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20.01.2004 · IWW-Abrufnummer 040178

Arbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 07.08.2003 – 9 Ca 3159/03

Entgeltansprüche des Arbeitnehmers in der Freistellungsphase bei Block-Altersteilzeit sind als bloße Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO und nicht als Masseforderungen i.S.d. § 55 Abs. 1 Ziff. 2 InsO zu behandeln.

(vom BAG im Urt. vom 05.12.2002, NZA 2003, 789, 791 ausdrücklich offen gelassen)


Az.: 9 Ca 3159/03

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

Az.: 9 Ca 3159/03

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit
erlässt das Arbeitsgericht Nürnberg durch Richter am Arbeitsgericht Waldenfels als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Andreas Dauer und Hermann Eschenbacher aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2003 folgendes

E n d u r t e i l:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 6900,55 Euro.
4. Die Berufung wird gesondert nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten um die Einordnung von Lohnansprüchen als Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO oder als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO.

Der am 12.09.1941 geborene Kläger stand bei der Firma C... in einem Arbeitsverhältnis.

Für die Zeit ab dem 01.08.2001 vereinbarte der Kläger mit der Firma C... einen Altersteilzeitvertrag in Form einer Blockfrist. Danach dauerte die Arbeitsphase bis zum 31.07.2002 an. Seit 01.08.2002 ist die Freistellungsphase in Kraft getreten.
Am 01.02.2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2003 wird verwiesen.

In dem Insolvenzverfahren ist die Masseunzulänglichkeit erklärt worden und unter dem 26.03.2003 die Anzeige der Masseunzulänglichkeit den Massegläubigern, u.a. auch dem Kläger, zugestellt worden.

Der Kläger macht seine Forderungen nach der Insolvenzeröffnung für die Monate Februar 2003 bis Juni 2003 aus dem Altersteilzeitvertrag in Höhe von jeweils 1380,11 Euro netto geltend.
Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass es sich bei den monatlichen Zahlungen nicht um Ruhegeldansprüche handle, sondern um für das erste Jahr der Blockphase der Altersteilzeit von zwei Jahren nachträglich entrichtetes Arbeitsentgelt. Der Kläger habe Arbeitsleistung von einem Jahr im Voraus erbracht. Das Altersteilzeitverhältnis könne nur in seiner Gesamtheit betrachtet werden und dürfe nicht nach Arbeitsleistung und Fälligkeit unterteilt werden. Die Insolvenzordnung hebe schließlich nicht die Vertragsgrundlagen auf.

Die Klagepartei hat zuletzt beantragt:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6900,55 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 1380,11 Euro netto seit 01.03.2003, aus 1380,11 Euro netto seit 01.04.2003, aus 1380,11 Euro netto seit 01.05.2003, aus 1380,11 Euro netto seit 01.06.2003 sowie aus 1380,11 Euro netto seit 01.07.2003 zu zahlen.

Hilfsweise:
2.
Es wird festgestellt, dass der Kläger gegen den Beklagten eine Masseschuldforderung gem. § 55 Abs. 1 Ziffer 2 Insolvenzordnung in Höhe von je 1380,11 Euro netto für die Monate Februar bis Juni 2003 hat.

Die beklagte Partei beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.

Die beklagte Partei vertritt die Rechtauffassung, dass eine Klage auf Leistung gegen den Insolvenzverwalter unzulässig sei, da dieser das Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO entgegenstehe. Selbst wenn es sich um eine Masseverbindlichkeit handeln würde, sei die Vollstreckung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit unzulässig.

Weiter vertritt die Beklagte die Rechtsmeinung, dass die Forderungen keine Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO, sondern lediglich Insolvenzforderungen nach § 38 InsO seien. Maßgebliches Kriterium sei dabei ? in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Ruhegeldansprüchen - die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Ansprüche "erdient" worden seien. Auf den Aspekt des Erdienens stelle im Übrigen auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab. Schließlich hänge nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Falle der Stundung von Lohn- und Gehaltsforderungen allein davon ab, zu welchem Zeitpunkt die verrichteten Tätigkeiten entfallen.

Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2003 einen bis zum 08.05.2003 widerruflichen Vergleich geschlossen.

Bezüglich des Inhalts des Vergleichs wird auf Blatt 10 d.A. Bezug genommen. Dieser wurde mit Schreiben vom 25.04.2003, zugegangen am Arbeitsgericht Nürnberg am 25.04.2003, durch die beklagte Partei widerrufen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll verwiesen, (§ 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz ZPO).

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die teilweise nur zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

I.
Die Klage ist nur im Hilfsantrag zulässig.

1.
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG.

2.
Das Arbeitsgericht Nürnberg ist zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 12 1. HS, 17 Abs. 1 entspr. ZPO örtlich zuständig.
3.
a)
Die Klage ist im Hinblick auf den Hauptantrag bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, unabhängig davon, ob es sich um Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO oder um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO handelt. Grundsätzlich ergibt sich bei einem Leistungsantrag das Rechtsschutzinteresse an sich aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs.

Einer Leistungsklage gegen den Insolvenzverwalter steht indes für Insolvenzgläubiger das Vollstreckungsverbot gemäß § 89 InsO entgegen. Damit wird die Verteilung der Masse nach insolvenzrechtlichen Kriterien und damit der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger gesichert. Doch selbst wenn man von einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO ausginge, ergibt sich nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ein Vollstreckungsverbot aus § 210 InsO (vgl. Zwanziger, Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 185 InsO Rz. 45, 46). Da von vornherein, d.h. unabhängig vom Einzelfall, ein Leistungsanspruch nicht besteht, fehlt der Leistungsklage bereits das Rechtsschutzbedürfnis und erweist sich insoweit als unzulässig.

b)
Bezüglich des Feststellungsantrages ist hingegen das Feststellungsinteresse gemäß §§ 256 Abs. 1, 495 Abs. 1 1. HS ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zu bejahen. Streitgegenstand ist der Streit über ein Rechtsverhältnis. Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person. Im vorliegenden Fall geht es um ein Rechtsverhältnis zwischen Insolvenzverwalter und Gläubiger in Ansehung eines Streites über die Zugehörigkeit einer Entgeltforderung zur Masse (vgl. auch BGH NJW 1962, S. 1392). Zu Gunsten des Klägers besteht somit ein gegenwärtiges schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Feststellung dahingehend, ob die Lohnansprüche im Zeitraum Februar 2003 bis Juni 2003 Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO oder Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO darstellen.

Die Entscheidung ergeht im Urteilsverfahren, § 2 Abs. 5 ArbGG.

II.
Die Klage ist, soweit sie ? im Hinblick auf den Hilfsantrag zulässig ist - , unbegründet, da es sich bei den geltend gemachten Forderungen nach Ansicht der Kammer um Insolvenzforderungen nach § 38 InsO und nicht um Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO handelt. Dies hat zur Konsequenz, dass diese nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle gemäß §§ 87 InsO verfolgt werden können.

1.
Die Frage, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Freistellungsphase dazu führt, dass die Entgeltansprüche des Arbeitnehmers nicht wie die Schadensersatzansprüche nach § 113 Abs. 1 Satz 3 InsO bloße Insolvenzforderungen sind, sondern trotz der bereits erbrachten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers als Masseforderungen zu behandeln sind, ist gesetzlich nicht geregelt und höchst umstritten.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem neueren Urteil vom 05.12.2002 (NZA 2003, S. 789, 791) zur Problemstellung "Arbeitnehmer in Block-Altersteilzeit" diese Frage ausdrücklich offen gelassen. Wie das BAG weiter ausführt hat, hat der Gesetzgeber das Problem gesehen und in § 7 d SGB IV (früher § 7 a) den Parteien die Pflicht zum Insolvenzschutz auferlegt. Dafür, dass ein solcher im vorliegenden Fall bestanden hat, haben die Parteien nichts vorgetragen. Ein fehlender Insolvenzschutz nach § 7 d SGB IV bleibt jedoch sanktionslos, führt jedenfalls nicht dazu, dass dann die Altersteilzeit insgesamt unwirksam wäre (BAG Urteil vom 05.12.2002, a.a.O.).

2.
Höchstrichterliche Entscheidungen sind bereits zu der Fragestellung ergangen, ob der nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens erdiente Anteil des Versorgungsanspruchs eine Masseschuld darstellt (BAG Urteil vom 20.10.1987, ZIP 1988, S. 330; BAG Urteil vom 05.12.1987, ZIP 1988, S. 327). Danach kann Masseschuld nur der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erdiente Anteil des Versorgungsanspruchs sein. Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO ist es gerade, den Arbeitnehmer davor zu schützen, dass dieser Leistungen erbringt, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Ein Anspruch ist nur dann zu privilegieren, wenn er als Entgeltanspruch für die erbrachten Leistungen zu bewerten ist (vgl. BAG Urteil vom 05.06.1993, ZIP 1993, S. 1561 zu § 59 KO).

Bei den geltend gemachten Lohnansprüchen für den Zeitraum ab Februar 2003 handelt es sich zwar nicht um Versorgungsansprüche, sondern um Vergütungsansprüche. Der Gesichtspunkt des "Erdienens", den die Rechtsprechung für diesen Bereich jedenfalls anerkannt hat, lässt sich auch nicht ohne Weiteres und unreflektiert auf Vergütungsansprüche übertragen. Das Vorruhestandsverhältnis ist kein zweiseitiger Vertrag im Sinne des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO, da die daraus bestehenden Ansprüche nicht auf einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis beruhen, also nicht in einer Austauschbeziehung zur Gläubigerleistung stehen. Leistungspflichten zur Erbringung der Vorruhestandsleistungen bestehen allein für den Arbeitgeber (BAG Urteil vom 15.06.1993, ZIP 1993, 1561, 1564). So wird folglich vertreten, dass das an sich für § 55 InsO geltende Erarbeitungsprinzip durch die gesamte Konstruktion der Arbeitszeit- und Altersteilzeitkonten aus den Angeln gehoben worden ist (Hanau, a.a.O., S. 2031). Diesen Einwand hält die Kammer indes nicht für durchschlagend. Bei der Regelung des § 55 InsO handelt es sich um zwingendes Recht (vgl. BAG Urteil vom 15.06.1993, ZIP 1993, S. 1561, 1564 zu § 59 KO). Der Sinn und Zweck des § 55 InsO und damit der Gedanke des "Erdienens" kann daher nicht durch etwaige Altersteilzeitkonstruktionen aufgehoben werden. Eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen dem Lohnanspruch für den Zeitraum der Freistellungsphase beim Altersteilzeit- Blockmodell und den Vorruhestandsleistungen seitens des Arbeitgebers besteht darin, dass eine Gegenleistung des Arbeitnehmers der Leistung des Arbeitgebers nicht mehr gegenüber steht. Den Arbeitnehmer bzw. den Vorruheständler treffen lediglich begleitende Nebenpflichten. Zudem soll das Vorruhestandgeld den bisher gezahlten Lohn ersetzen und hat als Sonderleistung des Arbeitgebers Entgeltcharakter (BAG Urteil vom 15.01.1991, ZIP 1991, S. 529).

3.
Die Kammer ist daher der Ansicht, dass die Lohnforderungen in der Freistellungsphase nicht den Charakter einer Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO haben.

a)
§ 55 Abs. 1 Ziffer 2 Alt. 1 InsO scheidet aus, da der Insolvenzverwalter gegenüber dem Arbeitnehmer keine Erfüllung verlangt hat.

b)
Eine Qualifizierung nach § 55 Abs. 1 Ziffer 2 Alt. 2 InsO scheidet nach Ansicht der Kammer ebenfalls aus, da der Kläger, der sich in der Freistellungsphase befindet, keine Leistung zur Masse erbringt, für die er eine entsprechende Gegenleistung beanspruchen kann noch wird das Arbeitsentgelt für die geltend gemachten Monate nach Insolvenzeröffnung "erdient". Entscheidend kommt es für die Einordnung von Arbeitnehmerforderungen jedoch auf den Zeitraum an, für den sie gezahlt werden (Zwanziger, Das Arbeitsrecht in der Insolvenz, 2. Aufl., § 108 Rz. 12, 22).

Danach sind die Vergütungsansprüche bereits am 01.08.2002 mit dem Ende der Arbeitsphase fällig geworden. Bei der Vereinbarung der Auszahlung handelt es sich nicht um eine Regelung zur Fälligkeit, sondern nur um Zahlungsmodalitäten. Die Fälligkeit des Anspruchs ist schon mit dem Ende der Arbeitsphase erreicht (LAG Schleswig-Holstein, 2. Kammer, Urteil vom 29.10.2002, Az.: Sa 246/02, LAG-Report 2003, S. 120-122). Doch selbst wenn man den Fälligkeitszeitpunkt erst in den jeweiligen monatlichen Auszahlungszeitpunkten zwischen Februar 2003 bis Juni 2003 erblicken würde, ändert dies nichts daran, dass im Falle der Stundung von Lohn- und Gehaltsforderungen die Frage der Einordnung als Masseverbindlichkeit oder Insolvenzforderung allein davon abhängt, auf welchen Zeitraum die verrichteten Tätigkeiten entfallen (BAG Urteil vom 02.01.1967, NJW 1967, S. 1055).

Diesem Gedanken liegt auch das Urteil des Fünften Senats des BAG vom 25.02.1981 (ZIP 1981, S. 1021) zugrunde. Danach ist eine zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarte Zahlung einer Abfindung auch dann keine Masseschuld im Sinne des § 55 InsO (ehemals § 59 KO), wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Konkurseröffnung beendet wird; denn die Abfindung steht in keiner unmittelbaren Beziehung zu der im nachinsolvenzrechtlichen (bzw. ehemals ? konkursrechtlichen) Zeitraum erbrachten Arbeitsleistung.

4.
Die gegenteilig vertretene Auffassung, die die Entgeltansprüche in Freistellungsphasen nach Verfahrenseröffnung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Masseforderungen sieht, stützt sich darauf, dass das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit fortbesteht (Nimscholz, ZIP 2002, 1936, 1937). Dagegen lässt sich zwar einwenden, dass eine Erfüllung zur Insolvenzmasse im Sinne des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO nicht vorliegen könne, da gar nicht mehr gearbeitet werde. Diesem Argument lässt sich aber entgegenhalten, dass § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO unstreitig auch gilt, wenn es aus besonderen Gründen, z.B. Urlaub oder Krankheit, nicht zur Erfüllung der Arbeitsleistung kommt (Hanau, ZIP 2002, 2028, 2031). Daraus wird z.T. folgender Erst-Recht-Schluss gezogen: Wenn die Entgeltansprüche der Arbeitnehmer unstreitig selbst dann Masseverbindlichkeiten sind, wenn die Arbeitnehmer gar keine Arbeitsleistung erbringen, müssen die Ansprüche der Arbeitnehmer, die sich ihre Freistellung von der Arbeitsleistung durch eine Vorabarbeitsleistung in der Arbeitsphase des Blockmodells erdient haben, erst recht Masseverbindlichkeiten sein (Leisbrock, Altersteilzeitarbeit, 2001, S. 356). Dagegen lässt sich jedoch wiederum einwenden, dass in den genannten Fällen Urlaub und Krankheit das Arbeitsverhältnis auch im Hinblick auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch aktualisiert ist und nur in besonderen Fällen die Verpflichtung zur Arbeitsleistung entfällt, während im Falle der hier erheblichen Freistellungsphase den Arbeitnehmer generell keine Hauptleistungspflicht mehr trifft (Zwanziger, a.a.O., § 108, Rz. 22).

Als weiteres Argument für die Auffassung, dass es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt, wird angeführt, dass der Entgeltanspruch im Grundmodell der Altersteilzeit unter § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO fällt und es sich bei dem Blockmodell nur um eine Variante dieses Grundmodells handelt (Hanau, a.a.O., S. 2031).

5.
Trotz der Argumente, die sich für den Charakter der Entgeltansprüche als Masseverbindlichkeit anführen lassen, hält die Kammer die oben dargestellte gegenteilige Ansicht im Ergebnis für richtig.

Zwar lässt sich vor allem unter sozialpolitischen Aspekten vorbringen, dass derjenige Arbeitnehmer, der die Form eines Altersteilzeitmodells - wie hier der Kläger - wählt, im Falle des Eintritts der Insolvenz scheinbar schlechter schlecht als wenn er noch gearbeitet hätte. Das Ergebnis steht jedoch im Einklang mit dem oben geschilderten Sinn und Zweck des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO: Durch diese Norm soll sichergestellt werden, dass derjenige, der Leistungen zu Gunsten der Insolvenzmasse tatsächlich erbringt, hierfür eine Gegenleistung enthält. Den Insolvenzgläubigern sollen nur diejenigen Forderungen im Rang vorgehen, deren Begründung für die Abwicklung des Verfahrens, insbesondere auch für eine Fortführung des schuldnerischen Betriebes gerade im Interesse der Gläubigergesamtheit notwendig ist. Wie die beklagte Partei zu Recht ausführt, erbringt der im Rahmen einer Altersteilzeitregelung im Blockmodell freigestellte Arbeitnehmer gerade keinerlei Leistungen zugunsten der Insolvenzmasse und ist dazu auch nach der Altersteilzeitvereinbarung nicht verpflichtet. Würde man dem Arbeitnehmer einen vorrangigen Anspruch aus der Insolvenzmasse zubilligen, so ginge dies zu Lasten der durch die Insolvenzordnung besonders geschützten Gesamtheit der Insolvenzgläubiger
.
Folgerichtig darf ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis nur dann dieser Vorschrift unterfallen, wenn er als Entgeltanspruch für die im nachinsolvenzrechtlichen Zeitraum erbrachte Leistung zu bewerten ist (BAG GS AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972, Teil III C 2; BAG Urteil vom 15.06.1993, S. 1564, 1565).

Die scheinbare Schlechterstellung gegenüber den noch ihre Arbeitsleistung erbringenden Arbeitnehmern wird im Übrigen dadurch abgemildert, dass ? wie das BAG im Urteil vom 05.12.2002 entschieden hat (a.a.O.) - , die Stilllegung eines Betriebes kein dringendes betriebliches Erfordernis darstellt, das die Kündigung eines Arbeitnehmers, mit dem Block-Altersteilzeit vereinbart ist und der sich bereits in der Freistellungsphase befindet, sozial rechtfertigen kann. Der in Altersteilzeit befindliche Arbeitnehmer hat die geschuldete Arbeitsleistung bereits in vollem Umfang erbracht und der Arbeitgeber muss ihn daher nicht weiterbeschäftigen. Zwar hat das BAG in der Entscheidung die Einordnung der Lohnforderungen als Insolvenz- oder Masseforderungen ausdrücklich offengelassen, doch spricht das in o.g. Entscheidung getroffene Ergebnis tendenziell für eine Einordnung als Insolvenzforderung. Das erleichterte Kündigungsrecht, das die Insolvenzordnung in § 113 Abs. 1 InsO durch die Kappung von Kündigungsfristen vorsieht, dient der Schonung der Masse. Da nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Arbeitsverhältnis für die Masse fortbesteht, mit der Konsequenz, dass die sich daraus ergebenden Forderungen Masseforderungen darstellen, werden die Wirkungen im Interesse der Masse durch die erleichterte Kündigungsmöglichkeit nach § 113 InsO begrenzt (Zwanziger, Handbuch des Arbeitsrechts, 2. Aufl., § 108 Rz. 12). Die Tatsache, dass gegenüber dem Arbeitnehmer, der sich im Rahmen seiner Block-Altersteilzeit in der Freistellungsphase befindet, nach Ansicht des BAG im Falle der Betriebsstilllegung gerade kein Kündigungsgrund besteht und damit in dieser Fallkonstellation auch die erleichterten Kündigungsfristen des § 113 InsO nicht relevant sind, spricht dafür, die Lohnforderungen als einfache Insolvenzforderungen zu behandeln.

Schließlich besteht ? wie es unter bestimmten Umständen vom Gesetz sogar gefordert wird (vgl. § 7 d SGB IV) - , die Möglichkeit, die Ansprüche privatrechtlich abzusichern, z.B. durch eine Kautions- oder Bürgschaftsversicherung (Zwanziger, Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung, 2. Aufl., §§ 108, Rz. 22, 157).

III.

1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 3 ff. ZPO. Der Hilfsantrag wurde nicht streitwerterhöhend angesetzt, da es sich um wirtschaftlich identische Ansprüche gegenüber dem Leistungsantrag als Hauptantrag handelt (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG).

3.
Die Berufung wurde gesondert nicht zugelassen, da die Berufung ohnehin bereits gemäß § 64 Abs. 2 lit b) ArbGG statthaft ist und es daher einer besonderen Zulassung nicht mehr bedurfte (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 64 Rz. 30).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes insgesamt 600 Euro übersteigt.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Landesarbeitgericht Nürnberg, Roonstraße 20, 90429 Nürnberg, eingelegt werden und in gleicher Weise innerhalb von zwei Monaten schriftlich begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift sollen in dreifacher Fertigung eingereicht werden und müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Berufung und Berufungsbegründung für
- eine Gewerkschaft, einen Arbeitgeberverband, einen Zusammenschluss solcher Verbände
oder
- ein Mitglied eines solchen Verbandes
können auch von einem Bevollmächtigten der betreffenden Organisation (oder einer von dieser zum Zweck der Rechtsberatung geführten Gesellschaft) unterzeichnet werden. Das Mitglied eines Verbandes kann sich auch durch den Bevollmächtigten eines Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen.

Vorschriften§§ 38, 55 Abs. 1 Ziff. 2 InsO

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