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01.10.2003 · IWW-Abrufnummer 032141

Gebrauchtwagen-Praxis 06/2002 Seite 24-26

Verkauf von Fahrzeugen mit Unfallschäden ? so machen Sie es richtig


Derzeit werden die Gesetze schneller geändert, als das Öl in den Autos gewechselt wird. Was bleibt, sind die konkreten Sachfragen. Zu den Dauerthemen der besonderen Art gehört der Komplex "Verkauf von Unfallwagen?, eine unendliche Geschichte mit immer neuen Facetten.



Das neue Kaufrecht gibt Anlass, dieses Thema erneut aufzugreifen und im Licht der Schuldrechtsreform aktuell darzustellen. Mehrere Leseranfragen aus jüngster Zeit bestätigen den ungebrochen großen Informationsbedarf.



Bisherige Rechtslage

Bis zum 31. Dezember 2001 durften Sie Gebrauchtfahrzeuge auch an Verbraucher unter Gewährleistungsausschluss verkaufen. Zu knacken war diese Ausschlussklausel nur, wenn der Käufer Ihnen eine arglistige Täuschung nachweisen konnte oder Ihre Unfallinformation Zusicherungs-Charakter hatte, wie zum Beispiel die Angabe "unfallfrei?.



Im Fall einer arglistigen Täuschung oder einer unrichtigen Zusicherung waren Sie dem Kunden außerdem zum Schadenersatz verpflichtet. Wirtschaftlich konnte Sie das wesentlich stärker belasten als eine bloße Minderung oder eine Wandelung.



Neues Kaufrecht

In zwei ganz entscheidenden Punkten hat sich die Gesetzeslage seit dem 1. Januar 2002 grundlegend zu Ihrem Nachteil geändert: Wie Sie wissen, dürfen Sie Ihre Gebrauchten jetzt nicht mehr unter Gewährleistungsausschluss verkaufen, wenn der Käufer ein Verbraucher ist. Zum zweiten haften Sie auf Schadenersatz nicht nur unter den bisherigen, vergleichsweise engen Voraussetzungen von Arglist und Zusicherung. Schon bei bloßer Fahrlässigkeit sind Sie in der Schadenersatzhaftung.



Was Ihre heutige Rechtsposition zusätzlich verschlechtert, ist die Beweislastumkehr, geregelt in § 280 Absatz 1 und § 311 a Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ? nicht zu verwechseln mit der schon zu einiger Berühmtheit gelangten Beweislastumkehr des § 476 BGB, der so genannten Mängelvermutung: Nach neuem Recht liegt der Schwarze Peter bei Ihnen, wenn vor Gericht ungeklärt bleibt, ob bei Ihnen alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Bei dem Vorurteil gegenüber GW-Händlern, von dem auch Richter nicht immer frei sind, ist dieser Entlastungsbeweis außerordentlich schwer zu führen.



Und noch etwas: Sollten Sie als Verkäufer eine Erklärung abgegeben haben, die als "Beschaffenheitsgarantie? zu interpretieren ist (das letzte Wort haben die Gerichte), bleibt die Tür zum Entlastungsbeweis zu. Mit anderen Worten: Sie sind in jedem Fall in der Haftung, wenn die Garantie-Information nicht stimmt, also selbst dann, wenn Sie alles richtig gemacht haben und von dem Vorschaden wirklich keine Kenntnis hatten.



Sie sehen: Auch nach neuem Recht können Sie zum Schadenersatz verpflichtet sein, ohne dass Sie ein Verschulden trifft. Dieser Garantiehaftung können Sie sich durch keinerlei Freizeichnung entziehen. Ansonsten kann nur die Haftung auf Schadenersatz gegenüber Verbrauchern beschränkt, ja sogar ausgeschlossen werden (§ 475 Absatz 3 BGB). Immerhin ein schwacher Trost.



Praktische Konsequenzen und Handlungsanleitungen

Was bedeuten die geänderten Rahmenbedingungen nun für die Vermarktung von Fahrzeugen mit Unfallvorschäden? Um es auf den Punkt zu bringen: verstärkte Kontrollen beim Einkauf, intensivere Aufklärung und bessere Dokumentation beim Verkauf.



In der folgenden 13-Punkte-Checkliste fassen wir die Ergebnisse der aktuellen Rechtsprechung für Sie leitsatzartig zusammen, immer unter dem Blickwinkel des neuen Kaufrechts:



  1. Ein GW-Verkäufer ist in jedem Fall, also auch ungefragt, zur richtigen und vollständigen Aufklärung des Käufers verpflichtet, wenn er einen früheren Unfall kennt oder nach den konkreten Umständen für möglich hält.

  2. Auch einen fachgerecht reparierten Unfallvorschaden hat ein Händler von sich aus mitzuteilen.

    Beachten Sie: "Unfall? ist jede gewaltsame Beschädigung des Fahrzeugs, sie muss nicht unbedingt aus dem Straßenverkehr stammen. Selbst Hagelschäden laufen unter "Unfall?.

  3. Wird ein Händler nach einem Unfallschaden ausdrücklich gefragt oder geht er von sich aus auf dieses Thema ein, wie allgemein üblich (siehe die "Unfall?-Rubriken in den Bestellscheinen), so hat er alles mitzuteilen, was er zum Thema "Unfall? weiß.

  4. Verschwiegen werden dürfen nur geringfügige Blechschäden. Faustformel bei einem normalen Pkw: Reparaturkosten von 500 Euro brutto. Bei älteren Pkw und generell bei Nutzfahrzeugen liegt die Bagatellschwelle höher.

  5. Arglistig handelt ein Verkäufer schon dann, wenn er ohne tatsächliche Grundlage die Unfallfreiheit des Fahrzeugs bestätigt oder unrichtige Angaben über Zahl, Art und Umfang von Vorschäden macht (so genannte Behauptung ins Blaue).

    Wichtig: Im Ernstfall müssen Sie die Basis mitteilen, auf die Sie Ihre Unfallinformation gestützt haben. Wenn der Vorbesitzer, von dem Sie das Fahrzeug bekommen haben, zweifelhafte Angaben zu Vorschäden gemacht hat, sind Sie verpflichtet, der Sache auf den Grund zu gehen. Nach neuem Kaufrecht muss mit einer Verschärfung der Prüfpflichten von Händlern mit eigener Werkstatt gerechnet werden.

  6. Die Angabe "unfallfrei laut Vorbesitzer? in den handelsüblichen Kaufverträgen war bisher keine Zusicherung (sehen Sie dazu Ausgabe 2/2001, Seite 25). Die Gerichte haben jetzt zu entscheiden, ob darin die "Übernahme einer Garantie? bzw. eine "Beschaffenheitsgarantie? zu sehen ist. Wir meinen: Was nach altem Kaufrecht keine Zusicherung war, kann jetzt kaum als "Garantie? anerkannt werden.


  7. In der Angabe "unfallfrei laut Vorbesitzer? oder in der praktisch inhaltsgleichen Auskunft: "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer: keine? werden manche Gerichte vermutlich eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Absatz 1 BGB sehen. Das hat zur Konsequenz: Im Fall eines Unfallschadens haben Sie nicht mangelfrei geliefert.

  8. Da in Verträgen mit Verbrauchern die Sachmängelhaftung bekanntlich nicht beschränkt werden darf, sind Sie bei einer gebrochenen Beschaffenheitsvereinbarung (= Pflichtverletzung) direkt in der Haftung. Der Käufer kann sofort ? ohne vorherige Aufforderung zur Nachbesserung ? Minderung oder Rückabwicklung des Vertrags verlangen. Können Sie nicht nachweisen, von dem Unfallschaden nichts gewusst zu haben, sind Sie obendrein einem Anspruch auf Schadenersatz ausgesetzt (§ 311 a Absatz 2 BGB).

  9. Um zu vermeiden, dass man Ihnen den Vorwurf mangelhafter Lieferung macht, müssen Sie bei Verkäufen an Verbraucher alles daran setzen, haftungsentlastende Beschaffenheitsvereinbarungen zu treffen. Diese sind nach neuem Kaufrecht nicht von vorneherein verboten, andererseits aber nur in engen Grenzen zulässig.

  10. Wichtig: Im Umfang korrekter Aufklärung des Käufers ist ein Fahrzeug frei von einem Sachmangel. Auf den Verkauf eines Unfallfahrzeugs übertragen heißt dies: Ist die Mitteilung über einen behobenen Frontschaden korrekt, das heißt richtig und vollständig, hat das Auto, wenn es auch sonst in Ordnung ist, keinen Sachmangel. Sie haben sich ja mit dem Käufer über eine negative Eigenschaft, die Unfallbeteiligung, geeinigt. Das ist nichts anderes als eine "negative? oder besser: haftungsentlastende Beschaffenheitsvereinbarung.

  11. Gefährlich sind unvollständige Informationen über Unfallvorschäden. Damit verfehlen Sie nicht nur das Ziel einer Haftungsentlastung. Sie geraten sogar in den Verdacht einer arglistigen Täuschung. Jeder Autoverkäufer ist naturgemäß geneigt, die Dinge zu verharmlosen. Wissen muss er jedoch: Vor Gericht sind halbe Wahrheiten ganze Lügen.

  12. Geben Sie in der Rubrik "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden? die Beschädigungen, soweit Sie Ihnen bekannt sind, so präzise wie möglich an. Denken Sie dabei an den Grundsatz Nummer 3 in diesem Katalog. Eine Voll-Aufklärung ist in ein, zwei Formularzeilen nicht immer leicht hinzubekommen. Aber vor Gericht ist das Ihr Problem. Dort kann es auf jedes Wörtchen ankommen. Mündliche Zusatzinformationen zur Erläuterung des "wahren? Schadens nützen Ihnen nichts, wenn Sie sie nicht beweisen können. Dieser Nachweis gelingt praktisch nie, weil Sie keinen neutralen Zeugen haben.

  13. Es genügt, wenn Sie die Unfallbeschädigungen bzw. die Instandsetzungsarbeiten schlagwortartig beschreiben, zum Beispiel "reparierter Frontschaden rechts?. Die Kosten der Reparatur müssen Sie nicht beziffern, dürfen auf Befragen aber auch keine falschen Zahlen nennen, zum Beispiel nur die Eigenkosten Ihrer Werkstatt. Einzelheiten der Schadensregulierung wie zum Beispiel die Abrechnung als wirtschaftlicher Totalschaden müssen nicht mitgeteilt werden.


Fazit: Nehmen Sie die Aufklärung über einen Unfallschaden nicht auf die leichte Schulter. Klare, objektive Worte sind ein Muss ebenso wie die Dokumentation des Fahrzeugzustands im Vorfeld des Verkaufs.




Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden.

Die Komplexität und der ständige Wandel der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Stichworte:Recht

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