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13.08.2003 · IWW-Abrufnummer 031768

Oberlandesgericht Bamberg: Urteil vom 28.05.2003 – 3 U 71/02

1. Das Kopplungsverbot gemäß Art. 10 § 3 Satz 1 MRVG ist nicht nur bei rechtlich verbindlichen Vereinbarungen verletzt, sondern bereits dann, wenn für den Vertragspartner des Architekten ein psychologischer Zwang ausgelöst wird, einen Architektenvertrag zu schließen.


2. Zu Gunsten des Vertragspartners werden die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins angewendet, wenn zwischen dem Architektenvertrag und dem Grundstückskaufvertrag ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.


OLG Bamberg, Urteil vom 28.05.2003 - 3 U 71/02

in dem Rechtsstreit

.....

wegen Forderung.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Wagenseil, des Richters am Oberlandesgericht Habermann und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Barthels aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2003

für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil des Landgerichts Bamberg vom 21. Februar 2002 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,-- EURO abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt 31.758,52 EURO.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vortrags und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 119 bis 122 d.A.).

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 21.2.2002 die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger die vereinbarte Vergütung aus dem Architektenvertrag vom 20.4.1987 unter Anrechnung ersparter Aufwendungen zu bezahlen, mit Grundurteil ausgesprochen. Auf den Tenor dieser Entscheidung (Bl. 119 d.A.) und die Entscheidungsgründe (Bl. 122 bis 125 d.A.) wird verwiesen.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 7.3.2002 zugestellte Urteil am 8.4.2002 (Montag) Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 7.6.2002 durch Verfügung des Vorsitzenden vom 6.5.2002 am 7.6.2002 begründet.

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Zur Begründung trägt er vor, der Grundstückskaufvertrag vom 25.3.1987 sei mit dem der Klageforderung zugrundeliegenden streitgegenständlichen Architektenvertrag vom 20.4.1987 gekoppelt gewesen. Es habe ein enger zeitlicher Zusammenhang und für den Beklagten ein tatsächlicher und psychologischer Zwang zum Abschluß des Architektenvertrages bestanden.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Architektenvertrag sei wegen eines Verstoßes gegen Art. 10 § 3 MRVG deshalb nichtig. Ein rein faktischer und psychologischer Zwang zum Abschluß eines Architektenvertrages sei für dessen Unwirksamkeit ausreichend.

Der Architektenvertrag sei außerdem durch die Kündigung des Beklagten aus wichtigem Grund mit Anwaltsschreiben vom 2.3.1998 beendet worden, nachdem der Kläger selbst mit Schreiben vom 3.2.1998 zum Ausdruck gebracht habe, daß er sich nicht mehr an den Vertrag halten wolle.

Schließlich seien die Verpflichtungen des Beklagten aus dem Architektenvertrag durch einvernehmliche Vertragsänderung der Parteien erloschen, nachdem der Beklagte den Kläger für die erbrachten Leistungen entlohnt habe und die Parteien sich stillschweigend über die Vertragsaufhebung geeinigt hätten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Grundstückskaufvertrag sei nicht mit dem streitgegenständlichen Architektenvertrag gekoppelt gewesen. Bei Abschluß des Grundstückskaufvertrages und auch zuvor habe zwischen den Parteien keine Vereinbarung über den Abschluß eines Architektenvertrages bestanden. Dem Beklagten habe es nach Abschluß des Grundstückskaufvertrages frei gestanden, ob er dem Kläger einen Planungsauftrag gebe oder nicht.

Der Beklagte habe auch keinen wichtigen Grund zur Kündigung des Architektenvertrages gehabt, weil der Kläger lediglich eine Aktualisierung des Vertrages habe erreichen wollen.

Die unwirksame außerordentliche Kündigung des Beklagten sei in eine ordentliche Kündigung umzudeuten mit der Folge, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger die vereinbarte Vergütung unter Anrechnung der ersparten Aufwendungen zu bezahlen.

II. Die nach § 511 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil war abzuändern und die Klage war abzuweisen.

Der Kläger hat aus dem Architektenvertrag vom 20.4.1987 keinen Anspruch auf Vergütung gegen den Beklagten, weil dieser Vertrag gemäß Art. 10 § 3 S. 1 MRVG unwirksam ist. Nach dem Sachvortrag der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Berufungssenat davon überzeugt, daß sich der Beklagte im Zusammenhang mit dem Erwerb des streitgegenständlichen Grundstückes in Litzendorf, Flur-Nr. 618, verpflichtet hat, bei der Planung und Ausführung eines Bauwerks auf diesem Grundstück die Leistungen des Klägers als Architekt in Anspruch zu nehmen.

Der Architektenvertrag verstößt entgegen der Auffassung des Landgerichts gegen das Koppelungsverbot in Art. 10 9 3 MRVG. Zwischen dem Grundstückserwerb gemäß Kaufvertrag vom 25.3.1987 und dem Architektenvertrag vom 20.4.1987 besteht ein Zusammenhang im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Für diesen Zusammenhang ist nicht erforderlich, daß die beiden Rechtsgeschäfte in einem einheitlichen Vertrag oder zur gleichen Zeit vorgenommen werden (OLG Hamm BauR 1974, 135; OLG Düsseldorf BauR 1975, 139;.1976, 65). Es ist auch kein rechtlicher Zusammenhang erforderlich. Es genügt, daß die beiden Rechtsgeschäfte in einem wirtschaftlichen, d.h. tatsächlichen Zusammenhang stehen (BGH BauR 1975, 288 ff.; Hesse/Korbion, HOAI, 5. Aufl., § 3 Art. 10 MRVG Rdnr. 30). Der Wille der Vertragspartner zur Koppelung muß sich nicht aus den Vereinbarungen selbst ergeben. Es genügt, daß tatsächlich ein solcher Wille vorhanden war. Im Zusammenhang mit dem Erwerb des Baugrundstücks steht jede Verpflichtung des Erwerbers zur Inanspruchnahme von Architektenleistungen, ohne die er rechtlich oder tatsächlich das Grundstück nicht hätte bekommen können (BGHZ 64, 176; BGH BauR 1981, 295). Es reicht demnach ein bloß tatsächlicher Zwang aus (BGH BauR 1982, 183). Das Verhalten der Parteien läßt den Schluß zu, daß die Verkaufsbereitschaft des Klägers wesentlich von der Bereitschaft des Beklagten zum Abschluß eines Architektenvertrages beeinflußt war und der Beklagte dies auch so verstand. Aus den Umständen des konkreten Falles ergibt sich, daß tatsächlich die freie Willensentscheidung des Beklagten bei der Auswahl des Architekten beeinflußt war. Dieser tatsächliche Zwang kann sogar dann bestehen, wenn der Architekt während der Erwerbs verhandlungen erklärt, das Grundstück werde ohne Architektenbindung verkauft (BGH BauR 1981, 295; Hesse/Korbion a.a.O.).

Für den Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und Architektenbindung spricht schon der enge zeitliche Zusammenhang von nur gut drei Wochen zwischen den beiden Verträgen. Dem Beklagten, der sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung beruft und der damit beweispflichtig ist, kommt damit der Beweis des ersten Anscheins zugute. Diesen Anschein für die vorliegende Koppelung hat der Kläger nicht widerlegt. Die Vorschrift des Art. 10 § 3 MRVG ist bewußt weit gefaßt, um jegliche Koppelung zwischen Grunderwerb und Architektenauftrag zu unterbinden (BGH BauR 82, 183). Der mit dem Gesetz verfolgte Zweck würde verfehlt, wenn der Architekt eine aus dem Mangel an Bauland erwachsene und aufgrund persönlicher Beziehungen erworbene tatsächliche Machtstellung ausnützen könnte (BGH, BauR 82, 184). Der Wettbewerb bei Nachfrage und Angebot von Baugrundstücken soll es einen Architekten, der gleichzeitig Architektenleistungen anbietet und am Grundstücksverkehr beteiligt ist, nicht manipuliert werden (Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 730). Der Architekt muß den Abschluß eines Architektenvertrages nicht verlangen. Ein Zusammenhang besteht bereits dann, wenn das Verhalten des Architekten unter Berücksichtigung aller objektiv erkennbaren Begleitumstände als dahin gerichtete Willenserklärung zu verstehen ist und der Erwerber das auch so aufgefaßt hat (BGH BauR 1978, 495). Ein lediglich psychologischer Zwang, den Architektenvertrag abschließen zu müssen, führt zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 9. Teil Rdnr. 36).

Der Kläger und der Beklagte sind vom Landgericht als Parteien vernommen worden. Der Kläger hat angegeben, eine Koppelung des Architektenvertrages vom 20.4.1987 an den Grundstückskaufvertrag über das Grundstück in Litzendorf Flur-Nr. 618 habe nicht stattgefunden. Der Kläger sei zwar beim Beklagten Patient gewesen und dieser habe ihn nach dem Erwerb des Grundstückes befragt und in Aussicht gestellt, dass er evtl. den Kläger mit Architektenleistungen beauftragen werde, eine Koppelung sei dann aber nicht vorgenommen worden. Der Kläger bringt damit zum Ausdruck, daß eine Koppelungsvereinbarung nicht in die Verträge bzw. in den Grundstückskaufvertrag aufgenommen worden ist. Über seine eigene Erwartungshaltung und über die mögliche Einschätzung des Beklagten hierüber hat der Kläger keine Angaben gemacht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber auch das bestandene Arzt-Patienten Verhältnis, aus dem sich für den Beklagten ein psychologischer Druck auf Abschluß des Architektenvertrages folgern läßt. So hat der Kläger auch im Rahmen seiner Parteivernehmung angegeben, der Beklagte selbst habe den Vorschlag gemacht, daß er auch den Architektenvertrag und die Bauleitung für eine Bebauung des Grundstücks erhalten solle, da der Kläger ortsansässig sei und das Wohnhaus des Beklagten unmittelbar gegenüber dem streitgegenständlichen Grundstück liege. Mit diesem Vorschlag des Beklagten hat sich der Kläger seiner eigenen Angabe im Rahmen der Parteivernehmung zufolge auch einverstanden erklärt. Auch aus diesen Umständen läßt sich ein tatsächlicher und psychologischer Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Architektenvertrag folgern. Dazu kommt der enge zeitliche Zusammenhang von knapp vier Wochen zwischen dem Abschluß der beiden Verträge.

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Parteivernehmung angegeben, bei einem Gespräch vor Abschluß des Kaufvertrages im Büro des Klägers habe dieser zu erkennen gegeben, daß er das Grundstück nur verkaufen werde, wenn der Beklagte auch einen Architektenvertrag mit dem Kläger abschließen werde. Der Abschluß des Architektenvertrages sei zur Voraussetzung für den Abschluß des Grundstückskaufvertrages gemacht worden. So habe der Kläger auch nach Abschluß des notariellen Kaufvertrages beim Beklagten angerufen und auf den Abschluß des Architektenvertrages gedrängt. Weil er, der Beklagte selbst, davon ausgegangen sei, beim Kläger im Wort zu stehen, habe er den Vertrag dann auch abgeschlossene Diese eindeutige Aussage des Beklagten im Rahmen seiner Parteivernehmung ist mit den vorgetragenen Umständen in Einklang zu bringen.

Ein weiteres damit übereinstimmendes Indiz ergibt sich aus der Aussage der Zeugin Neumüller, sie habe von einem Sachbearbeiter des Finanzamts erfahren, es sei amtsbekannt, daß der Kläger Grundstücke verkaufe und damit immer den Abschluß eines Architektenvertrages verbinde.

....

RechtsgebietMRVGVorschriftenMRVG Art. 10 § 3

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