenden Verkehr aufweisen; bei der Unfallstelle handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht um eine derartige Fahrbahnstelle.

Dabei kann offen bleiben, ob die Wittinger Straße im Einmündungsbereich der Spangenbergstraße als verkehrswichtige Straße anzusehen ist. Da das Merkmal der Verkehrswichtigkeit in der Regel nur verkehrsreiche Durchgangsstraßen, Ortsdurchgangsstraßen von Bundesstraßen und städtische Hauptverkehrsstraßen erfüllen (vgl. hierzu BGHZ 40, 380), scheint bereits dies? dem Senat zweifelhaft.

Jedenfalls aber handelt es sich bei der Unfallstelle nicht um einen Straßenabschnitt, der als gefährlich i. S. d. § 52 Abs. 1 c NdsStrG anzusehen wäre. Eine gefährliche Fahrbahnstelle liegt grundsätzlich nur dort vor, wo unvermutete Gefahren auftreten können, die auch bei einer den winterlichen Bedingungen angepassten Fahrweise nicht beherrschbar sind. Es muss sich um solche Fahrbahnstellen handeln, die wegen ihrer eigentümlichen Anlage oder bestimmter Zustände, die nicht ohne weiteres erkennbar sind, die Möglichkeit eines Unfalls auch für den Fall nahe legen, dass der Verkehrsteilnehmer die im Verkehr im Winter allgemein erforderliche Sorgfalt walten lässt (vgl. BGH NJW 1965, 201; Senatsurteil vom 11. Januar 1995 - 9 U 11/94 - OLGR Celle 1995, 53). Als solche gefährlichen Stellen werden daher z. B. starke Gefällstrecken, unübersichtliche Kreuzungen und Straßeneinmündungen, scharfe und unübersichtliche Kurven, auffallende Verengungen sowie zu Glättebildung neigende Brücken und Straßenanteile an Wasserläufen angenommen (vgl. BGHZ 112, 74; OLG München, NJWRR 1990, 1121; OLG Brandenburg, VersR 1995, 1439; OLG Jena, BADKInformation 2001, 161). Sowohl die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 2. August 2001 als auch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Mai 2002 zu den Akten gereichten Lichtbilder der Unfallstelle veranschaulichen deutlich, dass es sich bei der Wittinger Straße im Einmündungsbereich der S#######straße nicht um eine gefährliche Stelle im vorstehenden Sinn handelt. Zwar musste die Klägerin die W####### Straße, die sie stadteinwärts auf dem Radweg befuhr, überqueren, weil der Radweg auf der zunächst befahrenen Fahrbahnseite endete und über den ZebraStreifen über die Fahrbahn selbst geführt wurde, um auf der anderen Seite der Fahrbahn fortgesetzt zu werden. Dies? begründet eine Gefährlichkeit aber schon deshalb nicht, weil diese Führung des Radweges für die Klägerin ohne weiteres erkennbar war und ferner die Aufmerksamkeit der Klägerin beim Queren der W############## Straße allein auf etwa entgegen kommende Fahrzeuge beschränkt werden konnte, weil in Fahrrichtung der Klägerin die W####### Straße für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen gesperrt ist. Ferner erschließt sich aus den Lichtbildern bereits unmittelbar, dass die W#######Straße allenfalls über ein leichtes Gefälle verfügt. Diese - im Übrigen offenkundige - Tatsache ist vom Senatsvorsitzenden im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2002 aus erst kürzlich gewonnener eigener Anschauung mitgeteilt und auch deshalb gemäß § 291 ZPO vom Senat festgestellt worden.

Völlig unbehelflich sind die Ausführungen der Klägerin zum Vorhandensein einer Kanalisation im Bereich der Unfallstelle. Eine erhöhte Gefährlichkeit wird hierdurch nicht begründet. Dies? folgt schon daraus, dass in nahezu jedem öffentlichen Fahrbahnkörper eine Kanalisation vorhanden ist. Warum gerade im Bereich der Unfallstelle diese Kanalisation die erhöhte Gefahr einer Glatteisbildung bewirken soll, ist von der Klägerin auch nicht ansatzweise aufgezeigt und daher dem angebotenen Sachverständigenbeweis nicht zugänglich. Dass auf dem Fahrradüberweg plötzlich winterliche Glätte aufgetreten sei, während auf dem Weg der Klägerin bis dorthin keinerlei Anzeichen für Eis und Schnee bemerkbar gewesen seien, behauptet die Klägerin nicht, ebenso wenig wie sie geltend macht, dass Derartiges für die Unfallstelle typisch sei und deshalb bei der Beklagten bekannt gewesen sein müsse.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 713 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 839, Nds. StrG § 52

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